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Baustil der Nazis nach dem "Endsieg"
16.08.2016, 12:14
Beitrag: #13
RE: Baustil der Nazis nach dem "Endsieg"
(16.08.2016 09:47)Suebe schrieb:  Kennt einer/eine hier Latina? Die "Hauptstadt" der pontinischen Sümpfe?
Nach Trockenlegung der Sümpfe erbaut zu des Duce Zeiten als Littoria.
Das Gebäude kannte ich nicht, aber ein gutes Beispiel für den Stil, der später in den 1950-ern langsam ausplätscherte (d.h. weiter reduziert wurde). Nimmt hier sogar Bezug auf die Renaissance, resp. auf den italienischen Villenstil mit belvedere-Türmchen… Interessant ist, wie wichtig hier die stilisierten Verdachungen über den Fenstern sind, stellen sie doch die offensichtliche Verbindung zum Klassizismus her, sodass man die Stützen des halboffenen Ganges im Erdgeschoß nicht einfach als eine Reihe von Pfeilern, sondern als modernisierte Kolonnade wahrnimmt.



Gestern ist mir erst nach meinem Posting der hauptsächliche Grund für die Problematik der (deutschen) Benennung des Baustils der NS-Zeit aufgegangen. Dies liegt grundsätzlich im eigenwilligen und m.M.n. unsinnigen Gebrauch des Begriffs »Klassizismus« und »Neoklassizismus« in großen Teilen des deutschsprachigen Raums.

Bereits jenes »Neo-« ist in Bezug auf die antikisierende Moderne recht unlogisch, da im 19. Jh. die klassizistische Bauweise nie unterbrochen wurde, sodass von keiner Wiederaufnahme, und somit von kein »Neo-« die Rede sein kann. Außerhalb der Grenzen Deutschlands (und vmtl. auch Österreichs) steht »néoclassicisme« für den Klassizismus, der in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. wieder aufkam, nachdem das Rokoko die antikisierende Seite des Barocks immer mehr verschmähte, d.h. nachdem tatsächlich ein Unterbruch da war. In Deutschland aber nennt man jene Epoche »Klassizismus«, als wäre dies eine neue Mode der antikisierenden Gestaltung in der Architektur gewesen. Außerhalb Deutschlands ist dies absolut falsch und auch in Bezug auf den deutschsprachigen Raum entbehrt diese Sichtweise der eigentlichen Wahrheit. Da sei zum Beispiel nur an die Palais in München erinnert, die im späten 17. Jh. fleißig erbaut wurden, die man aber lieber als Barock bezeichnet, auch wenn sie dem Stil eines streng strukturierten Klassizismus zuzuordnen sind und mit der Gesinnung des eigentlichen Barocks wenig zu tun haben. Der Klassizismus war also auch für den deutschen Raum keine Innovation, sondern eine Wiedereinführung, wenn auch mit neuen Referenzen (im späten 18. Jh. vornehmlich aus England, anstatt aus Frankreich).

Die Frage ist also, soll man den Baustil der NS-Zeit ebenfalls dem »Neoklassizismus« zuschieben, dem Begriff, der im Deutschen für einen Teil des (späten) Historismus steht, der heute ohnehin (d.h. außerhalb der NS-Architektur) als minderwertiger und deshalb als weniger erhaltenswert betrachtet wird? Natürlich fällt dies leichter, als den Stil als Nachfolger des (als moderner empfundenen) »Jugendstils« (im umfassenden Sinn), d.h. als »Art Déco« wahrzunehmen. Klar, jenes »Déco« bezieht sich auf den Dekorationsstil, dem zuvorderst in Paris gefrönt wurde. Man hat aber gleichzeitig keine Probleme damit, die Bezeichnung auch umgangssprachlich auf die US-Architektur anzuwenden. Die genau gleiche Formensprache nur aufgrund von Ideologien begrifflich zu trennen, mag zwar dem Zeitgeist des Benennenden gerecht werden, vernebelt aber die Sicht auf die eigentlichen Referenzen des Erschaffenden.
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RE: Baustil der Nazis nach dem "Endsieg" - Mashenka - 16.08.2016 12:14

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