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Rudolf IV der Stifter
23.12.2016, 04:01
Beitrag: #10
RE: Rudolf IV der Stifter
Da es in diesem Thread um Rudolf den Stifter geht, nun zu ihm.

Wie bei den meisten Persönlichkeiten des Mittelalters gibt es keine wirklich Angaben zu seinem Charakter und seiner Persönlichkeit in zeitgenössischen Quellen, die als zulässig einzustufen sind. Die Beurteilung durch spätere Generationen (bis in die Gegenwart) hing von deren politischer Einstellung ab und von den "Zeitgeist-Moden".

Da er kein König oder Kaiser war, ist er international wenig präsent und wird gewöhnlich auf die Rolle eines Gegenspielers von Karl IV. und auf seine Rolle als "Verfasser" des als Privilegium maius bekannten Urkundenwerkes reduziert, wobei sein Bild seit dem 19. Jahrhundert stark von der parteiischen preußischen Geschichtsschreibung wie auch das anderer Habsburger verzeichnet wurde. Im 21. Jahrhundert wurde diese durch die "Glorifizierung" der Luxemburger weitergeführt, als deren Begleiterscheinungen auch eine Diffamierung der Habsburger zu beobachten ist. Das wurde gerade durch die bayrisch-tschechische Landesausstellung (leider) wieder bestätigt.

In der "österreichischen" Geschichtsschreibung wurde Rudolf IV. dagegen positiv gesehen, was allerdings natürlich nicht überraschend ist und natürlich ebenfalls subjektive Gründe hatte. In der Republik Österreich war er bis zu deren EU-Beitritt der einzige Habsburger, der im Geschichtsunterricht durchgenommen wurde, obwohl er weder König noch Kaiser war.

Eine faire und sachliche Darstellung dürfte sicher nicht einfach sein, wäre aber überfällig.
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Was wissen wir über diesen Fürsten, der immerhin bis ins 20. Jahrhundert erstaunlicherweise nicht gänzlich vergessen wurde, obwohl er weder König noch Kaiser war?

Herzog Rudolf IV. von Österreich (zu seiner Zeit hatte seine Familie längst begonnen, sich nach ihrem wichtigsten Herrschaftsgebiet zu nennen, was übrigens bei anderen Dynastien auch so gehandhabt wurde, eine Bezeichnung der Familie nach der Stammburg wurde erst im 18. Jahrhundert vor allem im wissenschaftlichen Rahmen üblich) lebte im 14. Jahrhundert. Zu dieser Zeit war seine Familie längst etabliert und zählte zu den bedeutendsten Adelsfamilien des Heiligen Römischen Reichs.

Er war ein Urenkel von König Rudolf I. (HRR) (als Graf von Habsburg noch Rudolf IV.), ein Enkel von König Albrecht I. und ein Neffe von Herzog Friedrich I. oder König Friedrich (III.), besser bekannt als Friedrich der Schöne, dem nach seinem Scheitern im Kampf um die Königskrone zumindest ein "ehrenvoller" Rückzug zugestanden worden war (und der späteren Historikern sogar als rechtmäßiger König galt.

König Rudolf I. war zum Zeitpunkt seiner Königswahl nur ein einfacher Graf, der nicht einmal dem Rang eines Reichsfürsten besaß. Die Ehen zweier Töchter mit zwei Kurfürsten, möglicherweise ein Preis, den er für seine Wahl zu hatte, werden für ihn daher kaum ein besonderes Opfer gewesen sein. Mit den Herzogtümern Österreich und Steiermark, die er durch den für ihn erfolgreichen Kampf mit dem damaligen König von Böhmen für seine Familie gewinnen konnte, belehnte er später mit Zustimmung der anderen Fürsten seine beiden Söhne. Da seine Familie dort ihre Herrschaft langfristig behaupten konnte, gelang so der erfolgreiche Aufstieg in den Stand der Reichsfürsten.

Als Herzog von Österreich wird König Rudolf I. ebenfalls als Herzog Rudolf I. gezählt, obwohl er streng genommen diesen Titel nicht selbst geführt hat. Da aber die Grafen von Habsburg sich in der Folge sich nach dem Herzogtum Österreich benannten (sozusagen der neue Familienname, nachdem sie dort die Herrschaft übernommen hatten), wird er natürlich auch zu den Herzögen von Österreich gezählt.

