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Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
07.01.2017, 12:58
Beitrag: #21
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 12:40)Aguyar schrieb:  Du missverstehst mich.


Im Gegenteil, ich verstehe dich sehr gut.

Die diversen Gebilde des HRR waren mit sehr wenigen Ausnahmen keine "Absolutistischen Feudalstaaten"
eben nicht.

Schon Wieland hat auf diesen "Vorsprung" des HRR vor dem Vorrevolutionären Frankreich hingewiesen.

später dann mehr.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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07.01.2017, 13:01
Beitrag: #22
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 11:51)Suebe schrieb:  Das HRR des Jahres 1789 war auf allen relevanten Gebieten ähnlich oder gleichweit entwickelt wie alle anderen Staaten Europas, in der Verrechtlichung absolut führend.
Untergegangen ist es nicht an "altersschwachen Strukturen" was auch immer darunter verstanden wird.
Untergegangen ist es an den "Separatinteressen" Habsburgs und Hohenzollerns. Die alles andere als redlich waren.
Leider hat die Geschichte die beiden noch ein Jahhundert weiterbestehen lassen.
Nur hat in deren Gefolge deren Leibdragoner-Geschichtsschreibung das HRR sehr verunglimpft und dessen Ende als unausweichlich dargestellt, um die eigene Verantwortung daran zuüberspielen.
Mit Folgen, man sieht es hier, bis heute.
Selbstverständlich war 1789 das HRR wie alle anderen Staaten Europas. 1789 war das HRR ein Konglomerat absolutistischer Fürstentümer. Nicht nur Preussen, auch Sachsen, Hessen, Braunschweig etc. waren genauso absolutistisch wie das damalige vorrevolutionäre Frankreich, wie Österreich (mit Tschechien und Ungarn), Spanien (Bourbonen), Unteritalien (wieder Bourbonen), Polen (Adelsrepublik) etc. Etwas weniger absolutistisch war lediglich England, noch absolutistischer lediglich das Zarenreich Russland. Die Fürsten Europas (auch die des HRR) kannten keine "Bürger", sondern nur "Untertanen". Und auch die Schweiz, d.h. die damalige Eidgenossenschaft, war nicht urdemokratisch. Sie hatte zwar keine Fürsten aber "gnädige Herren", die "fürsorglich" (nach deren eigenen Einschätzung) über die Untertanengebiete (Waadt, Tessin, Thurgau, Aargau) herrschten. Die Schweiz wurde erst langsam demokratisch, nachdem die französischen Revolutionstruppen und später Napoleon die Bewohner der Untertanengebiete zu gleichberechtigen "Miteidgenossen" machten. Also auch hier - die Ideen der Aufklärung wurde durch die franz. Revolution transportiert.
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07.01.2017, 17:00
Beitrag: #23
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 13:01)Aguyar schrieb:  die Ideen der Aufklärung wurde durch die franz. Revolution transportiert.

Auch der Bauernkrieg war schon Ausdruck des Freiheitswillen, der alte freiheitliche Traditionen aufgriff und alte Rechte wieder herstellen wollte.
Die französische Expansion förderte den Nationalstaatsgedanken.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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07.01.2017, 17:22
Beitrag: #24
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Zitat:Selbstverständlich war 1789 das HRR wie alle anderen Staaten Europas. 1789 war das HRR ein Konglomerat absolutistischer Fürstentümer. Nicht nur Preussen, auch Sachsen, Hessen, Braunschweig etc. waren genauso absolutistisch wie das damalige vorrevolutionäre Frankreich, wie Österreich (mit Tschechien und Ungarn), Spanien (Bourbonen), Unteritalien (wieder Bourbonen), Polen (Adelsrepublik) etc. Etwas weniger absolutistisch war lediglich England

Hierzu hätte ich bitte Nachweise.
Wobei du auf der Suche danach leicht wirst feststellen können, dass es eben nicht so war.
Die meisten Reichsfürstentümer hatten ständische Vertretungen mit denen sich die jeweiligen Fürsten "herumzuschlagen" hatten.

Kennst du die Geschichte von der Windmühle von Sanssouci? Sie hat sich wohl etwas anders abgespielt als erzählt wird, aber der wahre Kern bleibt.
Auch im Preussen des FdG war der Untertan keineswegs rechtlos! Und das dürfte vermutlich der krasseste Fall von Absolutismus im Reich gewesen sein.

Hier etwas zu Braunschweig
Zitat:Die Landstände traten 1682 zur Beratung über die Landesfinanzen zusammen. In der Folgezeit ersetzte das Schatzkollegium sowie der „Engere Ausschuss“ die Landschaft, so dass für mehr als 80 Jahre kein Landtag mehr einberufen wurde. Der folgende Landtag tagte erst wieder 1768, als durch ererbte Landesverschuldung und die verschwenderische Hofhaltung Herzog Karls I. († 1780) ein Staatsbankrott drohte. Dieser machte den Ständen erhebliche Zugeständnisse, woraufhin der „Landtagsabschied“ von 1770 eine kurzzeitige Linderung der Finanzkrise erbrachte. Die gestiegene politische Bedeutung des Landtags fand ihren Ausdruck im Neubau des 1793 bis 1798 durch Christian Gottlob Langwagen an der Martinikirche errichteten Landschaftlichen Hauses. Herzog Karl Wilhelm Ferdinand († 1806) übernahm die Hälfte der Baukosten. Der Herzog erließ am 1. Mai 1794 ein Schuldenedikt, wonach ohne Zustimmung der Landstände keine Anleihen aufgenommen werden durften. Dies wurde von den Zeitgenossen als Beginn einer konstitutionellen Ära gefeiert.[5] Der letzte Landtag vor der napoleonischen Besatzung des Herzogtums tagte im Januar 1801.
aus wiki

zu Württemberg, kennst dich ja aus, schau mal bei Herzog Ulrich und dem Tübinger Vertrag, schon das Grundrecht der Freizügigkeit jedes Leibeigenen ist darin festgeschrieben und erhalten bis 1805, erst zu Zeiten des Rheinbundes gab es eine Unterbrechung auf Ratschlag des Korsen Bat

