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Sach-u.Fachliteratur zum Römischen Reich
26.03.2016, 19:34
Beitrag: #18
RE: Sach-u.Fachliteratur zum Römischen Reich
(05.12.2015 19:09)Hallo schrieb:  Ich würde gern dieses Buch vorstellen...Wink

Felix Dahn;Ein Kampf um Rom

Felix Dahn schildert darin das Schicksal der Ostgoten in Italien vom Tod Theoderichs bis hin zur Schlacht am Vesuv.
Die Goten halten die Reste des Römischen Weltreiches zusammen und schützen die Italier vor der grausamen Feldherrschaft der Byzantiner[...]

Ein Fachbuch ist dieser "Bestseller des 19. Jahrhunderts" eindeutig nicht, wobei der Autor sich zwar mit Geschichte beschäftigt hat, aber eigentlich kein studierter Historiker war, obwohl er auch historische Fachbücher verfasst hat, sondern Jurist.
(Was in "Ein Kampf um Rom" an zwei Stellen erkennbar wird, die beide für die Handlung weggelassen werden könnten, wo es aber um die Diskussion über etwas Rechtliches geht. (Die Diskussion vor Justinian, wo ein rechtskundiger Ratgeber, der zuvor noch nie vorgekommen ist und in der weiteren Handlung auch nicht mehr vorkommen, vom Krieg gegen die Goten abrät, weil es ein ungerechter Krieg ist, und im Zusammenhang mit Tötung der römischen Gefangenen durch Teja. Nicht uninteressant, da sich Dahn in einem zeitgenössischen Zusammenhang mit kriegsrechtlichen Fragen beschäftigt hat.)

Vielleicht kurz noch meine Rezension zu diesem Roman, der mir jedenfalls besser gefallen und mich (trotz historischer Abweichungen und zeitbedingter Stereotypen), die zurzeit als ausgezeichnete, gut recherchierte, etc. Romane vermarktet werden.

"Ein Kampf um Rom", im Jahr 1876 veröffentlicht, war seinerzeit sehr populärer historischer Unterhaltungsroman, der den Untergang des gotischen Reiches in Italien während der Völkerwanderung erzählt, wobei der geschichtliche Zugang eindeutig von Vorstellungen des 19. Jahrhunderts geprägt ist. Heute dürfte er weitgehend in Vergessenheit geraten sein oder wird eher negativ-kritisch gesehen. (Wobei ein Besuch auf Amazon durchaus den Eindruck entstehen lässt, dass hier die Meinung von Leser/innen / vorwiegend positiv-begeistert, und die offizielle Bewertung / "NS-Ideologie-Roman" divergieren.)

Unsere erste Geschichtelehrerin in der AHS (sie ging im Jahr darauf in Pension) hat ihn uns noch empfohlen, freilich mit der Warnung, dass es sich um einen historischen Roman (also Fiktion) handelt und um kein historisches Fachbuch. Für mich sollte das auch für 6 weitere Schuljahre gelten, nicht selten begann mein Interesse für ein historisches Thema damit, dass ich einen historischen Roman (oder auch ein Drama mit historischen Figuren) gelesen habe und in der Folge mehr über diese Zeit oder diese Figur/en wissen wollte, was dann zur Suche und intensiven Studien von Fachliteratur führte.

Kennen gelernt habe ich den Roman in einer stark gekürzten Jugendbuchfassung, bei der eine Menge weggelassen wurde. Einige dieser Kürzungen, obwohl aus heutiger Sicht gar nicht so ungeschickt, waren übrigens deutlich zu merken und sind mir als Schülerin durchaus aufgefallen. So fand ich es damals ziemlich unnötig, dass da eine Reihe von Figuren mit Namen vorkamen, die gleich wieder aus der Handlung verschwanden. Besonders unbefriedigend war das z. B. bei den baltischen Herzögen, die mal kurz auftauchen, dann erfährt man, dass sie ermordet wurden. Ich habe mich schon gewundert, wozu die dann überhaupt mit Namen eingeführt wurden und einen eigenen Auftritt haben. Weitere Figuren (z. B. Adalgoth) sind plötzlich in einem Romanteil als Akteure vorhanden, als wären sie schon immer im Romangeschehen gewesen, was in der gekürzten Fassung nicht der Fall war. (Bei diesem Adalgoth habe ich sogar noch extra beim Reread überprüft, ob ich seine Einführung überlesen habe). Ebenfalls störend fand ich auch Details wie, dass die Goten unter Totila die Byzantiner von einer Stadt abgesehen nochmals aus Italien vertreiben konnten. Mich hätte da z. B. schon interessiert, um welche Stadt es sich da handelt.

