FJS + Schalck-Golodkowski oder Politiker sind auch bloß Menschen

[Suebe]

Vor etlichen Jahren schon ist mir die Mär untergekommen, F.J. Strauß und der DDR Devisenbeschaffer Schalck-Golodkowski hätten sich auf einer DDR Autobahn ein privates Autorennen geliefert.
Schalck mit seinem Dienst-Volvo gegen FJS mit seinem "privaten" Mercedes T.

Ich habe die Story als Mär abgetan, denn FJS mt einem "privaten" Mercedes?
Nie, wenn dann BMW.

Nun hat Blaube im iktuellen Oldtimermarkt die Story auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft. Und sie stimmt!

Mehr oder weniger jedenfalls. Schalck hat den "privat" mit Frau und Sohn in die DDR einreisenden FJS am Grenzübergang abgeholt, Strauß stieg zu ihm in den Volvo, Schalcks Frau zu Frau Strauß in den vom Sohn Strauß gefahrenen Mercedes.
Auf der Weiterfahrt hätte Schalcks Fahrer "nur zum Spass" versucht den Mercedes abzuhängen, was ihm nicht gelungen sei.
So wären Volvo und dahinter Mercedes über die DDR Autobahn mit
gut 180 km/h gedonnert. Wobei Blaube meint, dass die beiden Kisten lediglich 170 gelaufen wären, also insofern Korrekturbedarf besteht.

Hintergrund: Strauß war unterwegs zu Honecker, Milliardenkredit aushandeln.


Was sich der Steuerzahler und ständig Punktebedrohte Suebe hier fragt:
Was stand in der DDR auf Tempo 180? (Erlaubt 100)
Was stand in der DDR auf "privatem Autorennen"?
Im wiedervereinigten Deutschland wäre die Pappe jedenfalls auf längere Zeit an der Ostseeküste, Erholungsurlaub!

[Triton]

Strauß' Frau starb in einem Mercedes, wenn ich mich richtig erinnere. Daimler war auch vor der Ära Reutter ein Rüstungskonzern, was Strauß Wahl für den Stern sicher nicht erschwert haben dürfte...

Die 180 km/h werden auf den Betonplatten-Rüttelpisten wenig Spaß gemacht haben, schon gar nicht im blattgefederten Volvo. Genosse Honecker sparte sich die Sanierung der maroden Straßen und löste das Problem ebenso schnell, kostengünstig wie elegant: Sein Dienstfahrzeug war ein Citroen CX.

[Suebe]

(10.11.2015 22:27)Triton schrieb:  Strauß' Frau starb in einem Mercedes, wenn ich mich richtig erinnere. Daimler war auch vor der Ära Reutter ein Rüstungskonzern, was Strauß Wahl für den Stern sicher nicht erschwert haben dürfte...

Die 180 km/h werden auf den Betonplatten-Rüttelpisten wenig Spaß gemacht haben, schon gar nicht im blattgefederten Volvo. Genosse Honecker sparte sich die Sanierung der maroden Straßen und löste das Problem ebenso schnell, kostengünstig wie elegant: Sein Dienstfahrzeug war ein Citroen CX.

no jo,
die Betonplatenpisten hatten wir auch recht lange. Die Heilbronner Autobahn zB wunderbar dreispurig aber bei Heilbronn war Sense, und alles noch lange "Beton" und auch die Basalt gepflasterten Kurven blieben uns lange erhalten.
Oder denk doch mal an die A8 Stuttgart-München, wenn du dort Pippi machen musstest, warst du anschließend in Lebensgefahr.
Park/Rastplätze ohne jede Beschleunigungsspur....
Und das noch vor 2 Jahren.....

Auf der Heilbronner Plattenpiste habe ich mal einen NSU TT "sauer" gefahren, mit 170 (laut Tacho und Bergab) hinter einem 250er Mercedes her, bis es geruckelt hat....
Ging nach Hockenheim zum Rennsonntag und da hielt sich der junge Suebe vermutlich für einen kleinen Jim Clark...

[913Chris]

Gebe dir recht, Suebe, solche "Hitler-Autobahnen" gab´s auch bei uns im Westen noch sehr lange....eine meiner nachdrücklichsten Kindheitserinnerungen sind die Fahrten Richtung Kitzbühl, in der Nähe hatten (reiche) Bekannte eine Hütte, die wir jahrelang als Urlaubsdomizil nutzen durften...die letzten Kilometer vor der österreichischen Grenze bei Kufstein war eine "badamm-badamm-Strecke"...Betonplatten...das war so, glaub ich, bis in die 90er Jahre hinein...

