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Mittelalter - fähige und unfähige Kaiser:
01.02.2013, 18:13
Beitrag: #41
RE: Mittelalter - fähige und unfähige Kaiser:
Also über Lothar III. brauchen wir nicht zu streiten, da bin ich Deiner Meinung. Heinrich V. muss man aber zugute halten, dass während seiner Herrschaft das Wormser Konkordat zustande kam und der Investiturstreit beendet wurde. Ansonsten gebe ich Dir Recht, dass Heinrich V. in vielen Dingen scheiterte.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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02.02.2013, 19:29
Beitrag: #42
RE: Mittelalter - fähige und unfähige Kaiser:
Zitat:Heinrich V. muss man aber zugute halten, dass während seiner Herrschaft das Wormser Konkordat zustande kam und der Investiturstreit beendet wurde.

Das Wormser Konkordat ist sicherlich von großer Bedeutung weil es das Problem der Investitur mit einem Kompromiss regelte. Allerdings zeugte dieser Kompromiss auch von der Schwäche Heinrichs V., der seine Forderungen, für deren Umsetzung er viel riskiert hatte, nicht durchsetzen konnte. Mit dem Wormser Konkordat mag Heinrich V. sein Gesicht gewahrt haben, aber faktisch musste er eine Schwächung der Kaiserlichen Autorität zugunsten des Papstes akzeptieren. Seine Zustimmung zu dieser Vereinbarung gab er meines Wissens nach nur(an dieser Stelle bin ich mir nicht ganz sicher, vielleicht kennt sich da jemand besser aus?), weil ihm die Fürsten mit der Wahl eines Gegenkönigs drohten.

Ich würde Heinrich V. in diesem Punkt mit König Johann Ohneland vergleichen, der wenn auch unter drastischeren Umständen zu der Unterzeichnung der Magna Charta gezwungen wurde: Unter ihrer Herrschaft wurde jeweils ein enorm wichtiger Vertrag geschlossen, deren Zustandekommen man aber nicht den Herrschern zu verdanken hatte. Fairerweise sollteman Heinrich V. zumindest in diesem Punkt Umsicht attestieren, er wusste, wann er verloren hatte und mit seiner Unterschrift hat er dem Reich eine Fortdauer des Zwistes fürs Erste erspart.
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11.02.2014, 14:43
Beitrag: #43
RE: Mittelalter - fähige und unfähige Kaiser:
(20.10.2012 12:17)Maxdorfer schrieb:  Ich habe das Gefühl, dass im elften Jahrhundert drei recht fähige Herrscher recht lange herrschten:

Alexios I. (1081-1118)
Johannes II. (1118-1143)
Manuel I. (1143-1180)

Trotzdem ging das Reich seinem Niedergang entgegen.

Wobei man sagen muss das zumindest 2 der 3 sehr Erfolgreich waren und das man unter diesen 3 Kaisern, einen sichtbaren Aufstieg erlebte. Alexios I kämpfte noch ums Überleben von Byzanz, Manuel I konnte bereits wieder eine Großmachtspolitik auf mehreren Fronten betreiben.

Das Problem war das man gerade in dieser Zeit starke unumstrittene Kaiser brauchte und das die Komnenen unter Manuel I eben mit besagter Großmachtspolitik mehr Ressourcen verbrauchte als Byzanz zur Verfügung hatte. Aus diesem Grund fand dann der besagte Niedergang statt. Man kann sagen die Komnenen machten es nochmals zu einer Großmacht, aber das Reich stand auf schwächeren Beinen als etwa zur Zeit von Basileos II und der Makedonischen Dynastie.
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11.02.2014, 15:49
Beitrag: #44
RE: Mittelalter - fähige und unfähige Kaiser:
(02.02.2013 19:29)TobiasM schrieb:  Fairerweise sollteman Heinrich V. zumindest in diesem Punkt Umsicht attestieren, er wusste, wann er verloren hatte und mit seiner Unterschrift hat er dem Reich eine Fortdauer des Zwistes fürs Erste erspart.

Vielleicht sollten wir unterscheiden zwischen erfolglosen und unfähigen Herrschern. Deiner Analyse nach wäre dann Heinrich V. ein erfolgloser (in seinem Sinne) Herrscher gewesen, aber nicht zwangsläufig auch ein unfähiger Herrscher...

