Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 0 Bewertungen - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Armut im Mittelalter
02.01.2017, 13:23
Beitrag: #2
Armut in Mittelalter
Zu Deinen Beitrag drei Überlegungen:
Interessant wäre sicher, wie die "Armen" ihre Lage tatsächlich wahrgenommen haben. Was die Kindheit in der Republik Österreich unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg betrifft, so waren viele Kinder damals aus armen Familien, was aber von ihnen selbst gar nicht so wahr genommen wurde. Wahrscheinlich müssten wir unterscheiden zwischen tatsächlicher Armut, wo es wirklich den Betroffenen an allem Lebensnotwendigen gemangelt hat, und relativer Armut, bei der die Betroffenen so einigermaßen über die Runden kamen, sich aber einen gewissen Lebensstandard nicht leisten konnten.

(31.10.2016 13:06)Aurora schrieb:  Zum Beispiel waren die Ärmsten der Armen vorwiegend Arbeiter auch in den Salinen und Salzbergwerken. Salz war zu der Zeit ein geringwertiges Produkt, an dem nur die Spekulanten und der Fiskus verdienen konnten, so dass für den Armen kaum am Gewinn was übrig blieb.
Neben Salinearbeitern galten auch Seeleute, die ebenfalls am untersten Ende der Gesellschaft lebten. Der Lohn für die Arbeit der Armen reichte zur Sicherung des Lebensunterhaltes kaum aus.

Da Salzminen immer wieder verpfändet wurden, kommt es mir nicht sehr überzeugend vor, dass Salz damals wirklich so geringwertig war. Salz war außerdem damals doch eines der wenigen Mittel, mit denen Lebensmittel konserviert werden konnten, es diente damals also nicht nur der Geschmacksverbesserung.

(31.10.2016 13:06)Aurora schrieb:  Mit diesem Sprichwort wird auch verdeutlicht, dass die Armen die bevorzugten Opfer der Epidemie waren. Gewöhnlich breitete sie sich zuerst in den Armenvierteln aus, wütete besonders extrem und forderte weitaus mehr Todesopfer als in den noblen Wohnvierteln der Oberschicht.

Aus dem Jahr 1463 erfahren wir, dass im damaligen Herzogtum Österreich (unter der Enns) (heute Teil des Bundeslandes Niederösterreichs der Republik Österreich) eine Seuche herrschte. Deswegen sollen der Kaiser und die Kaiserin, die damals ihren Sitz in der Neustadt (heute Wiener Neustadt) hatten (das übrigens damals gar nicht Teil dieses Herzogtums Österreich war) ihren Sohn, den späteren Kaiser Maximilian I., zu seiner Sicherheit nach Graz (damals eine der beiden wichtigsten Städte des Herzogtums Steier(mark), heute Landeshauptstadt des Bundeslandes Steiermark der Republik Österreich) geschickt haben. Sie blieben aber selbst in der Neustadt, das letztlich von der Seuche verschont blieb. Man wird davon ausgehen, das Wegbringen des späteren Kaisers eher eine Vorsichtsmaßnahme als tatsächlich notwendig war.
In anderen Fällen erfahren wir wiederum, dass sich Herrscher, wenn wieder einmal eine Seuche in ihrer Residenzstadt herrscht, in eine andere Residenz begaben.

Daraus würde ich schließen: Wer es sich leisten konnte, hatte die Möglichkeit sich bei einer Seuche woanders hinzubegeben, die ärmere Bevölkerung bzw. die Leibeigenen und Unfreien hatten diese Möglichkeit nicht.
--------------------

Übrigens habe ich im "Nirwana" eine Anmerkung gefunden, dass Armut im Mittelalter auch bedeutete, keine Familie zu haben. Offensichtlich war diese im Vergleich zu heute ein äußerst wichtiger Faktor.

Auf diesen Aspekt spielt vielleicht auch ein literarisches Werk der nordischen Literatur, die "Thidrek-Saga", in der es auch um die Nibelungensage geht, an. Sigurd (Siegfried) ist sicher keiner der Armen, er ist hier ein Königssohn, aber ohne Familie. Brunhild gegenüber, die zumindest als "Gutbesitzerin" hier besser gestellt ist, als er, begründet er seine Ehe mit Gudrun (Kriemhild) damit: er hätte Gudrun genommen, da sie Brüder hätte, die Brunhild nicht hat. Die Ehe zwischen Brunhild und seinem jetzigen Schwager Gunnar (Gunther) will er hier übrigens auch stiften, um Brunhild zu einem "guten" Mann zu verhelfen. Er will also Brunhild ebenfalls zu einer Familie verhelfen, und sie so wohl auch dafür entschädigen, dass er nicht sie, sondern eine andere genommen hat.

Sind die "Brüder" von Gudrun also nur eine faule Ausrede, wie es in der Sekundärliteratur oft behauptet wird, oder ist das aus dem historischen Kontext doch eine sinnvolle und nachvollziehbare Begründung? Gudrun (Kriemhild) bietet Sigurd (Siegfried) hier die Zugehörigkeit zu einer Familie, was im Mittelalter offensichtlichh eine gewichtige Option ist. Wer keine Familie hat, ist bereits arm.

---------------------------
Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Nachrichten in diesem Thema
Armut im Mittelalter - Aurora - 31.10.2016, 13:06
Armut in Mittelalter - Teresa C. - 02.01.2017 13:23
RE: Armut in Mittelalter - Sansavoir - 02.01.2017, 16:04
RE: Armut im Mittelalter - Aurora - 02.01.2017, 14:16

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds