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Das Jahr 1968 in Ost und West
26.04.2016, 20:06
Beitrag: #1
Das Jahr 1968 in Ost und West
Ich lese gerade das Buch eines Ex-DDR-Bürgers über das Jahr 1968 insbesondere die gesellschaftlicht und politische Entwicklung.

Er vertritt darin die Meinung, dass der Anlass (natürlich nicht die Ursache) weitgehend in der anlaufenden Sexuellen Befreiung zu finden wäre.
Und hebt dabei auf die bekannte Szene ab, als Daniel Cohn-Bendit den franz. Jugendminister vorhält, dass in seinem neuesten Werk über 300 Seiten kein Wort über Sex verloren wird. Francois Missoffe, der Minister empfahl Cohn-Bendit "bei sexuellen Problemen einen Sprung ins kalte Wasser". Huh
Tja, und so kommt der Autor zum Schluss, dass die Sexuelle Revolution und der verklemmte Umgang der Obrigkeit damit, die "Revolutionen" des Jahres 68pp ausgelöst hätte. Und in der Tat, 8 Wochen nach jenem Gespräch tobten die Barrikaden-Kämpfe im Pariser Quertier Latin, eine der Barikaden unter dem Kommando Cohn-Bendtis

Nun habe ich das anders in Erinnerung, aber vermutlich war ich schlicht zu jung. Mit 16 war die sexuelle Befreiung irgendwie nicht das große Thema. Prag, der Mordanschlag auf Rudi Dutchke, Che Guevara. überhaupt Politik war was einen interessierte.

Nun wäre es schön, wenn der eine oder andere zu dem Thema was sagen könnte.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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26.04.2016, 20:07
Beitrag: #2
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Wobei, persönlich, als Anfang und Schlusspunkt der 68er fallen mir zwei sehr ähnliche Ereignisse ein.
Beides haben eine Menge Leute gesehen und schwören zig Eide darauf, für beide fehlt jeder Nachweis, und die Hauptbeteiligten streiten alles ab.

Ein paar Jashre vor 68 soll ein kräftiger Schüler der Oberstufe eines Gymnasiums eines BW-Landstädtchens einen älteren kleingewachsenen Oberstudienrat im Genick aus dem Fenster im 1. Stock gehalten. Nach dem Ereignis, ist der Oberstudienrat geritten und gefahren, und hat die Relegation des Schülers verhindert! Diese respektvolle Tat verhindert natürlich für alle Zeiten, dass dieses Ereignis zu belegen ist.

Ein paar Jahre später, 1972, soll Götz Aly (Hitlers Volksstaat) an der FU in Berlin, den Professor Schwan (seine Frau Gesine Schwan war "neulich" Präsidentschaftskandidatin) ebenfalls im Genick aus dem Fenster gehalten haben, und er soll ihn gefragt haben, ob er fliegen lernen wolle...
Nun streitet Götz Aly dies ganz entschieden ab. Aber es gibt etliche Leute die es anders wissen wollen....

Dies, das im Genick am ausgestreckten Arm aus dem Fenster halten, war anscheinend noch in den 60ern ein Rustikaler Brauch auf deutschen Baustellen. Wurde ein Stift vulgo Lehrling frech, konnte ihm dies widerfahren.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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28.04.2016, 13:13
Beitrag: #3
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Obwohl auch zu jung für Erlebnisse aus erster Hand: ; Mir kommt es so vor als hätte die sogenannte 68er Revolution überall verschiedene Motive gehabt.

In den USA war vor allem der Vietnam-Krieg der Anlaß, sowieso bis heute das Ur-Trauma der amerikanischen Gesellschaft. Nicht nur die Erfolglosgkeit war neu und erschreckend, plötzlich war man überall auf der Welt der "Böse". Che Guevara verdankt seine Popularität sicher mehr dem Hass auf die USA als eigener Großtaten.

In Deutschland (West) dagegen sollte die Spießigkeit und die Verlogenheit der Nachkriegszeit verschwinden und vor allem die Nazizeit endlich aufgearbeitet werden. Was dagegen in der DDR überhaupt keine Rolle spielte, hier gab es wohl wirklich nur wenige Ex-Nazis in verantwortlichen Positionen. Man darf nicht vergessen, dass viele SED-Funktionäre unter dem Nazi-Regime verfolgt wurden.

