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Romulus und Remus (Römischer Mythos)
10.09.2016, 17:33
Beitrag: #1
Romulus und Remus (Römischer Mythos)
Da ich erst kürzlich in Rom einige Tage verbrachte, hat es mich nun gereizt, erneut ein Mythos zum Besten zu geben:

Romulus und Remus

Die Sage von Romulus und Remus ist der Gründungsmythos Roms. Indem sie Romulus und Remus zu Nachkommen des Aeneas macht, knüpft sie an den Sagenkreis vom Trojanischen Krieg an.
Einen historischen Hintergrund hat die Sage nicht. Der Name „Romulus“ wurde vermutlich aus dem Namen der Stadt gebildet, nicht umgekehrt.

In Alba Longa regierte Numitor, einer der Nachkommen des Aeneas. Sein Bruder Amulius, entriss ihm den Thron und zwang Rea Silvia, die Tochter Numitors, Vestalin zu werden, da sie sich als Priesterin der Vesta nicht vermählen durfte. So sollte die Geburt eines rechtmäßigen Thronerben verhindert werden.

Rea Silvia aber gebar dem Kriegsgott Mars die Zwillinge Romulus und Remus. Als Amulius das erfuhr, ließ er seine Nichte ins Gefängnis werfen und befahl, die beiden Knaben im Tiber auszusetzen. Der war jedoch gerade über die Ufer getreten, als die Diener ankamen. So schoben sie die Wanne, in der die Kinder ausgesetzt werden sollten, in das flache Uferwasser.

Bald darauf trat der Strom in sein gewöhnliches Bett zurück. Die Wanne aber blieb an einem Feigenbaum hängen und kippte um, so dass die beiden Knaben in den Schlamm fielen. Ihr Geschrei lockte eine Wölfin herbei, die sich barmherziger als die Menschen zeigte. Sie trug die Zwillinge behutsam in ihre Höhle, leckte sie sauber und säugte sie, so dass sie dem sicheren Tod entgingen. Auch ein Specht hütete die Kinder und trug ihnen Speise zu.
Das sah einer der königlichen Hirten, und voller Staunen rief er seine Genossen herbei. Schließlich brachten sie die Knaben zu Faustulus, dem Schweinehirten des Königs, und dessen Frau nahm sich der Kleinen an und zog sie auf. So wuchsen sie unter den Hirten des Landes zu tüchtigen jungen Männern heran.

Eines Tages aber gerieten sie mit den Hirten Ihres entthronten Großvaters Numitor in Streit. Sie wurden ergriffen und vor Numitor gebracht. Der ließ sich alles erzählen, was Faustulus von ihnen wusste, betrachtete wieder und wieder ihre Gesichtszüge und erkannte sie schließlich als seine Enkel.

Nun erfuhren Romulus und Remus, wie schändlich Amulius an ihnen und ihrer Mutter gehandelt hatte, und sie beschlossen, unverzüglich Rache zu nehmen. Sie stürmten in den Palast von Alba Longa, erschlugen den ungerechten Amulius und setzten ihren Großvater wieder auf den Thron.

Zum Dank erhielten sie die Erlaubnis, an der Stelle, an der sie ausgesetzt worden waren, eine Stadt zu gründen. Als sie aber die Götter durch Vogelflug entscheiden lassen wollten, wer die neue Stadt benennen und beherrschen solle, entzweiten sie sich, und nur die größere Zahl seiner Anhänger ließ Romulus siegen.

