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hochfahrend und jähzornig - oder das Stereotyp des Verlierers
21.02.2016, 18:40
Beitrag: #2
RE: hochfahrend und jähzornig - oder das Stereotyp des Verlierers
(21.02.2016 18:02)Teresa C. schrieb:  Wenn nicht bewusst hier eine Parteinahme vorliegt, mag es für diese durchaus auch Erklärungsbedarf gegeben haben, wie es denn so weit kommen konnte, dass machtvolle und erfolgreiche Promis plötzlich zu Fall kommen, sich ihre Aufwärtskurve völlig unerwartet ins Gegenteil verkehrt. Also mussten sie wohl gegen den "göttlichen Heilplan" verstoßen haben, damit ihr Ende sozusagen als verdient gesehen werden konnte, und da mag sich eine Erklärung zu "Todsündern" gleich angeboten haben.
Ich denke, Du hast damit die richtige Erklärung getroffen. Auch noch im Spätmittelalter wurde ein grosser Teil der Chronisten von Mönchen und sonstigen Klerikern gebildet. Und diese liessen es sich nicht nehmen, den Untergang von mächtigen Fürsten als Gottes Strafe für Hochmut und Jähzorn darzustellen. Im Gegensatz dazu wurden siegreichen Fürsten schnell mal christliche Demut oder, wenn sich deren Verschwendungssucht nicht kaschieren liess, wenigstens ritterliche Grosszügigkeit attestiert.

Noch etwas anders verhält es sich bei Fürsten, die als "der Böse" (z.B. Karl el Malo) in die Geschichte eingingen. Diese waren nicht unbedingt erfolglos sondern hatten meist das besondere Missfallen der Kirche auf sich gezogen - z.B. in dem sie Klöster teilenteigneten oder von ihnen Steuerleistungen forderten.
Die Herrscher mit dem Beinamen "der Fromme" hingegen mussten nicht unbedingt fromm oder sogar "gut" sein, sondern es reichte, wenn sich ihre Verschwendungssucht zu Gunsten der Kirche auswirkte (z.B. Klosterschenkungen) oder sie - wie z.B. Ludwig der Fromme - sich von der Kirche kommandieren liessen.

Im Fall von Ludwig VII dem Gebarteten ist das in den Chroniken gezeichnete Bild eines jähzornigen und hochmütigen Tyrannen insofern bemerkenswert, dass der Mordanschlag auf Ludwig VII durch Heinrich XVI den Reichen von Bayern-Landshut in Konstanz nicht dazu beigetragen hat, die Beurteilung seiner Person zu verbessern - die moralische Empörung gegenüber diesem Attentatsversuch hat sich, so weit mir bekannt, in den Quellen nur dürftig niedergeschlagen. Möglicherweise hat auch die Rolle seiner Schwester Isabeau, der man gelegentlich die "Schuld" an Karls VI Wahnsinn gegeben hat, etwas dazu beigetragen.

Was die Sichtweise Grillparzers hinsichtlich Ottokars und Scotts betrifft, nehme ich schon an, dass ihre Beurteilung der Persönlichkeiten zum Mindesten teilweise auf chronikale Einschätzungen beruhen - wie übrigens auch Ludwig Ganghofers Einschätzung von Ludwig VII und seinem Sohn, Ludwig VIII dem Höckrigen, im "Ochsenkrieg".
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RE: hochfahrend und jähzornig - oder das Stereotyp des Verlierers - Aguyar - 21.02.2016 18:40

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