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Der Untergang von Sprachen
01.07.2016, 14:56
Beitrag: #81
RE: Der Untergang von Sprachen
(01.07.2016 13:26)Dietrich schrieb:  
(01.07.2016 13:08)Aguyar schrieb:  Die Mehrheit der Schweizer-Forschung geht dabei davon aus, dass die Helvetier bereits damals im Schweizer Mittelland gesiedelt haben, nicht zuletzt deshalb, weil der Teilstamm der Tiguriner im fraglichen Zetiraum möglicherweise auch Tirol auftaucht (Noricum).

In deinem ersten Link findet sich allerdings diese Passage:

Unterschiedlich beurteilt wird auch die Frage, ab wann sich die H. im schweiz. Mittelland ansiedelten. Folgt man dem röm. Historiker Tacitus ("Germania" 28, 2), der seine Werke Ende des 1. Jh. n.Chr. verfasste, so bewohnten die H. im 2. Jh. v.Chr. das heute süddt. Gebiet zwischen Rhein, Main und wahrscheinlich dem Schwarzwald. Nach Ansicht der meisten Forscher war es der Kimbern- und Teutonenzug (113-101 v.Chr.), der die H. zur Auswanderung aus Süddeutschland bewog. So weiss man, dass die Tiguriner den Germanen folgten, und der Geograf Ptolemäus erwähnt im 2. Jh. n.Chr. ein von den H.n "verlassenes" Gebiet in Süddeutschland."

Danach siedelten die Helvetier in Süddeutschland und verlegten ihre Sitze aufgrund des Kimbern- und Teutonenzuges etwa um 100 v. Chr. Richtung Süden ins Schweizer Mittelland.

Ich halte das für ein wahrscheinliches Szenario, denn das Schweizer Mittelland ist sicher ein Rückzigsgebiet gewesen.

Dass die Tiguriner sich dem Zug der Kimbern und Teutonen angeschlossen haben, halte ich - bei aller Propaganda Cäsars - tatsächlich für gesichert und auch das sie als Teilstamm der Helvetier anzusehen sind. Natürlich geht mein angegebener Link (es ist ein offizielles Geschichtslexikon des Bundes) auf jede ernstzunehmende These ein.
Ich gehe - und mit mir zahlreiche Forscher hier in der CH - aber davon aus, dass sich die Tiguriner (110 v. Chr.) erst in "Helvetien" (Süddeutschland mit Baden gehört dazu) dem Zug anschlossen und nicht in dem vermuteten und nicht nur von mir angezweifelten Stammgebiet zwischen Rhein und Main. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Kimbern und Teutonen dort gar nicht vorbeigekommen sind. Sie zogen (so wenigstens die vorherrschende Meinung - auch in Wikipedia Big Grin) von Jütland nach Schlesien, Böhmen und Mähren, von dort in die Donauregion und von da in die Steiermark, von dort schliesslich (endlich) nach "Helvetien" und von dort nach Gallien.

Sollte aber die These, dass die Tiguriner (Helvetier) "zwischen Rhein und Main" gesiedelt haben, den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, stellt sich die Frage, ob es bei den germanischen "Teutonen" tatsächlich um solche gehandelt hat, oder nicht doch eher um die keltischen "Toutones", welche als Nachbarn der angeblich im Rhein/Main sidelnden Tiguriner ebenfalls von den aus Jütland stammenden germanischen Kimbern bedroht worden wären und sich diesen angeschlossen hätten. Ein solches Szenario - Tiguriner und Toutones (anstatt der Teutonen) geben den Druck der Kimbern nach und vereinigen sich mit ihnen und kommen erst auf diese Weise nach "Helvetien" - halte ich denn doch für unwahrscheinlicher und für etwas sehr konstruiert.

Die folgende Karte geht allerdings von solchem Szenario aus. Die Tiguriner siedeln im Rhein/Main, ihnen benachbart sind die Toutones, welcher allerdings auch in Friesland vorkommen (die "echten", germanischen Teutonen ?) und die in Jütland siedelnden Kimbern. Bemerkenswert ist, dass auch auf dieser Karte die in Südbaden resp. im "keltischen Dreickeland" siedelnden keltischen Rauracher ebenfalls eingezeichnet sind.

http://interfaze.ch/Kelten.html
http://interfaze.ch/europakeltisch-gross.jpg
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01.07.2016, 18:45
Beitrag: #82
RE: Der Untergang von Sprachen
Toutounes und Volkae sind auf der Karte zu weit nördlich eingezeichnet. Da lebten z.B. 100 vor Chr. von Westen nach Osten Ubier, Usipeter, Tenkterer, Hermunduren. Die Ubier lebten zwischen Rhein im Westen und der Wetterau im Osten, der Sieg und Adrana im Norden und den Main im Süden. Die Usipeter lebten in Ostmittelhessen/Wetterau und die Tenkterer in Osthessen, die Hermunduren von Sachsen Anhalt bis Thüringen.
Die Frage ist doch auch, ob z.B. die südlichen Toutounes Germanen waren, so das es sich bei den Helvetiern schon früh um einen keltisch-germanischen Stamm gehandelt hätte.

viele Grüße

Paul

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01.07.2016, 20:26
Beitrag: #83
RE: Der Untergang von Sprachen
(30.06.2016 13:53)Dietrich schrieb:  
(29.06.2016 17:47)Suebe schrieb:  Das ist der, mittlerweile stark umstrittene, Forschungsstand.