Unter den Grafen von Habsburg finden sich die Namen Rudolf und Albrecht relativ häufig. Rudolf der Stifter, der denselben Namen wie sein Urgroßvater trägt, war ein älteste Sohn von Herzog Albrecht II. von Österreich (1298-1358), zu dem ich vor einiger Zeit ein Jux-Rätsel eingestellt und auch einiges in einem anderen Thread hier http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...p?tid=7232 gepostet habe.

Herzog Albrecht II. von Österreich, Beinamen "der Lahme" oder "der Weise" (nicht zu verwechseln mit König Albrecht II., der war als Herzog von Österreich bereits Albrecht V.) galt späteren Generationen als einer der sympathischsten, aber auch recht erfolgreichen Habsburger. Nach einer Untersuchung seiner Gebeine litt er an einer äußerst schmerzhaften chronischen Polyarthritis. Schon der Umstand, dass Symptome seiner Krankheit überliefert sind, ist aufschlussreich, da Krankheiten nach Möglichkeit im Spätmittelalter und wohl auch früher vertuscht wurden. Offensichtlich war eine Vertuschung in seinem Fall nicht möglich. Dass er zeitweise bewegungsunfähig war, hat ihn keineswegs daran gehindert, eine erfolgreiche Politik zu führen. Unter seiner Herrschaft, die ca. 28 Jahre dauerte, kamen das Herzogtum Kärnten und die Mark bzw. das Herzogtum Krain an die Familie, außerdem setzte er entscheidende Schritte, die es seinem Sohn Rudolf später möglich machten, die Herrschaft über die Grafschaft Tirol zu übernehmen.

Durch seine Ehe mit Gräfin Johanna von Pfirt gewann er mit Blick auf die damaligen "Lande" seiner Familie strategisch wichtige Herrschaften im Elsaß. Die Ehe dürfte nach dem Erfordernissen seiner Zeit recht harmonisch gewesen sein, allerdings dauerte es 15 Jahre, bis das erste Kind, eben Rudolf geboren wurde. (Aus dem, was überliefert ist, ist offen, ob die beiden zunächst keine Kinder hatten oder es nur Fehlgeburten gab.) Die beiden hatten noch weitere Kinder, darunter mindestens drei weitere Söhne.

Rudolf wurde 1339 geboren, vermutlich in Wien, er war noch relativ jung, als er seine ersten Herrscheraufgaben übernahm und er hatte wohl insofern Glück, als sein Vater zumindest lange genug am Leben war, dass er nach dessen Tod problemlos die Nachfolge (ohne eine Regierung durc einen Vormund) antreten konnte. Zudem hinterließ dieser eine recht intakte Herrschaft. Da seine Brüder zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig waren, hatte er auch nicht das Problem, sich mit ihnen ein gemeinsames Herrschaftsmodell einigen zu müssen.

Rudolf IV. war mit Katharina von Luxemburg, einer Tochter von Karls IV. aus dessen 1. Ehe, verheiratet. Er hatte keine Nachkommen mit ihr, doch lässt der Umstand, dass Katharina mehrmals zwischen ihm und ihrem Vater vermittelte und dass sie sich offensichtlich auch nach seinem Tod noch in Österreich aufgehalten hat, darauf schließen, dass die Beziehung der beiden zumindest im Rahmen dessen war, das damals als gute Ehe galt. 1364 schloss er mit seinem Schwiegervater Kaiser Karl IV. den Brünner Erbvertrag, der die gegenseitige Erbfolge zwischen den Herzögen von Österreich (Habsburger) und der Königen von Böhmen (Luxemburger) vorsah, der erste dieser Erbverträge, der zwischen beiden Familien geschlossen wurde.

Katharina war nach Rudolfs Tod mit dem Wittelsbacher Otto V. "dem Faulen", Herzog von Oberbayern und Markgraf von Brandenburg, verheiratet, dem ihr Vater später Brandenburg abkaufte, wofür er eine Menge "Reichsgut", vor allem Reichsstädte, verpfändete und dadurch übrigens die Stellung des Königs des HRR zugunsten seiner Hausmacht entscheidend schwächte. Ihre zweite Ehe blieb ebenfalls kinderlos. Über ihr weiteres Leben, sie überlebte auch ihren zweiten Ehemann und wurde sehr alt, gibt es kaum gesicherte Informationen, sie starb erst 1395, ob sie tatsächlich im Stephansdom begraben wurde, ist nicht eindeutig bewiesen. (Allerdings ist sie als Figur auf dem Kenotaph für ihren Mann im Wiener Stephansdom dargestellt und ihre Stifterfigur ist mit der von Rudolf am Singertor des Stephansdoms noch heute zu sehen.)