Sofort machte er sich ans Werk: Er zog die heilige Furche, die den Umkreis der Siedlung bestimmte, und ließ notdürftig Mauer und Graben anlegen. Spöttisch betrachtete Remus das Beginnen des Bruders, und um ihn zu verhöhnen, sprang er über die noch niedrige Mauer in das Innere der Anlage. Das war eine schmähliche Verletzung von Gesetz und Recht, denn jede Mauer einer Stadt galt als heilig. Da ließ Romulus sich von seinem Zorn hinreißen und erschlug seinen Bruder. „So möge es jedem ergehen“, rief er, „der über meine Mauern springt!“

Nach diesem Brudermord herrschte Romulus aber weise und umsichtig über die neu gegründete Stadt. Um ihre Bevölkerung zu vermehren, erklärte er sie zu einer Freistatt, in der sich alle Heimatlosen flüchten konnten. Viele Männer kamen so im Laufe der Jahre, aber es fehlten die Frauen, und die Gesandten Roms, die um Frauen werben sollten, fanden überall nur Ablehnung. Da griff Romulus zu einer List. Ohne sich seinen Unwillen merken zu lassen, lud er die benachbarten Städte zu einem großen Kampfspiel ein. Und wirklich lockte er viele Neugierige an. Vor allem die auf einem Nachbarhügel wohnenden Sabiner kamen fast vollzählig.

Mitten im Spiel jedoch stürzten die römischen Krieger sich auf ihre Gäste, sprengten sie auseinander und ergriffen alle jungen Mädchen, deren sie habhaft werden konnten. Da ihre Väter und Brüder waffenlos gekommen waren, blieb ihnen nichts übrig, als zu fliehen. Sie schworen furchtbare Rache, aber die geraubten Mädchen beruhigten sich bald und ließen sich eine nach der anderen zur Ehe bestimmen.

Als die Sabiner später mit einem starken Heer zurückkehrten und den Römern eine verzweifelte Schlacht lieferten, warfen die geraubten Frauen sich mit ihren Kindern unter die Kämpfenden und flehten sie an, das Blutvergießen zu beenden: „Um unsertwillen wird der Krieg geführt, um unsertwillen werden hier unsere Männer und dort unsere Väter und Brüder verwundet und erschlagen. Weit besser, wir sterben, als wir leben ohne euch als Witwen und Waisen!“ Dumpfes Schweigen antwortete ihnen.

Endlich traten Romulus und Titus Tatius, der Fürst der Sabiner, aufeinander zu und reichten sich die Hand. Eine allgemeine Verbrüderung folgte, und um ihren Bund zu besiegeln, verschmolzen Römer und Sabiner zu einem Volk.

Siebenunddreißig Jahre lang hatte Romulus als großer Fürst regiert. Da hielt er auf dem Marsfeld, einem Platz außerhalb der alten Stadt, eine gewaltige Heerschau ab. Plötzlich trat eine Sonnenfinsternis ein, ein fürchterlicher Orkan erhob sich und nachtdunkle Wolken entrückten Romulus den Augen der Umstehenden: Mars selbst war gekommen, um seinen Sohn auf einem feurigen Wagen in den Kreis der Götter zu geleiten. So kam seine Herrschaft des Romulus zum Ende...
(Quelle: Roma-online.de)

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11.09.2016, 14:44
Beitrag: #2
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
Es wäre sicher interessant zu wissen, inwieweit hier die biblische Geschichte von Kain und Abel Spuren hinterlassen hat. Der biblische Kain gilt als Ahnherr der Städtegründer, Abel dagegen als Ahnherr der Nomaden.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

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12.09.2016, 16:13
Beitrag: #3
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
(11.09.2016 14:44)Teresa C. schrieb:  Es wäre sicher interessant zu wissen, inwieweit hier die biblische Geschichte von Kain und Abel Spuren hinterlassen hat. Der biblische Kain gilt als Ahnherr der Städtegründer, Abel dagegen als Ahnherr der Nomaden.

Alles uralte Topoi.

