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Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
04.08.2013, 15:22
Beitrag: #81
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
(04.08.2013 14:59)Bunbury schrieb:  Sind die Römer je über die Grampians hinausgekommen? Ich bezweifle es. Aber nördlich der Grampians befinden sich unzählige Zeugnisse relativ wohlhabender Kulturen, die z.T. auf dem Seeweg gut zu erreichen gewesen wären, z.B. das spätere piktische Königreich Fortriu, das nach neueren Forschungen in der Gegend von Easter Ross anzusiedeln ist.
Die Römer wußten aber anscheinend nichts davon... Zwischen den Lowlands und dem, was später Fortriu wurde, lagen die Grampians...
Für die Römer als Mittelmeeranrainer war bestenfalls der Kanal im Sommer zu queren, aber nicht ein Seehandelsnetz bis in den hohen Norden. Selbst daheim ruhte die Schifffahrt im Winter. Du erwähnst zudem Kulturen, die erst ins frühe Mittelalter gehören.
Ich gebe dir aber recht, dass sich das geographische Wissen seit Pytheas nicht erweitert hatte, fast jeder antike Autor schrieb meist nur von seinen Vorgängern unter kräftiger Verwendung der üblichen Barbaren-Klischees ab.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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04.08.2013, 20:35
Beitrag: #82
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
(04.08.2013 15:22)Arkona schrieb:  Für die Römer als Mittelmeeranrainer war bestenfalls der Kanal im Sommer zu queren, aber nicht ein Seehandelsnetz bis in den hohen Norden. Selbst daheim ruhte die Schifffahrt im Winter. Du erwähnst zudem Kulturen, die erst ins frühe Mittelalter gehören.

Als Königreich von Fortriu gehörte Easter Ross sicherlich erst ins frühe Mittelalter, aber das heißt noch lange nicht, daß die Kultur erst entstand, als sie erstmalig schriftlich erwähnt wurde.
Eine kontinuierliche Besiedlung läßt sich bis um 800 v. Chr. nachweisen, und der hohe kulturelle Stand des 4. und 5. Jhdts deuten darauf hin, daß es bereits zur Zeit der römischen Eroberung Britanniens dort eine eigentständige und recht weit entwickelte Kultur gegeben hat.
Nur haben die Römer sie halt nicht entdeckt- weil sie erst über die Berge gemußt hätten.

Interessanter Gedanke, oder? Daß den Römern so jelgiche Neugier und jeglicher Entdeckergeist zu fehlen scheint. Wenn es fette Beute gab, dann geren- aber es scheint nicht sehr römisch gewesen zu sein, Neues zu erforschern...

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04.08.2013, 22:27
Beitrag: #83
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
Ihre Spione hatten sie bestimmt auch dort, auch wenn sich kein waschechter Römer bis dort traute. Man wird auch in den politischen Verhältnissen gemäß "Divide et impera" mitgemischt haben, wie bei anderen Barbaren jenseits der Reichsgrenzen auch. Intern abgehalfterte Stammesführer hatten ja oft einen Altersruhesitz in Italien als "Gäste des Kaisers" wie z.B. Segestes und Marbod. Kann also gut einem Calgacus genauso widerfahren sein. Oder man schickte einen genehmen Stammesführer als Kolloborateur ins Land bzw. schmierte die Fürsten mit römischem Gold. Man kann also davon ausgehen, dass Rom wusste was nördlich des Hadrianswalls im Gange war.

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05.08.2013, 00:12
Beitrag: #84
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
Davon ist sicherlich auszugehen. Daß die Römer die Novanten, Selgoven, Damnonier und Votadiner- also die vier Stämme, die das Gebiet der heutigen Lowlands zwischen Hadrians- und Antoninus- Wall besiedelten- gewissermaßen in ihre Dienste nahmen, gilt als sicher. Es war die Aufgabe, dieser vier Völker, die Grenzen zu den Highlands dicht zu machen. und denen, die aus den Bergen kamen, ganz tüchtig auf die Finger zu hauen.