[Suebe]

Gesetzt den Fall, die beiden Fahrer wären "Otto Normalverbraucher" gewesen.
Was wär denen für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von meinswejen 70 km/h im Jahr 1983 nach Ordnung ung Gesetz passiert?
Gesetzt den Fall, die beiden wären von der Volkspolizei erwischt worden?


Es interessiert mich lediglich dieser Fakt, ich will keineswegs eine politische Diskussion lostreten. Auch in der damaligen BRD hatten irgendwelche Personen des öffentlichen Lebens erhebliche Sonderrechte als Verkehrsteilnehmer. Die Raser-Fahrten des "Rebmann-Konvois" auf den Autobahnen rund um Karlsruhe führten mehrfach zu kritischen Situationen. Ohne dass dies irgendwo irgendwie irgendwann "relevant" für Fahrer und Gefahrenenen geworden wäre.

[Triton]

Die Messgeräte der VoPo hatten sicher nur Skalen bis 130.
Ach nee, die mussten ja die Wessis auf den Transitstrecken die Westmärker aus den Taschen ziehen.

Es gibt übrigens am berühmten Albaufstieg Drackensteiner Hang (wieder so ein Beispiel merkwürdiger Streckenführung durch den Auto"wanderer" Hitler) eine reguläre Auffahrt ohne Beschleunigungsstreifen. Man biegt da auf die Autobahn wie von der Müllerstraße auf die Hauptstraße in Kleinkleckersdorf und dabei täte gerade hier am steilsten Autobahnstück Deutschlands etwas Schwung richtig gut.

Die Betonplatten müssen ja sehr haltbar gewesen sein, ist ja auch was. Mit dem Badamm-Badamm könnte ich leben, mein Auto hat eine gute Federung und ist leise. Der Trabi, mit einem b wie Trabant bitte, oft verlacht und verspottet, hatte übrigens eine kaum bekannte Stärke: Er hatte ein Fahrwerk mit großen Nehmerqualitäten, fuhr problemlos durch große Schlaglöcher und die Militärversion war völlig unverändert geländegängig.

[913Chris]

*grins* meine Ex is zu DDR-Zeiten mal schwarz gefahren mit dem Trabi ihres Vaters....mit Vollgas quer über die Wiese...ein Westauto hätte die Grätsche gemacht, der Trabi brauchte nur ne Wäsche und der Vater merkte nix (sagte die Ex zumindest..

[Suebe]

(13.11.2015 12:33)913Chris schrieb:  *grins* meine Ex is zu DDR-Zeiten mal schwarz gefahren mit dem Trabi ihres Vaters....mit Vollgas quer über die Wiese...ein Westauto hätte die Grätsche gemacht, der Trabi brauchte nur ne Wäsche und der Vater merkte nix (sagte die Ex zumindest..

Hat der Käfer auch lässig verkraftet.

War mal mit ein paar Kumpels zelten an Pfingsten. Haben wir am Straßenrand ein paar Mädchen aufgegabelt. Wurde ich "einstimmig" zum Fahrer des Käfers erklärt. Was mir gar nicht passte. Immerhin war ich es gewesen, kraft meiner Persönlichkeit, der die Mädchen überhaupt erst ins Auto brachte.
Bin ich über die nächste Streuobstwiese im Slalom um die Obstbäume herumgefahren. Da hat der Besitzer des Käfers das Steuer wieder selbst übernommen, und ich habe mich um die wichtigen Dinge des Lebens gekümmert.....
Dem Käfer hat das nicht geschadet, am Abend sind wir dann in Fridingen immer um einen Brunnen rum gefahren, ich sass auf dem Dach (Schiebedach) Bierflasche in der Hand und habe deutsches Liedgut intoniert. Am andern Tag lag eine Ladung zur Polente im Zelt, Polizeiposten einschl. Dienstwohnung war direkt am Brunnen.... haben wir besoffenen Reiher nicht geschnallt.
Aber es war in den "Guten Alten Zeiten", 20 DM wegen Nachtruhestörung und wildem Zelten.
Viel Verständnis für durstige junge Männer.....

Der Trabbi war ein typisches Erzeugnis deutscher Ingenieurskunst, seine Schöpfer sind meist noch Absolventen des sagenhaften Polytechnikums Mittweida gewesen. Das Ding war gut!
DKW-West wollte Mitte der 50er ebenfalls auf die Vorkriegsentwicklungen der AutoUnion in Bezug auf Kunststoffkarossen aufbauen, da hat Flick derart das Fracksausen um seine Blechwalzwerke bekommen, dass er DKW kaufte und "Kunststoff" ausbootete.

So mancher der sich Anno 90 über den Trabbi mokierte, wäre 20 Jahre zuvor geplatzt vor Stolz wenn er einen gehabt hätte.