Zunächst einmal werden die beiden Knaben Romolus und Remus in einem Korb auf dem Tiber ausgesetzt. Das findet sich schon 2300 v. Chr. beim mesopotamischen Herrscher Sargon von Akkad. Dort geht das so:

„Scharrukin (= Sargon), der starke König, der König von Akkade bin ich. Meine Mutter war eine Verstoßene, meinen Vater kannte ich nicht. Die Verwandtschaft meines Vaters wohnt im Gebirge. Meine Geburtsstadt ist die Stadt Safran, die am Ufer des Euphrat liegt. Es empfing mich die Mutter, die Verstoßene gebar mich heimlich. Sie legte mich in einen Korb aus Schilf, mit Asphalt verschloss sie meine Öffnungen. Sie ließ mich auf dem Fluss nieder, aus dem ich nicht mehr selbst emporsteigen konnte. Der Fluss trug mich, zu Aqqi dem Wasserschöpfer brachte er mich.“

Bei Moses geht das dann ganz ähnlich und vermutlich gibt es noch weitere Legenden, in denen Kinder auf einem Gewässer ausgesetzt werden, die später historische Bedeutung erlangen.

Hinsichtlich legendärer Brudermorde sind mir drei bekannt: Kain un Abel. Romulus und Remus sowie in der ägyptischen Mythologie Seth, der seinen Bruder Osiris ermordet.
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13.09.2016, 10:58
Beitrag: #4
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
Ich denke mir, das hinter dieser biblischen Geschichte viel Weisheit steht. Wie verhält sich Kain im Gegensatz zu Abel? Lt. Flavius Josephus hatte Kain die von Gott erschaffene einfache Ordnung auf dem Kopf gestellt, indem er Städte und Mauern errichten ließ und auch das Maß erfunden haben soll. Flavius lies kein gutes Haar an ihm. Er beschreibt Kain als einen üblen Menschen, und auch seine Nachkommen beschreibt er als mordend, vergewaltigend und herzlos. So schien wohl Kain ein Gegensatz zu Abel, den er in seinem Hass/Neid erschlug.

Wenn ich diese Geschichte einer Bedeutung beimessen soll, dann würde ich diese so sehen:
Kain war der böse Mensch und Abel (hebräisch: Atem/Hauch) war ganz das Gegenteil. Ich gehöre zwar keiner Konfession an, aber die Bibel hatte ich mal vor Jahren gelesen weil mich diese Texte sehr interessiert hatten.

Zu der evtl. Bedeutung mal so meine Gedanken:

Gott steht auf der Seite des Leidenden, ungerecht Behandelten und Unterdrückten. Er fühlt den Schmerz der Elenden.
Zu allen Zeiten gibt es Menschen, die sich einer Verantwortung entziehen und dreist fragen wie Kain dem Gott geantwortet hat: "Soll ich meines Bruders Hirte sein?"
Gott vernichtet keinen Dieb, keine Mörder, sondern will diese Menschen eine Chance geben, sich zu bessern und die Taten zu bereuen. Ein grausamer gewissenloser Sieger ist in der Bibel kein Held, sondern eher der Verbrecher. Nicht auf den gewaltsamen Sieg kommt es an, sondern auf Gerechtigkeit und Menschlichkeit.
Die Erzählung ist eine Friedens- und Versöhnungsgeschichte:
Die Botschaft der Geschichte lautet:
"Ihr Wanderhirten und ihr Bauern, die ihr so oft in Konflikt miteinander geratet, vor Gott seid ihr doch Brüder!"

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14.09.2016, 07:01
Beitrag: #5
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
Als ich zum ersten Mal den Text in der Bibel gelesen habe, war ich sehr überrascht: Eva und Adam wollen, dass ihre Söhne Kain und Abel Gott ein Opfer bringen. Gott nimmt das Opfer von Abel an, aber nicht von Kain. (Eine Begründung, warum Gott sich so verhält, wird im biblischen Text nicht gegeben.) Daraufhin erschlägt Kain seinen Bruder ...

Als Kind war uns die Geschichte etwas anderes erzählt worden. Da wurde erzählt, dass Abel sein schönstes Lamm für das Opfer schlachtete, während Kain faulige Kartoffel(!) opferte. In dieser Version (die offensichtlich bereits in unserer Familie seit Generationen Kindern erzählt wurde) ist anders als in der Bibel schon verständlich, dass Gott die beiden Opfer unterschiedlich behandelt, und Kain kriegt hier nur das, was er eigentlich auch verdient hat, und statt wenigstens aus der Erfahrung zu lernen, erschlägt der Schuft dann noch seinen Bruder ...