VG
Christian
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11.02.2014, 17:14
Beitrag: #45
RE: Mittelalter - fähige und unfähige Kaiser:
(11.02.2014 15:49)913Chris schrieb:  
(02.02.2013 19:29)TobiasM schrieb:  Fairerweise sollteman Heinrich V. zumindest in diesem Punkt Umsicht attestieren, er wusste, wann er verloren hatte und mit seiner Unterschrift hat er dem Reich eine Fortdauer des Zwistes fürs Erste erspart.

Vielleicht sollten wir unterscheiden zwischen erfolglosen und unfähigen Herrschern. Deiner Analyse nach wäre dann Heinrich V. ein erfolgloser (in seinem Sinne) Herrscher gewesen, aber nicht zwangsläufig auch ein unfähiger Herrscher...

VG
Christian

Gute Idee, Leopold I z.B. war mit Sicherheit ein Erfolgreicher, aber nicht gerade fähiger Herrscher, würde ich sagen.
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20.03.2014, 16:14
Beitrag: #46
Nikophoros I:
Ein Kaiser der meiner Meinung nach unterschätzt wird ist Nikophoros I. Sicher stürzte seine Niederlagen gegen den Bulgarenherrscher Krum Byzanz in eine Krise. Aber man sollte beachten das er vieles repariert hat was seine Vorgängerin kaputt gemacht hat, mit seiner Politik wesentlich daran beteiligt war, das Griechenland ein fixer Teil von Byzanz blieb usw.
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22.03.2014, 16:03
Beitrag: #47
RE: Mittelalter - fähige und unfähige Kaiser:
Das geht hier ein bißchen wie Kraut und Rüben. Es wäre besser gewesen, von vornherein zwischen byzantinischen und deutschen Kaisern zu unterscheiden. Bei den Byzantinern muß ich mangels Kenntnissen passen.
Bei den Deutschen kann man die Fähigen bzw. Erfolgreichen leicht eingrenzen.
Erfolgreich waren Karl d.Gr., Heinrich I. (kein Kaiser) und Otto I. Barbarossa würde auch dazu gehören, wenn ihm Heinrich der Löwe nicht die Gefolgschaft im Italienfeldzug verweigert hätte.
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25.03.2014, 14:03
Beitrag: #48
RE: Mittelalter - fähige und unfähige Kaiser:
(22.03.2014 16:03)Harald schrieb:  Das geht hier ein bißchen wie Kraut und Rüben. Es wäre besser gewesen, von vornherein zwischen byzantinischen und deutschen Kaisern zu unterscheiden.

Grundsätzlich hast du zwar recht, aber so ist der Tread wohl wesentlich Lebendiger und irgendwie finde ich es auch interessant über die Kaiser beider mittelalterlicher Kaiserreiche gemeinsam zu diskutieren.
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25.03.2014, 14:12
Beitrag: #49
RE: Mittelalter - fähige und unfähige Kaiser:
Ich will ja auch keineswegs deine Verdienste irgendwie schmälern. Trotzdem fällt mir sofort der halbe lateinisch-byzantinische Kleinkaiser ein. Pardon.

Es ist nunmal wie Äpfel und Birnen vergleichen.
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27.03.2014, 16:02
Beitrag: #50
Fähige Kaiser des Lateinischen Kaiserreichs:
(25.03.2014 14:12)Harald schrieb:  Ich will ja auch keineswegs deine Verdienste irgendwie schmälern. Trotzdem fällt mir sofort der halbe lateinisch-byzantinische Kleinkaiser ein. Pardon.

Oje, der schon wieder.

OK, bringt mich auf eine Idee: Mal die Lateinischen Kaiser Konstantinopels zu beleuchten. Hier waren nur wenige wirklich fähige dabei, wobei das irgendwie auch am System und der Lag lag. Heinrich I wird als Ausgleichende Persönlichkeit bezeichnet, dem es zumindest gelang mit viel Glück sein Reich vor dem Untergang zu bewahren.

Johann von Brienne: Wunder konnte er nicht wirken, aber ein fähiger Mann, der gerade zur richtigen Zeit an die Macht kam war er.
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13.02.2016, 05:13
Beitrag: #51
RE: Mittelalter - fähige und unfähige Kaiser:
Das Problem bei solchen Listen scheint mir der Maßstab, der einen sinnvollen Vergleich erst möglich machen kann:

Was macht eigentlich einen fähigen König / Kaiser aus? Erfolgreiche Kriegsführung, eine gute Verwaltung, "internationale" Präsenz, dauerhafte Lösungen für Probleme, tolle Selbstinszenierung oder internationale Auftritte an anderen Königshöfen?

