Der "Anschluss" Österreichs
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20.02.2018, 11:19
Beitrag: #1
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Der "Anschluss" Österreichs
(18.02.2018 14:12)Teresa C. schrieb:(18.02.2018 11:49)Suebe schrieb: ... (18.02.2018 21:14)Suebe schrieb: Darf ich da korrigierend eingreifen, Teresa? (18.02.2018 22:18)Teresa C. schrieb: Die Antwort gilt aber auch nicht der Person, die gepostet hat, sondern dem Inhalt. "Zwinkern" (18.02.2018 22:32)Suebe schrieb:(18.02.2018 22:18)Teresa C. schrieb: Die Antwort gilt aber auch nicht der Person, die gepostet hat, sondern dem Inhalt. "Zwinkern" (19.02.2018 23:25)Titus Feuerfuchs schrieb:(18.02.2018 14:12)Teresa C. schrieb: Das ist allerdings sehr ungenau, die Lage war damals wesentlich komplexer. Die damalige erste Republik Österreich wurde nicht mit dem Einverständnis der Bevölkerung "kassiert", sondern nur mit dem Einverständnis von Teilen der Bevölkerung.[...] Dies ist nun wieder ein neues Thema. |
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20.02.2018, 12:55
Beitrag: #2
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
Was mich in dem Zusammenhang schon länger interessiert, ohne belastbares zu finden.
Ich nehme mal an, dass im Vertrag von St. Germain die verlangten Reparationen wie im VV noch nicht spezifiert wurden. Geschah das später? Wann und wie hoch waren die Forderungen? Was zahlte Österreich tatsächlich? Oder verzichteten die Alliierten angesichts der Unmöglichkeit von Anfang an. Es ist auch die Rede von Reparationen mit denen die CSR belegt wurde. Gab es da Zahlungen? "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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20.02.2018, 22:13
Beitrag: #3
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
Der Staatsvertrag von St. Germain-en-Laye vom 10. September 1919 beinhaltet folgende Bestimmungen:
1. Gebietsabtretungen - Südtirol und Kärntner Kanaltal fallen an Italien - Die Südsteiermark unf das Kärnter Mießtal kommen an das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenien (SHS-Staat, seit 1929 Königreich Jugoslawien) - Den niederösterreichischen Grenzstreifen um Feldberg und Böhmzell erhält die Tschechoslowakei - Das Sudetenland fällt an die Tschechoslowakei. Von den ca. 10 Mio. Deutschösterreicher müssen ca. 4 Mio. als nationale Minderheiten in den angrenzende Nationalstaaten leben. Oft erfolgte eine Enteignung der Deutschösterreicher. 2. Österreich erhält das Burgenland (ehemaliges Westungarn), in gemischsprachigen Gebieten in Kärnten soll eine Volksabsprache stattfinden. (Beachte: Im Mai 1919 besetzten SHS-Truppen Gebiete in Kärnten, z.B. das Klagenfurter Becken. Auf Druck der Franzosen zogen sich die SHS-Truppen Ende Juli 1919 südlich einer Linie vom Wörthersee bis Völkermarkt zurück. Am 10. Oktober 1920 entschieden sich 59 % der Abstimmungsberechtigten für den Verbleib bei Österreich.) 3. Der Name des Staates soll statt Deutschösterreich nur Österreich sein. (Beachte: Am 12. November 1918 wurde die Republik Deutschösterreich ausgerufen. Während der Verhandlungen in St. Germain kursierten auch Vorschläge wie "Norische Republik", "Ostalpinische Republik", "Ost-Alpenlande" oder "Deutsch Alpenland") 4. Der Anschluss an Deutschland wird untersagt. 5. Österreich muss die neu entstandenen Staaten Polen, Tschechoslowakei, Ungarn und das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenien in den festgelegten Grenzen anerkennen. 6. Eine allgemeine Wehrpflicht wird verboten. Jedoch wurde die Aufstellung eines 30.000 Mann starken Söldnerheeres gestattet. 