Ich dagegen, Idea halte das jedoch für ein Forschungsproblem.

Die Forschung ist da anscheinend anderer Meinung, wie du den oben und hier angeführten Zitaten entnehmen kannst:

"Große Teile der keltischen Vorbevölkerung - die Helveter - hatten das Land bereits vor dem römischen Einmarsch verlassen, sodass die Felder bereits verwildert waren. In den Pollendiagrammen findet man für diesen Zeitabschnitt oft überdurchschnittlich viel Blütenstaub von ausdauernden Unkräutern, und immer wieder eine starke Zunahme von Pioniergehölzern wie Hasel und Birke. In den Auen waren dagegen Erlen und Weidengebüsche wieder aufgekommen."
(Hans Smettan, Südwestdeutschland in der Antike. Die Rekonstruktion der Umwelt, in: Imperium Romanum. Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau, Ausstellungskatalog, Esslingen 2005, S. 39)

"Die stark geschrumpfte Bevölkerungszahl und die fehlende überregionale Organisation waren dann der Grund, dass die keltische Restbevölkerung politisch keie Rolle bei der römischen Okkupation gespielt hat ... Das Zusammenwirken äußerer Einflüsse, wie z.B. Caesars Feldzüge oder das Vordringen germanischer Bevölkerungsgruppen, dürfte in erster Linie dafür verantwortlich sein, dass die spätkeltische Oppidakultur zugrunde ging und die Bevölkerung zerstreut wurde ... Dass die Bevölkerungsreste im Zuge der römischen Okkupation schnell akkulturiert wurden, kann man vermuten."
(Günther Wieland, Die späten Kelten, in: Imperium Romanum a.a.O, S. 68, 70)


"Der Begriff Helvetier-Einöde (auch Helvetiereinöde) ist ein Erklärungsansatz für das weitgehende Fehlen von Funden der Spätlatènezeit im rechtsrheinischen Südwestdeutschland bei der Ankunft der Römer um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Grundlage ist neben einer allgemeinen Fundleere die Erwähnung von Gebieten, die von Helvetiern verlassen wurden, durch den antiken Geographen Claudius Ptolemäus." https://de.wikipedia.org/wiki/Helvetier-Ein%C3%B6de

Nach Ansicht dieser Archäologen und Historiker scheint der Raum des heutigen Baden-Württember bei Ankunft der Römer siedlungsleer bis siedlungsarm gewesen zu sein. Selbst römische Schriftsteller haben das überliefert. Als Gründe werden genannt der Abzug der Helveter, germanische Einfälle und Feldzüge Caesars.


Dietrich,
das ist mir doch alles bekannt.
Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass es sich um ein "verschwinden" der Keltischen Oberschicht, der Kulturträger handelt. Wie dies mehrfach bei den Kelten passiert ist. Die Zeitspanne bis zur Einrichtung der Römerherrschaft nicht zur Herausbildung einer neuen Kulturträgerschicht ausgereicht hat.
Ob die jetzt die Oberschicht massakriert haben (gut möglich) oder "lediglich" verjagt ist eine ganz andere Frage.
Aber die im Südwesten (angeblich) fehlenden Kelten sind jedenfalls in der erforderlichen Zahl nirgens anders aufgetreten, sowenig wie die 170 Jahre später "abziehenden" Römer.

Wenn irgendwo jamand abzieht, kommt er woanders an. Aber wo?????
Eine doch berechtigte Frage.

Mich erinnert das ganze an Illig und die fehlenden Jahrhunderte. Der hat doch darauf abgehoben, dass keinerlei Funde aus den bewussten Jahrhunderten da wären. Was aber lediglich am Christentum und den dann fehlenden Grabbeigaben lag.
Reine Forschungslücken, die 20-30 Forschungs-Jahre später längst geschlossen sind.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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01.07.2016, 21:00
Beitrag: #84
RE: Der Untergang von Sprachen
Die Siedlingsgebiete der Helvetier südlich des Mains verwilderten nicht. Ein Teil der Helvetier blieb. Es wanderten verschiedene Germanen ein. Ein großer Teil gehörte weiter zur Latene Kultur. Neben Nachfahren der Helvetier werden das z.B. Hermunduren gewesen sein. Andere Latenegermanen, wie Ubier und Tenkterer sind möglich. Neben den Latenegermanen wanderten auch nördlichere Elbgermanen wie Semnonen ein. Südlich des Mains wurden sie als Markomannen bezeichnet. Die Elbgermanen, die das Land der Tenkterer einnahmen wurden Quaden genannt. Diese verschiedenen Elbgermanen ließen sich auch in Böhmen und Mähren nieder.

Mit Ariovist kamen viele germanische Siedler über den Rhein, um sich z.B. im Elsaß anzusiedeln. Wo waren denn die Kimbern, Teutonen und Ambronen geblieben? Es wird doch angenommen, das sich die Überlebenden überwiegend im heutigen Baden-Würtemberg ansiedelten o. mit den Helvetiern in die Schweiz gingen, also frühe Allemannen. Früher keltische Stämme waren zur Zeit des Ariovist schon Germanen.

viele Grüße

Paul

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02.07.2016, 12:13
Beitrag: #85
RE: Der Untergang von Sprachen
(01.07.2016 20:26)Suebe schrieb:  Dietrich,
das ist mir doch alles bekannt.
Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass es sich um ein "verschwinden" der Keltischen Oberschicht, der Kulturträger handelt.

