Hat die (Mutter)Sprache Einfluß auf das menschliche Denken und Handeln?
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21.10.2013, 11:05
Beitrag: #73
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RE: Hat die (Mutter)Sprache Einfluß auf das menschliche Denken und Handeln?
@Renegat: Erst mal danke schön dafür, daß du wenigstens mitspielen willst.
Gegen einfache Erklärungen habe ich auch etwas, deswegen nervt es mich ja so gewaltig, daß hier immer Behauptungen herausgelesen werden, die ich nie aufgestellt habe. Wir haben an anderer Stelle mal darüber diskutiert, ob es geht, als Deutscher "Antideutsch" zu sein. Wir haben des weiteren darüber diskutiert, ob es so etwas wie "Typisch deutsch" gibt. Was ich hier versucht habe, ist eine ganz schlichte Gedankenspielerei über einen möglichen Einflussfaktor auf das "Typisch Deutsche". Nämlich die Frage, ob auch die Sprache dazu beiträgt, dieses "typisch" deutsche herauszubilden. Du sagst, das mit der Musik sei etwas ganz anderes als das mit den Sprachen. Habe ich bis zum Samstag auch gedacht. Es ist aber nicht so. Eine meiner Mitteilnehmerinnen war auf dem Workshop, weil sie beruflich viel reden muss und dabei ständig ihre Stimme überanstrengt. Die Stimmpädagogin konnte ihr im Laufe des Vormittags aufzeigen, daß sie mit der linken Gehirnhälfte spricht und somit nur einen kleinen Teil ihrer Stimmbänder benutzt- die dadurch natürlich überanstrengt wurden. Es war aber auch die Teilnehmerin mit der klarsten Artikluation und den deutlichsten Pausen zwischen den Wörtern. Durch gezielte Wahrnehmungsübungen gelang es ihr, im Laufe des Vormittags ihre Stimme weiter zu verteilen- ihre Sprache wurde insgesamt weicher. Der Zusammenhang ist eigentlich ziemlich eindeutig. Ich kann dir auch keinen empirischen Beweis für das mit der Sprachmelodie liefern. Ich weiß, daß es so ist, weil ich den Unterschied gehört habe. Er ist sicherlich nicht gigantisch und sicher hätte ich ihn am Anfang des Workshops nicht gehört. Aber nach gut der Hälfte des Workshops haben wir einen französischen Sprecher gehört- und den Unterschied in der Sprachmelodie kann man hören. Natürlich sind individuelle Unterschiede im Zweifelsfall immer größer, und die Absicht spielt immer eine Rolle. Ein geschrieenes Französisch ist natürlich nicht meldodischer als ein weiches, liebevolles Deutsch- aber das ist ja auch Äpfel mit Birnen verglichen. Da müßte man schon das weiche, liebevolle Französisch mit dem weichen liebevollen Deutsch vergleichen. Und ansonsten- jede Sprache hat ihre exclusiven Besonderheiten. Daß dir die des Deutschen nicht auffallen, hat wohl damit zu tun, daß du nicht den Abstand dazu hast- du spricht natürlich Deutsch, deswegen sind die Besonderheiten für dich keine Besonderheiten, sondern Normalität. Wenn du einen beliebigen Satz einmal auf Deutsch und einmal auf Englischen schreibst, wirst du feststellen, daß in dem deutschen Satz mehr Wörter auf einem harten Laut enden als im Englischen (zumindest in der Regel. Vielleicht gibt es ja auch den einen oder andern Satz, bei dem das nicht gilt.). Das ist empirisch nachweisbar- und von daher sollte man auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß das Gehirn dafür ein bißchen anders benutzt wird... Und natürlich weiß ich, daß du die Ladenöffnungszeiten nicht als Problem gesehen hast. Für mich ist das nur eine typisch deutsche Debatte- seit dieser Debatte damals bin ich überzeugt davon, daß es das gibt "Typisch deutsch"... Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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