DIe sexuelle "Revolution" mag in der DDR deshalb eine Rolle gespielt haben, im Westen lief sie nur nebenher, behaupte ich. Als Folge der Erfindung der Pille. Eigentlich war die Prüderie der 50er Jahre sowieso untypisch für westliche Gesellschaften des 20.Jahrhunderts, gerade in Deutschland schloß sich an die wilden 20er Jahre die Nazi-Zeit an, in der Promiskuität und sogar Vielweiberei geduldet und staatlich propagiert wurde.

Die ganzen Dutschkes und RAFs mit ihren kruden Thesen und ihrer Radikalität habe ich noch nie verstanden und bin eigentlich froh, damals nicht dabei gewesen zu sein.

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
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28.04.2016, 17:04
Beitrag: #4
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Zuerstmal Dutschke und RAF haben Anno 68 nichts miteinander zu tun. Dutschkes "Holger der Kampf geht weiter" bei der Beerdigung von Holger Meins war in der Nachzeit und ist dem Kopfschuss zuzurechnen.

Dutschke, Lefevre, Rabehl, Bergmann usw. usf. das waren schon bedeutende Köpfe. Natürlich nicht zu vergessen "Danny le Rouge"
Ich bedaure mehr, nicht schon da dabei gewesen zu sein. Musste mich, leider, darauf beschränken, verknöcherten Reserce-Offizieren die sich Studienräte nannten beizubringen, was ne Harke ist.
Hör ich besser auf....Devil

Für die Bundesrepublik sehe ich den Anlass im "Schah-Besuch" und Ohnesorg Mord schon 1967.
Für die DDR wird es wohl der "Prager-Frühling" gewesen sein. Der Ohnesorg-Mörder war übrigens Stasi-Agent!
In Frankreich war es wohl tatsächlich die strenge "Geschlechter-Trennung" an der Pariser Uni Nanterre. Vermutlih das erste und einzige Mal, dass ein Deutscher bei einer franz. Revolution eine wichtige Rolle spielte.

Die Ursachen jedoch, liegen natürlich viel viel tiefer.

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28.04.2016, 17:09
Beitrag: #5
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Noch Anekdotisch:
Meine Generation gehört zu den letzten die einen Kavallerieangriff auf unbewaffente Fuss-Truppen erlebten.
Trabende Polizeipferde in Frankfurt Mann oh Mann kann ich da nur sagen. Dass anschließend mit Eisenstangen gegen Pferdefüsse geschlagen wurde ist in meinen Augen nur zu verständlich.

OK, hör ich besser auch auf. Present

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28.04.2016, 20:10
Beitrag: #6
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Eben, was genau der "Kampf" war, habe ich nie verstanden. Kampf wofür?
Warum kämpfen Studenten für das "Proletariat", das gar nicht von ihnen vertreten werden wollte?

"Unter den Talaren, der Muff von 1000 Jahren" und "Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh" wurde bei den Demos skandiert. Also Vietnam und die fehlende Aufarbeitung der Nazizeit waren schon zentrale und völlig legitime Motive für Proteste.

Wenn man drüber nachdenkt, dann lag das Erfolgsgeheimnis der Bonner oder genauer der Adenauer - Republik darin, eben nicht den völligen Bruch mit der Nazi-Vergangenheit zu vollziehen. Einer der wenigen grundsätzlichen Änderungen war tatsächlich die wieder hochgehaltene "Moral". Wobei: Wenn man es genau nimmt, dann war Vieles nur Fassade. Politiker konnten damals noch gefahrlos ein Doppelleben führen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.

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29.04.2016, 16:01
Beitrag: #7
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Mit einem meiner früheren Physiklehrern, auch er ein Wehrmachts-Reserve-Offizier, hatte ich bis zu seinem Tod recht intensiv Kontakt (er war Hobby-Historiker)
Der sagte mal,
"wenn meine Generation ins Grab gesunken ist, kann niemand mehr diese Zeit objektiv einschätzen"
was er damit sagen wollte: "ihr habt keine Ahnung"

Disclaimer: Er, promovierter Physiker auf Lehramt, bekam in den beginnenden 30ern keine Stelle. War ein paar Jahre in einer Trikotfabrik als Hilfsarbeiter tätig, um nicht zu verhungern.
Dann kam Hitler und für ihn die umgehende Verbeamtung.
Die letzten Schikanen im Gefolge von Versailles hat er bereits als Erwachsener miterlebt. Und von Hitler haben sich die Ex-Siegermächte dann plötzlich eine Kröte um die andere auftischen lassen.