Auf Rudolf und das als "Freiheitsbriefe" bekannte "Privilegium maius" habe ich bereits in einem anderen Thread gepostet (der Link dazum siehe mein erstes Posting in diesem Thread).

Das Privilegium maius besteht aus fünf Urkunden (daher auch die Bezeichnung "Freiheitsbriefe"). Wenn also oft von der Urkunde die Rede ist, ist zumindest das so nicht richtig.

Das "Privilegium maius" wurde auch keineswegs von Francesco Petrarca zur Fälschung erklärt oder von ihm als solche etwa entlarvt, überliefert ist von Petrarca lediglich eine abfällige Bemerkung über den Inhalt einer in einen der Freiheitsbriefe inserierten Urkunde, wobei nicht ganz klar ist, da ist Sekundärliteratur widersprüchlich, ob Petrarca alle Freiheitsbriefe von Karl IV. erhalten hat oder nur den mit der inserierten Urkunde.

Tatsächlich als Fälschung wurden die "Freiheitsbriefe" erst im 19. Jahrhundert entlarvt, als Folge einer Material-Analyse, bei der sich herausstellte, dass die Urkunden alle auf einem Material geschaffen wurden, das aus der Zeit Rudolfs stammte.

Karl IV. hat Teile der "Freiheitsbriefe" sehr wohl bestätigt, wobei natürlich über seine Beweggründe dazu nur mutmaßen können. Bestätigte er die Punkte, die ihm berechtigt erschienen? Musste er gewisse politische Rücksichten nehmen? Oder spielten da auch persönliche Gründe eine Rolle?

Bei der (ersten) späteren Bestätigung durch König Friedrich III. (Rudolfs Großneffen) im Jahr 1442 geschah diese mit ausdrücklicher Zustimmung der Kurfürsten. (Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Entdeckung, die erst vor einigen Jahren gemacht wurde, Hinweise finden sich in der Biographie von Koller. Nach dieser scheint Friedrich nicht nur die Freiheitsbriefe ein wenig "verbessert" zu haben, sondern es gab zwei Ausfertigungen, die in Details von einander abweichen. Zumindest ist nicht auszuschließen, dass Friedrich III. den Kurfürsten eine Version zur Bestätigung vorgelegt hat, aber die andere verwendete.)
Zum Jahreswechsel 1452/53 führte er eine weitere Bestätigung durch, die allerdings mit dem Land Herzogtum Österreich und dessen Erhebung zum Erzherzogtum nichts zu tun hatte.

Zuvor waren die "Freiheitsbriefe" bereits Rudolfs anderem Großneffen, dem späteren König Albrecht II. durch König Sigmund bestätigt worden, wobei diese Bestätigung, über die ich bisher nichts Konkretes gefunden habe, vielleicht im Zusammenhang mit internen Konflikten innerhalb der Herzöge von Österreich zu sehen ist.

Über die tatsächliche Motivation Rudolfs zu der Schaffung dieser Urkunden ist nichts überliefert. Behauptungen dazu sind daher Mutmaßung oder weniger nett ausgedrückt reine Spekulation.

Die Qualität seiner Schöpfung gilt jedenfalls als beachtlich, die Personen, die diese "Freiheitsbriefe" geschaffen haben, sind leider unbekannt, müssen aber wahre Meister gewesen sein, die neben der künstlerischen Leistung auch eine Menge Fachwissen und Kenntnisse, darunter auch "historische" Kenntnisse zur Gestaltung von Urkunden hatten und denen es jedenfalls gelang, ein Bündel Urkunden zu schaffen, das für die damalige Zeit tatsächlich überzeugend wirkte.
Abgesehen davon aber ist weder überliefert, wann und wo die "Freiheitsbriefe" geschaffen wurden. Behauptungen wie dass Rudolf die Bulle Barbarossas abschnitt oder das Privilegium minus persönlich ins Feuer geworfen hätte, sind eindeutig in die Rubrik Märchen einzustufen, da nicht belegt.

Das Privilegium minus hat eine eigenen Geschichte, auf die ich hier nicht eingehen möchte. Mehr dazu unter http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...p?tid=7287.