[Triton]

(13.11.2015 20:35)Suebe schrieb:  Der Trabbi war ein typisches Erzeugnis deutscher Ingenieurskunst, seine Schöpfer sind meist noch Absolventen des sagenhaften Polytechnikums Mittweida gewesen. Das Ding war gut!

Das Dobbel-B beim Trabi ist nicht auszurotten

In den 50ern war der Trabant ein rundum moderner Familienwagen, Frontantrieb wie der 2CV als Renault, Fiat und VWs noch Heckmotoren spazierenfuhren. Der Kardinalfehler war, am Zweitakter und dem 3Box-Design festzuhalten. Mit 4-türiger Kombikarosse und 4Takter wäre das ein Pendant zum Renault 4 gewesen, das hätte in den 60ern passieren müssen und man wäre bis zum Ende der DDR gut aufgestellt gewesen.

[913Chris]

Es fehlten halt Devisen, weswegen wiederum ein Schalck-Golodkowski überhaupt notwendig wurde....in der aktuellen Ausgabe einer Oldtimer-Zeitschrift werden die bürgerlichen Luxuskarossen mit 6-Zylinder-Motoren der 50er miteinander verglichen, also Ponton-Mercedes, Opel Kapitän und "großer Borgward" = Hansa 2400. Das Quartett wird vervollständigt durch einen Horch, den P240 Sachsenring, der nach Rechtsstreitigkeiten mit der Auto Union-West später nur noch Sachsenring P240 heißen durfte.
Der Horch war auf der Höhe der Zeit, konnte mit den West-Produkten allemal mithalten - wurde aber nicht mehr weiter entwickelt (der "P 240 Repräsentant", der 1969 in vierfacher Ausfertigung gebaut wurde, war der alte Horch P 240 mit zeitgemäßerer Karosserie...) und dann ganz eingestellt - wegen Devisenmangel...in der gleichen Zeitschrift, aber schon eniige Wochen her, las ich von den verschiedenen Projekten, die den Trabi weiter entwickeln sollten...auch alle aus Devisenmangel wieder eingestampft. Bei erfolgter Umsetzung der jeweiligen Projekte hätte die DDR jeweils einen Wagen gehabt, der internationale konkurrenzfähig gewesen wäre.

Ergo: Schalck-Golodkowski war überlebensnotwendig für die DDR als Staat...

[Suebe]

Also
1. Trabbi sieht viel schöner aus als Trabi, einfach knuddeliger
2. Die Namensrechte für Horch liegen heute übrigens in Untertürkheim
3. Es waren wohl weniger die Devisen, die wären mit einem modernen Auto ja viel eher einzunehmen gewesen, als sozialistisches Profitstreben.
4. Die Auflistung der vorgesehenen Trabbi-Nachfolger hat mich sehr an ein Foto erinnert, das einst Nordhoff publizieren ließ, lauter "umsonst" entwickelte Käfer-Nachfolger kreisförmig aufgestellt, gleich anschließend ließ sie Nordhoff dann verschrotten, so dass von etlichen dieser potentiellen Nachfolger im Prinzip nichts mehr bekannt ist.
Ergo: Es gab auch im Kapitalismus Kerle mit Altersstarrsinn, de nichts mehr begreifen konnten.

[Triton]

(14.11.2015 16:03)Suebe schrieb:  Ergo: Es gab auch im Kapitalismus Kerle mit Altersstarrsinn, de nichts mehr begreifen konnten.

Aus damaliger Sicht war das vielleicht starrsinnig am Krabbeltier in seiner Urform festzuhalten, die ja bekanntlich handfeste Nachteile hatte (nur 2 Türen, Kofferraum etc.). Aber die Geschichte gab ihm Recht, man kann alle Klassiker der Massenmotorisierung nehmen, jeder Versuch der Anpassung an den Zeitgeschmack scheiterte und die Originale überlebten die geplanten Nachfolger.

Renault 4: Renault 6
Mini: Clubman oder Innocenti
2 CV: Dyane oder Ami6/8

[913Chris]

(14.11.2015 16:03)Suebe schrieb:  2. Die Namensrechte für Horch liegen heute übrigens in Untertürkheim

Wahrscheinlich, weil die Auto Union in den 60ern mal zu Mercedes gehörte? Beim Weiterverkauf an VW hat man sich dann wahrscheinlich listigerweise die Namensrechte an der ehemaligen Luxusschmiede Horch - die haben immerhin in den 30ern mehr Autos verkauft als Mercedes - gesichert. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...aber zurück zu den beiden Finanzdealern aus Ost und West...

VG
Christian