Hier etwas zu den Landständen bei dir aufm andern Ufer Shade
http://www.landeskunde-baden-wuerttemberg.de/7028.html
"Vorderösterreich" nannte sich dasDevil

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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07.01.2017, 18:15
Beitrag: #25
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Das HRR war ein Flickenteppich in dem alle großen und weniger großen Herrscher ihr eigenes Süppchen kochten:

[Bild: 588px-HRR_1789.png]

Das führte dazu, dass sich Deutschland nicht etablieren konnte, wie es andere Großmächte längst getan hatten: Frankreich, Spanien, Portugal und vor allem das British Empire.

Als die Kleindeutsche Lösung endlich da war, brachte sie das gesamte Gefüge der europäische Großmächte durcheinander. Katalysiert wurde diese Dynamik noch durch einen großspurigen, kurzsichtigen politischen Dilettanten, der für sein zu spät entstandenes Reich "den Platz an der Sonne" suchte: Wilhelm II

Die Folgen sind bekannt. Wir müssen uns noch heute damit herumschlagen.

MfG, Titus Feuerfuchs
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08.01.2017, 00:52
Beitrag: #26
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 17:22)Suebe schrieb:  Hierzu hätte ich bitte Nachweise.
Wobei du auf der Suche danach leicht wirst feststellen können, dass es eben nicht so war.
Die meisten Reichsfürstentümer hatten ständische Vertretungen mit denen sich die jeweiligen Fürsten "herumzuschlagen" hatten.

Kennst du die Geschichte von der Windmühle von Sanssouci? Sie hat sich wohl etwas anders abgespielt als erzählt wird, aber der wahre Kern bleibt.
Auch im Preussen des FdG war der Untertan keineswegs rechtlos! Und das dürfte vermutlich der krasseste Fall von Absolutismus im Reich gewesen sein.

Hier etwas zu Braunschweig
Zitat:Die Landstände traten 1682 zur Beratung über die Landesfinanzen zusammen. In der Folgezeit ersetzte das Schatzkollegium sowie der „Engere Ausschuss“ die Landschaft, so dass für mehr als 80 Jahre kein Landtag mehr einberufen wurde. Der folgende Landtag tagte erst wieder 1768, als durch ererbte Landesverschuldung und die verschwenderische Hofhaltung Herzog Karls I. († 1780) ein Staatsbankrott drohte. Dieser machte den Ständen erhebliche Zugeständnisse, woraufhin der „Landtagsabschied“ von 1770 eine kurzzeitige Linderung der Finanzkrise erbrachte. Die gestiegene politische Bedeutung des Landtags fand ihren Ausdruck im Neubau des 1793 bis 1798 durch Christian Gottlob Langwagen an der Martinikirche errichteten Landschaftlichen Hauses. Herzog Karl Wilhelm Ferdinand († 1806) übernahm die Hälfte der Baukosten. Der Herzog erließ am 1. Mai 1794 ein Schuldenedikt, wonach ohne Zustimmung der Landstände keine Anleihen aufgenommen werden durften. Dies wurde von den Zeitgenossen als Beginn einer konstitutionellen Ära gefeiert.[5] Der letzte Landtag vor der napoleonischen Besatzung des Herzogtums tagte im Januar 1801.
aus wiki

zu Württemberg, kennst dich ja aus, schau mal bei Herzog Ulrich und dem Tübinger Vertrag, schon das Grundrecht der Freizügigkeit jedes Leibeigenen ist darin festgeschrieben und erhalten bis 1805, erst zu Zeiten des Rheinbundes gab es eine Unterbrechung auf Ratschlag des Korsen Bat

Hier etwas zu den Landständen bei dir aufm andern Ufer Shade
http://www.landeskunde-baden-wuerttemberg.de/7028.html
"Vorderösterreich" nannte sich dasDevil

Die Landstände haben aber gar nichts mit der Gleichheit aller Bürger zu tun ! Und schon gar nicht mit freien, allgemeinen Wahlen. Und so was gehört nun mal zur Aufklärung - resp. zu den späteren Demokratien. Im 18. Jahrhundert gab es dies nur im revolutionären Frankreich (und dort auch nur vorübergehend) sowie in den USA. (Auch die Demokratie der Landsgemeinde in der Innerschweiz ist etwas anderes). Die moderne Demokratie ist ausschliesslich ein Kind der Aufklärung und hat nichts mit einer germanischen Urfreiheit (die nicht einmal nachgewiesen ist), einer innerschweizer Landsgemeinde-Alpendemokratie und auch nichts mit der athenischen Archontendemokratie zu tun.

Ohne jetzt grossartig rum zu suchen - wenn Du auf Wieland verweist so bringe ich Schiller ins Spiel. Der war jetzt gar nicht der Meinung, dass die deutschen Fürstentümer nicht absolutistisch seien. Und der war ebenfalls Zeitgenosse.

