Forum für Geschichte
Der Untergang von Sprachen - Druckversion

+- Forum für Geschichte (http://www.forum-geschichte.at/Forum)
+-- Forum: Geschichte Allgemein+Spezialgebiete (/forumdisplay.php?fid=7)
+--- Forum: Spezialgebiete (/forumdisplay.php?fid=77)
+---- Forum: Geschichte der Sprachen (/forumdisplay.php?fid=67)
+---- Thema: Der Untergang von Sprachen (/showthread.php?tid=6569)

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8


RE: Der Untergang von Sprachen - Bunbury - 06.07.2016 21:01

(06.07.2016 19:13)Suebe schrieb:  Sorry, aber der Gedanke an keltische Sklavenjäger-Züge durch Nord- und Mitteldeutschland amüsiert mich hier in dem 3nd doch sehr....

Verrätst du mir den Witz bei Gelegenheit? ich brauche gerade was zum lachen....


RE: Der Untergang von Sprachen - Aguyar - 06.07.2016 21:18

(06.07.2016 13:43)Dietrich schrieb:  
(06.07.2016 08:47)Paul schrieb:  Die Latene kultur verschwand nicht. Sie entwickelte sich zu unserer mittelalterlichen Kultur weiter.

Nach Latène kamen die Römer und romaniserten den Kontinent und die Britischen Inseln.

Die Kultur des Mittelalters baut also mitnichten auf der Keltenkultur auf.

Sehr richtig. Und nach den Römern kamen die Germanen und aus dem Gemisch Römer und germanische Völker und den später dazu kommenden slawischen Völkern entwickelte sich die mittelalterliche Kultur.

Tatsächlich aber entwickelte sich die mittelalterliche Kultur, vereinfacht gesagt, im Wesentlichen aus dem Christentum resp. der Christianisierung (inkl. ihrer römischen Relikte) in Kombination mit den von den Franken im Frühmittelalter entwickelten Feudalismus (Lehenswirtschaft, Gefolgschaft etc. woraus u.a. später auch das Rittertum entstand).
Und, für Paul, dieser Feudalismus war eine "Erfindung" der frühmittelalterlichen Franken - also eine Eigenleistung - und nicht ein Bestandteil oder Relikt der germanischen Jastorf-Kultur und schon gar nicht der keltischen Latène-Kultur.

Die mittelalterliche Kultur entwickelte sich - mit Ausnahme von Byzanz - in stärkerer oder schwächerer Ausprägung über ganz Europa (bis Moskau).


RE: Der Untergang von Sprachen - Aguyar - 06.07.2016 21:54

(06.07.2016 17:41)Bunbury schrieb:  Damit hast du aber schon ein schwieriges Thema angesprochen. Die Kelten haben keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen- und damit ist überhaupt nicht bewiesen, dass die keltische Sprache auch die "muttersprache" war- das keltische kann genauso gut auch eine Art Lingua Franca gewesen sein.

Das ist jetzt doch eine etwas steile These. Die Kelten, welche von den Römern als solche bezeichnet und auch beschrieben wurden, werden dies ja wohl meist aufgrund der Sprache gemacht haben und dürften wohl auch in der Lage gewesen sein, keltisch von anderen Sprachen zu unterscheiden. Schliesslich waren sie ein Kulturvolk und nicht ganz unbedarft. Und auch die Kelten dürften Übersetzer gehabt haben, wie sonst hätten sie jeweils mit den Römern verhandelt ? Um eine Sprache erkennen zu können braucht es nicht unbedingt Schriftlichkeit und schliesslich wird auch heute noch keltisch gesprochen (gälisch, walisisch, bretonsisch) so das die Sprachwissenschaftler dies ohne weiteres einordnen können.

Das keltisch eine Art Lingua franca gewesen sein könnte, halte ich für höchst unwahrscheinlich. Cäsar beispielsweise erwähnt, dass die bei Bibracte geschlagenen Helvetier in griechisch geschriebene Verzeichnisse mit sich geführt haben. Also darf nicht nur darauf geschlossen werden, dass es Kelten gegeben hat, die griechisch konnten sondern auch, dass die Kelten wie die meisten antiken Völker jener Zeit griechisch als Lingua franca benutzt hatten.

(06.07.2016 17:41)Bunbury schrieb:  Sagte ich doch schon- bsp. Irland. Die irische Bevölkerung stammt männlicherseits von Indogermanen ab, die vor der Entstehung der Kelten vor ca. 4000 Jahren nach Irland einwanderten. Und diese Iren sind im übrigen eng verwandt mit den Walisern und Basken.

Was heisst "männlicherseits" im Zsammenhang mit der Sprachverwandtschaft ? Das verstehe ich jetzt nicht.

Willst Du sagen, dass es vor den Kelten in Irland und Wales ein indogermanisches Volk gab, welches keine Kelten waren ?
Das ist ja schon möglich.
Nur ist es dann nicht möglich, dass dieses Volk mit den Basken verwandt ist. Baskisch ist die einzige noch heute existierende Sprache Europas die weder zur Indogermanischen-, Finnougrischen-, Semitischen- noch Turkomongolischen-Sprachgruppe gehört. Genaugenommen gehört baskisch gar keiner Sprachgruppe an resp. ist eine eigene Sprachgruppe.


RE: Der Untergang von Sprachen - Paul - 06.07.2016 22:05

Die meisten Elemente der Latene Kultur wurden beibehalten und breiteten sich in Germanien aus. Die Römer brachten verbesserten Mörtel, welcher Steinhäuser ermöglichte und einige Nahrungspflanzen.
Der Feudalismus war sicherlich eine neue gesellschaftliche Entwicklung. Die Germanen und Kelten kannten schon "Klientel" Stämme, also unterschiedlich abhängige Stämme.


RE: Der Untergang von Sprachen - Dietrich - 07.07.2016 14:07

(06.07.2016 17:41)Bunbury schrieb:  Die Kelten haben keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen- und damit ist überhaupt nicht bewiesen, dass die keltische Sprache auch die "muttersprache" war- das keltische kann genauso gut auch eine Art Lingua Franca gewesen sein.