7. Österreich wird zu Wiedergutmachungsleistungen verpflichtet. Der Vertrag wurde am 17. Oktober 1919 vom Wiener Parlament ratifiziert. Karl Renner war bereit die Verantwortung "als eines der Teile des besiegten und untergegangenen Reiches" zu übernehmen. Dies stieß auf Widerstand des tschechoslowakischen Außenministers Edvard Benes, der Deutschösterreich nicht nur eine teilweise, sondern die volle Verantwortung anlastete. Ebenso hoffte Renner: "Wir setzen voraus, dass die praktische Vernunft der Welt auch unseren wirtschaftlichen Untergang nicht wünschen und ertragen kann." Im August 1919 äußerte er: "Es ist eben nicht möglich, dass 6 Mio. Menschen den größten Teil der 30 Mio. Einwohner eines früheren Staates tragen. Wie erst nach einem tödlich erschöpfenden fünfjährigen (!) Krieg! Wie erst nach der Auflösung des Jahrhunderte alten Wirtschaftsgebietes, welche die wirtschaftlichen Kräfte Deutschösterreichs so außerordentlich geschwächt hat!" Infolge der Gebietsabtretungen konnte Deutschösterreich nur noch 25 % der benötigten Nahrungsmittel produzieren, der Rest musste importiert werden. Es war erforderlich, 12 Mio Tonnen Kohle zu importieren. Ebenso mussten Zucker, Textilien, Glas, Porzellan oder Produkte der chemischen Industrie im Ausland gekauft werden. Wegen diesen wirtschaftlichen Problemen reiste Renner im Dezember 1919 zu Clemenceau, in dessen Privatwohnung der Staatskanzler untergebracht war. Ihm wurde Hilfe zugesagt, aber es erfolgten keine genaue Angaben über die Höhe des Kredits oder Lieferungen bzw. Termine. Praktisch kehrte Renner ergebnislos nach Wien zurück. Renner hatte um die Gewährung eines langfristigen Kredits von 100 Mio. Dollar und um die Freigabe von österreichsischer Vermögenswerte aus dem Generalpfandrecht gebeten, um weitere Kredite und Rohstoffe für den Wiederaufbau zu beschaffen. Im Januar 1920 verständigten sich Renner mit dem tschechoslowakischen Außenminister Benes. Am 12. Januar 1920 wurde ein Geheimprotokoll unterzeichnet, in dem man sich gegenseitige diplomatische und politische Unterstützung gegen Ungarn versprach. Hintergrund war, dass der neue ungarische Machthaber Nikolaus von Horthy eine revisionistische Politik gegen Österreich führte. Hier ist zu beachten, dass noch während der Verhandlungen in St. Germain Teil des Burgenland sowohl von den Kommunisten um Bela Kun, dem später die Truppen Horthys folgte. Besonders der "weiße Terror" des ehemaligen k. u. k. Admirals forderte sehr viele Opfer unter den Sympathisanten Deutschösterreichs. (Beachte: Der Vertrag von Trianon wurde erst am 4. Juni 1920 unterzeichnet.) Renner und Benes vereinbarten, dass keine Waffen nach Ungarn geliefert werden. Viel wichtiger war aber, dass die CSR sich verpflichtete täglich 500 Waggons Kohle und in einer Frist von 2,5 Monaten 2500 Waggons Zucker zu liefern. Die Versorgung - vor allem mit Nahrungsmittel - konnte erst ab Mai 1920 übewunden werden, nachdem US-Schiffe die Versorgung Österreichs über den Hafen in Triest sicherte. Am 16. Dezember 1921 unterzeichnete Bundeskanzler Johannes Schober den Vertrag von Lana, der eine Annäherung zwischen Österreich und der Tschechoslowakei einleitete. Dieser Vertrag wurde von den Großdeutschen heftig angegriffen, sodass Schober einige Wochen nach der Unterzeichnung zurücktreten musste. Am 4. Oktober 1922 wurde Österreich eine Völkerbundanleihe in Höhe von 650 Mio. Goldkronen auf 20 Jahre gewährt. die Verzinsung war sehr hoch - zwischen 9,46 % und 10,20 % jährlich. Tatsächlich bekamen die Österreicher nur 631 Mio. Goldkronen, wofür sie 789 Mio. zurückzahlten. Die Anleihe erfolgte im Juni 1923 und führte zum Anstieg der Börsenkurse. Am 18. November 1923 wurden die österreichischen Notenpressen gemäß den Genfer Protokollen versiegelt und stillgelegt. Die folgende Sparpolitik verlief unglücklich, am 8. November 1924 wurde Bundeskanzler Ignaz Seipel gestürzt. Am 12. Dezember 1924 erfolgte eine Währungsreform, der Schilling sollte zum 1. Januar 1925 eingeführt werden. Tatsächlich erfolgte die Einführung erst am 1. März 1925. 1 Schilling entsprach 10.000 Papierkronen, 1 Goldkrone entsprach 1,41 US-Dollar. Die Einführung des Schillings beendete die Inflation. "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
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21.02.2018, 17:28
Beitrag: #4
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
Also Ergo, keine Reparationen auf Grund der Unmöglichkeit.
Bei den Ungarn wirds ähnlich gewesen sein. Musste der Boche alles allein bezahlen "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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22.02.2018, 14:30
Beitrag: #5
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
Anexionen und Beschlagnahmung von Sachgütern, wie die Flotte, sind doch Reparatonen und im Falle Österreichs extreme Anexionen.