Der Müller von Sansouci ist eine der vielen Anekdoten der Weltgeschichte, die nie existiert hatten (man erkennt diese in der Regel daran, dass sie zu schön sind, um wahr zu sein). Der Müller von Sansouci gehört in jene Kategorie Geschichten wie der Häuptling Tecumseh (seine hist. Existenz ist unbestritten), der behauptet haben soll, Tiere und Pflanzen seien Brüder und Schwestern der Menschen und die Erde die Mutter, und alles was man ihr antue, käme ... etc.
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08.01.2017, 01:02
Beitrag: #27
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Flickenteppich.......... borussischer Leibdragoner-Historiker Flachsinn den du dir hier zu eigen machst.

Titus,
das Heilige Römische Reich hat in 900 Jahren seiner Geschichte niemals einen seiner Nachbarn bedroht.
Niemals Eroberungskriege geführt!
Das haben schon vor dir die Willis und auch der Braunauer dem HRR vorgeworfenBat

Und die ganzen Nationalstaaten, die du hier faktisch als Vorbild ins Spiel bringen willst?

Nö Titus, umgekehrt wird ein Schuh draus.
An der seckelblöden Nationalstaatsidee krankt die Welt bis heute.
Das HRR ist der Staatsentwrrf, der den Weg aus dem Dilemma weist.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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08.01.2017, 01:06
Beitrag: #28
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 17:00)Paul schrieb:  
(07.01.2017 13:01)Aguyar schrieb:  die Ideen der Aufklärung wurde durch die franz. Revolution transportiert.

Auch der Bauernkrieg war schon Ausdruck des Freiheitswillen, der alte freiheitliche Traditionen aufgriff und alte Rechte wieder herstellen wollte.
Die französische Expansion förderte den Nationalstaatsgedanken.

Der spätmittelalterliche Bauernkrieg bezog sich nicht auf alte Traditionen. Die "alten Traditionen" waren max. 100 Jahre alt und der Aufstand galt meist dem Umstand, dass der Adel neue, zusätzliche oder höhere Abgaben verlangte, welche in der Vergangenheit nicht erhoben worden waren und von den Bauern auch aus Sicht des mittelalterlichen Rechtsdenkens ungerechtfertigt waren.
Der grösste Teil der aufständsichen Bauern des Bauernkrieges war verwurzelt in der mittelalterlichen Ständeordnung und zweifelte diese nicht an. Allerdings gab es Minderheiten unter den Bauern, welche dies taten. Beispielsweise Joss Fritz, oder früher der englische Ziegelbrenner Wat Taylor. Diese stellten tatsächlich die mittelalterliche Ständehierarchie in Frage - der Spruch "Als Adam grub und Eva spann wer (oder wo) war da der Edelmann" fiel in ihrem Umfeld. Dieses Aufbegehren gegen die als gottgewollt empfundene Ständehierarchie war aber keine Rückbesinnung auf alte Freiheitstraditionen sondern revolutionär.
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08.01.2017, 01:16
Beitrag: #29
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(07.01.2017 18:15)Titus Feuerfuchs schrieb:  Das führte dazu, dass sich Deutschland nicht etablieren konnte, wie es andere Großmächte längst getan hatten: Frankreich, Spanien, Portugal und vor allem das British Empire.
Zur Zeit des deutschen "Flickenteppichs" war Spanien längst keine Grossmacht mehr. Und Portugal war jetzt nie wirklich eine Grossmacht.
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08.01.2017, 01:30
Beitrag: #30
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 01:02)Suebe schrieb:  Flickenteppich.......... borussischer Leibdragoner-Historiker Flachsinn den du dir hier zu eigen machst.

Titus,
das Heilige Römische Reich hat in 900 Jahren seiner Geschichte niemals einen seiner Nachbarn bedroht.
Niemals Eroberungskriege geführt!
Das haben schon vor dir die Willis und auch der Braunauer dem HRR vorgeworfenBat

Und die ganzen Nationalstaaten, die du hier faktisch als Vorbild ins Spiel bringen willst?

Nö Titus, umgekehrt wird ein Schuh draus.
An der seckelblöden Nationalstaatsidee krankt die Welt bis heute.
Das HRR ist der Staatsentwrrf, der den Weg aus dem Dilemma weist.

Was die "blöde" Nationalstaatsidee gebe ich Dir recht (dazu habe ich mich bereits weiter oben bez. Jugoslawien geäussert). Allerdings verkennst Du seine historische Notwendigkeit gegenüber den absolutistischen Fürstentümer und Königreiche. Und das HRR als Lösung ?

Auch bez. borussischer Geschichtsschreibung gebe ich Dir recht. Aber dass das HRR keine Eroberungskriege geführt hat, kann ich nicht so stehen lassen. Die Königreiche Hoch- und Niederburgund wurden erobert, Reichskriege wurden gelegentlich auch gegen Frankreich geführt, die italienischen Städte wurden regelmässig gewaltsam zur Räson gebracht, slawische Gebiete wurden erobert.
Und etwas billig ist es schliesslich auch, wenn man bei den kolonialen Eroberungen zur Zeit Karls V (halb Südamerika) sich darauf beruft, dies hätte er nicht in seiner Funktion als Kaiser sondern als König von Spanien getan.
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08.01.2017, 01:41
Beitrag: #31
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 01:06)Aguyar schrieb:  
(07.01.2017 17:00)Paul schrieb:  Auch der Bauernkrieg war schon Ausdruck des Freiheitswillen, der alte freiheitliche Traditionen aufgriff und alte Rechte wieder herstellen wollte.
Die französische Expansion förderte den Nationalstaatsgedanken.