Es gibt Stämme, die von der Archäologie und von Historikern eindeutig als "keltisch" klassifiziert werden. Und von denen sprechen wir hier. Wo das nicht möglich ist, wird diese Aussage von der Forschung eingeschränkt.

Maßgeblich für solche Entscheidungen sind die Berichte antiker Autoren sowie die Interpretation der Sachfunde, d.h. der materiellen Hinterlassenschaft.

(06.07.2016 17:41)Bunbury schrieb:  Es gibt ein keltisches Kerngebiet, innerhalb dessen ganz sicher keltisch gesprochen wurde, aber in den Randgebieten....

In den Übergangszonen zwischen Kelten und Germanen sind exakte Zuordnungen problematisch. Aber auch dort kristallisiert sich zu irgendeinem Zeitpunkt ein ethnischer Bestand heraus. Wo Klassifikationen fraglich sind. hat die Archäologie keine Scheu, das ausdrücklich zu betonen.

(06.07.2016 17:41)Bunbury schrieb:  Sagte ich doch schon- bsp. Irland. Die irische Bevölkerung stammt männlicherseits von Indogermanen ab, die vor der Entstehung der Kelten vor ca. 4000 Jahren nach Irland einwanderten. Und diese Iren sind im übrigen eng verwandt mit den Walisern und Basken.

In Irland gab es vor Einwanderung der Indoeuropäer eine autochthone nichtindoeuropäische Bevölkerung. Kelten wanderten etwa ab 600 v. Chr. auf die Insel ein, wobei genaue Daten umstritten sind. Ob vor den Kelten noch eine andere indoeuropäische Bevölkerungsgruppe auf die Insel eingewandert war, ist nicht belegbar und umstritten.

(06.07.2016 17:41)Bunbury schrieb:  Woher weißt du, welche Sprache z.B. die Bewohner des Altkönigs 500 v Chr. gesprochen haben? Schriftliche Aufzeichnungen existieren nicht, schriftliche Berichte der Römer liegen auch nicht vor. Also ist die Sprache letztendlich unbekannt...

Ich weiß das überhaupt nicht.
Archäologen und Historiker sichern Funde, rekonstruieren Zusammenhänge und ordnen Funde anhand kunstgeschichtlicher Merkmale historisch ein. Ob Kelten also den Altkönig zur Latène-Zeit beiedelten, kann nur die Archäologie beantworten. Die sagt dazu:

"In der La-Tène-Zeit, etwa um 400 v. Chr., besiedelten Kelten den Altkönig. Aus der Zeit stammen die zwei Ring- und Annexwälle des auf dem Gipfelplateau befindlichen Ringwalls Altkönig." https://de.wikipedia.org/wiki/Altk%C3%B6nig

(06.07.2016 17:41)Bunbury schrieb:  Das ist ein ganz schlechtes Beispiel, einfach, weil die Griechen sich ja selbst als Griechen bezeichnet und von den anderen abgegrenzt haben. Und weil sie viel schriftliches- also Sprache- hinterlassen haben.

Warum soll der Hellenismus ein schlechtes Beispiel sein?
Du hast behauptet, eine Kultur würde auch die Sprache beeinflussen. Dass das nicht immer der Fall ist, zeigt die Kultur des Hellenismus. Andere Beispiele zeigen das Gegenteil. Es gibt also keinen unveränderlichen Automatismus in dieser Frage.

(06.07.2016 17:41)Bunbury schrieb:  Bei den Kelten gilt das nicht.
Hier wird oft von der Kultur auf die Sprache geschlossen.

Ich habe schon mehrfach gesagt, dass es sich die Archäologen und Historiker so einfach nicht machen. Erst nach sorgfältiger Interpretation der materiellen Hinterlassenschaft - Waffen, Schmuck, Geräte, Bauwerke, Gräber, Bestattungskultur u.a. - sowie eventuellen Schriftquellen antiker Autoren werden Bevölkerungsgruppen oder Stämme bestimmten Ethnien zugeordnet.
Falls das nicht möglich ist, äußern sich Archäologen entsprechend und verfassen gegebenenfalls eine Hypothese. Das Verfahren ist durchaus transparent.

Die Kelten der Hallstatt- und Latène-Zeit sind archäologisch sehr gut bezeugt Wir kennen zahlreiche Höhensiedlungren (oppida), denken wir an den Mont Auxois (das antike Alesia), den Mont Beuvray (das antike Bibracte), an die Heuneburg bei Hundersingen an der oberen Donau oder den Glauberg in der hessischen Wetterau. Die wichtigsten Funde lieferten unberaubte Fürstengräber, darunter das um 480 v. Chr. angelegte Hügelgrab von Vix beim oppidum Mont Lassois mit reichstem Inventar, der 1977 edntdeckte Tumulus von Hochdorf beim oppidum Hohenasperg aus der Zeit um 540 v. Chr mit kostbarsten Beigaben sowie das Grab vom Glauberg, entdeckt 1994.

Alexander Demandt sagt dazu: "Erst für die weiter zurückliegenden Perioden werden die Annahmen über das, was "keltisch" heißen darf, ungewisser."

Vgl hierzu: Alexander Demandt, Die Kelten, München 1998, S. 15 f.


RE: Der Untergang von Sprachen - Bunbury - 07.07.2016 15:57

(06.07.2016 21:54)Aguyar schrieb:  Das ist jetzt doch eine etwas steile These. Die Kelten, welche von den Römern als solche bezeichnet und auch beschrieben wurden, werden dies ja wohl meist aufgrund der Sprache gemacht haben und dürften wohl auch in der Lage gewesen sein, keltisch von anderen Sprachen zu unterscheiden. Schliesslich waren sie ein Kulturvolk und nicht ganz unbedarft. Und auch die Kelten dürften Übersetzer gehabt haben, wie sonst hätten sie jeweils mit den Römern verhandelt ?

