Wie haben wir den eisernen Vorhang erlebt ?
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11.03.2014, 07:15
Beitrag: #113
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RE: Wie haben wir den eisernen Vorhang erlebt ?
Ich versuche mal kurz darzustellen, welche Bedeutung die so genannten Blockparteien in der DDR hatten.
Blockparteien hat es nicht nur in der DDR gegeben, sie gab es z.B. auch in Rumänien, Bulgarien und in anderen ehemaligen Ostblockländern gegeben. Die Blockparteien waren neben den Massenorganisationen Bestandteil der auf Initiative der Sowjetunion gebildeten Nationalen Fronten. Die Nationale Front wurde von der sowjetische Politik nach 1944/45 statt der formalen Einparteienherrschaft favorisiert. Sie galt in sowjetischer Lesart als Fortführung der so genannten Volksfrontregierungen in Spanien (1936), Frankreich (1936/Leon Blum), Chile (1936) oder Griechenland (1941/EAM). Während in den Volksfrontregierungen die vom Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI) gesteuerten Kommunistischen Parteien mit Sozialdemokraten, linksliberalen oder linksbürgerlichen Parteien gegen faschistische bzw. nationalsozialistische Parteien und/oder autoritäre Regimes zusammenarbeiteten, stand in den Nationalen Fronten die Führungsrolle der Kommunistischen Parteien von Anfang an fest. Eine Ausnahme bildet die Tschechoslowakei, dort konnte sich bis zum 24. Februar 1948 eine bürgerliche Regierung behaupten, die durch Klement Gottwald in einem Staatsstreich beseitigt wurde. Ich werde mich aber in dieser Ausarbeitung nur mit der SBZ bzw. der DDR beschäftigen. Ein wichtiger Punkt des Marxismus ist, dass Gesellschaften in Klassen unterteilt sind und das die Diktatur des Proletariats über den real existierenden Sozialismus die kommunistische, also klassenlose Gesellschaft bringen würde. Parteien waren Interessenvertreter der Klassen, letztlich ein Standpunkt den die KPD schon in den 1920er offiziell vertrat. 1945 vertrat die Sowjetische Militäradministration die Ansicht, dass alle Klassen bei Aufbau der sozialistischen Gesellschaft in ihrer Besatzungszone eingebunden werden sollten, wobei man von vornherein ausging, dass die KPD die Führungsrolle übernimmt und alle anderen sich unterordnen müssten. Aus diesem Grund ließ man die SPD zu, ebenso die Gründung der bürgerlichen Parteien CDU und LDPD (Liberaldemokratische Partei Deutschlands). Die bürgerlichen Parteien sollten vor allem Menschen ansprechen, die vor 1933 in Parteien wie DVP, DDP oder Zentrum politisch aktiv waren, aber sie sollten auch Mitläufer der Nazis aufnehmen. Dass zwei Parteien zugelassen wurde, war bewusst gewesen, das bürgerliche Lager sollte politisch gespaltet sein. Aber es gab auch Differenzen zwischen den Politikern der CDU und LDPD, die eine Einheit verhinderten. Dagegen vertrat man von Anfang an die Politik der Einheit der Arbeiterklasse. 1945 wehrte sich Grotewohl und der Zentralausschuss der SPD gegen eine Vereinigung, 1946 beugte sich er jedoch dem Druck der Sowjets und der KPD, die SED wurde gegründet. Anfänglich legte man noch Wert darauf, dass ehemalige Sozialdemokraten politische Ämter, wie Ministerpräsident oder Oberbürgermeister übernahmen und die Kommunisten nur den Stellvertreter stellten. Deshalb spricht man auch vom „Regime der Stellvertreter“. Aber nach und nach wurden die meisten ehemaligen Sozialdemokraten entmachtet und häufig aus der SED ausgeschlossen. Dieser Prozess war um 1949/50 abgeschlossen. D.h. die sozialdemokratische Tradition war seitdem nicht mehr präsent in der SED. Als Beispiel möchte ich auch den Machtkampf zwischen dem Sächsischen Ministerpräsident Rudolf Friedrichs (1892–1947) - ehemaliger Dresdner Oberbürgermeister (SPD) und seinem in der Sowjetunion geschulten Stellvertreter und Innenminister Kurt Fischer (1900–1950) hinweisen. https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Friedrichs https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Fisch...litiker%29 Ähnliches passierte mit der Ost-CDU. Sie wurde im Juni 1945 gegründet, also eher als in den anderen Besatzungszonen. Zwischen 1945 und