Der spätmittelalterliche Bauernkrieg bezog sich nicht auf alte Traditionen. Die "alten Traditionen" waren max. 100 Jahre alt und der Aufstand galt meist dem Umstand, dass der Adel neue, zusätzliche oder höhere Abgaben verlangte, welche in der Vergangenheit nicht erhoben worden waren und von den Bauern auch aus Sicht des mittelalterlichen Rechtsdenkens ungerechtfertigt waren.
Der grösste Teil der aufständsichen Bauern des Bauernkrieges war verwurzelt in der mittelalterlichen Ständeordnung und zweifelte diese nicht an. Allerdings gab es Minderheiten unter den Bauern, welche dies taten. Beispielsweise Joss Fritz, oder früher der englische Ziegelbrenner Wat Taylor. Diese stellten tatsächlich die mittelalterliche Ständehierarchie in Frage - der Spruch "Als Adam grub und Eva spann wer (oder wo) war da der Edelmann" fiel in ihrem Umfeld. Dieses Aufbegehren gegen die als gottgewollt empfundene Ständehierarchie war aber keine Rückbesinnung auf alte Freiheitstraditionen sondern revolutionär.

Mit alten Traditionen meinte ich vor allem, das die Bauern schon wussten, das früher alle Bauern frei waren und sie erst später in das Lehnssytem geknebelt wurden und ihnen die Gemeindewälder geraubt wurden. Die Reste des freien Bauerntums waren unterschiedlich verteilt z.B. in Friesland noch verbreitet. Für die Nachkommen der Ostkolonisten lag die Zeit des freien Bauerntums auch nicht lang zurück buw. sie waren noch frei. Für die noch abhängigen Bauern im Osten waren die freien Bauern ein erstrebenwertes Vorbild.
In Rechtenbach gab es bis zuletzt 2 freie Bauernhöfe, also ein bedeutender Anteil, neben einem Edelhof und mehreren hörigen Bauern, also quasi 3 freie Bauern, mit Angehörigen. Viele zusätzlichen Kinder werden wohl in die Freie Reichsstadt Wetzlar gegangen sein.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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08.01.2017, 04:07
Beitrag: #32
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 01:30)Aguyar schrieb:  
(08.01.2017 01:02)Suebe schrieb:  Flickenteppich.......... borussischer Leibdragoner-Historiker Flachsinn den du dir hier zu eigen machst.

Titus,
das Heilige Römische Reich hat in 900 Jahren seiner Geschichte niemals einen seiner Nachbarn bedroht.
Niemals Eroberungskriege geführt!
Das haben schon vor dir die Willis und auch der Braunauer dem HRR vorgeworfenBat

Und die ganzen Nationalstaaten, die du hier faktisch als Vorbild ins Spiel bringen willst?

Nö Titus, umgekehrt wird ein Schuh draus.
An der seckelblöden Nationalstaatsidee krankt die Welt bis heute.
Das HRR ist der Staatsentwrrf, der den Weg aus dem Dilemma weist.

Was die "blöde" Nationalstaatsidee [...]

Ja, ja, ich weiß, es ist derzeit in intellektuellen Zirkeln sehr en vogue, sich an den ach so schröcklichen Nationalstaaten abzuarbeiten. Cool

Wenn man diese Blase verlässt, könnte man sich z.B. folgende Gedanken machen:

Wenn man sich die multiethnischen Staatengebilde ansieht, die die neuere Geschichte hervorgebracht hat, waren diese in der Regel weder besonders stabil noch besonders friedfertig. Der einzige halbwegs brauchbare Gegenentwurf ist die USA, aber auch dort geht es nicht ganz ohne Konflikte entlang ethnischer Trennlinien.
Was passiert, wenn man ethnische Grenzen ignoriert und die Grenzen willkürlich am Reißbrett zieht, sieht man sehr gut an den Nachfolgestaaten des Osmanischen Reichs oder anden postkononialen Staaten Afrikas.

Die Völker wollen in der Regel in eigenen Nationalstaaten leben. Egal, ob Tibeter, Kurden, Basken, Katalanen, Slowaken, usw...

Bloß weil ihr in Deutschland 1933-1945 euer nationales Waterloo erlebt habt, muss noch lang nicht der Rest der Welt Probleme mit dem eigenen Nationalgefühl haben. Was für euch gelten mag, gilt für den Rest der Welt noch lange nicht. Wenn ihr nicht so lange gebraucht hättet, eins zu werden, hätte man sich einige Kriege sparen können. Nicht nur die Reichseinigungskriege, sondern auch die beiden Weltkriege.


Saturierte Nationalstaaten sind eine wichtige Voraussetzung für nachhaltigen Frieden.

Hätte Europa 1914 aus saturierten und ethnisch halbwegs homogenen Nationalstaaten bestanden, hätte die Urkatastrophe des 20.Jh. niemals stattgefunden.
Es waren nicht die Nationalstaaten die Ursache für den Krieg, sondern deren Fehlen.

MfG, Titus Feuerfuchs
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08.01.2017, 04:22
Beitrag: #33
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 01:02)Suebe schrieb:  Titus,
das Heilige Römische Reich hat in 900 Jahren seiner Geschichte niemals einen seiner Nachbarn bedroht.
Niemals Eroberungskriege geführt!
[...]

Weil man zu sehr damit beschäftigt war, sich untereinander zu bekämpfen.
Der 30-jährige Krieg war z.B. ein bis dahin beispielloses Gemetzel. Auch der siebenjährige Krieg, er wurde in diesem Thread schon erwähnt, war kein Kindergeburtstag. Krieg ist Krieg.

