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Ist das Judentum in Deutschland wirklich gefährdet?
12.09.2012, 00:04
Beitrag: #8
RE: Ist das Judentum in Deutschland wirklich gefährdet?
(10.09.2012 22:11)Viriathus schrieb:  Moin,

vorneweg: Ich würde eine sachliche Diskussion zum Thema begrüßen. Wer meint sich wieder irgendwelche Vorwürfe an den Kopf werfen zu müssen, darf gerne davon absehen in die Tasten zu hauen.

Worum es geht:
In den letzten Tagen geschahen zwei Dinge, die eine riesige Debatte losgetreten haben. Erstens wurde ein Rabbi in Berlin von antisemitischen Arabern krankenhausreif geschlagen. Zweitens fällte ein Gericht in Köln das Urteil, dass Beschneidungen Körperverletzung seien.
Der Aufschrei der Juden in Deutschland ist gigantisch. Relativ offen wird gefragt, ob es als Jude noch sicher sei in Deutschland zu leben bzw. wie antisemitisch die Deutschen seien. Von entfesseltem Hass in Emails und im Internet ist die Rede und vor allem davon, dass sich die Täter trauen offen zu sprechen, also nicht anonym. Ein neues Level sei erreicht. Den vorläufigen Höhepunkte setzte Frau Knobloch in der SZ, als sie fragte ob es falsch gewesen sei vor sechs Jahren die Koffer auszupacken und überhaupt nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland zu bleiben.

Aber ist das wirklich so? Müssen Juden in Deutschland Angst haben?
Ich finde den Aufschrei in mehrerlei Bezug massivst übertrieben.
Antisemitismus existiert auch heute noch, genauso wie alberne Klischees vom reichen Juden - das ist klar. Aber in Deutschland mehr als anderswo? Zumindest der Blick nach Polen dürfte vieles relativieren. Nun ist es keine Ausrede wenn es woanders noch schlimmer ist. Aber was ist konkret passiert? Ein Rabbi wurde wegen seinem Juden-sein zusammengeschlagen. Das ist ein heftiger Fakt und gehört besonders beachtet. Aber ist deshalb wirklich das Judentum in Deutschland gefährdet? Es ist sicherlich kein Zustand, wenn soetwas passiert. Aber bedenken sollte man immernoch, dass es nun einmal Verbrechen gibt und auch Körperverletzung. Das geht dem Punk in manchen Ecken genauso. Sicherlich können sich auch Schwarze nicht überall sicher fühlen. Für mich ist es nicht legitim aus dem Vorfall zu folgern man könne sich als Jude in Deutschland nicht frei bewegen. Manche Viertel zu meiden zu müssen ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft, aber "manche Viertel" sind nicht Deutschland.
Was das Internet angeht: Es ist kein neues Phänomen, dass im Internet und in Foren regelmäßig alle Hemmungen fallen gelassen werden und unmaskiert zu Tage tritt, was manche Menschen denken! Ausländer können davon ein Lied singen. Auch dies ist nicht schön, verwerflich sogar und sollte argumentativ und bildungstechnisch bekämpft werden, aber gefährdet es jüdisches Leben in Deutschland?
Am Problematisten ist sicherlich das Urteil zur Beschneidung. Es gehört zum jüdischen Glauben diese Beschneidung zu praktizieren. Man kann wahrscheinlich - ich persönlich sehe das entspannter, bin aber vllt. kein Maßstab denke ich doch was Religon angeht relativ sakulär - hier folgern, dass jüdisches Leben in Deutschland dadurch eingeschränkt wird. Aber hier Antisemitismus zu wittern ist meiner Meinung nach ein erheblicher Angriff auf die deutsche Judikative, die über diesen Vorwurf in meinen Augen ganz klar erhoben ist. Zudem: Es wird bereits an einem Gesetzentwurf gearbeitet der Beschneidungen wieder erlauben soll, wegen der religösen Relevanz, in Berlin wurde eine Sonderregelung geschaffen. In wenigen Monaten ist das Thema durch und die Beschneidung juristisch abgesichert. Die muslimische Seite übrigens, die hier ebenfalls eingeschränkt ist, sieht das Thema offensichtlich viel entspannter. Für mich ist diese Aufregung fehl am Platz. Übertrieben, Deutschland hat was Toleranz angeht, andere, größere Baustellen. Womit ich ausdrücklich den Angriff auf den Rabbi nicht verharmlosen möchte.
Zuletzt: Frau Knobloch: Eine Frau, die bis vor sechs Jahren auf gepackten Koffern mit Pässen saß um notfalls rasch ausreisen zu können und erst vor sechs Jahren diese auspackte, fragt sich nun ob das richtig ist. Da geht mir jedes Verständnis ab. Lebt diese Frau im selben Land wie ich? Ich möchte noch fragen, ob sie noch alle Sinne beisammen hat. Wie kann man auf solch einen Gedanken kommen? Mal abseits von der völlig verrückten Idee im Jahr 2006, mehr als 50 Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs immernoch Angst vor Verfolgung in Deutschland zu haben...
Ich bin ehrlich diese Einstellung, diese Arroganz macht mich wütend. Sie stellt es dar, als wären jene, die den Rabbi verprügelten, die im Internet hetzten die Mehrheit der Deutschen. Wer aber dies noch glaubt, der hat in meinen Augen grundlegende Entwicklungen der letzten Jahrzehnte verpasst bis ignoriert.

Ich für meinen Teil kann mir nicht helfen. Ich finde die Diskussion aufgeblasen, übertrieben und teilweise falsch.
Ich bin auch der Meinung, dass Deutschland eine Verantwortung auf Erinnerung und Mahnung hat, auch eine Wachfuktion, wenn es um Verfolgung oder Benachteiligung, auch speziell von Juden geht. allein ich sehe sie in diesem Maße nicht geschehen, wie allenthalben angesprochen wird.

Ich werde infolge einige Punkte herausgreifen.

Die Attacke auf den Rabbi war kein Einzelfall, sondern die Spitze eines Eisbergs, wie den Medien zu entnehmen war. Entsprechende Links habe ich gepostet.
Ob die Täter die deutsche Staatsbürgerschaft haben, entzieht sich meiner Kenntnis.

Wie äußert sich Antisemitisus?

Er äußert sich entgegen der veröffentlichten Wahrnehmung NICHT darin, dass man z.B. jüdische/isrealische Politik, einzelne Menschen jüdischen Glaubens oder jüdische Orgs kritisiert.


Antisemitismus beginnt damit, dass man gegenüber Juden per se negative Vorurteile hegt. Er verstärkt sich, wenn diese in Ablehnung und Hass münden und erreicht den Gipfel, wenn er in Gewalt mündet.

Bei Gewalt muss man unterscheiden, ob diese stattfand weil das Opfer Jude war oder ob die religiöse/ethnische Zugehörigkeit keine Rolle spielte. Diese Unterscheidung trifft die ADL beispielsweise nicht.


Thma Beschneidung:

Ich finde die Entscheidung des Gerichts, diese zu untersagen, völlig richtig.
Aus dem einfachen Grund, da die Beschneidung einen irreversiblen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit Unmündiger derstellt.
Wenn sich jemand beschneiden lassen möchte, so kann er das als Volljähriger selbst entscheiden und durchführen lassen.

Ich bin seit jeher der Meinung, dass Freiheit auch Grenzen braucht, nämlich dann, wenn sie in die Freiheit anderer eingreift undgenau das ist hier der Fall. Jüdische Kinder werden der Freiheit beraubt, selbst zu entscheiden, ob sie beschnitten sein wollen oader nicht.
Religionsfreiheit ist nicht grenzenlos.

Die Kultusgeimeinde tut sich, wenn sie gegen solche Enscheide die Antisemitismuskeule auspackt, einen Bärendienst, weil sie damit echten Antisemitismus, wie z.B. den im o.a. Fall, marginalisiert.


Zur Eingangsfrage:

Grundsätzlich ist man als praktizierender Jude in D sicher.
Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt, besonders nicht für alle Stadtteile der Ballungszentren.

Zudem hat sich die Sicherheitslage verschlechtert, die weitere Entwicklung bleibt abzuwrten, ich bin allerdings wenig optimistisch.

MfG, Titus Feuerfuchs
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RE: Ist das Judentum in Deutschland wirklich gefährdet? - Titus Feuerfuchs - 12.09.2012 00:04

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