Die meisten der Könige / Kaiser (HRR) hatten unterschiedliche Rahmenbedingungen, und sie mussten sich auch mit dem "Erbe" der Vorgängers auseinandersetzen. Deren Versagen / Schulden, aber auch Erfolge hatten positive und negative Auswirkungen zumindest auf den Anfang einer Regierungszeit. (Und wenn jemand nicht lange am Leben blieb, hatte er gar keine wirkliche Möglichkeit, der Nachwelt zu zeigen, wie fähig oder unfähig er wirklich war. So mancher "erfolgreiche" Herrscher wäre wohl ohne einen fähigen Vorgänger, auf dessen Arbeit er aufbauen konnte, gar nicht erfolgreich gewesen. Aber ein besonders fähiger Vorgänger (oder auch Nachfolger), dazu noch erfolgreich und mit entsprechendem Charisma, mag auch daran Schuld haben, dass seine guten Leistungen von der Nachwelt nicht bemerkt wurden, weil er eben an diesen nicht heranreichen konnte.

Eine weitere Frage:
Offiziell reagierten zumindest die Kaiser / Könige des HRR über ein Reich, zu dem nicht nur Teile der heutigen Länder Deutschland, Österreich, Schweiz, Beneluxstaaten und Frankreich gehörten, sondern auch das obere Italien. Ist es zulässig, wenn ihre Erfolge / Misserfolge nur auf die heutige Republik Deutschland begrenzt werden? Offensichtlich wurde Italienpolitik bis ins Spätmittelalter von einem König / Kaiser (HRR) auch erwartet.

Hinzu kommt noch, es geht auch um eine Zeit von fast 1000 Jahren, da finden sich unterschiedlichste gesellschaftliche und politische Bedingungen, unter denen die Herren geherrscht haben.
Eine weitere Rolle spielt das Umfeld, die Familie und auch die Ratgeber. (Um erfolgreich zu sein, sind halt nicht nur gute, vielleicht die besten Ratgeber notwendig, sondern der Herrscher muss auch mit ihnen arbeiten können oder anders ausgedrückt, zurechtkommen.)

Hinzu kommen noch die unterschiedlichsten Charaktere, und auch die Wahrnehmung. Der charismatische Kaiser / König, der vielleicht sein Heer selbst in die Schlacht und zum Sieg führt, hat natürlich bessere Karten als fähig zu gelten, als der "graue Beamtentyp", der lieber in seiner Burg hockt und gewisse Aufgaben, wie das Heer führen, die Verhandlungen mit anderen hohen Herrschaften zu leiten und Ähnliches stattdessen, jenen Leuten überlässt, die im Gegensatz zu ihm diese Aufgaben wirklich ausgezeichnet lösen, was z. B. bei Kaiser Leopold I. der Fall gewesen sein dürfte. (Obwohl eine vernünftige Selbsteinschätzung eigentlich auch dafür spricht, dass jemand fähig ist, aber sind wir ehrlich, bewundern wir alle eher die Menschen, die ihren Job selbst machen, solange sie sich uns als Erfolgsmenschen präsentieren können.)

Hinzu kommen noch Vorurteile, die sich bis heute gehalten haben und noch immer verbreitet werden, obwohl sie wissenschaftlich längst überholt sind. So ist bei der Beurteilung noch immer die preußisch geprägte Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts federführend, die die Kaiser des Früh- und Hochmittelalters für bedeutend und fähig hält und das Spätmittelalter samt Königen / Kaiser für eine Zeit des Niedergangs hält, in der lediglich Karl IV. noch gut wegkommt, sozusagen die Lichtgestalt und Ausnahme, die die Regel bestätigt.

Und schließlich ist auch noch die tatsächliche Quellenlage zu berücksichtigen. Wie zuverlässig sind die Informationen eigentlich, die von Zeitgenossen und Nachwelt überliefert sind, und inwieweit wäre auch ihr Zustandekommen zu überdenken, und die Zielrichtung der Verfasser/innen? Dass Quellen oft auch falsch zitiert werden, macht die Lage noch schwieriger.