Wir sind uns also schon darüber einig, dass während dieser 900 Jahre der eine oder andere Krieg im HRR stattgefunden hat? Lightbulb

Wenn soweit Konsens bestehen würde, könnte man festhalten, dass die Mär vom HRR als einen Hort des Friedes jeder Grundlage entbehrt.

MfG, Titus Feuerfuchs
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08.01.2017, 13:28
Beitrag: #34
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 04:07)Titus Feuerfuchs schrieb:  Wenn man sich die multiethnischen Staatengebilde ansieht, die die neuere Geschichte hervorgebracht hat, waren diese in der Regel weder besonders stabil noch besonders friedfertig. Der einzige halbwegs brauchbare Gegenentwurf ist die USA, aber auch dort geht es nicht ganz ohne Konflikte entlang ethnischer Trennlinien.
Was passiert, wenn man ethnische Grenzen ignoriert und die Grenzen willkürlich am Reißbrett zieht, sieht man sehr gut an den Nachfolgestaaten des Osmanischen Reichs oder anden postkononialen Staaten Afrikas.

Der Beweis, dass Nationalstaaten stabiler seien als multiethnische Staaten steht aus - und ist auch nicht zu führen. Allerdings auch nicht das Gegenteil, denn es lassen sich für beide Variante Beispiele und Gegenbeispiele finden.
Ich kann zum Beispiel nicht finden, dass Jugoslawien weniger stabil gewesen wäre als die heutigen Staaten Kosovo, Bosnien, Mazedonien etc. - eher umgekehrt.

(08.01.2017 04:07)Titus Feuerfuchs schrieb:  Die Völker wollen in der Regel in eigenen Nationalstaaten leben. Egal, ob Tibeter, Kurden, Basken, Katalanen, Slowaken, usw...

Es gibt Völker, die keine Probleme haben mit anderen Ethnien in einem Staat zu leben und solche, die extrem nationalistisch und chauvinistisch eingestellt sind - wobei das Toleranzverhalten von Ethnien gewissermassen noch von der "Tagesform" abhängt.

Unabhängig von den Ursachen: Das Problem des Nationalstaates liegt darin, dass die Durchmischung der Ethnien regional schon immer vielfältig war. Wenn man konsequent "reine Nationalstaaten", genau auf eine Ethnie zugeschnitten, bauen will, werden diese so klein ausfallen, dass man genau wieder bei Verhältnissen wie dem angesprochenen deutschen Flippenteppich landen würde. Jugoslawien wurde in Serbien, Kroatien, Bosnien, Slowenien, Mazedonien, Montenegro und Kosovo aufgeteilt, was aber offenbar immer noch nicht genügt: Mazedonien hat eine albanische Minderheit, Serbien hat eine ungarische Minderheit, Bosnien und Kosovo haben eine serbische Minderheit ...

Und wenn man in Europa so weitermacht: Schotten, Wallonen, Flamen, Katalanen bekommen einen eigenen Staat - jetzt lebt aber auch im kleinen Katalonien eine Minderheit von Spanier, Galiciern und Basken, die auch wiederum diskriminiert werden könnten und dann auch wieder einen eigenen Staat ...

Und schliesslich, auch die Deutschen könnten auf die Idee kommen, sich nicht als Deutsche sondern als Ethnie zu verstehen d.h anfangen sich auf ihre "ethnische Identität" oder ihre "Stammesidentität" als Sachsen oder Hessen zu definieren. Die Sachsen könnten dann ihren eigenen Staat resp. ihre gewünschte "ausländerbefreite Zone" bekommen. Der Suebe würde möglicherweise einen neuen Staat "Schwaben" begrüssen, wobei es dann dort allerdings wieder zwischen Württembergern und Badener losgehen würde.

Es gäbe dann auch zwei neue Staaten Südtirol mit Bozen und Welschtirol mit Trient als Hauptstädte - in beiden Staaten würden sich dann aber die Ladiner (Gröden, Gadertal, Fassata) melden, dass sie auch ihren Nationalstaat wollten ...

Oder wie wäre das in Österreich ? - da kannst Du mir sicher weiterhelfen.
Die Tiroler wollten sich dann wohl auch von den "Ostösterreicher" trennen, denn schon bei Andreas Hofer ...
Oder die Voralberger ? Wieder mal einen Vorstoss zur Schweiz oder doch lieber gleich einen Staat "Walsertal" ?

Ich selbst als Basler könnte mich für einen Staat Dreieckland (Basel, Jura, Schwarzwald, Breisgau, Elsass, Vogesen, Belfort) begeistern, denn "meine Ethnie" lebt hier und nicht jenseits des Juras in Zürich oder Bern.

Die Idee des Nationalstaates ist letztendlich zum Scheitern verurteilt weil er gerade zu Flickenteppich-Staaten einlädt. Die fehlende Toleranz ist zudem auch dem Nationalstaat hinderlich: Ein Individuum einer Ethnie, das nicht mit anderen Ethinien zusammenleben kann wird auch mit seinem Nachbar derselben Ethnie aber mit anderen Ansichten nicht zusammenleben können.
Der m.E. am besten funktionierende Staat ist der, der sich nicht auf eine einheitliche Nation / Volk oder auf einen bestimmten Herrscher als Grundlage beruft, sondern auf eine Verfassung welche sich dem unbedingten Erhalt der persönlichen Freiheitsrechte resp. Individualrechte und der kompromisslosen Umsetzung der Menschenrechte verpflichtet hat. Und meiner Erfahrung nach gibt es in jeder Ethnie, jeder Religion und Nicht-Religion und in jedem Kutlurkreis (sogar bei den Moslems) Individuen, die einen solchen Staat favorisieren. Alles andere sind nationalstaatliche Autoritätsstaaten oder gleich Diktaturen.
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08.01.2017, 22:51
Beitrag: #35
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Hmmmmm,

also Spanien hat niemals zum Reich gehört. Die spanischen Südamerika-Kolonien dem HRR in die Schuhe zu schieben, das dürfte nun doch absolut neu zu sein.
Devil
Da fällt mir echt nicht viel dazu ein. Thumbs_downThumbs_downThumbs_downThumbs_downThumbs_down
ds haben sie nicht mal zu des Adolfen Zeiten zum HRR deutscher Nation reklamiert........Rolleyes