OK, anderes Thema.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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29.04.2016, 16:07
Beitrag: #8
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
(28.04.2016 20:10)Triton schrieb:  Eben, was genau der "Kampf" war, habe ich nie verstanden. Kampf wofür?
Warum kämpfen Studenten für das "Proletariat", das gar nicht von ihnen vertreten werden wollte?

"Unter den Talaren, der Muff von 1000 Jahren" und "Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh" wurde bei den Demos skandiert. Also Vietnam und die fehlende Aufarbeitung der Nazizeit waren schon zentrale und völlig legitime Motive für Proteste.

./.

Eins hast du vergessen,
"Nieder mit Ulbricht, nieder mit Brandt, alle Macht in Arbeiterhand"
das war, glaube ich 1970
und mal ehrlich, von dem Begriff "Arbeiter" hatten wir alle nur sehr romantische Vorstellungen.

Dann noch: (fällt mir gerade ein)
"Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment"
also doch "sexuelle Revolution"????

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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29.04.2016, 18:01
Beitrag: #9
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Um 1968 war auch in der DDR so einiges in Bewegung. Da war der Prager Frühling, der von Sowjetpanzern niedergewalzt wurde, noch ganz frisch in Erinnerung. Und der Jubel beim deutsch-deutschen Gipfeltreffen 1970 in Erfurt (Willy Brandt und Willy Stoph) galt eindeutig dem "Willy" aus dem Westen.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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29.04.2016, 18:34
Beitrag: #10
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
(29.04.2016 16:07)Suebe schrieb:  Dann noch: (fällt mir gerade ein)
"Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment"
also doch "sexuelle Revolution"????
Das wurde aber nicht auf Demos gerufen sondern war ein "Klospruch".

Im dritten Reich erlebte auch der private Sektor einen Aufschwung. Die eigentliche "Verbeamtungswelle" fand unter Brandt statt, dazu noch begleitet von astronomischen Besoldungssteigerungen. Und das in Zeiten von Ölkrise und stagnierendem Wachstum in der westlichen Welt.

"20jährige Generäle nimmt mir die NATO nicht ab" soll Adenauer den Bedenkenträgern bei der Beschäftigung ehemaliger Wehrmachtsoffiziere entgenet haben. Oder auch "man kippt kein schmutziges Wasser weg solange man noch kein sauberes hat". So entstand in der Westrepublik eine Kultur des Verschweigens und auch der Schönfärberei. Plötzlich waren alle Widerständler und jeder hat schon immer gewusst, dass der Führer nur das Land ins Verderben führen konnte.

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29.04.2016, 19:59
Beitrag: #11
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
(29.04.2016 18:01)Arkona schrieb:  Um 1968 war auch in der DDR so einiges in Bewegung. Da war der Prager Frühling, der von Sowjetpanzern niedergewalzt wurde, noch ganz frisch in Erinnerung. Und der Jubel beim deutsch-deutschen Gipfeltreffen 1970 in Erfurt (Willy Brandt und Willy Stoph) galt eindeutig dem "Willy" aus dem Westen.

Das war keine Erinnerung, das war erst im Spätsommer, direktes Erleben.
Am 21. August 1968 marschierte der Warschauer Pakt, mit rund 500.000 Mann in der CSSR ein.
Die Russen in Prag, die Amis in Saigon und am Himmel über Hanoi.
Wobei, der Ulbricht war wenige Tage vor dem Einmarsch noch bei Dubcek.

Im Westen, die Pennäler sind jede Pause den Schulhof rauf und runter
"Dubcek Svobioda" intonierend. Solidarität mit Prag.

Als ich dann 90 erstmals nach Prag kam, war mein erster Gang den Wenzelsplatz hoch, wo 68 die Sowjetpanzer rollten und Rotarmisten das Tschechische Nationalmuseum stürmten, Sie sollen geglaubt haben es wäre der Reichstag in Berlin.
Ein längerer Halt an der Stelle, wo sich im Januar 69 Jan Palach umbrachte, man ist mit 17 für Heldentaten empfänglich.
Weib und Kindern habe ich den Fremdenführer gemacht, und die haben mich reden lassen....
trunken von Erinnerungen...