Zumindest der biblische Text ist (was übrigens für viele Geschichten, die in der Bibel überliefert sind) ambivalent, was die Figur des Kain betrifft.

Ich bin keineswegs der Ansicht, dass die Tötung des Abels irgendwie zu entschuldigen ist, aber zumindest so wie das im Bibeltext übermittelt wird, sind die Motive von Kain jedenfalls verständlich: Kain ist offensichtlich auf seinen Bruder eifersüchtig, aber da es dort keine Erklärung gibt, warum Gott sein Opfer nicht ebenfalls so gewürdigt hat, wie das von Abel, kann ich ihn eigentlich ganz gut verstehen. Warum werde ich anders behandelt als mein Bruder? Warum gefällt Gott mein Opfer nicht? .... Das ist ungerecht ...

Auffallend ist auch, dass der Mord zwar keineswegs zu entschuldigen ist, aber Kain muss letztlich dafür nicht mit seinem Leben bezahlen, und er endet letztlich als einer der biblischen Ahnherren der Menschen.
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Bei Romulus und Remus erscheint der Konflikt wesentlich komplizierter, was sicher daran liegt, dass Remus etwas mehr Profil als der doch brave, eher farblose Abel hat, zumindest nach dem, was Titus Livius berichtet. Das liegt sicher auch daran, dass beide Brüder zunächst offensichtlich gemeinsam agieren. Erst im Zusammenhang mit der Stadtgründung gibt es den ersten Clinch.

Das göttliche Zeichen, dass sie sich erbitten, lässt mehrere Auslegungen zu. Romulus entscheidet unter Anwendung von Gewalt darüber, welche Auslegung die Richtige zu sein hat.

Zur Tötung kommt es aber erst, als Remus, als mit den Bauarbeiten begonnen wird, einen Akt setzt, mit dem er seinen Bruder in der Öffentlichkeit provoziert.

Auffallend ist aber, dass der Gründer von Rom keineswegs als Unschuldslamm gezeigt ist.

Trotzdem könnte es vielleicht zwischen den beiden Geschichten einen Zusammenhang geben, allerdings müssten wir da wahrscheinlich noch weitere Städtebau-Mythen überprüfen. Konkrete Beispiele habe ich jetzt nicht intus, aber mir ist zumindest noch in Erinnerung, dass immer wieder das Motiv des Opfers dabei vorkommt, wie z. B. das jemand in den Grundstein eingemauert wird, der Baumeister die eigene Frau tötet etc.

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14.09.2016, 07:08
Beitrag: #6
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
Euch ist doch hoffentlich klar, dass es sich um Sagen handelt?

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
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14.09.2016, 15:49
Beitrag: #7
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
(14.09.2016 07:01)Teresa C. schrieb:  .Auffallend ist auch, dass der Mord zwar keineswegs zu entschuldigen ist, aber Kain muss letztlich dafür nicht mit seinem Leben bezahlen, und er endet letztlich als einer der biblischen Ahnherren der Menschen.

Dafür muss er allerdings das "Kainsmal" tragen, das ihn sowohl als Mörder brandmarkt als auch schützt:

"Hierauf sagte Kain zu seinem Bruder Abel: Gehen wir aufs Feld! Als sie auf dem Felde waren, griff Kain seinen Bruder Abel an und erschlug ihn. […] Der Herr sprach: Was hast du getan? Das Blut deines Bruders schreit zu mir vom Ackerboden. So bist du verflucht, verbannt vom Ackerboden, der seinen Mund aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen. Wenn du den Ackerboden bestellst, wird er dir keinen Ertrag mehr bringen. Rastlos und ruhelos wirst du auf der Erde sein. Kain antwortete dem Herrn: Zu groß ist meine Schuld, als dass ich sie tragen könnte. Du hast mich heute vom Ackerland verjagt und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen; rastlos und ruhelos werde ich auf der Erde sein und wer mich findet, wird mich erschlagen. Der Herr aber sprach zu ihm: Darum soll jeder, der Kain erschlägt, siebenfacher Rache verfallen. Darauf machte der Herr dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihn finde."
(Gen 4,8-15), 'Einheitsübersetzung'"


