Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 0 Bewertungen - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Gedanken zur Deutschen Einheit
21.03.2017, 22:59
Beitrag: #71
RE: Gedanken zur Deutschen Einheit
(21.03.2017 21:01)Flora_Sommerfeld schrieb:  Warum fühlen sich dann die Ossis so benachteiligt, immer noch?

Der Hauptgrund liegt in den 90er Jahren, aber die Zeit heilt alle Wunden.

Viele, aus dem Westen zugewanderten Mitbürgern geht es auch nicht anders, als uns Ureinwohner. Einer meiner Kumpels stammt aus Essen und arbeitet seit 1992 als Richter in Leipzig. D.h. er lebt fast die Hälfte seines Lebens im Osten. Der musste sich von einem eine Generation jüngeren Rechtsanwalt aus Berlin sinngemäß anhören, dass er als ehemaliger DDR-Richter!! sich langsam daran gewöhnen muss, dass er in einem demokratischen Rechtsstaat lebt. Als mein Kumpel antwortete, dass er aus NRW kommt und kein DDR-Richter war, anwortete der Rechtsanwalt nur, mein Kumpel wäre inzwischen "ossifiziert".

In den 90er Jahren hatte ich einmal einen Chef, der besonders die aus dem Westen zugewanderten Kollegen striezte. Er war der Meinung, dass wir aus dem Osten stammenden Mitarbeiter es halt nicht besser können. Unseren Schlendrian und schlechte Arbeit steckt halt von den 40 Jahren DDR in uns, und das lässt sich nicht nach paar Jahren ablegen. Aber unsere Westkollegen hätten ja das "richtige" Arbeiten praktisch seit der Kindheit gelernt und deswegen ist er besonders von ihnen so enttäuscht, dass sie genauso schlecht arbeiten wie die aus dem Osten. Das Problem: Weder die Kollegen aus dem Westen, noch aus dem Osten haben schlecht gearbeitet. Der Mann wollte einfach mehr rausholen, hat sich überschätzt und ein paar Fehlentscheidungen getroffen. Schuldig waren natürlich alle andere.

Solange solche Dummquatscher immer noch herumpalavern, wird es diese künstliche Problematik Wessi-Ossi immer geben. Das ist schade, da wir doch eigentlich andere Probleme zu lösen haben.

Die Frage mit der Unzufriedenheit ist letztlich auch eine Frage der persönlichen Weiterentwicklung. Letztes Jahr arbeitete ich in einer Wohnungsbaugenossenschaft. Diese Genossenschaft wurde kurz nach dem 1. WK gegründet und fungierte als Arbeitergenossenschaft. Das Durchschnittsalter der Genossenschaftsmitglieder bzw. der Hauptmiete liegt bei etwa 60 Jahren. Viele Mieter sind Erstmieter und bewohnen ihre Wohnung bereits seit 30 Jahren oder länger. Wenn dann noch dazu kommt, dass man erstens um 1990 Rentner wurde oder in der Vorruhestand gesetzt wird, zweitens keine Kinder gibt oder kein Kontakt zu den Kindern besteht und drittens keine Mobilität besteht, so dass man seine Zeit nur im Kiez verbringt, passiert nicht mehr viel im Leben. Man ist unzufrieden und verklärt die alten DDR-Zeiten, wo sich angeblich alle um alle und alles kümmerten und der aktuelle Bundeskanzler bzw. die aktuelle Bundeskanzlerin sind an allem schuld - sarkastisch gesagt.

Ich halte die doch noch verbreitete Unzufriedenheit unter den Mitbürgern als ein ernstes Probklem. Schuld daran sind nicht Staat oder die Wessis oder die Ausländer, sondern jeder selbst. Wenn man sich gegen Änderungen sperrt oder man denkt, dass Leben ist ein Wünsch-Dir-Was-Konzert, dann muss man am Ende nur unzufrieden werden. Diese unzufriedenen Menschen können oder wollen nicht Änderungen akzeptieren oder sie schaffen es nicht, sich zu ändern. Und vergessen, dass Änderungen auch Chancen sind.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Nachrichten in diesem Thema
RE: Gedanken zur Deutschen Einheit - Sansavoir - 21.03.2017 22:59

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds