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Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - Druckversion

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RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - Suebe - 24.05.2014 09:28

(22.05.2014 20:00)Triton schrieb:  
(20.05.2014 13:03)Suebe schrieb:  Das Problem war nicht Kursk, das Problem war Italien.
Als die Kursker Schlacht abgebrochen wurde, war sie eigentlich gewonnen. Nur, was soll ein mehr oder weniger taktischer Sieg in Russland, wenn idZz Italien verlorengeht?
Bist Du da nicht dem üblichen Schwarzen Peter -Spiel der deutschen Generalität auf den Leim gegangen? Wir haben alles richtig gemacht, aber Hitler und natürlich diese schlamperten Südländer haben uns am Siegen gehindert. In Stalingrad waren es die Rumänen, in Afrika die Italiener.
Die Schlacht im Kursker Bogen wurde abgebrochen, als klar war, dass die erhoffte Wiedererlangung der strategischen Initiative und eine erneute Attacke auf Moskau illusorisch waren.

Im Prinzip hast du recht.
Wenn man diese "Generals-Memoiren" hauptsächlich aus den 50ern liest, kann man bloß lachen...
Tenor: 5 Jahre haben sie den Hitler mit aller Kraft gehindert den Krieg zu verlieren, und sind am Schluss doch gescheitert.... Thumbs_down

Seit die russischen Archive sich öffnen, ist aber die eine oder andere Neubewertung möglich.
Zitat aus dem 3nd "Legenden um Kursk"
Zitat:Erst vor wenigen Jahren haben Historiker des Militärgeschichtlichen Forschungsamts der Bundeswehr in Potsdam nach umfassender Sichtung der deutschen und russischen Akten die tatsächlichen Vorgänge rekonstruiert. Dabei stellte sich heraus, dass die deutschen Verluste bei Kursk gerade einmal 252 Kampfwagen betrugen – gegenüber 1956 Verlusten der Roten Armee. Bei den Flugzeugen ein ähnliches Bild: 159 deutschen stehen 1961 sowjetische Maschinen gegenüber. Insgesamt betrugen die Personalverluste der Roten Armee mehr als 300.000 Soldaten, die der Wehrmacht 54.182. Ein entscheidender Sieg sieht anders aus.
http://www.forum-geschichte.at/Forum/showthread.php?tid=5274

Bei Tessier ist zB über die Schlacht an der Oder April 45 zu lesen, dass den Russen richtig gehend die Infanterie "ausgegangen" wäre, zusammengekratzt werden musste.
Die Ressource Mensch spielte in Stalin Reich nicht die Rolle.


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - 913Chris - 24.05.2014 09:51

(24.05.2014 09:28)Suebe schrieb:  Bei Tessier ist zB über die Schlacht an der Oder April 45 zu lesen, dass den Russen richtig gehend die Infanterie "ausgegangen" wäre, zusammengekratzt werden musste.
Die Ressource Mensch spielte in Stalin Reich nicht die Rolle.

Mal davon abgesehen, dass es der Wehrmacht ganz genauso ging, aber eben keinerlei weitere Reserven mehr da waren - soll das heißen, die Wehrmacht hätte die Russen tatsächlich an der Oder noch mal (zumindest kurz) aufhalten können?!?

VG
Christian


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - Suebe - 24.05.2014 11:21

(24.05.2014 09:51)913Chris schrieb:  
(24.05.2014 09:28)Suebe schrieb:  Bei Tessier ist zB über die Schlacht an der Oder April 45 zu lesen, dass den Russen richtig gehend die Infanterie "ausgegangen" wäre, zusammengekratzt werden musste.
Die Ressource Mensch spielte in Stalin Reich nicht die Rolle.

Mal davon abgesehen, dass es der Wehrmacht ganz genauso ging, aber eben keinerlei weitere Reserven mehr da waren - soll das heißen, die Wehrmacht hätte die Russen tatsächlich an der Oder noch mal (zumindest kurz) aufhalten können?!?

VG
Christian


Nein, das nicht.

Lediglich auf den, zumindest für mich, überraschenden Sachverhalt hinweisen, dass auch für die Sowjetunion der Infanterist knapp wurde. Polen wurden rekrutiert, befreite Kriegsgefangene ohne weitere Umstände (die kamen später) sofort wieder eingereiht.
Sogar "Seydlitz-Truppen" deutsche Gefangene in deutschen Uniformen mit "schwarzweißroter" Armbinde sollen laut Tessier als Infanteristen eingesetzt worden sein.


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - Triton - 24.05.2014 13:10

Ehrlich gesagt habe ich auch Probleme damit, nachzuvollziehen, wie die Rote Armee die horrenden Verluste in den ersten 2 Kriegsjahren egalisieren konnte. Weil: Die Bevölkerung war nicht größer als die des Gegners, wenn man dessen Verbündete miteinbezieht. Und auch die Rote Armee hatte noch andere Grenzen abzusichern.

Irgendwo habe ich hier einmal die Verlustquote verlinkt, ich glaube, so 1:15 war es während des gesamten Krieges. Und auch wenn es besser wurde, änderte sich daran auch gegen Ende nicht viel.

Wie gesagt, verstehen kann ich es nicht, warum sich das nicht auwirkte.


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - Marek1964 - 24.05.2014 15:43

(24.05.2014 13:10)Triton schrieb:  Ehrlich gesagt habe ich auch Probleme damit, nachzuvollziehen, wie die Rote Armee die horrenden Verluste in den ersten 2 Kriegsjahren egalisieren konnte. Weil: Die Bevölkerung war nicht größer als die des Gegners, wenn man dessen Verbündete miteinbezieht. Und auch die Rote Armee hatte noch andere Grenzen abzusichern.

Irgendwo habe ich hier einmal die Verlustquote verlinkt, ich glaube, so 1:15 war es während des gesamten Krieges. Und auch wenn es besser wurde, änderte sich daran auch gegen Ende nicht viel.

Wie gesagt, verstehen kann ich es nicht, warum sich das nicht auwirkte.

Bei der Bevölkerungsberechnung der Sowjetunion gibt es viele Unsicherheiten, sie schwanken zwischen 160 und knapp 200 Mio.

Entscheidend sehe ich allerdings, was man modern als "mangelndes Teamwork" des DR mit seinen Verbündeten bezeichnen würde. Die Sowjetunion konnte auf das Industriepotential der USA, GB und Kanada zurückgreifen. Dies stellte Kräfte für den Wehrdienst frei, sorgte dafür, dass vor allem in der Logistik, Kommunikationswesen, Bekleidung und Ernährung sich je länger je mehr auch eine qualitative Überlegenheit der Truppen einstellte, vor allem gegenüber den verbündeten Truppen.

Die Verbündeten des DR hatten einen geringeren Kampfwert, waren schlechter ausgerüstet, waren weniger motiviert als die Sowjets. Auch Hitler schätzte seine Verbündeten nicht sehr. Interessant wäre zu wissen, welchen Anteil an der Bevölkerung die Verbündeten an Soldaten zur Verfügung stellten. Der dürfte nicht sehr hoch gewesen sein.


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - liberace - 10.08.2014 10:53

War es nicht eher so, dass Stalingrad eine noch größere Katastrophe verhinderte? Eventuell hätte es den Russen mehr gebracht, wenn sie Stalingrad nur eingekesselt hätten, und dann weiter nach Süden vorgestoßen wären. Die 6. Armee war eh am Ende. Dann wäre der gesamte Südflügel der Wehrmacht in der Fall gesessen, das wäre die ganz große Katstrophe gewesen. Fraglich, ob dafür die Ressourcen der Russen nicht ausgereicht hätten oder ob Stalin der propagandistischen Effekt der Niederlage der 6. Armee wichtiger war.


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - Triton - 10.08.2014 22:51

Wahrscheinlich waren sie selbst überrascht vom eigenen Erfolg und hatten keinen Plan für diesen Fall. Und als sie es dann doch versuchten, waren die Deutschen schon nicht mehr so einfach abzuschneiden.