"Kajin sprach zu dem Ewigen: „Meine Strafe ist zu groß, um sie zu tragen. Siehe, du hast mich vertrieben von diesem Erdreich hinweg. Vor deinem Antlitz soll ich mich verbergen. Wenn ich nun unstet und flüchtig auf der Erde bin, so wird mich jeder umbringen, der mich findet.“ Da sprach der Ewige zu ihm: „Niemand wage es, Kajin umzubringen! Siebenfältig soll er gerächt werden!“ Der Ewige machte dem Kajin ein Zeichen, dass ihn nicht jeder erschlage, der ihn findet."
(Gen 4,13-15, 'Die Torah in jüdischer Auslegung"
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16.09.2016, 18:52
Beitrag: #8
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
Die Romulus-Sage ist eine Sage, ja. Aber wie die meisten Sagen ist irgendwo ein historischer Kern versteckt Wink
Bei Romulus könnte der so aussehen:
Rom bestand ursprünglich aus mehreren Dörfern. Auf dem Palatin war eines, auf dem Esquilin ein anderes. Die Bewohner waren - erkennbar an den sehr unterschiedlichen Kermaik- und Begräbnisstilen - Sabiner und Leute aus den Albaner Bergen, Vorfahren der Latiner.
Die Bewohner beider Dörfer rauften sich zusammen und als die nördlich benachbarten Etrusker erkannten, dass die Siedlung an einer strategisch günstigen Stelle am Tiber lag, entstand eine städtische Siedlung unter etruskischen Vorzeichen: Das sumpfige Forumstal wurde trocken gelegt und ein Forum angelegt, auf dem Kapitol ein Jupitertempel errichtet, der aber noch zwei weiteren Gottheiten geweiht war: Neben dem Himmelsgott Jupiter wurden noch Mars (Kriegs- UND Ackerbaugott) und Quirinus (entweder eine Gottheit, aus der später Janus entstand oder nach Meinung anderer Wissenschaftler der sabinische Kriegsgott) verehrt. Auch die frühen Könige Roms, der Sabiner Numa Pompilius, der Latiner Tullus Hostilius und Ancus Marcius, der Halbsabiner und Schwiegersohn von Numa gewesen sein soll, sind so legendenüberwuchert, dass man sie kaum als historische Personen ansprechen kann. Vor diese Sagenkönige wurde dann später noch Romulus gestellt, der mythische Stadtgründer. Numa, Tullus und Ancus stellen wohl die "Urform" der römischen Gründungslegende dar, Romulus kam unter griechischem Einfluss hinzu. Livius hat diese Legende dann genüßlich ausgewalzt und somit erst die uns heute überlieferte Romuluslegende geschaffen.
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16.09.2016, 19:44
Beitrag: #9
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
(16.09.2016 18:52)913Chris schrieb:  Die Romulus-Sage ist eine Sage, ja. Aber wie die meisten Sagen ist irgendwo ein historischer Kern versteckt Wink
Bei Romulus könnte der so aussehen:
Rom bestand ursprünglich aus mehreren Dörfern. Auf dem Palatin war eines, auf dem Esquilin ein anderes. Die Bewohner waren - erkennbar an den sehr unterschiedlichen Kermaik- und Begräbnisstilen - Sabiner und Leute aus den Albaner Bergen, Vorfahren der Latiner.
Die Bewohner beider Dörfer rauften sich zusammen und als die nördlich benachbarten Etrusker erkannten, dass die Siedlung an einer strategisch günstigen Stelle am Tiber lag, entstand eine städtische Siedlung unter etruskischen Vorzeichen: Das sumpfige Forumstal wurde trocken gelegt und ein Forum angelegt, auf dem Kapitol ein Jupitertempel errichtet, der aber noch zwei weiteren Gottheiten geweiht war: Neben dem Himmelsgott Jupiter wurden noch Mars (Kriegs- UND Ackerbaugott) und Quirinus (entweder eine Gottheit, aus der später Janus entstand oder nach Meinung anderer Wissenschaftler der sabinische Kriegsgott) verehrt. Auch die frühen Könige Roms, der Sabiner Numa Pompilius, der Latiner Tullus Hostilius und Ancus Marcius, der Halbsabiner und Schwiegersohn von Numa gewesen sein soll, sind so legendenüberwuchert, dass man sie kaum als historische Personen ansprechen kann. Vor diese Sagenkönige wurde dann später noch Romulus gestellt, der mythische Stadtgründer. Numa, Tullus und Ancus stellen wohl die "Urform" der römischen Gründungslegende dar, Romulus kam unter griechischem Einfluss hinzu. Livius hat diese Legende dann genüßlich ausgewalzt und somit erst die uns heute überlieferte Romuluslegende geschaffen.