Wie stellst du dir das vor? Dass die Kelten ihre Oberschicht umbrachten? Das halte ich für eine zienlich absurde Vorstellung.

Fakt ist doch, dass BW zur Zeitenwende nahezu fundleer war. Also hat es keine Bevölkerung in nennenswertem Umfang mehr gegeben. Selbst wenn wir annehmen, dass nur die keltische Oberschicht verschwunden war, ist die übrige Bevölkerung nicht nackt herumgelaufen, hat aus der Hand gegessen, keine Häuser gebaut und ihre Toten unbestattet liegen lassen. Ergo musss auch eine Bevölkerung ohne Oberschicht massenhaft Keramik, Geräte, Kleidung und Haus- und Begräbnisreste hinterlassen haben. Wenn all das nicht zu finden ist, muss man von einem siedlungsleeren oder zumindest siedlungsarmen Gebiet ausgehen.

(01.07.2016 20:26)Suebe schrieb:  Wenn irgendwo jamand abzieht, kommt er woanders an. Aber wo?????
Eine doch berechtigte Frage.

Die Abwanderung der Bevölkerung hat sich über ein Jahrhundert hingezogen. Nach der weiter oben angeführten Aussage antiker Schriftsteller saßen die Helvetier in SW-Deutschland und haben sich aufgrund der Kimbern- und Teutonenzüge sowie der Feldzüge Caesars ins Schweizer Mittelland zurückgezogen. Andere Gruppen sind vielleicht ins benachbarte Gallien abgezogen oder haben sich in alle Winde zersreut. Das wird man heute nicht mehr exakt belegen können.

Sicher aber ist: Fundleere heißt wenig Menschen.
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02.07.2016, 14:33
Beitrag: #86
RE: Der Untergang von Sprachen
Frau Heun hat über die Ausgrabungen in der Region Offenbach geschrieben. Sie stellt auch die Unterschiede und Gemeinsamkeiten durch die Ablösung der Helvetier durch Germanen dar, nördliche Elbgermanen und Latenegermanen.
Die Ausgrabungen werden dadurch erschwert, das die alten Siedlungsplätze meist weiterhin besiedelt sind.

http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2004/0519/

viele Grüße

Paul

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02.07.2016, 15:51
Beitrag: #87
RE: Der Untergang von Sprachen
(01.07.2016 21:00)Paul schrieb:  Neben den Latenegermanen wanderten auch nördlichere Elbgermanen wie Semnonen ein.

Die La Tené-Kultur ist eine keltische Kultur, sogenannt nach den Funden von La Tené am Neuenburgersee.
Was sind Latenegermanen ?
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02.07.2016, 16:03
Beitrag: #88
RE: Der Untergang von Sprachen
(02.07.2016 12:13)Dietrich schrieb:  
(01.07.2016 20:26)Suebe schrieb:  Dietrich,
das ist mir doch alles bekannt.
Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass es sich um ein "verschwinden" der Keltischen Oberschicht, der Kulturträger handelt.

Wie stellst du dir das vor? Dass die Kelten ihre Oberschicht umbrachten? Das halte ich für eine zienlich absurde Vorstellung.

Fakt ist doch, dass BW zur Zeitenwende nahezu fundleer war. Also hat es keine Bevölkerung in nennenswertem Umfang mehr gegeben. Selbst wenn wir annehmen, dass nur die keltische Oberschicht verschwunden war, ist die übrige Bevölkerung nicht nackt herumgelaufen, hat aus der Hand gegessen, keine Häuser gebaut und ihre Toten unbestattet liegen lassen. Ergo musss auch eine Bevölkerung ohne Oberschicht massenhaft Keramik, Geräte, Kleidung und Haus- und Begräbnisreste hinterlassen haben. Wenn all das nicht zu finden ist, muss man von einem siedlungsleeren oder zumindest siedlungsarmen Gebiet ausgehen.

(01.07.2016 20:26)Suebe schrieb:  Wenn irgendwo jamand abzieht, kommt er woanders an. Aber wo?????
Eine doch berechtigte Frage.

Die Abwanderung der Bevölkerung hat sich über ein Jahrhundert hingezogen. Nach der weiter oben angeführten Aussage antiker Schriftsteller saßen die Helvetier in SW-Deutschland und haben sich aufgrund der Kimbern- und Teutonenzüge sowie der Feldzüge Caesars ins Schweizer Mittelland zurückgezogen. Andere Gruppen sind vielleicht ins benachbarte Gallien abgezogen oder haben sich in alle Winde zersreut. Das wird man heute nicht mehr exakt belegen können.

Sicher aber ist: Fundleere heißt wenig Menschen.


Dietrich, was hat man bisher von den Kelten gefunden?
Ein paar Herrscher-Grabhügel.
Basta. Aus, Schluss Fertig.
Denn, Feuerbestattungen sind nach 2 Jahrtausenden "eigentlich" nicht mehr nachzuweisen.