Burgund wurde nicht erobert, es wurde ererbt.
Die Ostgebiete, auch Schlesien und Böhmen haben sich freiwillig dem Reich angeschlossen. Der letzte slawische Pommernherzog starb im 30jährigen Krieg. Die slawischen Mecklenburger Großherzöge gingen mit ihren Standesgenossen 1918 unter.
Die Habsburgichen Eroberungen auf dem Balkan gegörten nicht zum HRR. Die baltischen Ordensstaaten einschl. Preußen gehörten nie zum HRR die wollten wohl zeitweilig sogar, aber man hat dankend verzichtet.

Wieland schreibt konkret, dass die Franzosen die Freiheiten die die Deutschen schon länger hatten, erst durch ihre Revolution erkämpfen mussten.
Was Schiller gegenteiliges schreibt, wäre interessant. Was, wo ?????

Die Geschichte von jenem Müller hat durchaus ihren wahren Kern, aber darum geht es doch überhaupt nicht.
Es geht darum, dass der Untertan des HRR seinen Fürsten vor den Kadi zitieren konnte, und dass das gar nicht so selten vorkam.

Absolutistisch regiert wurde zu Rheinbund-Zeiten also 1805 bis 1815 nie zuvor und nicht danach. Also unter der Ägide Napoleons "jag die Kanallie davon..."

Für mich gibt es nur ein Fazit: Das HRR hätte sehr wohl überleben können.
Natürlich reformiert und "modernisiert" dass es aber dazu fähig war, hat es oft genug bewiesen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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08.01.2017, 22:56
Beitrag: #36
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Der Beweis, dass Nationalstaaten stabiler seien als multiethnische Staaten steht aus

Mein Beweis heißt Empirie. Die von dir gebrachten Beispiele zeigen das sehr deutlich.



(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  - und ist auch nicht zu führen. Allerdings auch nicht das Gegenteil, denn es lassen sich für beide Variante Beispiele und Gegenbeispiele finden.
Ich kann zum Beispiel nicht finden, dass Jugoslawien weniger stabil gewesen wäre als die heutigen Staaten Kosovo, Bosnien, Mazedonien etc. - eher umgekehrt.


Diese Beispiele stützden nicht deinen Standpunkt, sondern den meinigen:

Kosovo: Hier gibt's vor allem deshalb Probleme, weil die Nordgrenze nicht kongruent mit der ethnischen Grenze verläuft.
Nördlich von Mitrovica sind die Serben in der Mehrheit, sind aber gegen ihren Willen Kosovaren.
Eine Verlegung der Grenze nach Süden würde den serbisch-kosovarischen Konflikt deutlich entschärfen.

Mazedonien: Dito. An der Grenze zum Kosovo haben die Kosovaren die Mehrheit. Auch hier könnte eine Grenzverschiebung nach einem Plebiszit die Situation verbessern.

Bosnien: Ist ein multiethnischer Staat und eben deshalb instabil.


Jogoslawien war nur deshalb vordergründig stabil, weil Tito als einigende Klammer den Deckel auf den Druckkochtopf drückte. Als der Deckel wegfiel, explodierte der Kessel, in dem es schon zu Titos Zeiten gebrodelt hatte.

Eine gewisse Parallele zur Donaumonarchie und Kaiser Franz Joseph ist hier nicht zu übersehen.





(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  
(08.01.2017 04:07)Titus Feuerfuchs schrieb:  Die Völker wollen in der Regel in eigenen Nationalstaaten leben. Egal, ob Tibeter, Kurden, Basken, Katalanen, Slowaken, usw...

Es gibt Völker, die keine Probleme haben mit anderen Ethnien in einem Staat zu leben und solche, die extrem nationalistisch und chauvinistisch eingestellt sind [...]

Also dieser dichotomische Zugang ist mit Sicherheit falsch. Warum sollen z.B. die Tibeter "extrem chauvinistisch" eingestellt sein, bloß weil sie nicht von China beherrscht werden wollen?
Warum sind die Slowaken "extem nationalistisch" weil sie sich friedlich von Tschechien trennten?






(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Unabhängig von den Ursachen: Das Problem des Nationalstaates liegt darin, dass die Durchmischung der Ethnien regional schon immer vielfältig war. Wenn man konsequent "reine Nationalstaaten", genau auf eine Ethnie zugeschnitten, bauen will, werden diese so klein ausfallen, dass man genau wieder bei Verhältnissen wie dem angesprochenen deutschen Flippenteppich landen würde.


Das kann man so pauschal überhaupt nicht sagen. Manchmal gibt es eine Durchmischung, z.B. Bosnien, manchmal auch nicht.
Kleine autochthone Minderheiten, besonders wenn sie kein Heimatland unmittelbar jenseits der Grenze haben, sind oft zufriedener und konfliktfreier Teil der Mehrheitsgesellschaft (z.B. Sorben oder Ladiner).