Das echten (den nicht gekürzten und bearbeiteten) Roman habe ich erst als junge Studentin gelesen, und von dem war ich tatsächlich begeistert. (Nicht nur weil eine Reihe von Ungereimtheiten und Merkwürdigkeiten da nicht mehr vorhanden sind, es ist auch viel interessanter, wenn Geschehnisse nicht ständig berichtet, sondern gezeigt werden.) Interessanterweise gehörte "Ein Kampf um Rom", auch wenn ich mir das Buch nie gekauft habe, zu jenen Büchern, die doch immer wieder gern gelesen habe.

"Ein Kampf um Roman" von der Anlage her als Heldenepos konstituiert und mit einer entsprechend pessimistischen Geschichtssicht (auch wenn das stark vom Theater beeinflusste Schlusstableau dann nicht ganz so düster ist), gilt als historischer Roman, ist aber stellenweise Abenteuer- und Kriminalroman. Die Geschichte wird von den Aktivitäten der Figuren bestimmt, eine Geschichtssicht die heute umstritten ist und negativ gesehen wird. Die Hauptfiguren und die meisten Nebenfiguren sind aus der Oberschicht (das ist allerdings auch bei zeitgenössischen Autoren/innen zu beobachten und dürfte somit auch heute bei Leser/innen gut ankommen) und der Ablauf wird von Staatsräson, Intrigen, Liebesbeziehungen, Verrat und anderem motiviert.

Eine gewisse Schwäche ist sicher, dass die Figurencharakteristik auch bei den Hauptfiguren doch ziemlich stereotyp ist und sich nicht wesentlich ändern. Allerdings sind die meisten Figuren, dafür, dass sie eher eindimensional sind, doch recht fesselnd. Mit der fiktiven Figur des Römers Cathegus gelingt Dahn zudem auch ein "Superschurke", der diesem Rollenfach alle Ehre macht. (Ein Blick auf andere Romane des Autors lässt übrigens vermuten, dass ihm negative Figuren durchaus lagen.) Einige Stereotypen, so z. B. das sicher problematische Frauenbild, dürfte allerdings der Entstehungszeit geschuldet sind. Das Geschichtsbild (stark von Vorstellung des 19. Jh. bestimmt) und auch die Sprache (oft theatralisch und pathetisch) sind natürlich vom 19. Jahrhundert bestimmt.

Nun aber zu den Punkten, warum mir der Roman (wie auch untere Unterhaltungsromane des 19. Jahrhunderts) noch immer gefallen hat. Zunächst einmal ist der Roman (insgesamt 7 Bücher) sehr umfangreich, es gibt Unmengen von Figuren und Handlungen (und Unterhandlungen), es werden neben der allwissenden Erzählerfigur unterschiedliche Erzählformen (Rückblenden, Briefe, Gespräche etc.) verwendet, dennoch behält der Autor (oder sein Team?) den Überblick. Es wird zwar durchaus verschachtelt erzählt, die symbolische Ebene eingesetzt, Höhepunkte angemessen vorbereitet und auch wirkungsvoll in Szene gesetzt (der Roman bedient sich oft Elementen, die eigentlich in einer Theaterstück gehören), aber niemals entsteht der Eindruck, dass die Handlung tatsächlich ausufert, und Langeweile kommt auch keine auf.

Ein Problem für Leser/innen des 21. Jahrhunderts könnte allerdings die Sprache sein, die ein wenig gewöhnungsbedürftig ist und daher einlesen erfordert.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Sach-u.Fachliteratur zum Römischen Reich - Teresa C. - 26.03.2016 19:34

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