ca. 1947 war Jakob Kaiser (1888–1961) einer der wichtigsten Politiker dieser Partei. Er gehörte dem linken Flügel der gesamtdeutschen CDU an, ist wahrscheinlich auch für das recht soziale Parteiprogramm von 1946 verantwortlich. Er versuchte sich anfänglich gegen die Bevormundung durch die SED zu wehren, was aber ab 1946/47 scheiterte. Unter dem Parteiführern Otto Nuschke (1883–1957) erfolgte die Gleichschaltung und die CDU wurde von der SED mit Vermögen ausgestattet. Seine Nachfolger, besonders Gerald Götting (* 1923) setzten diese Politik bis 1989 fort. 1990 schloss sich die Ost-CDU der CDU an. https://de.wikipedia.org/wiki/Ost-CDU https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Nuschke https://de.wikipedia.org/wiki/Gerald_G%C3%B6tting Die LDPD (Liberaldemokratische Partei Deutschlands) wurde ebenfalls im Juni 1945 gegründet. Sie verhielt sich unter Wilhelm Külz (1875–1948) gegenüber der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) wohlwollend. Nach seinem Tod setzte sich die LDPD kritisch mit der Politik der SMAD und der SED auseinander. Dies führte dazu, dass z.B. junge Liberale wie Arno Esch (1928–1951) in die Sowjetunion deportiert, um dort zum Tode verurteilt und hingerichtet zu werden. Hans Dietrich Genscher befürchtete ein ähnliches Schicksal und floh deshalb in die Bundesrepublik. Ab Anfang der 1950er Jahre spielte die LDPD nur eine untergeordnete Rolle in der Politik. Bekannte LDPD-Politiker waren der langjährige Präsident der Volkskammer Johannes Dieckmann (1893–1969) und den langjährigen Parteivorsitzenden und letzten Staatratsvorsitzenden der DDR Manfred Gerlach (1928–2011). 1990 trat die LDPD der FDP bei. https://de.wikipedia.org/wiki/LDPD https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Dieckmann https://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Gerlach 1948 initiierte die SMAD erneut die Gründung von zwei „bürgerlichen“ Parteien. Im Unterschied zu 1945, als die Parteigründungen durch ehemalige bürgerliche Politiker der Weimarer Republik ausgeführt wurden, fanden die Gründungen der NDPD und DBD unter der Leitung ehemaliger KPD-Mitglieder statt. Die DBD (Demokratische Bauernpartei Deutschland) wurde gegründet, um die ursprünglichen Mittel- und Kleinbauern, aber auch Neubauern zu organisieren. Die DBD war von Anfang an gleichgeschaltet. Erster Vorsitzender war der ehemalige KPD- und SED-Politiker Ernst Goldenbaum (1898–1990), der die Partei bis 1982 leitete. 1990 schloss sich die Partei der CDU an. Parteimitglieder, wie der vorletzte Vorsitzende Günther Maleuda (1931–2012) schlossen sich jedoch der PDS an. Der letzte DBD-Vorsitzender Ulrich Junghanns war von 2007 bis 2008 CDU-Vorsitzender in Brandenburg. https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratis...utschlands https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Goldenbaum Die NDPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) wurde 1948 auf Anordnung Stalins gegründet, der die seit 1945 übliche Unterscheidung der Deutschen in Nazis und Nichtnazis abschaffen wollte. In der NDPD sollten nicht oder wenig belastete NSDAP-Mitglieder, ehemalige Beamte oder Wehrmachtsoffiziere organisiert werden, wobei deren Mitglieder sich später aus anderen Bevölkerungsschichten stammten und in der SED auch prozentual mehr ehemalige Nazis gab, als in der NSDAP. Die NDPD sollte Unentschlossene ansprechen und galt zeitweise als Interessenvertreter von Kriegsheimkehrern und Vertriebenen. Wichtigste NDPD-Politiker waren Lothar Bolz (1903–1986), ehemaliges KPD- und NKFD-Mitglied und von 1953 bis 1965 DDR-Außenminister sowie Heinrich Homann (1911–1994), einem ehemaligen Mitglied der NSDAP und der Wehrmacht. 1990 ging sie in die FDP aus. https://de.wikipedia.org/wiki/NDPD https://de.wikipedia.org/wiki/Lothar_Bolz https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Homann Die Nationale Front, bestehend aus Blockparteien und Massenorganisationen, war ein Baustein, der die Herrschaft der SED absicherte. "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
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