Sicherlich waren die Römer auch über die Vorgänge nördlich des Hadrianswalls informiert, und es ist davon auszgehen, daß der römische Sieg über die Kaledonier nur durch solche Informationen möglich war, aber es geht um die Region, die nördlich der Grampians liegt. Soweit sind die Römer nie gekommen.
Die Frage ist jetzt nur- wußten sie, daß es da - im Gegensatz zu den Grampians- etwas zu holen gab und verzichteten bewußt darauf, weil das Kosten- Nutzen- verhältnis in keinem günstigen Verhältnis stand (so breit ist der fruchtbare Gürtel zwischen Aberdeen und Inverness und dann weiter an der schottischen Nord-Ost-Küste hoch nun auch wieder nicht, daß es den schwierigen Transport wert gewesen wäre)- oder wußten sie nicht, daß es diese recht fruchtbare Gegend gab?
Selbst hochgegangen sind sie sicher nicht- aber vielleicht wurden sie ja auch von ihren Informanten falsch informiert...

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14.08.2013, 18:57
Beitrag: #85
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
(30.07.2013 20:34)Bunbury schrieb:  Der Nebel, die ständigen Niederschläge, die Winde, der Morast und die Kälte spielen natürlich überhaupt keine Rolle.
Soweit ich weiß, waren es genau diese Faktoren, die dazu führten, daß der Antoninus- Wall aufgegeben wurde. Die römischen Soldaten wurden von dem Wall, der an der Grenze zu den Highlands im noch leicht zu befriedenden Flachland lag, immer wieder ins Gebirgige und neblige Hinterland gelockt, aus dem sie in der Regel nicht zurückkehrten. Die Caledonier- denn so muss man die Einwohner der Highlands bis 297 n.Chr. nennen- waren mit der Witterung vertraut, sie waren an sie angepaßt und sie wußten sie zu nutzen.
Die Römer nicht.

Der Antoninus-Wall war immer hart umkämpft und wurde immer wieder aufgegeben und erneut erobert (dazu habe ich mal im G/Geschichte-Forum einen Text im Forumtreffen "Verteidigungsanlagen" geschrieben, mal sehen, wo ich den abgespeichert habe).
Durch die ständigen Kämpfe mit caledonischen Stämmen, die darüber hinaus mit den örtlichen Begebenheiten besser vertraut waren und auch besser damit umzugehen wussten, war der Antoninuswall eine gefährliche und mühsam aufrecht zu erhaltene Grenze. Sie wurde zwar immer wieder zurückerobert, aber nie auf lange Zeit.
Der Todesstoß für die römische Besatzung der fraglichen Gebiete zwischen Hadrians- und Antoninuswall war der Beginn der römischen Reichskrise in den letzten Jahrzehnten des 2. Jahrhunderts vor Christus. Damit einher gingen die Markomannenkriege Kaiser Mark Aurels an der Donaugrenze, die Machtkämpfe ab dem Jahr 193 und dann allgemein die schwierigere außenpolitische Lage unter der severischen Dynastie auch in anderen Grenzregionen. Die dabei in anderen Regionen zusätzlich benötigten Truppen wurden von der schottischen Grenze (rein als geographische Bezeichnung) abgezogen. Beim zweiten Vierkaiserjahr 193 waren zwei der Usurpatoren, nämlich Clodius Albinus und Pertinax, britische Statthalter, die in die Bürgerkriege die von ihnen kontrollierten Legionen der britischen Inseln einbrachten.
Die letzte erfolgreiche Besetzung des verlorenen Gebietes gelang vermutlich unter Septimius Severus, zumindest, wenn die von antiken Schriftstellern erwähnte "Mauer des Severus" mit dem Antoninuswall identisch ist. Dieser Kaiser unternahm ja auch ab 208 einen Feldzug nach Britannien, auf dem er allerdings 211 starb. Danach wurde die Grenze wieder einmal aufgegeben, warum, ist unklar. Der Sohn und Nachfolger Caracalla jedenfalls unternahm lieber Feldzüge gegen die Alamannen und in den Osten des Reiches und plante einen Perserfeldzug, den er jedoch wegen seiner Ermordung 217 nicht durchführen konnte. Dabei könnten erneut die Truppen abgezogen und der Antoninuswall aufgegeben worden sein, wenn dies nicht schon durch erfolgreiche Einfälle caledonischer Stämme erfolgt war.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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15.08.2013, 12:25
Beitrag: #86
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
(14.08.2013 18:57)Maxdorfer schrieb:  Dabei könnten erneut die Truppen abgezogen und der Antoninuswall aufgegeben worden sein, wenn dies nicht schon durch erfolgreiche Einfälle caledonischer Stämme erfolgt war.