Natürlich gibt es kaum konsequent "reine Nationalstaaten". Ich ziele lediglich auf weitgehende ethnische Homogemität ab, soweit das mit entsprechender Verhältnissmäßigkeit verwirklichbar ist.










(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Jugoslawien wurde in Serbien, Kroatien, Bosnien, Slowenien, Mazedonien, Montenegro und Kosovo aufgeteilt, was aber offenbar immer noch nicht genügt: Mazedonien hat eine albanische Minderheit, Serbien hat eine ungarische Minderheit, Bosnien und Kosovo haben eine serbische Minderheit ...


Das liegt (abgesehen von Bosnien, wo aufgrund der Durchmischung eine sinnvolle Grenzziehung unmöglich ist), daran, dass die Grenzziehung nicht ausreichend auf die ethnischen Gegebenheiten Rücksicht genommen hatte.

Auf die von dir genannten Beispiele bin ich schon eingegangen.
Und was Serbien betrifft, ist's wieder dasselbe:
Die ungarische Minderheit die an der Grenze zu Ungarn z.T die Mehrheit stellt, geht auf die unglückliche Grenzziehng von Trianon zurück, welche die ethnische Grenze zwischen Serben und Ungern rund um Subotica ignorierte. Die Amerikaner und Briten wollten die nördliche Vojvodina bei Ungarn belassen, aber das war mit Frankreich und der "kleinen Entente" nicht zu machen.






(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Und wenn man in Europa so weitermacht: Schotten, Wallonen, Flamen, Katalanen bekommen einen eigenen Staat - jetzt lebt aber auch im kleinen Katalonien eine Minderheit von Spanier, Galiciern und Basken, die auch wiederum diskriminiert werden könnten und dann auch wieder einen eigenen Staat ...

Kleine Minderheiten wird's immer geben, das ist ja nicht das Thema. Es geht um große Minderheiten oder ganze Völker (Kurden, Tibeter) deren Recht auf Selbstbestimmung missachtet wird.

ad Katalonien:
Das wäre ein absolut lebensfähiger Staat mit rund 7 Mio Einwohnern und einer sehr ansehnlichen Wirtschaftskraft - schließlich ist Katalonien die wirtschaftlich stärkste Region Spaniens, was ein Mitgrund ist, warum Spanien eine Sezession um jeden Preis verhindern will.







(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Und schliesslich, auch die Deutschen könnten auf die Idee kommen, sich nicht als Deutsche sondern als Ethnie zu verstehen d.h anfangen sich auf ihre "ethnische Identität" oder ihre "Stammesidentität" als Sachsen oder Hessen zu definieren. [...]

Das ist absurd. Es gibt ethnische Deutsche, aber keine ethnischen Sachsen oder Hessen. Auch sind mir in Deutschland keinerlei sezessionistische Bewegungen bekannt.





(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Es gäbe dann auch zwei neue Staaten Südtirol mit Bozen und Welschtirol mit Trient als Hauptstädte - in beiden Staaten würden sich dann aber die Ladiner (Gröden, Gadertal, Fassata) melden, dass sie auch ihren Nationalstaat wollten ...

Auch das ist total unrichtig.

Ein nennenswerter Teil der Südtiroler (ob's noch die Mehrheit ist, weiß ich nicht) hätte gerne eine Wiedervereinigung mit Nordtirol und damit mit Österreich. Als Italiener fühlen sich die wenigsten. Die Ladiner fühlen sich als Teil der Südtiroler und nicht Italiens.
Welschtirol ist hingegen unbestritten ethnisch Teil Italiens, politisch sowieso. Da gibt's auch keine sezessionistischen Bewegungen.






(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Oder wie wäre das in Österreich ? - da kannst Du mir sicher weiterhelfen.
Die Tiroler wollten sich dann wohl auch von den "Ostösterreicher" trennen, denn schon bei Andreas Hofer ...
[....]

Hofer agierte noch vor dem Aufkommen der Nationalstaaten.
Österreich als Nation ist sehr jung, sie entstand erst nach 1945.
Davor waren die deutschsprachigen Österreicher Teil der deutsche Nation und fühlten sich auch so. Tiroler fühlten sich vor dem zweiten WK zunächst mal als Tiroler und dann als Deutsche.
Heute gibt's in Österreich keine deutsche Identität mehr. Es gibt Lokalpatriotismus, tendenziell im Westen deutlich mehr als im Osten, und eine österreichische Identität.





(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Ich selbst als Basler könnte mich für einen Staat Dreieckland (Basel, Jura, Schwarzwald, Breisgau, Elsass, Vogesen, Belfort) begeistern, denn "meine Ethnie" lebt hier und nicht jenseits des Juras in Zürich oder Bern.

Selbstverständlich gibt es Doppel- oder Dreifachidentitäten und Verfassungspatriotismus. Nichtsdestotrotz hätten die Basler wohl keine Freude damit, plötzlich zu Frankreich oder Deutschland zu gehören.




(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Die Idee des Nationalstaates ist letztendlich zum Scheitern verurteilt weil er gerade zu Flickenteppich-Staaten einlädt. Die fehlende Toleranz ist zudem auch dem Nationalstaat hinderlich: Ein Individuum einer Ethnie, das nicht mit anderen Ethinien zusammenleben kann wird auch mit seinem Nachbar derselben Ethnie aber mit anderen Ansichten nicht zusammenleben können.