Sorry, war halt meine Jugend,
Hoffnung auf eine bessere Welt, love and peace....

Und mal Hand aufs Herz, per Saldo ist es doch eingetroffen.Thumbs_up

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06.05.2016, 15:16
Beitrag: #12
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Ich habe gesucht, auf meinem Bücherbrett, "Rebellion der Studenten" von Dutschke, Rabehl, Lefevre und Bergmann, den "charismatischen" Anführern der 68er.
Ich fand, "Der eindimensionale Mensch" von Herbert Marcuse.
Hatte ich verschwitzt, den Maruce, und ich nehme mal an, den kennt heute keiner mehr. (recht gepflegt das Bändchen, wird aus dem Besitz der Chefin sein, meiner war anders zerfleddert)
Damals, 68/69/70 hat er die entscheidenden Antworrten geliefert.

Dass mit dem "Arbeiter", dem "Proletariat" keine Revolution zu machen war, hat man damals beim Blick ums Haus rum schon geschnallt. Was wird auch der Karl-Heinz, Textilarbeiter, der jedes Jahr mit seiner Evi 2 Monate am Gardasee verbrachte, 1 Monat bezahlter Urlaub, 1 Monat unbezahlter,
die Weltrevolution veranstalten wollen. Weitere Beispiele fallen mir bestimmt noch ein,
"unbezahlter Urlaub" längst zum Fremdwort geworden, war damals gang und gäbe, es herrschte Vollbeschäftigung, den Arbeitnehmern wurde jeder Wunsch erfüllt, wenn sie nur blieben und nicht die Stelle wechselten.

Der Herbert Marcuse hat die Antwort gewusst:
die Revolution muss mit den intellektuellen Randgruppen, zu denen natürlich insbesondere Schüler und Studenten gehören,Big Grin veranstaltet werden, der Proletarier steckt längst und tief mit drin im Wohlstands- und Kommerzstaat. Und hat kein revolutionäres Potential mehr.
(den Maruce mal kurz gefasst, Quintessenz sozusagen)

Was hat eigentlich die SED zu Marcuse gesagt, hat einer hier einen Schimmer?
Oder ist der "drüben" gar nicht angekommen?

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10.05.2016, 20:19
Beitrag: #13
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Den Marcuse kennt anscheinend keiner mehr.

Nur noch kurz:
"Man" war ja 196.197. auch nicht so beschränkt, dass man nicht bemerkt hätte, dass die tolle Theorei Marxismus usw. usf. in der Praxis eher nicht funzte, und da hatte Mao die Antwort parat, "man muss den Menschen ändern"
lacht nicht, da sind zuerstmal nicht wenige, auch ich drauf "reingefallen"

Dass man damals ebenfalls schnallte, dass es in der BRD schlicht kein revolutionäres Proletariat gab, schrieb ich schon,
und auf dieses Problem hatte der Marcuse die Antwort. Intellektuelle Randgruppen und die Bevölkerungen der Entwicklungsländer, sollten die große Revolution machen.
Auch hier bitte ich nicht zu lachen, das war eine im Moment durchaus ernstzunehmende Theorie.


Nicht vergessen darf man, dass damals schon verdammt viel im Argen lag, die ganzen Altnazis in Amt und Würden, die Verlogenheit im sexuellen Bereich (Pille bakam eine Volljährige verschrieben, oder die junge Frau, Mädchen sagte man damals, musste mit Mutti zum Frauenarzt....)
Die KZ-Prozesse, da hat es einem schlicht den Zapfen rausgehauen, unbeschreibliche Verbrechen, und die Alten die haben doch alle Bescheid gewusst.............
um nur mal ein paar Fakten zu nennen.
Und dem jüngeren geht eine Reform meist zu langsam, der hat da lieber eine Revolution

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12.05.2016, 19:13
Beitrag: #14
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Der Knackpunkt des Jahres 1968 in der DDR, überhaupt im Ostblock war ja zweifellos der Einmarsch in der CSSR zur Beendigung des "Prager Frühlings".