Im Spätmittelalter kommt dann noch eine weitere Hürde dazu: nun ist der König / Kaiser gleichzeitig einer der Reichsfürsten und als solcher hat er gleich zwei Aufgaben zu erfüllen, deren Interessen sich meistens nicht decken. Hinzu kommt, dass die Machtposition des Königs / Kaisers im Reich abnimmt, sodass die Ressourcen als Reichsfürst auch zur Erfüllung dieser Position rangezogen werden müssen, um nicht ständig von den anderen Fürsten abhängig zu sein. Von den Habsburgern wird gerne behauptet, dass sie in erster Linie die Kaiser- und Königswürde für ihre Hausmachtspolitik missbraucht hätten, aber dieser Vorwurf ist dann wohl auch allen Kaisern und Königen des Interregnums zu machen, und zumindest bis Dreißigjährigen Krieg finden sich noch deutliche Versuche, eine gewisse Trennung zwischen Reichsfürst und König / Kaiser zu schaffen, was freilich nicht immer gelungen ist. Gerade das Beispiel von Kaiser Maximilian I. zeigt aber auch den umgekehrten Fall. Denn Maximilians katastrophale Verschuldung bei seinem Tod betraf seine eigenen Länder, deren Ressourcen er für seine Politik als Kaiser / König "überstraziert" hatte.

Was macht also den fähigen Kaiser / König aus?
Wer war also fähig oder besonders fähig?
Wer war außerdem noch erfolgreich oder besonders erfolgreich?
Und wer verstand es, wenigstens dafür zu sorgen, dass spätere Generationen das auch noch so gesehen haben?

Nachdem 913Chris eine ganz lange Liste zusammengestellt hat, zu der sich Maxdorfer bereits geäußert hat, ist es vielleicht ganz interessant, sich die Löcher anzusehen, die gelassen wurden, also sozusagen die Kaiser / Könige, die offensichtlich "unfähig" sind, einmal etwas näher unter die Lupe zu nehmen.
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Sehen wir uns einmal ein paar von diesen nicht genannten Herren an:

Da haben wir einmal Otto II. und Otto III., unter denen das Reich geschwächt wurde, zwei Herren, die hier offensichtlich auch als unfähig bezeichnet werden, und auf deren Kosten sich Heinrich II. als positiver Nachfolger empfiehlt. Aber war das Reich (oder das, was zu ihrer Zeit zum HRR zugehörig galt) unter Otto II. und Otto III. wirklich geschwächt worden? Und waren die beiden Herren unfähig?

Ergänzend zu Maxdorfers Einwänden einige Überlegungen:

Otto II. hatte vielleicht einfach nur Pech, dass er mit Otto I. einen besonderen "Star" unter den Königen / Kaisern als Vater hatte, und der hatte auch noch ganze 37 Jahre lang geherrscht - eine schöne, lange Zeit. Hinzu kommt noch: Ottos eigene Herrschaft betrug etwa 10 Jahre, eine mickrige Dauer seiner Herrschaft im Vergleich zu der seines Vaters. im Vergleich zu seinem Vater hatte er wesentlich weniger Zeit, um Großes zu schaffen, Fähigkeiten zu entfalten und Dauerhaftes zu leisten.

Otto II. starb in recht jungen Jahren, zudem war er noch relativ jung (und unerfahren), als er die Nachfolge antrat, und die Situation zu Beginn seiner Herrschaft (so Großartiges sein Vater auch geleistet hatte) war keineswegs ideal für ihn, da es da doch einiges aus der Zeit seines Vaters gab, das dieser trotz seiner langen Herrschaft hatte keineswegs noch lösen können: interne Machtkämpfe in Rom, Angriffe der Sarazenen, Konflikte mit dem Herzog von Bayern, Konflikte bei der Ausführung der noch unter seinem Vater gegründeten Bistümer im östlichen Sachsen, und offensichtlich musste es Otto II. auch erstmal schaffen, sich mit jenen älteren Herrschaftsträgern zu arrangieren, die den Kreis um seinen Vater gebildet hatten.
Sicher hatte Otto I. zu Beginn seiner Herrschaft auch einige Hürden zu meistern, aber er hatte mit 37 Jahren Herrschaft auch noch ausreichend Zeit, sich dann als erfolgreicher Herrscher für die Nachwelt zu profilieren.

Sein Sohn Otto III. war 22 Jahre, als er starb. Die meiste Zeit wurde die Herrschaft von seiner Mutter Theophanu und seiner Großmutter Adelheid geführt, und vor allem erstere gilt als sehr fähige Herrscherin. Ob er tatsächlich nur weltferne Pläne verfolgt hat - immerhin blieb ihm aufgrund seines frühen Todes keine Zeit für tatsächliche Taten mehr, die uns Beurteilung seiner Fähigkeiten erleichtern würden.