Deinen Text unterschreibe ich persönlich!
Nur war mir nicht ganz klar, dass Romulus unter griechischen Einfluss in dem Mythos hinzu gekommen ist.

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17.09.2016, 10:04
Beitrag: #10
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
(16.09.2016 19:44)Aurora schrieb:  Nur war mir nicht ganz klar, dass Romulus unter griechischen Einfluss in dem Mythos hinzu gekommen ist.

Die Griechen hatten ein Faible für mythische Städtegründer, meistens ein Gott oder Heros, dessen Glanz auf die Stadt abfärben sollte. Die Erfahrungen der kolonisationszeit, in der ja tatsächlich meistens ein Adliger die Ansiedlung leitete und dann auch die zugehörige Stadt gründete, führte dann dazu, dass beinahe jede griechische Stadt sich irgendeinen Gründer suchte, selbst wenn der gar nicht (mehr?) bekannt war Wink

Die Römer hatten solche Traditionen nicht, wollten aber den Griechen in nichts nachstehen, weswegen sie Gründer erfanden, deren Name aus dem Städtenamen abgeleitet waren, wobei natürlich im Mythos behauptet wurde, es wäre umgekehrt gewesen, der Städtename habe sich aus dem Namen des Gründers hergeleitet...Wink
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17.09.2016, 10:23
Beitrag: #11
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
Die Römer hatten sich auf unterschiedlicher Weise an die Griechen angelehnt. Selbst die Götter hatten sie übernommen nur bekamen diese von den Römern andere Namen, z. B. die griech. Göttin Hera - römisch: Juno.
Selbst in der Architektur (besonders die Säulengruppen) hatten sie oft in ihrer Baukunst verwendet.

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17.09.2016, 13:26
Beitrag: #12
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
(16.09.2016 18:52)913Chris schrieb:  Vor diese Sagenkönige wurde dann später noch Romulus gestellt, der mythische Stadtgründer. Numa, Tullus und Ancus stellen wohl die "Urform" der römischen Gründungslegende dar, Romulus kam unter griechischem Einfluss hinzu.

Du vergisst Aeneas, der als Ahnherr des römischen Volkes gilt.

Der Mythos über die Gründung Roms, der sich an die Sagen um Troja anschloss, entstand wahrscheinlich durch die Griechen, die versuchten, die Herkunft der starken Nachbarn in die eigene Entstehungsgeschichte einzugliedern. Die Römer nahmen die Sage über Aeneas als Urvater Roms zu einem späteren Zeitpunkt auf. Mit seiner Schrift „Äneis“ schuf VERGIL ein römisches Nationalepos, das den Machtanspruch der Römer durch göttliches Wirken begründete.
Die Sage um die Gründung Roms beginnt mit dem Ende des Trojanischen Krieges und der Flucht des trojanischen Königssohnes Aeneas.
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17.09.2016, 13:31
Beitrag: #13
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
sehr interessant! "Äneis" (Vergil). Das Buch habe ich inzwischen auch hier in meiner kleinen Bibliothek, aber bin noch nicht zum lesen gekommen.