Man hat, sehr vereinzelt, Siedlungsreste gefunden, deren Datierung häufig sehr umstritten ist.
Seit vielleicht zehn Jahren spricht man die "keltischen Viereckschanzen" als umfriedete Bauernhöfe an, zuvor "Kultanlagen", "Militärische Anlagen" (insbesondere Paret) usw. usf.
Ich könnte Dir, morgen nachmittag, zwischen Mittagessen und Kaffee, roundabout 20 Anlagen zeigen, die ich für "keltisch" halte, die aber von der Forschung als Bronzezeitlich bis 10. Jahrhundert angesprochen werden.
Alles aber ohne dass bis heute ein Berufener an einer der Stellen Spaten oder Pinsel angesetzt hätte.
Ich lebe aber auf keiner Insel und behaupte mal, dass es an anderen Orten auch nicht anders ist.

Also, kommste, machen wir eine Geländebegehung.
Sag halt bei Zeiten Bescheid, damit meine frühere Verlobte einen Teller mehr deckt.


Ach so, sorry, um was es mir ging.
Man kann, wenn vielleicht ein Promill eines Promilles der "verdächtigen" Orte oberflächlich untersucht sind mMn nicht von "Fundleere" sprechen.

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02.07.2016, 16:12
Beitrag: #89
RE: Der Untergang von Sprachen
Was Paul ansprach, ist natürlich ebenso wichtig.
Wenn der Ort einer vermuteten Keltensiedlung heute bewohnt, bebaut ist, hat sich dies doch.

Beispiel:
Allem nach hat der Keltenfürst von Hochdorf doch auf dem Asperg residiert. Müsste man dort doch endlich mal ein großes Archäologisches Meeting veranstalten. Wichtigste Funde wären sicher.
Pfeifendeckel. Knast

[Bild: 180px-HochdorfAusblick.jpg]

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02.07.2016, 21:00
Beitrag: #90
RE: Der Untergang von Sprachen
(02.07.2016 12:13)Dietrich schrieb:  Die Abwanderung der Bevölkerung hat sich über ein Jahrhundert hingezogen. Nach der weiter oben angeführten Aussage antiker Schriftsteller saßen die Helvetier in SW-Deutschland und haben sich aufgrund der Kimbern- und Teutonenzüge sowie der Feldzüge Caesars ins Schweizer Mittelland zurückgezogen. Andere Gruppen sind vielleicht ins benachbarte Gallien abgezogen oder haben sich in alle Winde zersreut. Das wird man heute nicht mehr exakt belegen können.

Sicher aber ist: Fundleere heißt wenig Menschen.

Das Problem dabei ist, dass das Schweizer Mittelland um 100 v. Chr. kein menschenleeres Gebiet war, welches die Helvetier aufgrund dieser Tatsache als Rückzugsort hätten gebrauchen können. Das Mittelland war damals und auch schon früher ein dicht besiedeltes keltisches Siedlungsland, jedenfalls lässt die Funddichte darauf schliessen. Nicht von ungefähr stammt der Begriff der "Latène-Kultur" von einer Fundstelle am Neuenburger-See.

Wenn jetzt die Helvetier erst im Zusammenhang mit dem Zug der Kimbern und Teutonen im Mittelland ansässig geworden sein sollen, käme man zum Mindesten in die Verlegenheit, die hier bereits wohnhaften Kelten nicht mit einem Stammesnamen oder einer Ethniebezeichnung ansprechen zu können. Gut, das wäre jetzt nicht so schlimm. Offen bleibt hingegen die Frage, wieso sie sich hier hätten zurückziehen müssen - in ein bereits keltisch besetztes Siedlungsgebiet wohlverstanden ! Schliesslich haben sie - jedenfalls der Teilstamm der Tiguriner - die Kimbern und Teutonen begleitet und mit ihnen bei Agen 107 die Römer besiegt. Sie hatten die Kimbern und Teutonen begleitet, waren also nicht vor ihnen geflohen. Und auch vor den Römern hätten sie sich nicht in neues Land zurückzuziehen brauchen, sie gehörten ja zu den Siegern.

Die aus der hist. Überlieferung der römischen Geschichtsschreibung (nam. Tacitus) entnommenen Lehrmeinung, die Helvetier hätten sich im 2. Jahrhundert aus dem Mittelrheingebiet kommend, im Mittelland niedergelsassen, lässt sich auch im ärchalogischen Befund nicht nachvollziehen. Das muss zugegenbermassen nichts heissen und könnte auch lediglich darauf hinweisen, dass die helvetischen Einwanderer der im Mittelland ansässigen Keltenstämme ohnehin kulturell nahe verwandt gewesen seien.

Was sich mit Sicherheit widerlegen lässt, ist aber die These, die Helvetier hätten sich aufgrund der Feldzüge von Cäsar ins Schweizer Mittelland zurückgezogen. Denn von dort waren sie aufgebrochen, als sie 58 bei Bibracte von Cäsar geschlagen worden. Nach der Niederlage "zogen sie sich nicht dorthin zurück", sondern wurden von Cäsar "zurückgeschickt", der kurz darauf Helvetien dem Imperium einverleibte. Das kann beim ihm selbst nachgelesen werden.

Überhaupt weiss man von den Helvetieren und ihren Protagonisten hautpsächlich aus Cäsars "Gallischem Krieg" selbst. Gemäss ihm hatte der helvetische Teilstamm der Tiguriner die Kimbern und Teutonen auf ihrem Zug begleitet. 107 schlugen die Kimbern, Teutonen, Tougener und Tiguriner die Armee von Cassius bei Agen. Der Anführer des gemischten keltisch-germanischen Heeres war der Tiguriner Divico.