Halt- ich habe nicht gesagt, dass es keine keltischen Muttersprachler gegeben hat. Das wäre in der Tat völliger Quatsch.
Aber es gilt zu differenzieren- zum einen nach der Jahreszahl und zum anderen nach der Region.
Zum Beispiel erinnere ich mich noch an Bücher, die die Hallstatt- Kultur als "Kelten" bezeichnet haben, was heute so niemand mehr tut- eben weil die Sprache nicht überliefert ist. Die hallstattkultur wird anhand von Begräbnisriten und materiellen Gegenständen identifiziert. Der Übergnag zur Latene zeit ist von einer Veränderungen in den Fibeln gekennzeichnet- die Sprache ist ebenfalls unbekannt.
irgendwann tauchen die ersten Gallier als nachbarn der Römer auf, die keltisch sprechen. Und sicher können die Römer das erkennen. Aber wie weit reicht die keltische Sprache zu dem zeitpunkt, als die Römer mit ihnen in Verbindung kommen? Breitet sich die Sprache dann auf der anderen Seite des keltischen Sprachbereiches zuerst als Handelssprache aus, weil man über die Kelten in der Mitte mit den Römern handelt? Wie breiten sich keltische Kultur und Sprache aus? Über Eroberugen? Elitetranfer? Handel?
Die Römer haben nicht von oben auf Europa geschaut und von dort aus ihre Urteile gefällt- sie haben es von Rom aus getan.



(06.07.2016 21:54)Aguyar schrieb:  Um eine Sprache erkennen zu können braucht es nicht unbedingt Schriftlichkeit und schliesslich wird auch heute noch keltisch gesprochen (gälisch, walisisch, bretonsisch) so das die Sprachwissenschaftler dies ohne weiteres einordnen können.

Nö, können sie nicht unbedingt. Der Unterschied zwischen dem Gälischen und den britannischen Formen der heutigen keltischen Sprachen ist zwar erkennbar, aber über die Ursachen wird gestritten.

(06.07.2016 21:54)Aguyar schrieb:  Das keltisch eine Art Lingua franca gewesen sein könnte, halte ich für höchst unwahrscheinlich. Cäsar beispielsweise erwähnt, dass die bei Bibracte geschlagenen Helvetier in griechisch geschriebene Verzeichnisse mit sich geführt haben. Also darf nicht nur darauf geschlossen werden, dass es Kelten gegeben hat, die griechisch konnten sondern auch, dass die Kelten wie die meisten antiken Völker jener Zeit griechisch als Lingua franca benutzt hatten.

Caesar lebte um 60 v.Chr. Und um seine Zeit hast du recht.
Die Kelten aber gab es wohl schon 400 Jahre früher. Wie sieht es da aus? Wer will da bitte beurteilen, wer eine keltische Sprache als Muttersprache hatte?

(06.07.2016 17:41)Bunbury schrieb:  Sagte ich doch schon- bsp. Irland. Die irische Bevölkerung stammt männlicherseits von Indogermanen ab, die vor der Entstehung der Kelten vor ca. 4000 Jahren nach Irland einwanderten. Und diese Iren sind im übrigen eng verwandt mit den Walisern und Basken.

Was heisst "männlicherseits" im Zsammenhang mit der Sprachverwandtschaft ? Das verstehe ich jetzt nicht.

Willst Du sagen, dass es vor den Kelten in Irland und Wales ein indogermanisches Volk gab, welches keine Kelten waren ?
Das ist ja schon möglich.
Nur ist es dann nicht möglich, dass dieses Volk mit den Basken verwandt ist. Baskisch ist die einzige noch heute existierende Sprache Europas die weder zur Indogermanischen-, Finnougrischen-, Semitischen- noch Turkomongolischen-Sprachgruppe gehört. Genaugenommen gehört baskisch gar keiner Sprachgruppe an resp. ist eine eigene Sprachgruppe.
[/quote]

Ich kann dir nur sagen, dass eine genetische Untersuchung von 165 männlichen irischem Skeletten ergeben hat, dass diese in der männlichen Linie von Einwanderern abstammen, die vor 4000 Jahren nach Irland einwanderten und Kulturgüter mitbrachten, die üblicherweise den Indogermanen zugeschrieben werden.
Eine Vergleich mit anderen Studien hat dann überraschenderweise gezeigt, dass diese Iren mit Walisern und Basken verwandt waren.
An der Erklärung rätseln die Wissenschaftler noch. Es paßt nicht zusammen, also ist irgendwo ein Fehler. Entweder in der wissenschaftlichen methodik- oder aber Sprache und Abstammung gehören doch nicht so eng zusammen, wie immer vermutet...


RE: Der Untergang von Sprachen - Bunbury - 07.07.2016 16:04

(07.07.2016 14:07)Dietrich schrieb:  
(06.07.2016 17:41)Bunbury schrieb:  Bei den Kelten gilt das nicht.
Hier wird oft von der Kultur auf die Sprache geschlossen.

Ich habe schon mehrfach gesagt, dass es sich die Archäologen und Historiker so einfach nicht machen. Erst nach sorgfältiger Interpretation der materiellen Hinterlassenschaft - Waffen, Schmuck, Geräte, Bauwerke, Gräber, Bestattungskultur u.a. - sowie eventuellen Schriftquellen antiker Autoren werden Bevölkerungsgruppen oder Stämme bestimmten Ethnien zugeordnet.
Falls das nicht möglich ist, äußern sich Archäologen entsprechend und verfassen gegebenenfalls eine Hypothese. Das Verfahren ist durchaus transparent.

Die Kelten der Hallstatt- und Latène-Zeit sind archäologisch sehr gut bezeugt Wir kennen zahlreiche Höhensiedlungren (oppida), denken wir an den Mont Auxois (das antike Alesia), den Mont Beuvray (das antike Bibracte), an die Heuneburg bei Hundersingen an der oberen Donau oder den Glauberg in der hessischen Wetterau. Die wichtigsten Funde lieferten unberaubte Fürstengräber, darunter das um 480 v. Chr. angelegte Hügelgrab von Vix beim oppidum Mont Lassois mit reichstem Inventar, der 1977 edntdeckte Tumulus von Hochdorf beim oppidum Hohenasperg aus der Zeit um 540 v. Chr mit kostbarsten Beigaben sowie das Grab vom Glauberg, entdeckt 1994.