Ein glatter Fehlschluss. Fehlende Toleranz hat mit dem eigenen Zugehörigkeitsgefühl a priori mal gar nichts zu tun.
Ich gehe sogar noch weiter und sage, dass es mit einer gefestigten eigenen Identität wesentlich leichter fällt, Toleranz zu üben.




(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Der m.E. am besten funktionierende Staat ist der, der sich nicht auf eine einheitliche Nation / Volk oder auf einen bestimmten Herrscher als Grundlage beruft, sondern auf eine Verfassung welche sich dem unbedingten Erhalt der persönlichen Freiheitsrechte resp. Individualrechte und der kompromisslosen Umsetzung der Menschenrechte verpflichtet hat.

Absolutismus und und Diktaturen haben mit einem Nationalstaat grundsätzlich gar nichts zu tun. Nach dieser Logik wären die meisten europäischen Staaten Diktaturen. Absurd. Es gibt jede Menge Demokratien in Nationalstaaten.
Selbiges gilt für die von dir thematisierten humanistischen Werte.

Staaten, die ihre Identätit auf gemeinsamen Ideen und Werten, sprich einer Verfassung gründen, sind ein gangbarer Gegenentwurf zum Konzept des Nationalstaates, aber nichts desto trotz eine Minderheitenprogramm, das sich bis dato nur in der Schweiz, Kanada und den USA richtig gut bewährt hat.
Diese drei Staaten haben eine lange historische Genese hinter sich, die dieses Resultat mit sich begracht hat.
Von außen bzw. von oben ad hoc oktroyieren lässt sich das Konzept der Willensnation jedenfalls nicht, auch wenn das viele der EU-Apologeten gerne hätten.




(08.01.2017 13:28)Aguyar schrieb:  Und meiner Erfahrung nach gibt es in jeder Ethnie, jeder Religion und Nicht-Religion und in jedem Kutlurkreis (sogar bei den Moslems) Individuen, die einen solchen Staat favorisieren. Alles andere sind nationalstaatliche Autoritätsstaaten oder gleich Diktaturen.


Da Belarus das einzige europäische Land ist, auf das die Bezeichnung Diktatur noch uneingeschränkt zutrifft und die übrigen europäischen (National)Staaten Demokratien sind, entbehrt deine Argumentation jeglicher Grundlage.Exclamation

MfG, Titus Feuerfuchs
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09.01.2017, 01:58
Beitrag: #37
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
Ob muslimische, orthodoxe und katholische Serbokroaten 3 Völker o. eines sind, darüber kann man unterschiedlischer Auffassung sein. Das gilt auch für Kathalanen und Kastilier. Soll jede Dialektgruppe einen eignen Staat ausrufen? Das müssen aber die Kathalanen selbst entscheiden. Wahrscheinlich wird die Entscheidung knapp.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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09.01.2017, 05:05
Beitrag: #38
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(09.01.2017 01:58)Paul schrieb:  Ob muslimische, orthodoxe und katholische Serbokroaten 3 Völker o. eines sind, darüber kann man unterschiedlischer Auffassung sein. Das gilt auch für Kathalanen und Kastilier. Soll jede Dialektgruppe einen eignen Staat ausrufen? Das müssen aber die Kathalanen selbst entscheiden. Wahrscheinlich wird die Entscheidung knapp.

Katalonien würde sich bei einem Plebiszit ziemlich sicher für eine Sezession entscheiden.

Wichtig ist das Selbstbild der Völker und nicht das Fremdbild. Tatsache ist, dass die Balkanbewohner selbst als unterschiedliche Völker sehen. Das zeigte die Disembration Ex-Jugoslawiens. Selbst Montenegro spaltete sich per Plebiszit von Serbien ab.

MfG, Titus Feuerfuchs
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09.01.2017, 12:57
Beitrag: #39
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(08.01.2017 22:51)Suebe schrieb:  Es geht darum, dass der Untertan des HRR seinen Fürsten vor den Kadi zitieren konnte, und dass das gar nicht so selten vorkam.

Absolutistisch regiert wurde zu Rheinbund-Zeiten also 1805 bis 1815 nie zuvor und nicht danach. Also unter der Ägide Napoleons "jag die Kanallie davon..."

Für mich gibt es nur ein Fazit: Das HRR hätte sehr wohl überleben können.
Natürlich reformiert und "modernisiert" dass es aber dazu fähig war, hat es oft genug bewiesen.

In welchem deutschen Fürstenstaat wurde der Fürst gewählt ?
Auch der "aufgeklärte Absolutismus" ist immer noch Absolutismus:
http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2010/...-Vergleich
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09.01.2017, 13:44
Beitrag: #40
RE: Hätte das Heilige Römische Reich überleben können?
(09.01.2017 01:58)Paul schrieb:  Das gilt auch für Kathalanen und Kastilier. Soll jede Dialektgruppe einen eignen Staat ausrufen?

Katalanisch ist kein "Dialekt", sondern eine eigenständige Sprache https://de.wikipedia.org/wiki/Katalanische_Sprache. Sie gilt als Brückensprache zwischen den gallo-romanischen und ibero-romanischen Sprachen, grob gesagt zwischen dem Französischen und dem kastilischen Spanisch. Insofern hat die Abspaltungstendenz der Katalanen eine besondere Qualtät, zumal sich die Katalanen über die Jahrhunderte stets als eigene Volksgruppe gegenüber den Kastiliern betrachtet haben.

Aufgrund der historischen, sprachlichen und kulturellen Unterschiede zum übrigen Spanien sieht sich Katalonien als eine eigene Nation. Der Begriff Nation wird dabei im Sinne einer Kulturnation verstanden und nicht über eine ethnische Zugehörigkeit definiert.
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