Es stellt sich aber die Frage, ob diese Urkundenschöpfung wirkliche eine so schlimme Tat war, für die Rudolf so negativ gesehen wird, vor allem, wenn berücksichtigt wird, dass die Erstellung von gefälschten oder verfälschten Urkunden offensichtlich zu seiner Zeit durchaus üblich war. Daneben stellt sich auch die Frage, wer dadurch tatsächlich Schaden hatte, auf das Ganze gesehen.

Interessant ist, dass allerdings auch bei Rudolfs weiteren Taten die Wertung negativ ausfällt, die nun wirklich nicht negativ sind, oder bei anderen Fürsten offensichtlich in Ordnung sind oder schön geredet werden.

Dass Karl IV. für ihn auch ein Vorbild war, was ist daran negativ? Ob Rudolf wirklich alles nur machte, weil er in Konkurrenz zu seinem Schwiegervater stand und diesen zu übertreffen gedachte? Denn z. B. die Idee, eine Universität zu gründen, war für seine Länder keineswegs etwas Schlechtes? Karl IV. war durch seinen Aufenthalt in Paris entscheidend geprägt worden und hatte von dort einiges mitnehmen können, dass er später in seinem Königreich Böhmen verwirklicht hat. Spricht es nicht eigentlich für Rudolf, dass er, wie auch sein Schwiegervater für Neuerungen aufgeschlossen war?

Außer den "Freiheitsbriefen" versuchte Rudolf noch andere Ziele zu verwirklichen. Schon die Babenberger hatten versucht, Wien zu einem Bischofssitz zu machen und ihre Herzogtum Österreich aus der Abhängigkeit der Bistümer Passau und Salzburg zu lösen. Rudolf griff diese Idee auf, dass die Bischöfe von Passau und Salzburg davon nicht begeistert waren und alles taten, dass er da nicht durchkam, ist verständlich. Immerhin aber hatte das auf einem anderen Gebiet Folgen. Der Bau des Stephandoms in Wien erhielt neue Impulse.

Dass Rudolf Interesse daran hatte, die Herrschaft der Österreicher durch den Gewinn weiterer Gebiete zu vergrößern, was machten eigentlich seine Zeitgenossen? Gerade sein Schwiegervater ist da sehr tüchtig gewesen, Ludwig der Bayer ebenfalls, um nur einige prominente Beispiele zu nennen.

Auffallend ist, dass er (wie übrigens auch Karl IV.) dabei weniger auf erobern setzte, sondern weniger brutalen Methoden den Vorzug gab, bei ihm: Kauf und Verhandlungen. Mit Tirol "erbte" er eine sehr attraktive Grafschaft.

Mit Barnabo Visconti, dem damaligen Stadtherrn von Mailand, vereinbarte Rudolf die erste Eheschließung zwischen einem Reichfürsten und einer Visconti-Tochter. (Zwar fand die Eheschließung zwischen Thaddea Visconti und Stephan III. von Bayern etwas früher statt, sie wurde aber erst später vereinbart.) Da der Stadtherr von Mailand ein geographischer Nachbar der Herzöge von Österreich war, dürfte dieses Eheprojekt, das nach Rudolfs Tod auch verwirklicht wurde, nicht nur pekuniäre, sondern auch politische Gründe gehabt haben.

Wenig später starb Rudolf mit nicht einmal 26 Jahren in Mailand. Die Todesursache ist nicht geklärt, gewisse Regelungen, die er vor seiner Abreise von Wien dorthin getroffen hatte, legen allerdings nahe, dass er mit seinem Ableben gerechnet haben könnte, was die Vermutung zulässt, dass er bereits gesundheitliche Probleme gehabt hat.)

Seine letzte Ruhestätte fand er in der Herzogsgruft des Stephandoms in Wien, wobei seine inneren Organe in einer Kirche in der Nähe seines Sterbeortes beigesetzt wurden. (Das war damals, es gab noch keine Tiefkühlgeräte, eine durchaus übliche Vorgehensweise, wenn es notwendig war, einen Toten vom Sterbeort zum Begräbnisort überführen zu müssen. Mit den seit dem 17. Jahrhundert bei den Habsburgern üblichen Brauch hatte, Herz, Körper und innere Organe an drei verschiedenen Orten beizusetzen, hatte das noch nichts zu tun.)