Alexander Demandt sagt dazu: "Erst für die weiter zurückliegenden Perioden werden die Annahmen über das, was "keltisch" heißen darf, ungewisser."

Vgl hierzu: Alexander Demandt, Die Kelten, München 1998, S. 15 f.

Ich widerspreche dir hier ja gar nicht. Es ist nur eindeutiger, die Kelten ihrer Kultur nach zuzuordnen, für die es genug Belege gibt, als das Keltentum an der Sprache festzumache, die für weite Teile gar nicht belegt ist.
Und wie du mir mit Altkönig und Glauberg auch bestätigt hast, erfolgt auch hier die Zuordnung zu den Kelten nicht aufgrund der Sprache, sondern aufgrund dessen, was sie hinterlassen haben.
Mehr wollte ich gar nicht....Smile


RE: Der Untergang von Sprachen - Suebe - 07.07.2016 17:10

(06.07.2016 20:47)Paul schrieb:  
(06.07.2016 19:13)Suebe schrieb:  Noch ein interessantes Detail zu dieser Germanen/Kelten-Diskussion.

Jörg Biel schreibt aaO, dass der Reichtum Manchings durch Sklavenhandel entstanden wäre. Der Preis für einen Sklaven lag zdZ in Manching wohl bei einer Amphore Wein.

Der verhältnismäßig niedrige Preis veranlasst Biel zu der These, dass die Kelten in der Hauptsache Germanen handelten. Von denen es "reichlich" gegeben hätte.

Sorry, aber der Gedanke an keltische Sklavenjäger-Züge durch Nord- und Mitteldeutschland amüsiert mich hier in dem 3nd doch sehr....

In der Bronzezeit hat es diese Sklavenjagden sicherlich gegeben. Später werden die Kelten wohl überwiegend über Handel an Sklaven gekommen sein, Schwerter gegen Sklaven. Die Sueben werden wohl die meisten Sklaven an die Kelten verkauft haben. Kelten und Ubier haben auch mit Skandinavien Handel getrieben. Normale Produkte brauchten die Kelten nicht aus Skandinawien beziehen. Da waren Sklaven, Frauenhaar, Felle, Bernstein und Stockfisch wohl bevorzugte "Güter".


In der Bronzezeit war noch nichts mit Manching.
Hier handelt es sich um die Zeit ca. 100 vor der Zeitenwende.
Und Jörg Biel stellt diese, mich amüsierende These, auf, indem er die verhältnismäßige "Billigkeit" eines Sklaven in Manching zu erklären versucht.
Die Germanengebiete boten genug Möglichkeiten günstig an Sklaven zu gelangen. (Originalton Prof. Jörg Biel)
Eine Amphore Wein für einen Sklaven.... also billiger kommt man kaum mehr an Arbeitskräfte....Bat


RE: Der Untergang von Sprachen - Dietrich - 07.07.2016 19:43

(07.07.2016 16:04)Bunbury schrieb:  Ich widerspreche dir hier ja gar nicht. Es ist nur eindeutiger, die Kelten ihrer Kultur nach zuzuordnen, für die es genug Belege gibt, a

Selbstverständlich ist das erste Kriterium für eine Einordnung vorgeschichtlicher Ethnien die Kultur und die materielle Hinterlassenschaft.

Allerdings darf man vermuten, dass eine kulturell als "keltisch" definierte Ethnie auch keltisch sprach.


RE: Der Untergang von Sprachen - Paul - 07.07.2016 22:23

(07.07.2016 17:10)Suebe schrieb:  In der Bronzezeit war noch nichts mit Manching.
Hier handelt es sich um die Zeit ca. 100 vor der Zeitenwende.
Und Jörg Biel stellt diese, mich amüsierende These, auf, indem er die verhältnismäßige "Billigkeit" eines Sklaven in Manching zu erklären versucht.
Die Germanengebiete boten genug Möglichkeiten günstig an Sklaven zu gelangen. (Originalton Prof. Jörg Biel)
Eine Amphore Wein für einen Sklaven.... also billiger kommt man kaum mehr an Arbeitskräfte....Bat

Um 100 vor Chr. expandierten germanische Stämme. Wo hätten die Kelten Sklavenjagden veranstaltet und welche Stämme hätten sie heimgesucht?
Die Sueben werden bei ihrer Ausbreitung Gefangene gemacht haben. Deshalb haben sich germanische und keltische Stämme zurückgezogen.
So mancher Quade kann bei ihren Angriffen und Rachefeldzügen der Tenkterer von den Tenkterern gefangen genommen worden sein, bevor diese flohen und sich im Gebiet der Menapier niederließen.
Ubier und die benachbarten Kelten hielten Frieden und waren eher verbündet, so das die Ubier den Treverern und Eburonen Truppen im Kampf gegen Rom stellten.


RE: Der Untergang von Sprachen - Bunbury - 08.07.2016 08:39

(07.07.2016 19:43)Dietrich schrieb:  
(07.07.2016 16:04)Bunbury schrieb:  Ich widerspreche dir hier ja gar nicht. Es ist nur eindeutiger, die Kelten ihrer Kultur nach zuzuordnen, für die es genug Belege gibt, a

Selbstverständlich ist das erste Kriterium für eine Einordnung vorgeschichtlicher Ethnien die Kultur und die materielle Hinterlassenschaft.

Allerdings darf man vermuten, dass eine kulturell als "keltisch" definierte Ethnie auch keltisch sprach.