Nun hat die DDR, insbesondere Walter Ulbricht ja durchaus eine Rolle gespielt in der Entscheidungsfindung zur Besetzung der CSSR.
Auch war er noch wenige Tage zuvor in Prag wo er seine denkwürdigen Worte sprach, dass es in der DDR noch nie eine Pressezensur gab, und man damit gut zurecht gekommen wäre. Tja, Worte des großen Vorsitzenden....

Auf jeden Fall, am 21. August 1968 und danach hat die DDR über Presse und Agenturmitteilungen verkündet, dass auch Einheiten der NVA an der Besetzung der CSSR beteiligt wären.
Ich kann mich an eine Karrikatur erinnern, ein NVA-Soldat mit dem typischen Stahlhelm, ruft in einer Telefonzelle zu Hause an, Papi fragen wo er denn damals 1939 in Quartier gewesen wäre.
Wenn einer Schandtaten von sich aus zugibt, besteht zuerstmal wenig Anlass an den Schandtaten zu zweifeln.
Nun, heute wissen wir, dass es nicht wahr ist, kein NVA-Soldat war im August 1968 in der CSSR eingesetzt.

Nur, warum hat sich Ulbricht dessen gerühmt?

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12.05.2016, 22:08
Beitrag: #15
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
War doch keine Schandtat, die Konterrevolution wurde niedergeschlagen.
Mögliches Motiv: Die eigenen Landsleuten und progressive Genossen auf Kurs zu trimmen.

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13.05.2016, 00:26
Beitrag: #16
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
(12.05.2016 19:13)Suebe schrieb:  Nur, warum hat sich Ulbricht dessen gerühmt?

Hier ein paar Daten: Seit dem 9. Mai 1968 halten Truppen des Warschauer Pakts Manöver an den tschechoslowakischen Grenzen ab.

Am 11. Juli 1968 wies die "Prawda" die tschechoslowakische Regierungsspitze darauf hin, dass die eingeleiteten Demokratisierungsprozesse zu einer Situation wie in Ungarn 1956 führen könnte. 4 Tage später verurteilten bei einen Treffen in Warschau die Partei- und Regierungschefs der UdSSR, der DDR, Polens, Ungarns und Bulgariens die Demokratisierungspolitik in der CSSR. Am 3. August 1968 werden während einer Konferenz in Bratislava die tschechoslowakischen Politiker zu Konzessionen gezwungen. Am 12. August 1968 wird Ulbricht in Prag empfangen, am 16. August unterzeichnen Dubcek und der rumänische Parteichef einen Freundschaftsvertrag, in dem Rumänien der CSSR politische Unterstützung verspricht. Diesem Vertrag stimmte auch das Jugoslawien Titos zu. In der Nacht vom 20. zum 21. August 1968 .... aus der Traum!

Offensichtlich hatten sich im Ostblock zwei Lager gebildet. Ulbricht wollte sich wohl damit rühmen, dass er auf der richtigen Seite stand.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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13.05.2016, 13:16
Beitrag: #17
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
(12.05.2016 19:13)Suebe schrieb:  Der Knackpunkt des Jahres 1968 in der DDR, überhaupt im Ostblock war ja zweifellos der Einmarsch in der CSSR zur Beendigung des "Prager Frühlings".

Nun hat die DDR, insbesondere Walter Ulbricht ja durchaus eine Rolle gespielt in der Entscheidungsfindung zur Besetzung der CSSR.
Auch war er noch wenige Tage zuvor in Prag wo er seine denkwürdigen Worte sprach, dass es in der DDR noch nie eine Pressezensur gab, und man damit gut zurecht gekommen wäre. Tja, Worte des großen Vorsitzenden....

Auf jeden Fall, am 21. August 1968 und danach hat die DDR über Presse und Agenturmitteilungen verkündet, dass auch Einheiten der NVA an der Besetzung der CSSR beteiligt wären.
Ich kann mich an eine Karrikatur erinnern, ein NVA-Soldat mit dem typischen Stahlhelm, ruft in einer Telefonzelle zu Hause an, Papi fragen wo er denn damals 1939 in Quartier gewesen wäre.
Wenn einer Schandtaten von sich aus zugibt, besteht zuerstmal wenig Anlass an den Schandtaten zu zweifeln.
Nun, heute wissen wir, dass es nicht wahr ist, kein NVA-Soldat war im August 1968 in der CSSR eingesetzt.