Dass so häufig britische Truppen auf dem Kontinent eingesetzt wurden, heißt aber auch, dass Britannien häufig recht ruhig gewesen sein muss, sonst hätte man die dortigen Truppen nicht so leichtfertig abziehen können.
Die schottische Grenze kann also nicht so dolle umkämpft gewesen sein...

Oder?

VG
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15.08.2013, 12:43
Beitrag: #87
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
(15.08.2013 12:25)913Chris schrieb:  
(14.08.2013 18:57)Maxdorfer schrieb:  Dabei könnten erneut die Truppen abgezogen und der Antoninuswall aufgegeben worden sein, wenn dies nicht schon durch erfolgreiche Einfälle caledonischer Stämme erfolgt war.

Dass so häufig britische Truppen auf dem Kontinent eingesetzt wurden, heißt aber auch, dass Britannien häufig recht ruhig gewesen sein muss, sonst hätte man die dortigen Truppen nicht so leichtfertig abziehen können.
Die schottische Grenze kann also nicht so dolle umkämpft gewesen sein...

Oder?

VG
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Sehe ich auch so. Es war da zwar oft unruhig, aber eine ernsthafte Gefährdung für das römische Britannien waren die Kelten in Schottland nie. Es reichte bestenfalls für gelegentliche Überfälle in Grenznähe. Wirklich ernst wurde es erst, als die Truppen ganz abzogen und es waren bezeichnenderweise die kampfkräftigen Angelsachsen und nicht die wilden Kleinstämme aus dem Norden, die sich letztendlich das Land unter den Nagel rissen.

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15.08.2013, 16:01
Beitrag: #88
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
(15.08.2013 12:43)Arkona schrieb:  
(15.08.2013 12:25)913Chris schrieb:  Dass so häufig britische Truppen auf dem Kontinent eingesetzt wurden, heißt aber auch, dass Britannien häufig recht ruhig gewesen sein muss, sonst hätte man die dortigen Truppen nicht so leichtfertig abziehen können.
Die schottische Grenze kann also nicht so dolle umkämpft gewesen sein...

Oder?

VG
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Sehe ich auch so. Es war da zwar oft unruhig, aber eine ernsthafte Gefährdung für das römische Britannien waren die Kelten in Schottland nie. Es reichte bestenfalls für gelegentliche Überfälle in Grenznähe.

Nun, die Caledonier (die nebenbei gesagt nicht alle keltisch waren) haben die Römer nach der Niederlage am Mons Graupius nie direkt angegriffen, zumindest ist darüber nichts bekannt.
Sie verfuhren nach der Guerilla- Taktik- einen Trupp Soldaten rauslocken, einen Hinterhalt legen, keiner kam zurück.
Das Hinterland gerade hinter dem Antoninuswall war für die Römer sicher auch nicht verlockend genug, um freiwillig die schützende Grenzbastion zu verlassen. Von daher dürfte es sich also in der Tat um eine recht friedliche Grenze gehandelt haben...



(15.08.2013 12:43)Arkona schrieb:  Wirklich ernst wurde es erst, als die Truppen ganz abzogen und es waren bezeichnenderweise die kampfkräftigen Angelsachsen und nicht die wilden Kleinstämme aus dem Norden, die sich letztendlich das Land unter den Nagel rissen.

Hierbei läßt du aber einen sehr wichrtigen Zwischenschritt aus- als die römischen Truppen abzogen, sahen sich die Briten durchaus durch die Skoten und Pikten durchaus bedroht, die immer wieder überfallartig nach Süden und Osten vorstießen.