Um 61 v. Chr. - so im "bello Gallico" - schwang sich der Helvetier Orgetorix zu einem Anführer der helvetischen Stämme und überredete diese, nach Galllien (und zwar von Helvetien und nicht vom Rhein/Main Gebiet aus !) auszuwandern. Dazu nahm er Kontakt zu den Eliten der Nachbarvölkern, den Sequanern und Haedurer, entsprechende Kontakte auf. In der Folge kam es jedoch zu Machtkämpfen - auf die ich jetzt nicht im Detail eingehe - und Orgetorix verlor aus nicht ganz geklärten Umständen sein Leben (Mord, Selbstmord ?). Am "Auszug nach Gallien" wurde jedoch festgehalten, und als Anführer wählte man den alten Tiguriner Divico (!), der mit den Helvetiern auch promt auszog und 58 bei Bibracte von Cäsar gestoppt und geschlagen wurde.

Cäsar beschreibt die Tiguriner als einen von vier Stämme der Helvetier, welche nach Gallien aufgebrochen seien. Er erwähnt auch die Episode, wonach der mit ihm verhandelnde Divico für sich in Anspruch nahm, die Römer bereits einmal geschlagen zu haben (107 bei Agen). Er erwähnt aber nichts davon, dass die Helvetier oder die Tiguriner erst im Zusammenhang mit dem Zug der Kimbern/Teutonen in Helvetien eingewandert seien.
Allerdings erscheint es etwas fragwürdig, wenn Divico ein halbes Jahrhundert nach seinem Sieg über die Römer seinen Auftritt bei Bibracte im "Gallischen Krieg" hat. Ob dieser, wenn überhaupt noch am Leben, noch köperlich in entspr. Verfassung war, erscheint nicht gerade als wahrscheinlich. Das riecht schon etwas nach Revanche-Propaganda.

Nach wie vor würde sich die Frage aufdrängen, wer die Kelten im Mittelland vor dem Teutonenzug waren, wenn nicht Helvetier ?
Und auch was Süddeutschland, insbesondere Baden anbelangt, teile ich die Skepsis des Sueben. Baden war jedenfalls bis kurz vor der Zeitenwende keltisch besiedelt und hatte mit dem "Dreieckland" zwischen den Belchen sogar ein kulturelles Zentrum. Die Annahme, das Südwestdeutschland bis zur Eroberung und Erschliessung durch die Römer weitgehend unbesiedelt war und die keltische Bevölkerung ab 50 v. Chr. verdrängt wurde, kann ich nicht glauben.

Die oberrheinische Tiefebene als ein ehemals keltisches Kulturzentrum, ein klimatisch begünstigter Landstrich, in welchem man bis um 70 v. Chr jede Menge Funde machte. Und so eine Region soll plötzlich zu einer Wüstenei geworden sein ? Die Gegend wurde doch mit erheblichem Aufwand erobert - und das bei einer Einöde ?

Jendenfalls hat man breits in den 90er Jahren bei Ausgrabungen der Viereckschanze von Mengen-Ennetach Funde gemacht, die man in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. datieren zu dürfen glaubt. So ganz ohne keltische Funde in Baden-Württemberg für die Spät-Latène-Zeit ist man offenbar doch nicht.

https://journals.ub.uni-heidelberg.de/in...12771/6604

PS:
Ich weiss jetzt allerdings nicht, ob und inwieweit der obige Bericht überholt ist. Ist eben doch eine Weile her - und mein historisches Interesse beschränkt sich eigentlich im Wesentlichen auf Mittelalter und Renaissance Rolleyes
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03.07.2016, 01:04
Beitrag: #91
RE: Der Untergang von Sprachen
(02.07.2016 15:51)Aguyar schrieb:  
(01.07.2016 21:00)Paul schrieb:  Neben den Latenegermanen wanderten auch nördlichere Elbgermanen wie Semnonen ein.

Die La Tené-Kultur ist eine keltische Kultur, sogenannt nach den Funden von La Tené am Neuenburgersee.
Was sind Latenegermanen ?

Wenn so viele germanische Stämme eine solche Kultur hatten, dann war die Latenekultur also nicht rein keltisch. Es waren z.B. Ubier, Usipeter, Tenkterer, Hermunduren und Vandalen. Daneben gab es germanisch keltische Mischstämme wie die Manapier und möglicherweise die Treverer und Stämme, von denen man annimmt, das sie früher keltisch waren, aber zur Zeit des Ariovist schon zu den Germanen gezählt wurden wie die Nemeter.

viele Grüße

Paul

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03.07.2016, 11:50
Beitrag: #92
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 01:04)Paul schrieb:  
(02.07.2016 15:51)Aguyar schrieb:  Die La Tené-Kultur ist eine keltische Kultur, sogenannt nach den Funden von La Tené am Neuenburgersee.
Was sind Latenegermanen ?

Wenn so viele germanische Stämme eine solche Kultur hatten, dann war die Latenekultur also nicht rein keltisch. Es waren z.B. Ubier, Usipeter, Tenkterer, Hermunduren und Vandalen. Daneben gab es germanisch keltische Mischstämme wie die Manapier und möglicherweise die Treverer und Stämme, von denen man annimmt, das sie früher keltisch waren, aber zur Zeit des Ariovist schon zu den Germanen gezählt wurden wie die Nemeter.

