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Der Untergang von Sprachen
18.11.2014, 19:35
Beitrag: #1
Der Untergang von Sprachen
Wie lässt sich das unterschiedliche Schicksal von Sprachen erklären, deren Sprecher einer Invasion zum Opfer fallen? Manche Völker bewahren ihre sprachliche Identiät, andere vollziehen einen Sprachwechsel.

Es gibt keine einheitliche Gesetzmäßigkeit, nach der solche Vorgänge ablaufen, denn die Situation ist stets sehr verschieden. So könnte man vermuten, dass große Völker mit starker Identität trotz einer Eroberung ihre Sprache bewahren. Doch gibt es zahlreiche Beispiele aus der Geschichte, auf die das nicht zutrifft. So hat das alte Volk der Etrusker, nachdem es im 3. Jh. v. Chr. von den Römern erobert worden war, spätestens zur Zeitenwende seine Sprache aufgegeben, da es etwa 250 Jahre nach Verlust seiner Selbstständigkeit gänzlich romanisiert war. Ebenso gaben die Kelten in Gallien und die Iberer in Spanien ihr angestammtes Idiom auf.

Die Ägypter und zahlreiche andere Staaten Vorderasiens und Nordafrika haben ebenfalls nach Eroberung durch die Araber im 7. Jh ihre angestammten Idiome zugunsten des Arabischen aufgegeben und zwar zuweilen - wie in Ägypten - in überraschend kurzer Zeit.

Die Basken hingegen haben ihre Sprache bewahrt, auch wenn das baskische Gebiet im frühen Mittelalter noch erheblich ausgedehnter war. Das mag daran liegen, dass ihr Siedlungsland eben kein Durchzugsgebiet war und die Basken am Rande der zentralen Staaten und Ereignisse ihre Sprache und Gebräuche in die moderne Zeit hinüberretten konnten.

Aus dem gleichen Grund mögen auch die Sorben ihre Sprache bewahrt haben, denn noch bis zur Industrialisierung war ihr Siedlungsgebiet in der Ober- und Niederlausitz relativ abgeschlossen und wegen fehlender Bodenschätze und schlechter Böden wenig begehrt. Das trifft übrigens auch auf die Slawen im Wendland an der Unterelbe zu, die aber dennoch ihre Sprache und Identität spätestens um 1700 verloren hatten, als ein Pfarrer letzte Sprecher des Wendischen besuchte und ihre Sprache niederschrieb.

Ich denke, dass sich Sprachinseln eher in abgelegenen Gebieten halten können, die der kulturellen oder politischen Dominanz einer anderssprachigen Staatsmacht nur gering ausgesetzt sind. Ein schönes Beispiel dafür ist der Kaukasus, der "Berg der Sprachen", wo sich sogar Sprachen halten konnten, die - wie das Baskische - keiner bekannten Sprachfamilie angeschlossen werden können. Solche Sprachinseln haben sich auch bei den Rätoromanen gehalten, wo ebenfalls die geografische Situation in abgelegenen Alpentälern ein Überleben des Idioms begünstigt hat.

Aus all dem geht hervor, dass es keine Formel gibt, nach der man das Überleben einer Sprache bemessen könnte. Wir haben ja sogar den Fall, dass eine seit vielen Jahrhtausenden tote Sprache wie das Hebräische, die nur noch in der Liturgie fortlebte, zu neuem Leben erweckt wurde. Das ist den Iren leider nicht gelungen, wo trotz enormer Anstrengungen nur noch etwa 53 000 Iren angeben, Irisch täglich als Muttersprache zu sprechen (Zensus von 2006). Da haben es die Engländer doch geschafft, ihre Sprache im Lauf der langen Besetzung Irlands durchzusetzen.
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Der Untergang von Sprachen - Dietrich - 18.11.2014 19:35
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