Um diesen Überfällen Einhalt zu gebieten, verpflichteten die Briten angelsächsische Söldner, denen sie im gegenzug Land in Südwestengland versprachen. Es kamen dann halt ein paar mehr Angelsachsen, als die Briten sich das vorgestellt hatten. Und ein bißchen mehr Land wollten sie auch...

Und ehrlich gesagt- das Gebiet jenseits des Antoninuswalls haben die Angelsachsen auch nie erobert. Dort machten sich die Pikten (als Nachfahren der Caledonier) und Skoten breit...

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15.08.2013, 16:33
Beitrag: #89
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
(15.08.2013 16:01)Bunbury schrieb:  Nun, die Caledonier (die nebenbei gesagt nicht alle keltisch waren)...
Das ist eine andere Baustelle, du willst auf die Pikten hinaus. M.W. ist der Stand, dass sie keltisch waren, aber ein erhebliches vorindoeuropäisches Substrat in ihrer Sprache hatten.

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15.08.2013, 17:14
Beitrag: #90
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
(15.08.2013 16:33)Arkona schrieb:  
(15.08.2013 16:01)Bunbury schrieb:  Nun, die Caledonier (die nebenbei gesagt nicht alle keltisch waren)...
Das ist eine andere Baustelle, du willst auf die Pikten hinaus. M.W. ist der Stand, dass sie keltisch waren, aber ein erhebliches vorindoeuropäisches Substrat in ihrer Sprache hatten.

Nein, will ich eigentlich nicht. "Pikten" ist keine Volksbezeichnung, die vor Aufgabe des Anotninuswalls jemals verwendet wurde. In einer römsichen Schrift aus dem Jahr 297 n.Chr. werden die jenseits des (aufgegebenen) Antoninuswalls lebenden Stämme erstmalig als "Pikten" bezeichnet.

Im Jahr 84 n.Chr, dem jahr der Schlacht am Mons Graupius, wurden die Stämme dieses Gebietes als "Caledonier" bezeichnet.

Von einer größeren Völkerwanderung in Schottland zu jender Zeit ist nichts bekannt, so daß man davon ausgehen kann, daß die Stämme, die um 84 n. Chr. "Caledonier" waren, zu 95 % ab 297 n. Chr. plötzlich "Pikten" hießen, ohne daß sich die Bevölkerung ethnisch geändert hätte.

Jedenfalls gelten auch die Caledonier nur zum Teil als Kelten.

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15.08.2013, 19:24
Beitrag: #91
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
(15.08.2013 12:25)913Chris schrieb:  
(14.08.2013 18:57)Maxdorfer schrieb:  Dabei könnten erneut die Truppen abgezogen und der Antoninuswall aufgegeben worden sein, wenn dies nicht schon durch erfolgreiche Einfälle caledonischer Stämme erfolgt war.

Dass so häufig britische Truppen auf dem Kontinent eingesetzt wurden, heißt aber auch, dass Britannien häufig recht ruhig gewesen sein muss, sonst hätte man die dortigen Truppen nicht so leichtfertig abziehen können.
Die schottische Grenze kann also nicht so dolle umkämpft gewesen sein...

Oder?

VG
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Das kann sein. Oder aber die britische Grenze war einfach nicht so bedeutsam für das Reich. Der Hadrianswall wurde ja weiterhin unter Besetzung gehalten und man gab lediglich die - für das römische Reich doch relativ kleine - Fläche zwischen diesem und dem Antoninuswall auf. Diesen zu halten, war meinem Gefühl nach bisher eh mehr eine Prestigefrage für Rom gewesen, eine "Ehrensache", weil man sich kein Scheitern, keinen Rückzug erlauben wollte. Noch dazu war Britannien eine sehr abgelegene Provinz ohne bedeutende Stätten und Position für das römische Reich, im Gegensatz zur Donaugrenze, die gefährlich nah an Rom lag, zur Rheingrenze, die immerhin für die dicht besiedelten und hoch entwickelten Provinzen Gallien und Germanien von Bedeutung war, und zur Ostgrenze zu den Sasaniden, die nahe an Anatolien, Syrien und Ägypten war. Britannien dagegen war eine Insel, die vieleicht für den Weltmachts-Gedanken der Herrschaft bis ans Ende der Welt von Bedeutung war, aber durch den Ärmelkanal und die Lage ganz im Nordwesten doch etwas abseits lag.
Woanders wurden die Truppen vielleicht auch einfach nötiger gebraucht, da dort besser organisierte, größere und kampfwütendere Feinde auftauchten (siehe diesen Beitrag, wo ich auf die Unterschiede zwischen einfallenden Barbarengruppen (wie es sie in der hohen Kaiserzeit gab) und den wirklich gefährlichen Feinden der Spätantike eingehe - die Kaledonier gehörten am Antoninuswall doch eher zur ersten Gruppe)