Ja, die Wahrscheinlichkeit ist groß. Aber da vieles im Dunkel liegt, und die Kelten letztendlich nicht völlig greifbar und eindeutig abgrenzbar sind, ist es wöhl genauer, die Kelten über ihre Kultur zu definieren als über ihre Sprache.
Diese Ungenauigkeit in der Definition führt zu einigen Auseinandersetzungen, die aber nur den Definitionen geschuldet sind, die wir uns heute setzen- und über die die betreffenden Stämme warhscheinlich verwundert die Köpfe schütteln würden...Wink


RE: Der Untergang von Sprachen - Paul - 08.07.2016 10:17

Ab Ariovist und Cäsar liegt nicht mehr alles im Dunklen. Es gibt römische Berichte, welche die Ausgrabungen ergänzen. Es gibt auch die Weihesteine der Ubier für ihre Göttinen, sowie Orts- und Gewässerbezeichnungen welche von Peter Paul Schweitzer untersucht wurden. Wenn es konkret um Stämme geht, werden die konkret zugeordnet, also Ubier, Usipeter, Tenkterer, Hermunduren, Vandalen, Nemeter zu den Germanen, Helvetier und Bojer zu den Kelten. Treverer und Menapier werden oft als Mischstämme bezeichnet. Hier gibt es eine Diskrepanz, wenn man die Funde der Latene Kultur als keltisch bezeichnet, obwohl die Funde von Germanen stammten.


RE: Der Untergang von Sprachen - Dietrich - 08.07.2016 14:13

(06.07.2016 21:54)Aguyar schrieb:  Willst Du sagen, dass es vor den Kelten in Irland und Wales ein indogermanisches Volk gab, welches keine Kelten waren ?
Das ist ja schon möglich.
Nur ist es dann nicht möglich, dass dieses Volk mit den Basken verwandt ist.

Die Frage ist an Bunbury gerichtet, doch möchte ich gern Stellung dazu nehmen.

In Irland gab es vor Einwanderung der Indoeuropäer eine autochthone Bevölkerung, die sich ethnisch nicht näher bestimmen lässt. Ob und wann indoeuropäische Bevölkerungsgruppen einwanderten, ist unklar. Vermutlich erfolgte das wie auch in Britannien während der Bronzezeit.

Wann keltische Gruppen in Irland einwanderten ist umstritten. Meist wird dafür 600 v. Chr. angenommen, doch gibt es auch Schätzungen, die etwa die Zeit um 300 v. Chr, postulieren.
Ferner gibt es eine Hypothese, die eine keltische Zuwanderung verneint, und die keltische Sprache und Kultur allein einer Kulturtrift zuschreibt. Das würde bedeuten, dass eine autochthone Inselbevölkerung lediglich einen Sprachwechsel vorgenommen hätte. - Allerdings hat sich diese Hypothese nicht durchsetzen können.

Im Einzelnen stellt sich Irlands Vorgeschichte so dar:

Die ersten bäuerlichen Kulturen lassen sich im 4. Jahrtausend v. Chr. feststellen. Bemerkenswerte Bodendenkmäler dieser und der folgenden Zeit sind die unzähligen Megalithgräber, darunter die monumentalen Bauten der Boynekultur. Die Frühbronzezeit (Beginn ca. 2000 v. Chr.) lieferte die meisten metallenen Fundgegenstände, u.a. Flachbeile, Stabdolche aus Kupfer und Bronze sowie Lunulae. In die Spätbronzezeit gehören viele Depot- und Siedlungsfunde, sogenannte Crannogs.

Der Zeitpunkt der keltischen Einwanderung ist wie oben beschrieben ungeklärt. Die Eisenzeit setzt erst ca. 300 v. Chr. ein und wird in ihrer ersten Phase durch den künstlerisch hochstehenden keltischen La-Tène-Stil geprägt. Mächtige Ringwälle keltischer Kleinkönige datieren in diese Zeit.

Den Römern in Britannien waren die Kelten in Irland als "Scoti" bekannt, den ebenfalls keltischen Briten als Gwyddyl. Die Goidil, wie sich die keltischen Eroberer selbst nannten, errichteten über die eingesessene Bevölkerung Irlands eine Oberherrschaft, die erst im 5. Jh. n. Chr. (!) ganz durchgestzt werden konnte.


RE: Der Untergang von Sprachen - Bunbury - 08.07.2016 15:59

Eine alte, inzwischen aber zumindest stark in Zweifel gezogene Theorie besagte, dass die britischen Inseln zwei Wellen keltischer Einwanderer erlebte.
Diese These orientierte sich daran, dass die in Schottland und Irland gesprochenen keltischen Sprachen ältere Formen seien als die in Wales, Cornwall und der Betragne gesprochene Sprachen. Die irische und schottische Sprache sind das sogenannte "q-keltisch" und zeigt sich u.a. im typisch schottischen Namenszusatz "Mac", was "Sohn von" bedeutet. Im Walisischen, das dem p-keltischen zugesprochen wird, lautet der gleiche Namenszusatz "ap".
Früher hat man geglaubt, dass eine erste keltische Wanderungswelle mit q-keltischer Sprache um ca. 800 v. Chr. nach Großbritannien und Irland gelangt sei, und dass eine spätere Wanderugnswelle 400 Jahre später die restlichen q-keltischen Stämme nach Irland bagedrängt haben.
Durch das immer weitere Voranschreiten gentechnischer Analysen ist diese These so allerdings nicht mehr haltbar. Auch gilt die Einteilung in q-keltische und p-keltische Sprachen heute als überholt, weil sie lediglich aufgrund dieses Lautes Sprachen eng zu einander stellt, die sich in anderen Punkten aber stärker von einander unterscheiden als manche q-keltische von einer p-keltischen.