Nach deiner Definition sind "Germanen" alle diejenigen, die eine germanische Sprache sprechen.
Die La- Tené Kultur umfaßt einen Zeitraum von 500 v.Chr. bis 100 v. Chr, und ob es dir nun gefällt oder nicht, die keltische Kultur war ein rein keltische Kultur. Denn- und das ist dir offensichtlich entgangen- "keltisch" hat nichts, aber auch gar nichts mit Abstammung zu tun, sondern "keltisch" ist- ein Kulturbegriff.
So wie du Germanen als Träger der germanischen Sprache definierst, gilt als Kelte, wer Träger der keltischen Kultur ist.
Diese Kultur wurde von Gaius Julius Caesar auf dem europäischen Kontinent zerstört. Auch das ist sicher, denn auch außerhalb Galliens liegende keltische Oppidae gingen unter, und irgendwo hin mußten ihre Bewohner ja gehen- vermutlich vermischten sie sich mit nicht-keltischen (also nicht-keltischen-Kulturträgern) Stämmen, die möglicherweise eine germanische Sprache sprachen.
Wenn man Parallelen zu Britannien 500 Jahre später ziehen will, ist es nicht ausgeschlossen, dass (kulturelle) Kelten nach dem Zusammenbruch ihres "Reiches" oder "Wirtschaftsraumes"- wenn euch die Bezeichnung lieber ist- ihre eigene, nun unpassende (weil auf Handel und Leben in der Stadt ausgerichtete) Sprache aufgegeben und sich der verwandten germanischen Dialekte bedient, die vielleicht zur aktuellen Lebenssituation besser paßten. Als Handelssprache gab es jetzt ja Latein...

Egal, wie du es auch drehst und wendest- du machst aus den Trägern der Latené- Kultur keine Germanen.
Die Kultur ist und bleibt keltisch. Selbst, wenn nur die Führungsschicht keltisch gewesen und sich unter der einfachen Bevölkerung mundartliche Dialekte gehalten haben, aus denen sich dann später germanische Sprachen entwickelten.

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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03.07.2016, 13:47
Beitrag: #93
RE: Der Untergang von Sprachen
Zustimmung

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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03.07.2016, 15:41
Beitrag: #94
RE: Der Untergang von Sprachen
Auch wenn es in ein Gebiet mit Germanen der Latenekultur Einwanderung von nördlichen Germanen gab, hat sich die Latenekultur weitgehend gehalten, auch wenn auf typische Opida verzichtet wurde. Obwohl die Chatten nach Mittel- u. Osthessen einwanderten, behauptete sich die Latenekultur, wie schon unter den Quaden.
Germanen der Latenekultur wanderten massenhaft in die linksrgeinischen Gebiete, wo sie später Teil der Franken wurden. Sie wanderten aber auch nach Bayern, Böhmen und Mähren. Ihre Latenekultur entwickelte sich mit römischen Einflüssen zu unserer mittelalterlichen Kultur. Sie verbreiteten den intensiven Ackerbau, mit Fruchtwechselwirtschaft, eisernen Pflügen und Düngung...in andere Regionen Germaniens. Es hat wenig Sinn sie als Kelten zu bezeichnen. Ab wann wären wir dann z:B in Hessen keine Kelten mehr gewesen, da es keinen Abbruch der Latenekultur, sondern ihre Weiterentwicklung gab?
Das die Ubier das Lahngebiet verlassen hätten, war ein Märchen Agrippas gewesen, welches archäologisch...nicht erhärtbar ist. Die Ubier hatten genügend Geburtenüberschuß um zu bleiben und neue Gebiete zu besiedeln.

viele Grüße

Paul

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03.07.2016, 18:30
Beitrag: #95
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 15:41)Paul schrieb:  Auch wenn es in ein Gebiet mit Germanen der Latenekultur Einwanderung von nördlichen Germanen gab, hat sich die Latenekultur weitgehend gehalten, auch wenn auf typische Opida verzichtet wurde. Obwohl die Chatten nach Mittel- u. Osthessen einwanderten, behauptete sich die Latenekultur, wie schon unter den Quaden

Im 6. Jh. v. Chr. bzw. am Ende der Hallstattzeit standen sich in Mitteleuropa zwei große, kulturell unterschiedliche Bereiche gegenüber: der der wirtschaftlich und sozial hochentwickelten Hallstattkultur im süddeutsch-österreichischen Alpenraum bis hin an den Rand des Thüringer Waldes, der später von den Trägern der Latène-Kultur, den Kelten, eingenommen wurde; und der nördlich daran anschließendend bis zur Nord- und Ostsee verbreitete und stark von den Kelten beeinflusste aber wirtschaftlich nicht so weit fortgeschrittene Bereich, in dem sich die Jastorfkultur herausgebildet hatte, deren Träger sicher die Germanen waren und die bis in das letzte Jahrhundert v. Chr. hinein unmittelbare Nachbarn der Kelten blieben.