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Der spätere König Albrecht I. verhielt sich eigentlich recht vernünftig (oder auch "clever"), als Adolf von Nassau zum König (HRR) gewählt wurde, was sich vor allem im Vergleich mit dem Böhmenkönig Przemysl Ottokar II. zeigt, dessen Lage ähnlich gewesen sein dürfte, als sein Vater gewählt worden war. Anders als dieser nutzte er die Anerkennung der Wahl, um sich die Herrschaft in jenen Gebieten zu sichern, die sein Vater für die Familie gewonnen hatte, und wurde erst gegen Adolf aktiv, als er auch die anderen Fürsten auf seiner Seite hatte. Nachdem er noch zu Lebzeiten Adolfs zum Gegenkönig gewählt worden war, war er z. B. umsichtig genug, nach dem Tod Adolfs seine Wahl nochmals durchführen zu lassen, um sozusagen als dessen Nachfolger zu gelten. Vielleicht nicht der netteste Typ, aber sicher nicht unfähig.
Angeblich war er nach dem Interregnum und vor Karl IV. der einzige König (HRR) der lesen und schreiben konnte, im 13. Jh. offensichtlich für einen Herrscher nicht selbstverständlich (und wohl auch ein Hinweis darauf, dass die Habsburger gar nicht so ungebildet waren, wie heute gerne behauptet wird.)
Dass er letztlich vieles nicht verwirklichen konnte, weil er ermordet wurde, ist wohl nicht ihm anzulasten.

Ob König / Kaiser Heinrich VII. und sein Romzug eine gute Idee waren, wäre zu diskutieren. Immerhin versuchte der erste Herrscher aus der Familie der Luxemburger mit diesem Romzug an die Kaiser vor dem Interregnum anzuknüpfen. Er starb ebenfalls früh, konnte aber seine Herrschaft (ähnlich wie Rudolf I.) nützen, um seine Hausmacht zu erweitern und seine Familie als zukünftige Herrscherdynastie in Stellung zu bringen.

Relativ schwierig scheint mir die Einschätzung von König / Kaiser Sigmund (Sigismund), der vor allem in der neueren Forschung eine recht positive Einschätzung hat und den manche sogar inzwischen für den bedeutendsten Kaiser des Spätmittelalters nach dem Interregnum halten, nachdem er vor allem von späteren Generationen bis ins 20. Jahrhundert als Lebemann und Schuldenmacher abgestempelt worden war.

Er war sicher ein schillernder Charakter: ein knallharter und skrupelloser Politiker, der aber offensichtlich auch über Charisma und Leutseligkeit verfügte, die er entsprechend erfolgreich einzusetzen verstand. Schon sein letztlich erfolgreicher Kampf um das damalige Königreich Ungarn zeugt von einer ziemlichen Willensstärke.

Mit dem Konzil von Konstanz und auch als Folge der Schlacht von Azincourt hatte er zudem die Möglichkeit, sich als König (HRR) auch "international" zu profilieren. In dieser Zeit nach der Wahl zum König stand er wohl auf dem Höhepunkt seiner Macht. (Die Sache mit Jan Hus dürfte ihm zu dieser Zeit niemand verübelt haben.)

Seine weitere Laufbahn als König / Kaiser war weniger "strahlend": Kriege mit den Hussiten, die letztlich nicht durch ihn entschieden wurden, Kampf gegen die Osmanen, Auseinandersetzungen mit Polen-Litauen, Mailand und Venedig oder auch Konflikte mit den Kurfürsten - jedenfalls konnte er sich so einigermaßen behaupten und er brachte es letztlich mit einem Romszug, der vom Krieg im damaligen Norditalien, Gichtanfällen und Geldnöten beeinträchtigt war, zur Kaiserkrönung.

Gegen ihn als König / Kaiser spricht allerdings, dass er letztlich bestehende Probleme im HRR kaum (und meistens nicht selbst) gelöst, sondern eher verschärft hatte, seine Politik wirkt auf mich großteils nicht weit vorausschauend, sondern er scheint sich eher "durchgewurstelt" zu haben, wie man in Österreich so schön sagt. (Allerdings wurden manche von ihm oder seinen Mitarbeitern eingeleiteten [Verwaltungs-]Maßnahmen auch erst allmählich unter seinen Nachfolgern durchgeführt.) Es scheint, als habe er wirklich die letzten Ressourcen ausgebeutet, die ihm die Würde als König / Kaiser (HRR) eingebracht hatte. Das Erbe, das er hinterließ, darunter enorme Schulden, sollten sich für seine Nachfolger als schwere Hypothek erweisen.