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15.08.2013, 22:00
Beitrag: #92
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
(15.08.2013 19:24)Maxdorfer schrieb:  Das kann sein. Oder aber die britische Grenze war einfach nicht so bedeutsam für das Reich. Der Hadrianswall wurde ja weiterhin unter Besetzung gehalten und man gab lediglich die - für das römische Reich doch relativ kleine - Fläche zwischen diesem und dem Antoninuswall auf.

So ganz stimmt das nicht. Die Römer zogen sich zwar auf den Hadrianswall zurück, aber richtig aufgegeben haben sie das Gebiet nicht.
Sie griffen viel eher auf die Hilfe der lokalen Stämme zurück. Als die Römer sich hinter den Hadrianswall zurückzogen, waren die vier zwischen Hadrians- und Antoninuswall lebenden Stämme (Novanten, Selgoven, Damnonier und Votadiner) römische Vassallen, die die Aufgabe übernahmen, den Römern die Caledonier vom Hals zu halten. Die vier Stämme gehörten gewissermaßen zum römscihen Reich, lebten außerhalb von dessen sichtbarer Grenze.


(15.08.2013 19:24)Maxdorfer schrieb:  Diesen zu halten, war meinem Gefühl nach bisher eh mehr eine Prestigefrage für Rom gewesen, eine "Ehrensache", weil man sich kein Scheitern, keinen Rückzug erlauben wollte.

Nicht nur. Die ständigen Überfälle aus dem Norden waren schon sehr lästig und auch sehr demotivierend für die römische Armee. Nicht umsonst holten sich die Briten zweihundert Jahre später die Angelsachsen ins Land, um die Überfälle der nördlichen Stämme zu stoppen.
In den ersten jahrzehnten war die römische Kontrolle über die vier Stämme dazwischen auch noch nicht so fest, daß sich die Römer hätten erlauben können, ihnen den Rücken zuzukehren. Erst eine Weile des lebens innerhalb der römischen Grenzen überzeugte die keltischen Stämme von den Segnungen des römsichen Reiches-die Römer brauchten auch ein bißchen Zeit, um die Stämme zu treuen Verbündeten des römischen Reiches zu machen. (Daß das gut gelang, zeigte, daß die Römer im vierten Jahrhundert einen Teil der Votadiner nach Nordwales umsiedelten, damit die den Skoten was auf die Mütze gaben)

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17.07.2014, 23:07
Beitrag: #93
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
Nun ja,der Antoniuswall scheint jedenfalls keineswegs die Nordgrenze römischer Macht gewesen zu sein
Wenn ich den Artikel [url=http://en.wikipedia.org/wiki/Gask_Ridge/url] aus dem englischen Wiki richtig interpretiere gab es nicht nur eine Befestigungslinie entlang der Gask Ridge sondern unter Agricola und Septimus Severus auch eine Linie römischer Marschlager und permanenter Befestigungen zwischen Aberdeen und Cawdor bei Inverness, Tarradale und Portmahomack
Das würde bedeuten,daß der römische Einfluß sich zumindest zeitweise auch auf große Teile Schottlands mit Ausnahme der NorthwestHighlands erstreckt hätte.
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26.07.2014, 09:41
Beitrag: #94
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
Portmahomack halte ich aber für ausgesprochen unwahrscheinlich. Das liegt auf der Spitze einer Halbinsel. Strategisch macht es überhaupt keinen Sinn, dort in irgendeiner Weise eine römische Befestigung zu errichten. Der Ort ist leicht anfällig für Angriffe vom Meer und auch heute nur durch eine recht langwierige Fahrt zu erreichen.
Als Zentrum eines See-Räuber Reiches -sprich Ausgangspunkt für Küstenüberfälle zu Boot) kann ich mir Portmahomack sehr gut vorstellen- aber als römsche Befestigung überhaupt nicht. Portmahomack dient vielleicht als Stützpunkt innerhalb einer marinen Verteidigungslinie, aber niemals einer ländlichen. Und gegen wen hätten die Römer Portmahoack vom Meer aus verteidigen soll?