Das Selbstbestimmungsrecht wurde verhöhnt und der nächste Krieg vorbereitet. viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
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22.02.2018, 17:37
Beitrag: #6
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
Schon klar.
Es ging mir darum, der Vertrag von St. Germain hat diese Möglichkeit ja geboten, ob von Österreich tatsächlich Zahlungen verlangt und geleistet wurden. Und das war nicht der Fall. Siehe Post von sansa. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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22.02.2018, 20:45
Beitrag: #7
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
Von den über 12 Millionen Deutschen in Österreich/Ungarn lebten über 10 Millionen im zusammenhängenden Deutschösterreich. Hätte Deutschösterreich sich mit dem nördlichen Deutschen Reich vereinigen dürfen, hätte vielleicht schon der Aifstieg der Nationalsozialisten und damit der 2. Weltkrieg verhindert werden können. Da es große zweisprachige Bevölkerungen gab und es demokratisch legitimiert sein mußte, hätten die Volksabstimmungen den genauen Grenzverlauf bestimmen müssen.
https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreich-Ungarn viele Grüße Paul aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt |
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22.02.2018, 21:13
Beitrag: #8
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
(22.02.2018 20:45)Paul schrieb: Von den über 12 Millionen Deutschen in Österreich/Ungarn lebten über 10 Millionen im zusammenhängenden Deutschösterreich. Hätte Deutschösterreich sich mit dem nördlichen Deutschen Reich vereinigen dürfen, hätte vielleicht schon der Aifstieg der Nationalsozialisten und damit der 2. Weltkrieg verhindert werden können. Da es große zweisprachige Bevölkerungen gab und es demokratisch legitimiert sein mußte, hätten die Volksabstimmungen den genauen Grenzverlauf bestimmen müssen. das wäre ganz einfach gewesen. Die Mittelmächte hätten den Krieg nur gewinnen müssen. ist halt verkehrt ausgegangen. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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01.03.2018, 11:18
Beitrag: #9
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
(20.02.2018 11:19)Steppenwolf schrieb:(19.02.2018 23:25)Titus Feuerfuchs schrieb: Ein paar Staaten gab es aber, die gegen den Anschluss diplomatisch protestierten, ua. Mexiko. Dabei dürften die Mexikaner aber nicht aus Mitleid mit den Österreichern gehandelt haben - die unrühmliche Rolle des Habsburger "Kaisers von Mexiko" Maximilian dürfte in Mexiko noch lebhaft in Erinnerung gewesen sein - sondern eher aus Eigennutz, hatte man doch selber miterleben müssen, wie die USA große Teile des mexikanischen Staatsgebiets besetzt bzw. erobert haben, mit ganz ähnlichen Begründungen wie dies Hitler mit Österreich durchexerziert hat... Indem man gegen die Annexion Österreichs durch Deutschland protestierte (Begründung: Österreicher sind Deutsche), protestierte man auch gegen die Besetzung von Texas, Arizona, New Mexiko und Kalifornien durch die USA (Begründung: Bevölkerung sind Amerikaner). |
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01.03.2018, 13:46
Beitrag: #10
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
Erstaunlich, die Lateinamerika-Verbindungen Österreichs.
Die UNO-Initiative zum Staatsvertrag kam von Brasilien "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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04.03.2018, 14:08
Beitrag: #11
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
Zitat:Ein schwerer Fehler war auch, dass Schuschnigg zwar einen verbalen Hilferuf an die anderen Staaten richtete, aber es leider vorzog, den Märtyrer zu geben und gewaltsamen Widerstand ausdrücklich untersagte. der Hitler hat den Schuschnigg tatsächlich zum Märtyrer gemacht. -Schwer gefoltert. Rauchverbot, bis er kirre war. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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04.03.2018, 22:06
Beitrag: #12
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
Von wem hätte denn Schuschnigg Hilfe erwarten können? Großbritannien setzte unter dem Premier Chamberlain auf die Appeasement-Politik. Und Italien war seit Oktober 1936 Verbündeter Deutschlands (Achse Berlin-Rom) - zu Zeiten von Dollfuß (1933/34) hätte sich Italien sicher noch gegen den Anschluss Österreichs an Deutschland gestellt. 1938 war aber Schuschniggs bzw. Österreichs Situation, sich dem Anschluss zu widersetzen, aussichtslos.
"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
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05.03.2018, 05:55
Beitrag: #13
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RE: Der "Anschluss" Österreichs
Unter zynischen Historikern kursiert das Bonmont, Österreich sei an der Achse Rom-Berlin "braungeröstet" worden...
MfG, Titus Feuerfuchs |
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