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18.09.2016, 01:50
Beitrag: #14
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
(17.09.2016 13:26)Dietrich schrieb:  
(16.09.2016 18:52)913Chris schrieb:  Vor diese Sagenkönige wurde dann später noch Romulus gestellt, der mythische Stadtgründer. Numa, Tullus und Ancus stellen wohl die "Urform" der römischen Gründungslegende dar, Romulus kam unter griechischem Einfluss hinzu.

Du vergisst Aeneas, der als Ahnherr des römischen Volkes gilt.

Der Mythos über die Gründung Roms, der sich an die Sagen um Troja anschloss, entstand wahrscheinlich durch die Griechen, die versuchten, die Herkunft der starken Nachbarn in die eigene Entstehungsgeschichte einzugliedern. Die Römer nahmen die Sage über Aeneas als Urvater Roms zu einem späteren Zeitpunkt auf. Mit seiner Schrift „Äneis“ schuf VERGIL ein römisches Nationalepos, das den Machtanspruch der Römer durch göttliches Wirken begründete.
Die Sage um die Gründung Roms beginnt mit dem Ende des Trojanischen Krieges und der Flucht des trojanischen Königssohnes Aeneas.

Da bin ich jetzt ganz anderer Ansicht und nehme an, dass die Griechen selbst gar nichts mit dem Mythos der Gründung Roms zu tun haben. Ich halte diese Sage nicht einmal für eine übliche, aus generationenlangen mündlichen Überlieferungen entstandene Erzählung über nicht mehr verstandene historische Ereignisse sondern tatsächlich um ein Propaganda-Werk gebildeter Römer. Du selbst bestätigst mich in meinem Veradacht: "Mit seiner Schrift „Äneis“ schuf VERGIL ein römisches Nationalepos, das den Machtanspruch der Römer durch göttliches Wirken begründete".

Abgesehen vom "göttlichem Wirken" wollten die Römer eben auch eine Herkunft, die was hergab - und da war der trojanische Flüchtling Äneas doch etwas exklusiver als irgendein ladinischer Ziegenhirte. Die Griechen kannten nur die Flucht von Äneas, von seiner Ankunft in Italien wussten sie nichts. Ich behaupte, bereits Äneas' Aufenthalt bei Dido ist römischen und nicht griechischen Ursprungs. Jedenfalls ist es verdächtig, dass Karthago in der Sage breits eine Rolle spielt.

Auch bei einer inhaltlichen Analyse müsste eigentlich auffallen, das es sich hier um ein römisches "Machwerk" handelt, wobei kein einziger Grieche - auch nicht einer aus der Neustadt (Neapolis, Napoli) - beteiligt gewesen sein dürfte. Die ganze Sage ist viel zu nüchtern, um griechisch zu sein. Das geht schon aus dem farblosen Tyrannen, dem Onkel von Romulus und Remus, welcher den Thron widerrechtlich an sich gerissen hatte, hervor. Kein Grieche in seiner Position hätte es sich nehmen lassen, zusätzlich auch noch Blutschande mit seiner Schwester zu treiben, Jupiter beim Opfer zu bescheissen und eine heilige Hirschkuh zu jagen und zu verspeisen. Und auch beim "göttlichen Wirken" deutet alles auf ein römisches Konstrukt hin. Die Zeugung von Romulus und Remus ist ebenfalls ganz unspektakulär - ganz ohne Blitz und Donner. Der Kriegsgott scheint beim Akt völlig zerstreut gewesen zu sein. Jeder zeitgenössischer Grieche hätte mit Recht behauptet: "Das war nicht Mars, das war der Gärtner".

