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Existenz-Probleme des Kleinadels im Spätmittelalter
30.01.2017, 09:43
Beitrag: #34
RE: Existenz-Probleme des Kleinadels im Spätmittelalter
(29.01.2017 20:10)Arkona schrieb:  Eine Frage, die ich vor Jahren mal im Nirwana gestellt habe, aber die Antwort war nicht befriedigend: Konnten der Adelstitel auch verkauft werden? Ich rede jetzt vom 19. Jahrhundert, als es viele neureiche Bürgerliche gab und andererseits verarmten Landadel. Es soll so einen Fall in der eigenen Familie gegeben haben, wo das "von" im Namen für viel Geld vertickt wurde.

Für das 19. Jahrhundert kann ich keine Angaben machen - das liegt etwas ausserhalb meines Interessensgebiet. Im Mittelalter insbesondere im Spätmittelalter konnten Adelstitel tatsächlich gekauft werden aber meist, wie Teresa es erwähnt hat, handelte es sich dabei um eine Verleihung seitens des jeweiligen Landesherrn. D.h. "verkaufen" konnte die Adelsrechte lediglich der Landesfürst (oder König/Kaiser) wobei es sich aber immer um "neue" Titel handelte: man wurde z.B. zum Baron von Krummau geadelt, wobei es vorher noch nie einen Baron von Krummau gegeben hatte. Im Spätmittelalter verkauften die Landesherren vermehrt auch sogenannte "Adelspatente". Das mit dem Titel verbundene Wappen wurde häufig ebenfalls von Landesherrn entworfen.

Gelegentlich scheint - im Zusammenhang mit dem spätmittelalterlichen Existenzkampf des Kleinadels interessant - ein Adelstitel auch gewissermassen "erschlichen" worden zu sein. Kaufleute oder sonstige reiche Stadtbürger kauften im Spätmittelalter Besitzungen und Burgen verarmter Lokaladliger auf und versuchten, die adlige Lebensweise zu imitieren. Es wurden sogar Ruinen und Burgställe gekauft, denn auch wenn die Burg längst abgegangen war, so waren mit ihr immer noch die ursprünglichen Herrschaftsrechte - etwa die Gerichtsbarkeit - verbunden. Hatte man auf diese Weise herrschaftliche Rechte erworben (interessant vor allem dann, wenn die Rechte von einem Freiherren-Geschlecht und damit von Eigen- und nicht von Lehensbesitz stammten) so lag es gewissermassen nahe, ein Familienwappen zu entwerfen und sich mit dem Zusatz "von" zu schmücken. Das war um so leichter, als dass "von" im Spätmittelalter noch keine Adelsmerkmal war - auch Bürger und Bauern konnten ein "von" (als Flurname) in ihrem Namen haben.

Der "Von"-Zusatz als Adelsnachweis ist eine nachmittelalterliche Erfindung und die nachmittelalterliche Adelsverleihung indem man dem Familiennamen einfach ein "von" voransetzte, entbehrt (aus mittelalterlicher Sicht), nicht einer gewissen Komik. Beispielsweise beim ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker: Der Name "Weizsäcker" weisst auf einen Müllersknecht hin, der den Weizen zu verpacken (in Säcke abzupacken) hatte. Der Nachkomme dieses Weizsäckers (als Müllersknecht der sozialen Unterchicht resp. dem Bauerntum angehörend) wird geadelt und heisst jetzt aber nicht zum Mindesten "von der Mühle" (im französischen mit Dumoulin verbreitet) sondern "von Müllersknecht". Das wäre in etwa wie ein Adliger "von Bauer" oder "von Bader" heissen würde.
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RE: Existenz-Probleme des Kleinadels im Spätmittelalter - Aguyar - 30.01.2017 09:43

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