Portmahomack war ein Zentrum der Pikten und der früh-christlich-pitkischen Kirche. Dort wurde in den letzten 20 Jahren intensiv gegraben, und von römischen Marschlagern und Befestigungen berichten die örtlichen Ausgrabungen nichts.

(Ich habe von 2003 bis letztes Jahr dort jedes Jahr Urlaub gemacht und mich mit der lokalen Geschichte beschäftigt.)

Vorstellen kann ich mir allenfalls, daß die Römer in der Gegend Nahrung beschafft haben- der Bereich, den du nennst, ist einer der wenigen Bereiche Schottlands, in denen eine ertragreiche Landwirtschaft möglich ist.

Ich werde mir, sobald ich im Urlaub bin (dieses Jahr mal nicht Portmahomack) den Artikel mal durchlesen. Vielleicht fällt mir ja was schlaues dazu ein...

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26.07.2014, 14:55
Beitrag: #95
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
Je länger ich darüber nachdenke, desto weniger Sinn ergibt das ganze, wenn ich ehrlich bin. Ja, zwischen Aberdeen und Cawdor ist ein sehr fruchtbarer Streifen auf dem schon seit der Jungsteinzeit Menschen siedelten und Ackerbau betrieben. Aberdeenshire ist für seine vielen Steinkreise bekannt.

Aber: Zwischen Antoninuswall und Aberdeenshire liegen die Grampians. Und daß die Römer die kontrollieren konnten, ist eigentlich unmöglich. Hier wären ihnen die Einwohner immer überlegen gewesen.

Bleibt als letzte Möglichkeit, daß die Römer den schmalen fruchtbaren Streifen zwischen Aberdeen und Cawdor über den Seeweg besetzt haben und die Schutzanlagen nicht zum Schutz nach Norden gegen einfallende Barbaren, sondern entgegen jeder Logik nach Süden, also zu den Grampians hin gegolten hat. In dem Fall hätten die Römer die Pikten bzw deren vorläufern zwischen Antoninus-Wall und der Linie Aberdeen- Cawdor gewissermaßen in den Grampians eingeschlossen...

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27.07.2014, 01:18
Beitrag: #96
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
Nun,wenn ich das richtig sehe gab es eine Festungs- und Lagerkette vom Antoniuswall parallel zur Küste entlang der Gask Ridge ind dann,der Küstenlinie folgend bis Portmahomack .
Das ganze hätte dann 4 Effekte gehabt:

-Die Grampians waren eingeschlpossen
- Die Kontrolle des fruchtbaren Landes ermöglichte die Kontrolle der Nahrungsmittelversorgung der Region und erlaubte damit eine Kontrolle der Vasallenstämme
-Die Festungskette war über den Seeweg relativ einfach zu versorgen
-Die Grampians waren vom Zugang zum Meer abgeschnitten.mit allen militärischen und ökonomischen Folgen
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27.07.2014, 01:56
Beitrag: #97
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
Das klingt zwar durchaus plausibel- bis auf Portmahomack.
Sorry, wenn ich nerve, aber ich kenne das Arreal dort oben wirklich gut. Portmahomack in diesem Szenario überhaupt keinen Sinn- mal abgesehen davon, daß ich defintiv nichts davon weiß, daß man bei den umfangreichen Grabungen auf römische Spuren gestoßen ist- und ich besuche die Ausgrabungsstätte und das zugehörige Museum regelmäßig.
Schau dir einfach die Lage mal an- das macht überhaupt keinen Sinn, dort eine Befestigung oder ein marschlager zu errichten. Ein Schiff von Süden kommend müßte die Landspitze umrunden, denn die Südküste ist Steilklippe.
Ein wie auch immer geartetes Lager wäre vollkommen isoliert gewesen, auf keinen Fall Bestandteil einer Festungskette.
Tarradale liegt bei Muir of Ord- eine Linie zwischen den beiden Orten ergibt noch weniger Sinn, denn sie teilt die fruchtbaren Halbinseln in der Hälfte und wird von gelegentlichen Fjorden unterbrochen...

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27.07.2014, 20:55
Beitrag: #98
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
So, jetzt habe ich mir das ganze mal angeschaut- und das, was ich gefunden habe, ergibt wesentlich mehr Sinn.
In Portmahomack gab es keine Befestigungsanlage, sondern nur ein Marschcamp, das zeitlich gesehen dem Feldzug des Agricola zurechnet wird- offensichtlich, als er auf der Suche nach Calgacus war. In das Szenario paßt das dann wieder ganz hervorragend, denn von Portmahomack aus lassen sich gut Vorstöße auf die Küste zwischen Aberdeen und Invervess aus unternehmen- nicht umsonst war Portmahomack einige Jahrhunderte später Zentrum eines See-Königreiches.
Von einer richtigen Kontrolle über Schottland kann aber in den weiterführenden Quellen eigentlich nicht die Rede sein, sondern eher der Sicherung des Feldzuges gegen Calgacus. Befestigt war das lager in Tarradale (was Sinn macht), ebenso wie das bei Cawdor ...

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29.07.2014, 20:46
Beitrag: #99
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
Ich habe mir das auf einer besseren topographischen Karte grad auch noch mal angeschaut und Du hast vermutlich Recht
Wobei die Kette der Marschlager , sofern sie regelmäßig unterhalten wurden natürlich der Militärführung immer der Option schneller Vorstöße offen ließ, wie wir von den Lippe-Lagern wissen.
Es könnte also durchaus sein, daß die Lagerkette nicht nur temporär für den Agricolafeldzug genutzt wurde,sondern auch danach Bestand hatte.
Was Portmahomack betrifft,so ist die durch Steilklippen abgeschirmte Lage nicht unbedingt ein Nachteil, wenn man die Stürme der Nordsee kennt. ein abgeschimter Hafen in dieser Lage erlaubt nämlich nicht nur Vorstöße auf die Küste zwischen Aberdeen und Invervess sondern auch die Bildung eines Landungsbrückenkopfes im rahmen amphibischer Operationen.
Und das die im taktischen Denken der Römer ihren Platz hatten zeigen die kombinierten Operationen an Weser und Elbe
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21.08.2014, 18:13
Beitrag: #100
RE: Warum eroberten die Römer nicht Schottland?
Die Steilklippen befinden sich aber am südlichen Rand der Halbinsel- zum Cromarty Firth hin und damit zu eben jenem Landstrich, der zu verteidigen gewesen wäre. Und sie erstrecken sich ausschließlich über den hinteren Teil der Halbinsel. In der Mitte ist die Halbinsel Fearn nach Süden hin recht leicht zugänglich. (Balintore)
Absolut offen und angreifbar war (und ist) Portmahomack über den Dornoch Firth nach Norden hin- die Römer hätten sich also vor sich selbst geschützt und sich dem schottischen Hinterland ausgeliefert... Zumal nur wenige Kilometer entfernt, dort wo heute der Ort Inver liegt, Sandbänke einen leichten Zugang zum Festland ermöglichen- sofern man die Strömungsverhältnisse kennt. Die Stämme jenseits des Dornoch Firths dürften sie gekannt haben- den Dornoch Firth auf dem landweg zu überqueren dauerte Tage.
Ein Marschcamp, um einen Vorstoß auf die schottische Küste in zwischen Abderdeen und Cawdor macht sinn. Aber ein langfristiges Camp, um die Lineie zu sichern?
Hm, schwer zu glauben ist das...

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