So, jetzt habe ich aber doch noch mal genauer nachgeforscht- und festgestellt, dass ich da zwei Artikel durcheinander geworfen habe.
Iren, Waliser und Basken sind enger miteinander verwandt als mit anderen europäishen Völkern, aber diese Verwandtschft läßt sich auf eine gemeinsame Herkunft vor 10.000 Jahren zurückführen, also nix mit Indogermanen.
DNA Iren, Waliser, Basken

Wikipedia hat aus meiner zweiten Quelle folgende Informationen übernommen:

Untersuchungen des Genoms eines Frauenskelets aus Ballynahatty bei Belfast, das auf 3343–3020 v.Chr. datiert wurde, zeigt, dass sie genetisch zu Menschen aus dem Nahen Osten gehört, obwohl sie auch andere Einflüsse zeigt. Drei Männerskelette von der Rathlin Island im County Antrim, die auf 2026–1534 v.Chr. datiert wurden, weisen hingegen eine genetische Verwandtschaft zu Steppenvölkern aus dem Süden Russlands auf. Die Funde stellen zwei Wellen von Einwanderern in Europa dar, die im Neolithikum zunächst die Landwirtschaft nach Europa brachten und dann in der Bronzezeit eine bessere Metalltechnik einführten. Damit verdrängten sie in vielen Teilen Europas eine bereits ansässige Jäger und Sammlerbevölkerung, doch in Irland trafen sie auf ein bis dahin von diesen unbesiedeltes Gebiet und aus den beiden Einwandererwellen bildeten sich die Iren. Eine sehr enge genetische Beziehung besteht zu den Schotten und den Walisern, die auf die Entstehung eine insularen keltischen Genoms um 4000 v. Chr. hindeuten[2][3] Es besteht weiterhin eine ethnische Verwandtschaft mit den Bewohnern Cornwalls, den Manx auf der Isle of Man, aber auch den Bretonen (Keltische Nationen).

In meiner zweiten Quelle wurde das Frauenskelett als "neolithisch" bezeichnet, die drei Mänenrskelette als indogermanisch. Der Wikipedia Text ist allerdings ungenau, weil das Wort "keltisch" hier nicht in dem Sinn gebraucht wird, den wir üblicherweise verwenden, sondern meint ganz offensichtlich die Abstammung der Einwohner der britischen Inseln nach Ende der größeren Einwanderungswelle. "Keltisch" bezieht sich dabei nicht auf damals, sondern auf das, was heute "keltisch" ist.

Untersuchung 4 Skelette


RE: Der Untergang von Sprachen - Bunbury - 08.07.2016 16:11

Interessant finde ich hier die Überlieferte Sagenwelt Irlands.
Dort gelten die Formoire als die ältesten Einwohner der Insel. Sie werden als primitiv und erdverbunden aber direkt beschrieben.
Die Formoire wurden den Legenden nach von den Tuatha de Danaan verdrängt, den Angehörigen des Feenvolkes, das als verschlagen und listig, bunt und eitel beschrieben wird.
Und dann erst kamen die Menschen. Von den Formoire war da fast nichts mehr übrig, aber die listigen Tuatha de Danaan ist es immer wieder gelungen, sich in das Leben der Menschen einzumischen.

Einige Wissenschaftler glauben, dass sich in der irischen Überlieferung, uralte Erinnerungen an die neolitischen Siedler (Formoire), die Ankunft der ersten Indo- Germanen (Tuatha de Danaan) und dann der keltischen Ankömmlinge erhalten haben... Aber wie gesagt, das ist reine Spekulation (wenn auch eine, die mir zugegebener maßen sehr gefällt....)


RE: Der Untergang von Sprachen - Dietrich - 08.07.2016 17:17

Etwas besser erforscht als die irische Vorgeschichte ist die britische. Von dort lassen sich Hypothesen zur irischen ableiten.

1997 wurde am Skelett eines mittelsteinzeitlichen Mannes, das in der Cheddar Gorge von Somerset gefunden worden war, eine DNA-Analyse durchgeführt. Als man die Resultate mit der DNA der Einheimischen verglich, fand man heraus, dass einer der Einwohner von Cheddar Grove ein direkter Nachkomme des 9000 Jahre alten Mannes war. Diese Erkenntnis erschütterte die traditionelle Ansicht, dass nacheinander mehrere Masseneinwanderungen stattgefunden hatten, die die jeweils ansässigen Völker auslöschten." https://en.wikipedia.org/wiki/Cheddar_Man

Im allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die Britischen Inseln erst nach Abschmelzen des Eisschildes besiedelt werden konnten, also ab etwa 9000 v. Chr. Zu dieser Zeit gab es eine breite Landverbindung zwischen Britannien und dem Kontinent, auf der mesolithische Jäger, Sammler und Fischer vorwiegend aus dem westeuropäischen Raum (heutiges Frankreich und Spanien) einwanderten. Diese mesolithische Bevölkerung bildete also den Grundstock der britischen Bevölkerung, den in den späteren Jahrtausenden neolithische "early farmers", "Beaker people" (Glockenbecherleute), Kelten und andere Bevölkerungsgruppen überschichteten.

Es scheint demnach eine altansässige Bevölkerung gegeben zu haben, deren Grundstock bis in die frühe nacheiszeitliche Periode zurückgeht. Etwa um 4000 v. Chr. erfolgte dann die Neolithisierung Britanniens. Ob damals frühe Ackerbauern (early farmers) vom Festland auf die Insel einwanderten oder ob es lediglich einen Kulturtransfer gab, ist umstritten. Vor allem auch, ob es sich um eine zahlenmäßig größere Zuwanderung handelte.

Ab etwa 2500 v. Chr. gab es eine gut nachweisbare Einwanderung durch Leute der Glockenbecherkultur (Beaker-People), die die Kenntnis der Metallverarbeitung mitbrachten. Auch hier ist umstritten, in welcher Größenordnung man sich die Migration der Glockenbecherleute vorzustellen hat.

Was aus dieser Bevölkerungsfusion hervorging, repräsentiert die britische Bevölkerung, die Stonehenge errichtete. Es mag jedoch sein, dass bereits die vorangehende jungsteinzeitliche Bevölkerung mit der Errichtung von Megalithbauten begann, denn die erste Phase von Stonehenge wird auf etwa 3000 v. Chr. datiert.

