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Ein Haus voll Glorie schauet – der Ultramontanismus der katholischen Kirche
05.08.2012, 18:36
Beitrag: #23
RE: Ein Haus voll Glorie schauet – der Ultramontanismus der katholischen Kirche
(14.07.2012 17:46)WernerS schrieb:  Es wird ein weiteres Dogma durchgedrückt, welches seit dem Mittelalter schon zu Streit führte und nun zementiert wird. Es wird die Immatriculata-Lehre. Es geht darum, dass Maria Jesus unbefleckt empfangen hat, d. h. ohne Erbsünde geboren hat. Damit soll vermieden werden, dass Jesus als Sünder da steht. Aber er hat die Sünde – dogmatisch festgelegt – nicht geerbt, weil Maria ebenfalls von dieser nicht befallen war. Das ist nicht noch logisch sondern auch theologisch bis heute sehr umstritten, jedoch wird die Diskussion nicht öffentlich geführt, da man bei Verstoß des Dogmas dann aus der Gemeinschaft der katholischen Kirche ausgeschlossen werden kann.

Papst Pius IX. hatte sich stärker als seine Vorgänger der Aufgabe des Papstes als Hüter der Glaubenswahrheiten verschrieben. Pius IX. machte von seinem Lehramt nicht ausschließlich alleine Gebrauch, wie die Entstehungsgeschichte des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis Mariens zeigt. Am 3. Februar 1849 richtete er ein Rundschreiben an alle Bischöfe der Welt mit der Anfrage ob ein entsprechendes Mariendogma auf Zustimmung stoße. Nur vier Bischöfe äußerten Zweifel an der Lehre, 36 sahen keine Notwendigkeit für ein Dogma, die ganz große Mehrheit beantwortete die Anfrage positiv. Damit standen die Bischöfe im Einklang mit der öffentlichen Meinung in der katholischen Welt. Im November 1854 reisten 200 Bischöfe nach Rom um der Absicht des Papstes zuzustimmen. Diese Entscheidung fiel nicht im Kontext des I. Vaticanums wie immer wieder behauptet wird. Am 8. Dezember 1854 verkündete Pius IX. feierlich das Dogma:

"Zu Ehren der Heiligen und Ungeteilten Dreifaltigkeit, zu Schmuck und Zierde der jungfräulichen Gottesmutter, zur Erhöhung des katholischen Glaubens und zur Mehrung der christlichen Religion, in der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und der Unseren erklären, verkünden und definieren Wir: Die Lehre, dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch ein einzigartiges Gnadenprivileg des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Jesu Christi, des Erretters des Menschengeschlechtes, von jedem Schaden der Erbsünde unversehrt bewahrt wurde, ist von Gott geoffenbart und darum von allen Gläubigen fest und beständig zu glauben." (Pius IX., Apostolisches Schreiben "Ineffabilis Deus")

Worum geht es bei diesem Dogma? Es geht darum, dass Maria im Augenblick ihrer eignen Empfängnis vor der Erbsünde bewahrt wurde.
Die Anfänge der Immaculate-Lehre finden sich bereits in der griechisch-byzantinischen Kirche im 6. und 7. Jahrhundert, im Abendland war sie im 9. Jahrhundert in Neapel und Irland verbreitet. Im Mittelalter wurde sie dann vor allem von Johannes Duns Skotus (geb. 1265/66-1308) präzisiert.
Duns Skotus gehörte zu den vier großen Kirchenlehrern des Mittelalters. Die anderen sind Albertus Magnus, der den Titel Doctor universalis erhielt, Thomas von Aquin, der Doctor angelicus. Beides waren Dominikaner. Der dritte war Bonaventura, der Doctor seraphicus und schließlich Duns Skotus, der Doctor subtilis. Die letzten beiden waren Franziskaner. Albertus Magnus und Duns Skotus sind beide in Köln begraben, der eine in St. Andreas, der andere in der Minoritenkirche, die - kein Wunder - der Unbefleckten Empfängnis Mariens geweiht ist. In der Tat hat Duns Skotus mit seiner Verfechtung der Immaculata-Lehre Widerspruch ausgelöst. In Paris bekam er Predigtverbot, möglicherweise wollte man sich in Frankreich aber auch nicht den katholischen Glauben von einem Schotten erklären lassen. Auf dem Grabstein in der Kölner Minoritenkirche finden sich schlagwortartig die Kernargumente die Duns Skotus für die Immaculata-Lehre vortrug: "Weil es sich geziemt hat" und "weil Gott es konnte". Die Gegner haben immer gesagt, gestehe man Maria das Gnadenvorrecht zu, als einziger Mensch von der Erbsünde verschont geblieben zu sein, schmälere dies die Würde von Jesus, der als einziger Mensch frei von jeder Sünde gewesen sei. Darauf hat Duns Skotus erwiedert, im Gegenteil, es erhöhe die Würde von Jesus - "es hat sich geziemt" - dass Gott auch die leibliche Mutter seines Sohnes von Sünden
frei hielt. Dies geschah nicht (nur) zur Ehre Mariens, sondern vor allem im Hinblick auf ihren Sohn Jesus. Aber nicht um zu verhindern, dass Jesus als Sünder zur Welt kommt - das hat man nie ernsthaft erwogen, insoweit ist der Beitrag oben nicht ganz richtig - sondern um die Ehre Jesu zu verstärken. Maria selbst musste nämlich auch von Jesus erlöst werden.
Das zweite Argument, bezieht sich dann allgemein auf das göttliche Handeln. Man dürfe Gott nicht die Möglichkeit absprechen, einen Menschen vor der Erbsünde zu bewahren, weil Gott es kann, hat er es auch getan. Duns Skotus hat dies mit einem Gleichnis untermauert. Was sei wertvoller? Einen Menschen aus dem Wasser zu ziehen oder zu verhindern, dass er überhaupt ins Wasser fällt.

1477, also gut 150 Jahre nach dem Tod von Duns Skotus wurde von Papst Sixtus IV. ein entsprechender Festtag In Conceptione Immaculata B.M.V. in Rom eingeführt, der dann 1708 durch Klemens XI. für die ganze Kirche verbindlich erklärt wurde. Es handelt sich also um eine allmähliche Entwicklung, sie sich Schritt für Schritt im Bewußtsein der Kirche verfestigt hat, bevor sie dann von Rom, im Einvernehmen mit der Weltkirche in ein Dogma gegossen wurde.
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RE: Ein Haus voll Glorie schauet – der Ultramontanismus der katholischen Kirche - Marco - 05.08.2012 18:36

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