Von seinem Leichentuch haben sich einige Teile erhalten, es handelte sich dabei um einen äußerst wertvollen orientalischen Stoff, der nur deshalb in den Handel gelangt war, weil er einen Webfehler enthielt.

Im Dommuseum in Wien ist heute noch ein zeitgenössisches Porträt von Rudolf zu besichtigen, das als das erste (Halb-)Frontalporträt des Abendlandes gilt und vor allem wegen seiner "realistischen" Darstellung als bemerkenswertes Kunstwerk gilt. (Zu sehen auf der Wikipedia.)

Im Unterschied zu den meisten Adeligen, die unter einem Beinamen bekannt wurden, ist bei ihm zumindest geklärt, wo dieser her ist. In einer Inschrift im Stephansdom in Wien wird er als "Fundator" bezeichnet. Der Name wird daher auf seine Förderung des Dombaus von Sankt Stephan bezogen, verbreitet ist auch, dass er sich auf die Gründung der Wiener Universität bezieht.

Wie bei den meisten Personen aus früherer Zeit, ist es heutiger Sicht schwierig, ein faires Urteil zu fällen, da den Übermittlungen der Zeitgenossen nicht vertraut werden kann. Hinzu kommt noch die wechselhafte Sicht späterer Generationen und "Zeitgeistmoden".

Auffallend ist jedenfalls, dass seine wichtigsten Projekte (Etablierung seiner Familie als ranghöchste Familie im Reich nach dem König / Kaiser, Gründung einer der ersten Universitäten jenseits der Alpen, "Erwerb" der gefürsteten Grafschaft Tirol (ein damals wichtiges Land) und Schaffung eines eigenen Landesbistums, inklusive Landesheiligen für das Herzogtum Österreich ob und unter der Enns), die er zumindest begonnen hat, ca. 100 Jahre nach seinem Tod alle verwirklicht waren.

Tirol kam unter ihm an seine Familie und konnte trotz einiger Krisen bis 1918 gehalten werden.

Die von ihm und seinen jüngeren Brüdern gegründete Wiener Universität, die seinen Namen trägt, war nicht nur eine der ersten Universitätsgründungen im deutschsprachigen Raum. Wenn die Karlsuniversität in Prag als "deutsche" Universität gezählt wird, war es die zweite Universitätsgründung, ansonsten die erste. Sie konnte sich auch trotz einiger anfänglicher Probleme (z. B. dass zunächst die theologische Fakultät verweigert wurde oder die problematische Finanzierung) dauerhaft etablieren, was allerdings vor allem seinem Bruder und Nachfolger, dem (Erz-)Herzog Albrecht III. vom Österreich, zu verdanken ist. (Aus dieser Gründung dürfte einer seiner Großneffen (Erz-)Herzog Albrecht VI. einiges gelernt haben, was er für seine eigenen Universitätsgründung in Freiburg im Breisgau nutzte.)

Das "politische" Programm der "Freiheitsbriefe" wurde mehr oder weniger von seinen Nachfolgern verwirklicht. Merkwürdig finde ich es übrigens, dass zumindest von Seiten der Reichsfürsten kaum irgendwelche Gegenmaßnahmen zu finden sind, das lässt zumindest die Frage zu, ob die ganze Brisanz dieser Fälschungen nicht später ein wenig überschätzt wurde. Unter der Herrschaft von Kaiser Friedrich III. wurde Wien auch ein eigenes Landesbistum.

Auch wenn zu berücksichtigen ist, dass Rudolf IV. das Glück hatte, Nachfolger zu haben, die das, was er begonnen hatte, nicht nur zu verwirklichen versuchten, sondern denen das auch gelang, ist die Leistungsbilanz, so fragwürdig manches auch sein mag, gerade mit Blick auf die doch sehr kurze Dauer seiner Herrschaft erstaunlich.

Quellen:
- Wilhelm Baum: Rudolf IV. der Stifter. Seine Welt und seine Zeit. Styria, Graz 1996
- Österreich Chronik von Walter Kleindel (Die Ausgabe, die ich habe, ist zwar aus den 1970er Jahren und manches Detail daher von der neueren Forschung überholt, aber als Überblickwerk zur "österreichischen" Geschichte noch immer eines der besten, wenn es um Fakten geht und eine übersichtliche, sachliche Darstellung.)

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Josephine Tey, Alibi für einen König
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