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Jesus und die Frauen Presseschau
15.10.2012, 18:54
Beitrag: #22
RE: Jesus und die Frauen Presseschau
(21.09.2012 15:28)Bunbury schrieb:  Es gibt eine Reihe von Evangelien, aufgeschrieben von Menschen, die nur von Jesus gehört, ihn aber nicht einmal persönlich gekannt haben.

Also, da muss ich mal was richtig stellen.
Alle Evangelisten transportieren ein Bild von Jesus, das ziemlich stringent ist. Das ist bei den Apokryphen anders, darum wurden sie "aussortiert".
Jesus ist in den Evangelien davon überzeugt, Sohn des jüdischen Gottes zu sein, zumindest bezeichnet er Gott als "Vater", was vor ihm noch keiner der Propheten gemacht hat. Schon dadurch hat Jesus eine Sonderrolle.
Jesus ist auch in den Evangelien keineswegs immer frei von Zweifeln, aber er kehrt immer wieder zurück auf den Weg der wirklich bedingungslosen Hingabe an seine Mission bzw. an Gott.
Er verkündet eine Botschaft, die so auch aus dem AT herauszulesen ist, die aber immer wieder und besonders in Jesu Zeit zurückgedrängt wurde zu Gunsten eines strafenden, belohnenden Gottes, der auf Regeln mehr hält als auf den Geist seiner Botschaft, dass er nämlich den Menschen immer wieder eine neue Chance bietet und von grenzenloser Gütigkeit ist. Das Neue bei Jesus ist, dass die Gütigkeit uneingeschränkt im Vordergrund steht und der strafende, mitunter auch wütende Gott des AT vollständig in den Hintergrund gedrängt wird.

Zu den Evangelisten und dem Hörensagen:
Markus war, so weit wir das sagen können, einer der Begleiter des Paulus, laut Wikipedia soll sich die Jerusalemer Urgemeinde im Haus seiner Mutter getroffen haben. Es könnte also durchaus sein, dass er Jesus noch persönlich kennengelernt hat, mindestens aber kannte er Zeitgenossen Jesu persönlich.

Wie auch Markus, so schrieb Matthäus für Judenchristen. Wer sich hinter dem Evangelisten verbirgt, ob ein Apostel oder keiner, ist umstritten. Da Matthäus auch im Thomasevangelium erwähnt wird, scheint er in der Urkirche eine größere Rolle gespielt zu haben als man das heute noch weiß. Wenn das so ist, könnte auch Matthäus noch Jesus gekannt haben. Zumindest aber legt sein Evangelium nahe, dass er Zeitzeugen Jesu gekannt und "interviewt" hat. Anders lassen sich die großen Gemeinsamkeiten mit Markus kaum erklären.

Lukas schrieb für hellenistische Christen, also für sog. "Heidenchristen". Deshalb erklärt er auch öfter mal Dinge, die für einen Juden selbstverständlich sind. Er ist wohl nicht identisch mit dem gleichnamigen Paulusbegleiter.
Er muss sehr belesen gewesen sein, er muss auch die letzten noch lebenden Zeitzeugen Jesu befragt haben, außerdem stützte er sich auf die schon vorhandenen Evangelien des Markus und des Matthäus. Deren Schreibweise schien ihm jedoch für die griechischen Christen nicht passend, außerdem sah er einige Dinge anders oder wollte sie schlicht anders berichten. Die Apostelgeschichte zeigt, dass er sich auch als eine Art Chronist der Urchristen verstand - offensichtlich hatte er den Glauben aufgegeben, dass Jesus noch zu seinen Lebzeiten wiederkehren könnte und dann sowieso keine Chroniken mehr gebraucht würden. Damit die Geschichte der Urchristen nicht vergessen wird, zeichnete er sie auf, ob nun für einen realen Theophilus oder nicht, sei mal dahin gestellt.
Lukas´ tiefgehende Recherche ist was anderes als "Hörensagen", das wollte ich damit sagen.

Der Evangelist Johannes ist wohl nicht der gleichnamige Apostel. Im Johannesevangelium wird aber der "Lieblingsjünger Jesu" als Zeuge angerufen. Allgemein wird damit Johannes identifiziert, der in der Jerusalemer Urgemeinde eine wichtige Rolle spielte - sollte es sich wirklich um den Bruder des Jakobus handeln, dann war er immerhin der Bruder des ersten Anführers der Jerusalemer Gemeinde, die in hartem Clinch mit Paulus lag. Die "johanneische Frage" bleibt ungeklärt.
Erkennbar wird aus dem Evangelium aber, dass hier jemand geschrieben hat, der den Apostel Johannes noch kannte. Dieser jemand ist offenbar in Palästina aufgewachsen. DAs Johannes-Evangeliuzm betont immer wieder, dass Jesus von Anfang an sein Schicksal kannte und es erfüllen wollte. Dieses mystische VErständnis von Jesus war es auch, das eine Gleichsetzung mit dem Autor der Offenbarung zur Folge hatte, abgesehen davon, dass Eusebius Apostel, Evangelienautor und Offenbarungs-Autor als eine Person sieht. Er steht damit zwar unter den Kirchenvätern seiner Zeit allein, aber darauf beruft sich die christliche Tradition.
Auch der Autor (die Autoren?) des Johannes-Evangeliums schrieben also nicht nur nach "Hörensagen", sondern es ist sehr wahrscheinlich, dass auch sie sich auf Augenzeugen berufen können, und zwar nicht auf irgendwelche.

(21.09.2012 15:28)Bunbury schrieb:  Und dann gab es noch mal 100 bis 200 Jahre später ein Konzil, bei dem dann ein paar Männer festgelegt haben, welche dieser Evangelien nun richtig seien und welche nicht, wer also gläubig und wer Ketzer ist...

Das waren nicht "ein paar Männer". Das waren Männer, die sich ernsthafte Gedanken darüber machten, was sie als zukünftige "Frohe Botschaft" weiter geben wollten und was nicht.
Und sie waren konsequent: Was zu ihrer Zeit "auf dem Markt" war, vermittelte entweder ein legendenhaftes, in sich nicht schlüssiges Bild von Jesus und wurde aussortiert. Das, was sie als "echte" Evangelien zuließen, hat bis heute überaus genauen Prüfungen standgehalten und weist keine wirklichen Widersprüche hinsichtlich des theologischen Gehalts auf. Auch das zeigt, dass sich diese "paar Männer" (der Legende nach immerhin 70) nicht einfach so hinsetzten und das, was ihnen mißfiel, aussortierten.

VG
Christian
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RE: Jesus und die Frauen Presseschau - 913Chris - 15.10.2012 18:54

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