Interessant fände ich es, darüber zu sepkulieren, wer konkret die Sage erfunden haben könnte. War es bereits einer der "sieben Könige" ? Allerdings sind diese selbst nicht über jeden historischen Zweifel erhaben. Wikipedia meint, dass die Römer erst ab dem 5. Jahrhundert unter dem Einfluss der Ertrusker damit begannen, die griechische Götterwelt zu importieren. Quintus Fabius Pictor soll der erste gewesen sein, der die Sage von Romulus und Remus aufgeschrieben hat. Oder aber es war Plutarch - zwar ein Grieche, aber damals war Rom bereits auf dem Höhepunkt der Macht und das alte Hellas eigentlich schon Geschichte.
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18.09.2016, 10:24
Beitrag: #15
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
(18.09.2016 01:50)Aguyar schrieb:  Interessant fände ich es, darüber zu sepkulieren, wer konkret die Sage erfunden haben könnte. War es bereits einer der "sieben Könige" ? Allerdings sind diese selbst nicht über jeden historischen Zweifel erhaben. Wikipedia meint, dass die Römer erst ab dem 5. Jahrhundert unter dem Einfluss der Ertrusker damit begannen, die griechische Götterwelt zu importieren. Quintus Fabius Pictor soll der erste gewesen sein, der die Sage von Romulus und Remus aufgeschrieben hat. Oder aber es war Plutarch - zwar ein Grieche, aber damals war Rom bereits auf dem Höhepunkt der Macht und das alte Hellas eigentlich schon Geschichte.

Wie der Mythos entstanden ist, ist umstritten. Ich nehme eher an, das die sieben Könige eigentlich weniger damit zu tun haben könnten, eher würde ich die Etrusker mehr einbeziehen. Der Mythos selbst blieb sicher nicht vor ihnen verborgen; auch wurde der Mythos zu der Zeit der Etrusker sicher nicht vertextet, sondern ging eher von "Mund zu Mund"von ihnen zu den Römern. Ob es nun Pictor oder gar Plutarch war der den Mythos aufgeschrieben hat, ist leider nicht nachzuvollziehen.

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18.09.2016, 17:28
Beitrag: #16
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
Nun, was Mars und seine Vaterschaft betrifft, schon Titus Livius räumt hier die Möglichkeit ein, dass die Vestalin das nur behauptet hat, weil ein Gott eben für den Bruch ihres Gelübdes doch eine bessere Entschuldigung ist als jemand anderer wie eben ein Gärtner.

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19.09.2016, 10:34
Beitrag: #17
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
Zu Fabius Pictor und seiner Darstellung der römischen Gründungsphase zitiere ich mal Tante Wiki Wink

"Fabius wird stark von der griechischen Geschichtsschreibung beeinflusst, ihre Vorbildfunktion zeigt sich schon bei seiner Darstellung der Frühzeit. Hier bedient er sich der griechischen Ktisis-Literatur und benutzt die Tyro des Sophokles. Die Aeneassage findet er bei Hellanikos von Mytilene, die Romuluslegende bei Hieronymos von Kardia und Diokles von Peparethos. Wie auch anderen fehlte es ihm an Material, um die Frühgeschichte Roms verlässlich zu rekonstruieren. Als Quellen benutzte er eigene Chroniken und die anderer wichtiger römischer Familien sowie die Annalen, auf denen der Pontifex Maximus alljährlich den Kalender veröffentlichte, die Namen der Magistrate und wichtige Ereignisse des Jahres unter dem jeweiligen Datum verzeichnete."

Es war also nicht erst Livius, der die einzelne Fragmente, die die verschiedenen Gründungssagen Roms darstellen, zu einem mow stimmigen Ganzen zusammenfügte. Aber er dürfte die Fabier-freundlichen Linie des Fabius Pictor durch eine Julier-freundliche ersetzt haben Wink
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19.09.2016, 12:42
Beitrag: #18
RE: Romulus und Remus (Römischer Mythos)
Also doch Fabius Pictor, wie interessant!

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