Die Siedlungsgebiete im Norden standen unter dem Einfluss der Hallstatt- und später der Latènekultur. Vermittelt wurde nachweislich Kulturgut des persönlichen Bedarfs wie Nadeln und Fibeln. Das ästhetische Empfinden der Bevölkerung im Jastorfkulturbereich und darüber hinaus wurde dadurch maßgeblich mitbestimmt. Auch am Niederrhein findet man in der so genannten Grabhügelkultur Hallstattelemente. Über diesen Raum hinaus wurde das Gebiet westlich der Ems und das bis zur Weser und Aller beeinflusst.
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03.07.2016, 19:06
Beitrag: #96
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 18:30)Dietrich schrieb:  
(03.07.2016 15:41)Paul schrieb:  Auch wenn es in ein Gebiet mit Germanen der Latenekultur Einwanderung von nördlichen Germanen gab, hat sich die Latenekultur weitgehend gehalten, auch wenn auf typische Opida verzichtet wurde. Obwohl die Chatten nach Mittel- u. Osthessen einwanderten, behauptete sich die Latenekultur, wie schon unter den Quaden

Im 6. Jh. v. Chr. bzw. am Ende der Hallstattzeit standen sich in Mitteleuropa zwei große, kulturell unterschiedliche Bereiche gegenüber: der der wirtschaftlich und sozial hochentwickelten Hallstattkultur im süddeutsch-österreichischen Alpenraum bis hin an den Rand des Thüringer Waldes, der später von den Trägern der Latène-Kultur, den Kelten, eingenommen wurde; und der nördlich daran anschließendend bis zur Nord- und Ostsee verbreitete und stark von den Kelten beeinflusste aber wirtschaftlich nicht so weit fortgeschrittene Bereich, in dem sich die Jastorfkultur herausgebildet hatte, deren Träger sicher die Germanen waren und die bis in das letzte Jahrhundert v. Chr. hinein unmittelbare Nachbarn der Kelten blieben.

Die Siedlungsgebiete im Norden standen unter dem Einfluss der Hallstatt- und später der Latènekultur. Vermittelt wurde nachweislich Kulturgut des persönlichen Bedarfs wie Nadeln und Fibeln. Das ästhetische Empfinden der Bevölkerung im Jastorfkulturbereich und darüber hinaus wurde dadurch maßgeblich mitbestimmt. Auch am Niederrhein findet man in der so genannten Grabhügelkultur Hallstattelemente. Über diesen Raum hinaus wurde das Gebiet westlich der Ems und das bis zur Weser und Aller beeinflusst.

Nördliche Germanen waren Träger der Jasdorf Kultur und mehrerer benachbarter Kulturen, südliche Germanen waren Träger der Latenekultur. Dietrich, du gehst nicht auf das Problem ein, das einige hier diese Germanen als Kelten bezeichnen wollen, was ich wiederum nicht verstehe. Germanisch und Keltisch sind Sprachen, Jasdorf Kultur und Latene Kultur sind Kulturen.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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03.07.2016, 21:02
Beitrag: #97
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 19:06)Paul schrieb:  Nördliche Germanen waren Träger der Jasdorf Kultur und mehrerer benachbarter Kulturen, südliche Germanen waren Träger der Latenekultur. Dietrich, du gehst nicht auf das Problem ein, das einige hier diese Germanen als Kelten bezeichnen wollen, was ich wiederum nicht verstehe. Germanisch und Keltisch sind Sprachen, Jasdorf Kultur und Latene Kultur sind Kulturen.

Natürlich sind "germanisch" und "keltisch" Sprachgruppen. Die Bodenfunde, welche als "Latène-Kultur" bezeichnet wurden, sind hauptsächlich im keltischen Siedlungsgebiet und nicht im germanischen gemacht worden. Deshalb wurde die Latène-Kultur eben als keltische und nicht als germanische Kultur definiert.
Das ist so etwa seit 1950 / 1960 allgemein aktzeptiert und anerkannt. Das was Du hier machst ist in etwa so sinnvoll, wie wenn ich behaupten würde, die Träger der Jasdort Kultur wären keine Germanen sondern "Nordkelten" gewesen. Solche Diskussionen sind mir jetzt aber zu blöd. Die letzten, welche Kelten zu Germanen machen wollten, waren die "Postgermanen" der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
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03.07.2016, 22:00
Beitrag: #98
RE: Der Untergang von Sprachen
Zitat:Nördliche Germanen waren Träger der Jasdorf Kultur und mehrerer benachbarter Kulturen, südliche Germanen waren Träger der Latenekultur. Dietrich, du gehst nicht auf das Problem ein, das einige hier diese Germanen als Kelten bezeichnen wollen, was ich wiederum nicht verstehe. Germanisch und Keltisch sind Sprachen, Jasdorf Kultur und Latene Kultur sind Kulturen.
Das Problem ist,dass über damalige Sprachen und Sprachgrenzen nichts genaues bekannt ist- der Übergang dürfte aber eher fließend gewesen sein- wir können uns also letzlich nur an die Sachkultur halten und danach ging der keltische und keltisch beeinflusste Bereich weit über die rheingrenze hinaus,
Die klassische Unterteilung, wie Du sie hier anführst beruft sich im wesentlichen auf römische Quellen,namentlich Caesar und Tacitus- und die waren weder Ethnologen noch Sprachwissenschaftler.
Es scheint wohl eher so,dass die römische Unterteilung Kelten/Germanen politischer Natur war.
Julius Caesar rückte ja bis zum Rhein vor und erklärte dann die Eroberung Galliens für abgeschlossen und das römische Keltentrauma für beendet- also hatte alles jenseits des Rheins germanisch zu sein- ob es passte oder nicht,
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03.07.2016, 22:42
Beitrag: #99
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 21:02)Aguyar schrieb:  Natürlich sind "germanisch" und "keltisch" Sprachgruppen. Die Bodenfunde, welche als "Latène-Kultur" bezeichnet wurden, sind hauptsächlich im keltischen Siedlungsgebiet und nicht im germanischen gemacht worden. Deshalb wurde die Latène-Kultur eben als keltische und nicht als germanische Kultur definiert.
Das ist so etwa seit 1950 / 1960 allgemein aktzeptiert und anerkannt. Das was Du hier machst ist in etwa so sinnvoll, wie wenn ich behaupten würde, die Träger der Jasdort Kultur wären keine Germanen sondern "Nordkelten" gewesen. Solche Diskussionen sind mir jetzt aber zu blöd. Die letzten, welche Kelten zu Germanen machen wollten, waren die "Postgermanen" der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

