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Phryger = Seevölker in Anatolien?
05.03.2016, 14:10
Beitrag: #166
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien?
(05.03.2016 13:00)zaphodB. schrieb:  Wenn man davon ausgeht,dass die Seevölker Wanderungsbewegungen weterer Völker auslösten und diese Völker zum Teil integrierten oder unterwarfen stellt sich die Frage, woher sie kamen und was wiederum ihre eigene Expansion und Wanderungsbewegung auslöste.

Bis heute ungeklärt ist die Frage, woher die "Seevölker" kamen, die um 1200 v. Chr. das östliche Mittelmeer und alle Küsten beunruhigten. Es gibt zahlreiche Hypothesen über ihre Herkunft, die mit der großen Ägäischen Wanderung um 1200 v. Chr. zusammenhängen oder identisch sein soll.

Vielfach begnügt man sich mit der Feststellung, die Seevölker kämen aus der "Ägäis". Nun ist die Ägäis aber ein überschaubares Meer mit vielen kleinen Inseln, das unmöglich die Heimat einer so großen Völkerwoge sein kann, die - nach einer Hypothese - das Hethiterreich und Mykene zum Einsturz brachte, Vorderasien überschwemmte und dem Pharao die gewaltige Schlacht im Nildelta lieferte. Wo also kamen die Seevölker her?

Eine häufig zu findende Hypothese geht von einem Dominoeffekt aus: Von der Donau aus schoben sich Völker über den Balkan und stießen damit eine Wanderung Richtung Süden an. Es ist bemerkenswert, dass das mykenische Griechenland vermutlich das erste Opfer dieser "ägäischen Wanderung" war, was zeigt, dass der Völkerstoß von Norden erfolgte. Er ging dann über die Ägäis hinaus und spaltete sich in zwei Zweige: einer verlief über Kreta und Zypern, die beide erobert wurden, nach Palästina und Vorderasien hinein. Der andere Zweig stieß nach Kleinasien hinein, wo das Hethiterreich unterging (vielleicht auch Troja?), und verlief von dort aus entlang der Mittelmeerküste über Syrien weiter nach Süden. Dass es an Ägyptens Grenzen um 1200 v. Chr. zu Auseinandersetzungen mit wandernden Volksgruppen kam, ist, sunter Historikern unumstritten. Ob es nun zu Koalitionen kam und wie weitreichend die gewesen könnten, ist heute nicht mehr zu entscheiden.

Interessant sind die Namen der beteiligten Seevölker wie z.B. Akawa, Turus, Lukku, Schardin oder Sakalus, in denen man die späteren Tyrsener (Etrusker), Lykier sowie die späteren Besiedler Sardiniens und Siziliens erkennen möchte. Zu den Seevölkern zählen auch die "Pulsate" (auch: Peluschtim), die als "Philister" in Palästina ansässig wurden.

Es gibt freilich auch die Hypothese, dass es überhaupt keine Wanderung gegeben hätte und die postulierten Seevölker ein Mythos seien. Das Reich der Hethiter sei danach allein durch innere Wirren oder einen Bürgerkrieg zugrunde gegangen, Mykene und die mykenische Kultur seien lediglich durch Naturkatastrophen oder einen Bürgerkrieg oder die Implosion des feudalen Systems ausgelöscht worden. Dem stehen allerdings die ägyptischen Quellen entgegen. Auch wenn dort lobpreisend geschrieben wird, so ist die Seeschlacht im Nildelta nicht ins Reich der Fanatasie zu verweisen. Was für die Ägypter nach Koalitionen ausgesehen hat, war vermutlich ein Dominoeffekt, in dessen Verlauf weitere Bevölkerungsgruppen mitgerissen wurden.

Ob und inwieweit diese Hypothesen und Spekulationen zutreffen, ist umstritten. Auf jeden Fall gab es in der Zeit zirka um 1200 v. Chr. Umwälzungen und Verschiebungen im östlichen Mittelmeerraum. In deren Verlauf ging um 1200 v. Chr. die mykenische Palastkultur unter, ferner das Reich der Hethiter, in Palästina wurden die Peleset/Philister als eines der Seevölker angesiedelt und in Palästina erscheinen die landnehmenden Hebräer.

Hier die Nachricht der Ägypter über ihre Begegnung mit den Seevölkern:

"Die Völker der Meere schlossen sich auf ihren Inseln zu einer Verschwörung zusammen. Sie hatten den Plan, die Hand auf alle Länder der Erde zu legen. Kein Land hielt ihren Angriffen stand. Von Hatti an wurden zu gleicher Zeit vernichtet: Qadi, Karkemiš, Arzawa und Alašija. Ihr Lager schlugen sie an einem Ort in Amurru auf. Sie zerstörten die Länder so, als ob sie nie existiert hätten. Sie kamen, bereiteten ein Feuer vor ihnen und sagten: „Vorwärts nach Ägypten”. Verbündet waren mit ihnen die Peleset, Tjeker, Šekeleš, Danu und Wašaš. Ihre Herzen waren voller Vertrauen: „Unsere Pläne gelingen” sagten sie zuversichtlich.“
(Übersetzung der Inschrift (Zeilen 16-17): John Wilson In: James B. Pritchard: Ancient Near Eastern: Texts relating to the Old Testament (3. Auflage), Universal Press, Princeton 1969, S. 262)
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