Wohl so ähnlich wie bei Dünkirchen, als man auch erste einmal das schon Erreichte feierte und dachte: Egal, wenn sie überm Kanal sind, sind sie auch ausgeschaltet.


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - liberace - 21.12.2014 14:57

(24.05.2014 13:10)Triton schrieb:  Ehrlich gesagt habe ich auch Probleme damit, nachzuvollziehen, wie die Rote Armee die horrenden Verluste in den ersten 2 Kriegsjahren egalisieren konnte. Weil: Die Bevölkerung war nicht größer als die des Gegners, wenn man dessen Verbündete miteinbezieht. Und auch die Rote Armee hatte noch andere Grenzen abzusichern.

Irgendwo habe ich hier einmal die Verlustquote verlinkt, ich glaube, so 1:15 war es während des gesamten Krieges. Und auch wenn es besser wurde, änderte sich daran auch gegen Ende nicht viel.

Wie gesagt, verstehen kann ich es nicht, warum sich das nicht auwirkte.

Das war Stalins Menschenverachtung. Im Gegensatz zu den Deutschen, die wegen ihres Mehrfrontenkriegs ihre Verluste nicht ersetzen konnten, setzte Stalin alle wehrfähigen Männer im asiatischen Teil der SU ein. Er hatte unendlich Menschen zur Verfügung, die er rücksichtslos einsetzte. Abgesehen davon hatte er auch keine andere Möglichkeit. Die meisten deutschen Soldaten wussten bereits im Winter 1941, dass dieser Krieg nie und nimmer zu gewinnen war.


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - hpd1311 - 22.12.2014 14:55

(21.12.2014 14:57)liberace schrieb:  
(24.05.2014 13:10)Triton schrieb:  Ehrlich gesagt habe ich auch Probleme damit, nachzuvollziehen, wie die Rote Armee die horrenden Verluste in den ersten 2 Kriegsjahren egalisieren konnte. Weil: Die Bevölkerung war nicht größer als die des Gegners, wenn man dessen Verbündete miteinbezieht. Und auch die Rote Armee hatte noch andere Grenzen abzusichern.

Irgendwo habe ich hier einmal die Verlustquote verlinkt, ich glaube, so 1:15 war es während des gesamten Krieges. Und auch wenn es besser wurde, änderte sich daran auch gegen Ende nicht viel.

Wie gesagt, verstehen kann ich es nicht, warum sich das nicht auwirkte.

Das war Stalins Menschenverachtung. Im Gegensatz zu den Deutschen, die wegen ihres Mehrfrontenkriegs ihre Verluste nicht ersetzen konnten, setzte Stalin alle wehrfähigen Männer im asiatischen Teil der SU ein. Er hatte unendlich Menschen zur Verfügung, die er rücksichtslos einsetzte. Abgesehen davon hatte er auch keine andere Möglichkeit. Die meisten deutschen Soldaten wussten bereits im Winter 1941, dass dieser Krieg nie und nimmer zu gewinnen war.

Für die Deutschen waren die Nachschubwege immer länger geworden. Die Luftwaffe hat sich vom Aderlass bei der Luftschlacht um England nie erholt. Das Land selbst gab auch nicht mehr so viel her wie zu Anfang des Krieges. Die Situation hatte sich zum Vorteil für die SU verändert. Abgesehen davon war der ganze Feldzug Wahnsinn...


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - liberace - 25.12.2014 15:51

(15.05.2014 20:41)Triton schrieb:  Nachtrag: Ein Endpunkt des Russlandfeldzugs war bekanntlich Astrachan. Und das liegt wo? Richtig, an der Wolga. Wenn man sich den Verlauf des Flusses ansieht, kann man daraus schließen, dass die Wolga zumindest vorerst Endziel der Offensive war.
Hätten sich die Sowjets ans Ostufer zurückgezogen, wäre zumindest dort nichts mehr passiert, d.h. die Wehrmacht hätte ihre Kampftruppen zu großen Teilen aus der Stadt rausziehen und zum Beispiel einer sowjetischen Gegenoffensive entgegenwerfen können.

Als die Russen im November 1942 durchbrachen und bei Kalatsch die Fall zumachten, fegten sie vorher ungarische, italienische und rumänische Einheiten einfach hinweg. Meinst Du, es wäre anders gekommen, wenn dort deutsche Einheiten gestanden hätten?


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - liberace - 25.12.2014 15:56

(22.12.2014 14:55)hpd1311 schrieb:  
(21.12.2014 14:57)liberace schrieb:  Das war Stalins Menschenverachtung. Im Gegensatz zu den Deutschen, die wegen ihres Mehrfrontenkriegs ihre Verluste nicht ersetzen konnten, setzte Stalin alle wehrfähigen Männer im asiatischen Teil der SU ein. Er hatte unendlich Menschen zur Verfügung, die er rücksichtslos einsetzte. Abgesehen davon hatte er auch keine andere Möglichkeit. Die meisten deutschen Soldaten wussten bereits im Winter 1941, dass dieser Krieg nie und nimmer zu gewinnen war.

Für die Deutschen waren die Nachschubwege immer länger geworden. Die Luftwaffe hat sich vom Aderlass bei der Luftschlacht um England nie erholt. Das Land selbst gab auch nicht mehr so viel her wie zu Anfang des Krieges. Die Situation hatte sich zum Vorteil für die SU verändert. Abgesehen davon war der ganze Feldzug Wahnsinn...

Das war eine der seltenen Fälle, in der eine FW Condor 200, die nichts anderes als ein umgebautes Verkehrsflugzeug war und eine Heinkel 177 "Greif", die toll aussah aber ihre Kinderkrankheiten nie los wurde, für die Luftversorgung eingesetzt wurden. FW 200 Condor waren auch in Bordeaux an der Atlantikküste stationiert und flogen hin und wieder Aufklärung für die Marine.


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - Allwissend - 27.12.2014 13:58

(10.08.2014 10:53)liberace schrieb:  War es nicht eher so, dass Stalingrad eine noch größere Katastrophe verhinderte? Eventuell hätte es den Russen mehr gebracht, wenn sie Stalingrad nur eingekesselt hätten, und dann weiter nach Süden vorgestoßen wären. Die 6. Armee war eh am Ende. Dann wäre der gesamte Südflügel der Wehrmacht in der Fall gesessen, das wäre die ganz große Katstrophe gewesen. Fraglich, ob dafür die Ressourcen der Russen nicht ausgereicht hätten oder ob Stalin der propagandistischen Effekt der Niederlage der 6. Armee wichtiger war.

Ich sehe es mittlerweile ähnlich. Ob ein Ausbruch jetzt von Erfolg gekrönnt gewesen wäre und wieviel man man überhaupt rausholen hätte können steht in den Sternen. Die Sowjets überschätzen die Stärke des Kessels massiv und nutzten dadurch unverhältnissmäßig viele Truppen den Kessel dicht zu halten. Am Tschir gabs heftige Abwehrkämpfe um die Einschließung des ganzen Süflügels zu verhindern, die Verbände dort waren gegen Ende der Kämpfe total ausgeblutet und ich glaube das die Bindung großer sowjetischer Verbände viel dazu beitrug, daß eine wesentlich größere Katastrophe verhindert wurde.


RE: Stalingrad: Kein Schritt zurück - sinnvoll oder Verheizen - liberace - 28.12.2014 05:12

Vergessen wir nicht die Politoffiziere der RA, die mit dem MG hinter der russischen Front lagen und jeden erschossen, der zurück wollte. Stalin hatte die Parole ausgegeben "Bis hierher und nicht weiter!" Nach Stalingrad stand es noch eine Weile remis, ehe dann nach Kursk die RA endgültig das Kommando übernahm und es nur noch eine Richtung gab: die nach Westen. Das ganze endete dann 1945 mit der Einnahme von Berlin durch die RA.