Ähnlich hat sich auch die Vorgeschichte Irlands abgespielt. Das frühe Mesolithikum zeigt Mikrolithen aus der Zeit um 7000 v. Chr., d.h. es gab auf Irland eine mesolithische Bevölkerung von Jägern, Fischrn und Sammlern. Zwischen 4000 und 2500 v. Chr. finden sich Spuren einer jungsteinzeitlichen Kultur mit rechteckigen Häusern und geschliffenen Steinwerkzeugen. Mit Eintreffen der Ackerbauern in Irland (etwa 4000 v. Chr.) kam Nutzvieh, Getreide und die zugehörige Innovation nach Irland, was zu einem signifikanten Bevölkerungswachstum führte. Die Töpferei kam auf und man verwendete vermehrt geschliffene Steinwerkzeuge. Diese Ackerbauern kamen vom Festland, ob darunter auch Individuen waren, deren Vorfahren einst als früheste Ackerbauern aus Anatolien zugewandert waren, ist denkbar.

Ab der Bronzezeit entstanden Siedlungen der Glockenbecherkultur (Beaker-People) wie auch in Britannien. Vermutlich wanderten die Glockenbecherleute über Britannien nach Irland ein. In dieser Zeit kamen vielleicht (!) auch indoeuropäische Bevölkerungsgruppen nach Irland, doch kann ich dazu weder in der Fachliteratur noch im Netz etwas finden. Erst im Hinblick auf die Einwanderung der Kelten, die um 600 v. Chr. erfolgt sein soll, ist man sich wieder einig.

Es mag also durchaus sein, dass die Kelten um 600 v. Chr. auf eine nichindogermanische autochthone Inselbevölkerung stießen, die sie überschichteten.

DNA-Tests an Walisern, Iren und Basken sollen angeblich belegen, dass sie eine Y-Chromosom-Gemeinschaft bilden. Alle zusammen können ihre Abstammung auf eine paläolithische Gemeinschaft von Jägern und Sammlern zurückführen, die vor der Ankunft der Ackerbauern vor 10.000 Jahren in Europa lebten. http://www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/1212504/

Das bedeutet allerdings nichts anderes, als dass die mesolithische Bevölkerung Irlands vom Kontinent einwanderte und auf einen alten Gen-Pool zurückgeht, dem auch die Basken entstammen. Man darf sich also nicht vorstellen, dass Basken nach Irland übersetzten.


RE: Der Untergang von Sprachen - Bunbury - 09.07.2016 12:45

(08.07.2016 17:17)Dietrich schrieb:  Es scheint demnach eine altansässige Bevölkerung gegeben zu haben, deren Grundstock bis in die frühe nacheiszeitliche Periode zurückgeht. Etwa um 4000 v. Chr. erfolgte dann die Neolithisierung Britanniens. Ob damals frühe Ackerbauern (early farmers) vom Festland auf die Insel einwanderten oder ob es lediglich einen Kulturtransfer gab, ist umstritten. Vor allem auch, ob es sich um eine zahlenmäßig größere Zuwanderung handelte.

Ab etwa 2500 v. Chr. gab es eine gut nachweisbare Einwanderung durch Leute der Glockenbecherkultur (Beaker-People), die die Kenntnis der Metallverarbeitung mitbrachten. Auch hier ist umstritten, in welcher Größenordnung man sich die Migration der Glockenbecherleute vorzustellen hat.

Was aus dieser Bevölkerungsfusion hervorging, repräsentiert die britische Bevölkerung, die Stonehenge errichtete. Es mag jedoch sein, dass bereits die vorangehende jungsteinzeitliche Bevölkerung mit der Errichtung von Megalithbauten begann, denn die erste Phase von Stonehenge wird auf etwa 3000 v. Chr. datiert.

So wird es gerne angenommen, aber so geradlinig und eindeutig verlief die britannische Geschichte eben nicht.

Der älteste Steinkreis Britanniens, der in etwa so alt ist wie die erste Phase von Stonehenge, sind die Standing Stones of Stenness auf den Orkney Inseln. Hier wurden rund 700 Jahre vor Stonehenge die ersten steinernen Megalithbauten errichtet. Die dort typische Kultur war einflussreich und reichte weit bis in den Süden hinunter- entstanden ist sie auf den Orkneyinseln, wo es im Zentrum der Orkneys eine wahre Ansammlung von megaltithbauten gibt.
Einer der Stonehenge Ausgräber, Mike Parker Paerce spekultierte anläßlich einer großen Ausgrabung auf Orkney (Ness of Brodgar), dass die britannische Megalithkultur durchaus ihre eigenen Wurzeln gehabt haben könnte- die Bewohner der Orkney Inseln hätten den leicht zugänglichen Rohstoff Stein anstelle des bis dahin gebräuchlichen Holzes verwendet, der auf Orkney nicht so leicht anzutreffen sei- und dies habe die Errichtung von Steinkreisen über die britische Inseln nach sich gezogen.
Aber die Ausgrabungen am ness of Brodgar dauern noch immer an und sind noch längst nicht ausgewertet. Nachgewiesen ist aber, dass beide Zentren in Kontak miteinander standen. Wie sie stark sie sich beeinflußt haben, ist fraglich- und wie gesagt- das kulturelle Zentrum der Orkney Inseln ist etwas älter....


(08.07.2016 17:17)Dietrich schrieb:  Das bedeutet allerdings nichts anderes, als dass die mesolithische Bevölkerung Irlands vom Kontinent einwanderte und auf einen alten Gen-Pool zurückgeht, dem auch die Basken entstammen. Man darf sich also nicht vorstellen, dass Basken nach Irland übersetzten.

Nö. Es zeigt nur, dass indoeuropäische Iren und nicht indoeuropäische Basken die gleichen Vorfahren hatten und dass Sprache und Kultur nicht immer nur durch Wanderungen weitergegeben wurden.
Der Vergleich zwischen Iren, Walisern und Basken hat nämlich noch eines gezeigt- diese drei Gruppen sind untereinander enger verwandt als mit anderen Gruppen in Europa.
Auch wiederum ein Beweis dafür, dass die Bevölkerungsentwicklung nicht linear verlaufen ist...


