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Der Untergang von Sprachen
13.06.2016, 14:27
Beitrag: #44
RE: Der Untergang von Sprachen
(10.06.2016 16:21)913Chris schrieb:  Ob ein Volk die Sprache von Invasoren übernimmt oder nicht, hängt zuallererst von der Verwaltungsstruktur des Landes/Reiches ab. Englisch wäre nach der Invasion durch Wilhelm den Eroberer fast ausgestorben, weil plötzlich Französisch die Verwaltungssprache war. Der scharfe Gegensatz zwischen Angelsachsen und Normannen, wie er bei "Robin Hood" dargestellt wird, ist im Zusammenhang mit Robin Hodd zwar anachronistisch, aber ein paar Jahrhunderte zuvor war er tatsächlich so krass, eher noch krasser, weil es im Grunde keine angelsächsischen Adligen mehr gab.

Dein Beispiel beweist ja gerade, dass ein Sprachwechsel NICHT unbedingt von Verwaltungsstrukturen abhängt.

Obwohl Französisch ein hohes Prestige genoss und in England Verwaltungssprache war, konnte es sich langfristig gegenüber der Volkssprache der Mehrheitsbevölkerung - also dem Englisch - nicht durchsetzen.

Ähnlich war das auch im römischen Germanien, wo die Römer immerhin rund 400 Jahre herrschten, die Verwaltungsstruktur bestimmten, Heeresteile stationierten und das Land mit römischen Siedlungen und Gutshöfen überzogen. Als die römische Herrschaft zusammenbrach, stieg erneut die germanische Sprache empor.

Demgegenüber gelang es einer relativ kleinen Schar angelsächischer Eroberer, das Idiom der mehr oder weniger romanisierten britischen Kelten zu verdrängen und die keltische Mehhrheitsbevölkerung zu assimilieren - einmal abgesehen vom Rückzugsgebiet Wales.
.
(10.06.2016 16:21)913Chris schrieb:  Die Westgoten schafften es in Spanien nie, sich auch sprachlich durchzusetzen, weil es a) ein Heiratsverbot zwischen Romanen und Goten gab und weil die Goten b) das römische Rechts- und Verwaltungssystem übernommen hatten (zumindest für die romanische Bevölkerungsmehrheit).

Das Heiratsverbot zwischen Westgoten und Romanen fiel bereits etwa 580 unter König Leovigild. Das war Ausdruck eines allmählichen Zusammenwachsens der nur rund 130 000 Westgoten mit der romanischen Bevölkerung, die etwa 2 Millionen Einwohner umfasste. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich die germanischen Eliten der Völkerwanderung rasch mit den autochthonen Bevölkerungen der eroberten Länder vermischten und germanische Stammesidentitäten und germanische Sprachen aufgaben. So war das bei den West- und Ostgoten, den Vandalen, den Langobarden und den gallischen Franken. Ganz zu schweigen von den früh vernichteten Reichen der Gepiden, Heruler usw.

(10.06.2016 16:21)913Chris schrieb:  Die Franken waren in einer Sonderrolle, weil ihr Herkunftsgebiet immer auch Teil des Fränkischen Reiches war.

Das würde für eine Beibehaltung des germanisch-fränkischen Idioms sprechen, was aber gerade nicht geschah. Die Franken übernahmen die gallo-romanische Sprache der unterworfenen romanischen Bevölkerung.

(10.06.2016 16:21)913Chris schrieb:  Auch haben sie zwar mit der romanischen Bevölkerungsmehrheit zusammengearbeitet, ...

Die Franken haben nicht nur mit der romanischen Bevölkerung "zusammengebarbeitet", sondern wuchsen mit ihr im Verlauf von etwa 300 Jahren zur Reichsbevölkerung zusammen. Der Reichsadel setzte sich zu großen Teilen aus dem ehemaligen gallorömischen Senatsadel zusammn, der hohe Klerus bestand fast ausschließlich aus Romanen, was auch für die Reichsverwaltung gilt.

Im 9./10. Jh. sprach im Frankenreich niemand mehr ein germanisches fränkisch, sondern das romanische Altfranzösisch. Bereits die Straßbuger Eide beim Bündnis zwischen West- und Ostfranken vom 14. Februar 842 sind ein bemerkenswertes zweisprachiges Dokument in Althochdeutsch und Altfranzösisch. Die beiden Heeresteile konten sich nicht mehr untereinander verständigen.

Unterscheiden davon muss man die Francia orientalis, also in etwa das heutige Franken plus Teile von Hessen. Diese Region wurde erst seit dem 6./7. Jh. von Franken besiedelt bzw. kolonialisiert.
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