Nur, warum hat sich Ulbricht dessen gerühmt?

Tatsächlich hielt sich lange das Gerücht, DDR Soldaten seien am Einmarsch beteiligt gewesen. Dies ist auch um 1.55 Uhr morgens vom tschechoslowakischen Runkfunk so berichtet worden. Hier kann man das nachhören: http://www.rozhlas.cz/historie/1968/_zprava/482064

Dort wurden auch von Soldaten der "deutschen demokratischen Republik" (unabgekürzt) gesprochen, die die Staatsgrenze überschritten hätten. Der Rundkfunk war zu dem Zeitpunkt noch nicht in sowjetischer Hand und berichtete weiter.

Die tatsächlichen Ereignisse waren wie folgt: Die NVA leistete den Sowjets auf DDR Boden logistische Unterstützung, überschritt aber die Grenze nicht. Dies aus Gründen, dass dies bei der tschechischen Bevölkerung eben Erinnerungen an den März 1939 wecken könnte. Gleichzeitig konnte man sich so aber als mitintervenierende "Brudernation" bezeichnen. Ulbricht, ausserhalb der Sowjetunion wohl der schärfste Befürworter der Intervention, hat so wohl das Ei des Kolumbus gefunden, aber eben nicht ohne den höhnischen Kommentar aus dem Westen. Und natürlich hat in der gewaltigen Mehrheit der tschechoslowakischen Bevölkerung das nichts an der Beurteilung des Geschehenen geändert - Viele Graffitis schrieben die SSSR (tsch. UdSSR) mit SS-Runen... Kann man hier nachsehen (etwas runterscrollen) http://www.myjsmetonevzdali.cz/temata/pr...ke-smlouvy

Den Hauch der Legitimation für die Intervention, an der übrigens Rumänien nicht teilnahm, stellte der sogenannte Einladungsbrief dar - in dem Brief wurde behauptet, der Parteiführung sei die Kontrolle entglitten und die Presse sei in die Hände der Konterrevolution gelangt. https://de.wikipedia.org/wiki/Einladungsbrief

Es waren ZK Mitglieder - was eigentlich nicht so "hoch". Von diesem Schreiben ist aber kaum mehr zu halten, als der Zustimmung Háchas zum Protektorat 1939 - es hätte wohl eines Beschlusses der Regierung oder der Partei insgesamt bedurft, um wirklichen Legitimation für militärische Intervention. Eine reine Alibiübung.
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14.05.2016, 13:34
Beitrag: #18
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Wie geschrieben, die DDR hat ihre Beteiligung an der Besetzung der CSSR offiziell gemacht.
Medienberichte Agenturmeldungen.
Und eine Panzer-und eine Panzergrenadierdivision standen auch in Bereitschaft in Bereitstellungsräumen an der Grenze zur CSSR.
Als im Herbst 68 klar wurde, dass keine Kampftruppen eingerückt waren, wurde bis zum Ende der DDR die Mär aufrecht erhalten, dass mehrere Nachrichteneinheiten in der CSSR "dabei" waren. Auch die Orte wo diese Einheiten "gelegen" hätten, wurden genannt.

Nach Ende der DDR gab es dann Gelegenheit dies zu überprüfen, mit dem Ergebnis, dass tatsächlich keine NVA-Truppen direkt beteiligt waren.

Breshnew soll noch im August 68 in Moskau zu Swoboda gesagt haben, dass kein einziger deutscher Soldat die Grenze überschritten hätte "wir haben sie zurückgehalten" und hätte weiter ausgeführt, dass die DDR Staats- und Armee-Führung deshalb angesäuert gewesen wären.
maW sie wären schon, aber sie durften nicht.