RE: Der Untergang von Sprachen - Dietrich - 09.07.2016 13:20

(09.07.2016 12:45)Bunbury schrieb:  Nö. Es zeigt nur, dass indoeuropäische Iren und nicht indoeuropäische Basken die gleichen Vorfahren hatten und dass Sprache und Kultur nicht immer nur durch Wanderungen weitergegeben wurden.
Der Vergleich zwischen Iren, Walisern und Basken hat nämlich noch eines gezeigt- diese drei Gruppen sind untereinander enger verwandt als mit anderen Gruppen in Europa.
Auch wiederum ein Beweis dafür, dass die Bevölkerungsentwicklung nicht linear verlaufen ist...

Es gibt auf den Britischen Inseln eine alte vorindoeuropäische Bevölkerungsschicht. Sie geht zurück auf die mesolithischen Jäger, Fischer und Sammler, die noch bis ins 6. Jahrtausend v. Chr. auf der Landbrücke zwischen dem Kontinent und Britannien hin und her wanderten. Diese mesolithische Bevölkerung aus dem Raum Nordspanien/SW-Frankreich entstammte einer alten paläolithischen Basis. Das führt heute zu dem DNA.Ergebnis einer Verwandtschaft von Basken, Iren und Walisern, die allesamt aus dieser alteuropäischen Bevölkerung hervorgingen. Im oben angeführten Link heißt es somit zu Recht:

"DNA-Tests an Walisern, Iren und Basken belegen, dass sie eine Y-Chromosom-Gemeinschaft bilden. Alle zusammen können ihre Abstammung auf eine paläolithische Gemeinschaft von Jägern und Sammlern zurückführen, die vor der Ankunft der Ackerbauern vor 10.000 Jahren in Europa lebten. Dies ist das Ergebnis einer Gemeinschaftsstudie vom University College London und der University of California, die in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde."

Die indoeuropäische Einwanderung nach Mitteleuropa erfolgte erst in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr., berührte aber die Britischen Inseln kaum. Höchstens die Wessex-Kultur in Südengland führen einige auf die Einwanderung indoeuropäischer Bevölkerungsgruppen zurück, was allerdings umstritten ist.

Erst mit den Kelten erfolgte etwa um 600 v. Chr. (Datum ist umstritten) die Einwanderung indoeuropäischer Bevölkerungsgruppen. Ob wir allerdings mit einer zahlenmäßig großen Migration oder eher mit einem Kulturtransfer zu rechnen haben, ist bis heute Gegenstand wissenschaftllicher Kontroversen.


RE: Der Untergang von Sprachen - 913Chris - 10.07.2016 10:55

So intensiv kann die keltische/indogermanische Einwanderung nach Irland und Wales nicht gewesen sein, sonst hätte sich der vorindogermanische Genpool, den Iren und Waliser mit den Basken teilen, nicht heute noch so präsent sein.
Wenn man deine und Bunburys Aussagen mal zusammenführt, dann kommt dabei heraus, dass Iren, Waliser und Basken lediglich diejenigen Völker Westeuropas darstellen, bei denen der vorindogermanische Gen-Anteil am wenigsten mit indogermanischen Genen vermischt wurde...Wink
Weiter gedacht hätten wir dann in den Iren, Walisern und Basken jeweils eine Bevölkerung vor uns, bei denen die Indogermanisierung nicht so sehr durch Einwanderung, sondern mehr durch Kulturtransfer abgelaufen ist; bei den Iren und Walisern intensiver als bei den Basken, schließlich sind Irisch und Walisisch indogermanische Sprachen, Baskisch aber nicht Wink


RE: Der Untergang von Sprachen - Aguyar - 11.07.2016 09:42

(09.07.2016 13:20)Dietrich schrieb:  Es gibt auf den Britischen Inseln eine alte vorindoeuropäische Bevölkerungsschicht. Sie geht zurück auf die mesolithischen Jäger, Fischer und Sammler, die noch bis ins 6. Jahrtausend v. Chr. auf der Landbrücke zwischen dem Kontinent und Britannien hin und her wanderten. Diese mesolithische Bevölkerung aus dem Raum Nordspanien/SW-Frankreich entstammte einer alten paläolithischen Basis. Das führt heute zu dem DNA.Ergebnis einer Verwandtschaft von Basken, Iren und Walisern, die allesamt aus dieser alteuropäischen Bevölkerung hervorgingen. Im oben angeführten Link heißt es somit zu Recht:

"DNA-Tests an Walisern, Iren und Basken belegen, dass sie eine Y-Chromosom-Gemeinschaft bilden. Alle zusammen können ihre Abstammung auf eine paläolithische Gemeinschaft von Jägern und Sammlern zurückführen, die vor der Ankunft der Ackerbauern vor 10.000 Jahren in Europa lebten. Dies ist das Ergebnis einer Gemeinschaftsstudie vom University College London und der University of California, die in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde."

Dann scheint also die mesolithische Bevölkerung von Irland und Wales im weitesten Sinne mit den Basken verwandt gesehen zu sein.

Offenbar ist da aber nicht die Rede von Indoeuropäern, die vor den Kelten eingewandert wären. Es war eigentlich auch lediglich diese Aussage, die mich irritiert hat. Zumal es ja - wie es kein Kelten- oder Germanengen gibt - erst recht kein Indoeuroäer-Gen gibt. Und meines Wissens ist die Existenz der Indoeuropäer nur sprachlich gesichert. Ihre kulturellen Hinterlassenschaften (Werkzeuge, Geräte) kennt man nicht, sonst müsste man sich nicht über ihr Herkunftsgebiet (Südrussische Steppe, Anatolien) streiten. Archäologisch fassbar sind sie jedenfalls nicht. Wie man die Einwanderung von Indoeuropäern ohne Kenntnis der sprachlichen Entwicklung behaupten kann, ist mir deshalb auch schleiferhaft.

Was mir durch die zitierten Untersuchungen möglich erscheint, ist, dass man in Irland vor der Einwanderung der Kelten eine dem Baskischen verwandte Ursprache gesprochen hat.