In ganz Hessen bis zur Adrana/Eder wurden Funde der Latenekultur gemacht und wir kennen weitgehend die Stämme, die dort gelebt haben. Wenn es konkret wird habe ich noch nirgends gelesen, das jemand die Usipeter, Tenkterer, Hermunduren und Vandalen für Kelten gehalten hat, bzw. später die Chatten. Bei den Ubiern kommt es vor, wenn sie rechtsrheinisch betrachtet werden. Kaum in Köln angekommen sehen sie alle als Germanen.
Die Archäologen schauen sich die Bodenfunde in Bad Nauheim an und sagen, hier haben Kelten gelebt. Wir wissen aber, das es die Usipeter waren und die hält keiner für Kelten. Die Chronisten berichten darüber, das 800 Tenkterer-Reiterkrieger die 5000 Mann starke keltische Reiterei Cäsars in die Flucht getrieben haben. Danach hat Cäsar germanische Reiter angeworben.

viele Grüße

Paul

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04.07.2016, 09:27
Beitrag: #100
RE: Der Untergang von Sprachen
(03.07.2016 22:42)Paul schrieb:  In ganz Hessen bis zur Adrana/Eder wurden Funde der Latenekultur gemacht und wir kennen weitgehend die Stämme, die dort gelebt haben. Wenn es konkret wird habe ich noch nirgends gelesen, das jemand die Usipeter, Tenkterer, Hermunduren und Vandalen für Kelten gehalten hat, bzw. später die Chatten. Bei den Ubiern kommt es vor, wenn sie rechtsrheinisch betrachtet werden. Kaum in Köln angekommen sehen sie alle als Germanen.
Die Archäologen schauen sich die Bodenfunde in Bad Nauheim an und sagen, hier haben Kelten gelebt. Wir wissen aber, das es die Usipeter waren und die hält keiner für Kelten. Die Chronisten berichten darüber, das 800 Tenkterer-Reiterkrieger die 5000 Mann starke keltische Reiterei Cäsars in die Flucht getrieben haben. Danach hat Cäsar germanische Reiter angeworben.

Zuerst einmal die Definition aus Wikipedia:
Die Latènekultur entwickelte sich unter mediterranem Einfluss zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. aus der nordwestalpinen Hallstattkultur zu einer eigenständigen Kunst- und Kulturform. Diese war zwischen 450 v. Chr. und 40 v. Chr. in Frankreich, der nordalpinen Schweiz, Süddeutschland bis zu den Mittelgebirgen, Österreich, der Tschechischen Republik und Teilen Ungarns verbreitet. Die Genese der Latènezivilisation vollzog sich im sogenannten „Westhallstattkreis“.
Träger der Latènekultur sind die seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. in griechischen, später auch in römischen Quellen genannten Kelten.


Donnersberg und Glauberg - nur um zwei berühmte zu nennen - sind keltische Relikte (am Glauberg haben später auch die Alemannen ihre Spuren hinterlassen) welche der Latène-Kultur zugewiesen wurden. Der berühmte Keltenfürst mit den "Mickymaus-Ohren" vom Glauberg wird um 500 v. Chr. in die Latènezeit datiert und wurde meines Wissens noch von niemandem als "Germanenfürst" bezeichnet. Und zwar deshalb nicht, weil dort eben zum Mindesten bis zur Hoch-Latène Kelten und nicht Germanen gesiedelt haben.

Usipeter und Tenkterer siedelten am Niederrhein, als sie zu Zeiten Cäsars/Ariovists erstamls in Erscheinung traten. Zum Zeitpunkt, als sie in die keltisch besiedelten Regionen Süddeutschlands eindrangen, war die Latène-Kultur verschwunden oder lag zum Mindesten in den letzten Zügen.
Die Vandalen siedelten, so wird vermutet, im ersten Jahrhunderten nach. Chr. (Tacitus, Plinius) noch östlich der Oder - zu einem Zeitpunkt, als die Latène-Kultur längst verschwunden war.
Die Hermunduren siedelten am Oberlauf der Elbe, bevor Teile von ihnen um die Zeitwende von Ahenobarbus an den Main umgesiedelt wurden. Auch dies zu einem Zeitpunkt, als die Latène-Kultur nicht mehr existenz war.

Die von Dir genannten Germanenstämme tauchten im Latène-Kulturgebiet Süddeutschlands erst auf, als die Kultur selbst bereits verschwunden war. Also können sie wohl nicht die "Kulturträger" gewesen sein. Dies waren die Kelten, welche später gebietsweise zu "gallorömisch" wurden Big Grin oder, in anderen Fällen (wie vermutlich eben in Hessen) die Region bereits verlassen hatten. Das ganze ist eine Frage der Datierung - und auch die verschiedenen "Keltenwälle" kannst Du nicht zu "Germanenwällen" machen.
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