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15.05.2016, 18:29
Beitrag: #19
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Noh mal zurück zu Marcuse und dem Sendungsbewusstsein der "intellektuellen Elite": Das dürfte tatsächlich so gewesen sein. Noch die RAF sah sich als eine Gruppe von solchen "Aufrüttlern". Wenn man den Menschen nur deutlich genug vor Augen führte, wie repressiv dieser BRD-Staat sei, würden sie sich gegen diesen Staat erheben. Nur dass viele BRD-Bürger, unter den Jugendlichen (= bis 25-jährigen ein Drittel) zwar bedenkenlos einem Terroristen Unterschlupf gewährt hätten, die meisten allerdings die zunehmende Brutalität der RAF-Anschläge verurteilten und Angst davor hatten, das hatten die "Intellekutellen" von der RAF anscheinend nicht zu Kenntnis nehmen wollen. Ideologische Scheuklappen, sag ich nur.
Nun waren die RAF´ler Extremisten unter den Studentenbewegten. Es wurde schon gesagt, das Dasein als Arbeiter wurde von den wohlgenährten, gutbürgerlichen Studenten einigermaßen sozialromantisch gesehen. Es sorgte für ein großes Hallo in der Lokalpresse, als 1968 (?) ein Rudel Münchner Studenten vor einem Automobilwerk auftauchte und an die Schichtarbeiter, die heim wollten, Mao-Bibeln verteilen wollte. Die "Langhaarigen" wurden von den Arbeitern, die sie doch erlösen wollten, nach Strich und Faden verprügelt. Diese Studenten dürften von ihrem Sendungsbewusstsein erlöst gewesen sein...Smile))
Aber sie hatten ja noch den Imperialismus der USA und den Abscheu gegen die immer noch weitverbreiteten Altnazis, gegen den sie protestieren konnten.
Mit dem Imperialismus der USA konnte die DDR-Jugend durchaus auch was anfangen, schon allein , weil ihnen dieses Schlagwort oft genug in Schule, Medien und Alltag um die Ohren gehauen wurde. Dass der Kapitalismus mit Faschismus gleichzusetzen war, hörten sie ebenfalls oft genug. Der Kampf gegen beides war Staatsdoktrin. Eigentlich hätte die SED jubeln müssen und die Weststudenten einladen müssen, um in der Karl-Marx-Allee Demos abzuhalten.
Nur hatte die SED, spießbürgerlich wie sie war, ebenfalls eine tiefe Abscheu: Gegen die "Penner" nämlich mit ihren langen Haaren und "Nietenhosen" und gegen nicht staatlich organisierte Demonstrationen. Die Erfahrungen von 1953 saßen tief...Ich denke, deswegen kam es in der DDR nicht zu einer ähnlichen Bewegung unter den Studenten und Jugendlichen: Der Staat unterband dies, versuchte es in die sattsam bekannten Bahnen zu lenken. Da allerdings kam bei den DDR-Jugendlichen schon ein Brechreiz auf, so dass die 68er-Bewegung an der DDR weitgehend vorbei gegangen sein dürfte, von privaten Zirkeln mal abgesehen...Wink

PS: Dass es in der DDR eine weitverbreitete "Untergrundbewegung" in Sachen Musik gab, ist m.E. darauf zurückzuführen, dass der Aufstand der 68er-Jugendlichen gegen die überkommene Moral der Eltern / Älteren dann doch auch hier angekommen war. Die Beatszene wie auch später die Punkszene in der DDR dürfte um einiges lebendiger gewesen sein als im Westen, gerade weil der Staat diese Szene(n) hasste...Wink
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16.05.2016, 08:30
Beitrag: #20
RE: Das Jahr 1968 in Ost und West
Es war der Marcuse. der die Antworten hatte, die gesucht wurden.
Dass mit dem bundesdeutschen Arbeiter keine Revolution gemacht werden konnte, sahen wir ja selbst. Wie ich schon schrieb,
Und der Marcuse hat dies in den Staaten, erlebte und lehrte bis 67 in den USA, natürlich schon viel früher gesehen, und, da er sich von der Weltrevolution nicht verabschieden wollte, eine neue theoretische Grundlage erdacht.
Die dann in den damaligen Diskussions-Zirkeln, Club Voltaire, Club ´67, Republikanischer Club und wie man die Teile immer nannte, nächtelang diskutiert wurden. Befeuert mit viel Bier und den ersten Joints. (hätte schon einer an Trollinger gedacht, wäre vermutlich mehr rausgekommen Bat)

Sooo ist das ganze an der DDR aber nicht vorbeigegangen,
Die hatten sich aber schon früher auf "Linksabweichler" eingestellt, Beispiele Biermann und Havemann, und sich auch da entsprechend verhalten. Oberschüler relegiert, Studenten zur Arbeitsbewährung ...

Vielleicht schreibe ich noch mehr dazu.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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