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Filme mit historischem Hintergrund
14.02.2016, 15:31
Beitrag: #11
RE: Filme mit historischem Hintergrund
(20.12.2015 00:15)Sansavoir schrieb:  Richard III. zeigt deutlich, dass die Sieger die Geschichte schreiben. Shakespeare (egal ob es sich um den Schauspieler oder irgendeinen Intellektuellen am Hofe Elisabeths handelte) hätte nie einen Tudor oder nach 1603 einen Stuart als historischen Bösewicht darstellen können. Zu Lebzeiten Edwards IV. war Richard, Herzog of Gloucester loyal, die meiste Zeit war er damit beschäftigt, die Nordgrenze gegen die Schotten zu sichern. Erst nach dem Tod seines Bruders entwickelte er sich zum Skrupellosen Politiker. Ob er nun seine beiden Neffen umbringen ließ oder nicht, ist dabei sekundär. Er ist auf alle Fälle der Verantwortliche für ihren Tod, da er als Lordprotektor die beiden regierungsunfähigen Minderjährigen nicht schützte und selber nach der Krone griff. Diese Usurpation war nicht nur Richards Machtgier geschuldet, sie lag eigentlich im Auseinanderfallen der York-Partei in die zwei Fraktionen um die Familien Neville und Woodville.

Ob er wirklich ein skrupelloser Politiker war bzw. sich diesem entwickelt hat? (Hier wäre sicher ein Vergleich mit anderen Zeitgenossen sehr aufschlussreich.)

Was den Tod der beiden Neffen betrifft, da bisher nicht geklärt ist, welches Schicksal die beiden tatsächlich hatten, würde er heute bei einem fairen Gerichtsverfahren sicher schon aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden. (Es wäre sogar vorstellbar, dass die "Princes in the Tower" gar nicht ermordet wurden.)

Dass er als Lordprotektor auch dann versagt hat, wenn er nicht die Neffen auf dem Gewissen hat, da er diese angeblich nicht schützen konnte, ist auch nicht bewiesen - es ist zwar möglich, aber da das Schicksal der beiden Neffen ungeklärt ist, ist auch hier kein eindeutiges Urteil möglich.

Ein interessantes Buch zu Richard III. ist übrigens der Kriminalroman "Alibi für einen König" (OT: The Daughter of the Time) der englischen Schriftstellerin Josephine Tey aus den frühen 1950er-Jahren, wobei das entscheidende Kriterium keineswegs die Frage ist, ob Richard III. der Mörder ist oder eben nicht.

Für seine Entstehungszeit war dieser Roman ein sehr innovatives Buch, handelt es sich dabei um ein überzeugendes Plädoyer dafür, geschichtliche Überlieferungen selbst kritisch zu hinterfragen und nicht alles, was einem in der Schule berichtet oder von Fachleuten oder anderen als die "einzige" Wahrheit verkauft wird, blindlings zu übernehmen. (Dies zu einer Zeit, wo erst allmählich erste Ansätze zu finden sind, nicht alles "Historische", was seit dem 19. Jahrhundert und schon vorher verbreitet war, auf die einzige richtige Sicht auf Historisches zu begrenzen.)
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Bei Shakespeares "Richard III." kommt hinzu, dass das Werk nicht nur mit Blick auf die Historizität interpretiert werden kann, sondern auch als gelungenes Schauspiel mit einer für den Charakterdarsteller dankbaren Hauptrolle und einer Reihe von Szenen, aus der fähige Schauspieler/innen und / oder eine gute Regie viel machen kann.

Eine recht unterhaltsame Auseinandersetzung mit dem Shakespeare-Drama ist übrigens der Film: "Al Pacino’s Looking for Richard", ein US-amerikanischer Dokumentarfilm aus dem Jahr 1996.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Filme mit historischem Hintergrund - Teresa C. - 14.02.2016 15:31

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