Was man auch immer von ihm halten mag, ein unfähiger Kaiser / König war er jedenfalls nicht.

Da König Albrecht II. (HRR) überraschend starb, ehe er es ins Reich schaffte, um sich krönen zu lassen, bleibt offen, ob er ein fähiger König / Kaiser gewesen wäre. Ausschließen würde ich es allerdings nicht, mit Blick auf seinen Werdegang bis zur Königswahl. Aber auch hier haben wir wieder den Fall, dass es offensichtlich nicht die Unfähigkeit, sondern nur die Lebensdauer ist, von der abhängt, dass jemand eben nicht als fähiger Kaiser / König reüssieren konnte bzw. es ihm erspart blieb, als unfähgier König / Kaiser abgestempelt zu werden.

Schließen wir den Durchgang über die "unfähigen" Könige / Kaiser, die auf mich sonderbarerweise alle nicht "unfähig" wirken, mit seinem Nachfolger: Kaiser Friedrich III., der wohl kaum jemals erwartet haben wird, dass er, zudem noch relativ jung, einmal König / Kaiser (HRR) werden würde, denn der frühe Tod Albrechts II. war sicher nicht vorhersehbar. Offensichtlich kam er als dessen nächster Verwandter auch nur deswegen zum Zug, weil den Kurfürsten ein "idealer" Kandidat für die neue Wahl fehlte.

Da er es sich, nachdem er gewählt worden war, offensichtlich leisten konnte, die Boten der Kurfürsten erst einmal einige Wochen auf seine Entscheidung, ob er die Wahl annehmen würde, warten zu lassen, ist wohl davon auszugehen, dass er im Vorfeld offiziell nicht als Bewerber um die Königskrone aufgetreten ist, denn sonst hätte er sich diese Aktion, egal ob es eine ernsthafte Entscheidung oder eine taktische Allüre war, sicher nicht leisten können. Und er gehörte zu jenen Herren, die, einmal mit einem Fuß in der Türe, nicht mehr wegzubekommen sind. König war er 53 Jahre, davon ca. 41 Jahre als Kaiser, womit er unter den Königen / Kaisern (HRR) den Rekord mit längsten Amtszeit hält.

Wie bereits Sigmund hatte er ebenfalls das Problem, dass seine Hausmacht an er Peripherie des HRRs lag, und deren Situation wie bei diesem ihn oft jahrelang nicht ins Reich reisen ließ, weswegen er versuchte, die Herrschaft dort "schriftlich" zu führen. Diese Rechnung dürfte aufgegangen sein, wie die neuere Forschung zeigt, die vor allem auf dem inzwischen zum Teil aufgearbeitete Aktenmaterial aufbaut.

Mit seiner Krönung zum Kaiser (die Parallelen zu der von Karl IV. aufweist - beide ließen sie das mit dem Papst aushandeln und reisten nur nach Italien, um sich krönen zu lassen, wobei Friedrichs Romzug eindeutig besser organisiert war, als der von Sigmund) brachte er sich in eine Position, die seine Absetzung durch die Kurfürsten de facto unmöglich machte, zudem er zeitlebens mit den Päpsten gute Beziehungen hielt. Versuche in den 1450er-Jahren, ihn durch die Wahl eines Königs (HRR) zu entmachten, erwiesen sich letztlich als nicht durchführbar. Letztlich konnte er seinem eigenen Sohn so die Nachfolge sichern, eine wesentliche Voraussetzung, dass die Kaiserkrone in der Folge dauerhaft im Familienbesitz blieb, bis zum Aussterben der Habsburger in männlicher Linie.

Gerade bei Friedrich III. finde ich, dass ganz gut zu sehen ist, dass eine Beurteilung fähig / unfähig gar nicht so leicht ist. Er hatte allerdings das Pech, dass gerade unter ihm die weitere Herrschaft im HRR endgültig ihren Wendepunkt erreichen sollte. Dass sich das HRR letztlich nicht endgültig auflöste, sondern es letztlich zu einem Herrschaftsmodus fand, der den Weiterbestand noch einige Jahrehunderte sicherte, ist ausgerechnet sein Verdienst.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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