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Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
02.09.2013, 12:18
Beitrag: #21
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
(02.09.2013 09:10)913Chris schrieb:  
(01.09.2013 20:29)Renegat schrieb:  Die Tiere der Hirten sind doch auch aus dem neolithischen Nahost?

Nur das Wissen, wie man Tiere zähmt, und das auch nur vielleicht.
Die in Westeuropa gefundenen Knochen stammen aber selbstverständlich von Tieren, die in Westeuropa geboren sind...
Mmh, reden wir jetzt aneinander vorbei? Bisher bin ich davon ausgegangen, dass Schafe, Ziegen, Rinder in Nahost domestiziert und von dort mitgebracht wurden.
Klar hat man dann in Europa weitergezüchtet.
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03.09.2013, 10:53
Beitrag: #22
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
(02.09.2013 12:18)Renegat schrieb:  Mmh, reden wir jetzt aneinander vorbei? Bisher bin ich davon ausgegangen, dass Schafe, Ziegen, Rinder in Nahost domestiziert und von dort mitgebracht wurden.
Klar hat man dann in Europa weitergezüchtet.

Ursprünglich kamen die Haustierarten aus Nahost und in Europa wurde dann weiter domestiziert, das ist richtig. Teilweise unter Einkreuzung einheimischer Schaf-, Ziegen- und v.a. Rinderarten, von den Schweinen ganz zu schweigen (hier wurden die ursprünglichen nahöstlichen Rassen nach und nach durch Einkreuzung europäischer Wildschweine verdrängt).

Die westeuropäische LaHouguette-Kultur kam vermutlich über Nordafrika nach Europa und hatte eine mehr viehzüchterische "Auslegung" als die ackerbauliche mehr fixierteren und über den Balkan bzw. Südrussland einwandernden Bandkeramiker.
Während bei den Bandkermaikern sicher zu sein scheint, dass sie "in personam" aus Nahost stammten, dass also tatsächlich Menschen nahöstlichen Ursprungs die Beine in die Hand nahmen und nach Europa wanderten, ist bei den LaHoguette-Leuten unsicher, welche "Ethnie" hier Kulturträger war. Meine persönliche Vermutung: Auf ihrer Wanderung vom Nahen Osten über Nordafrika bis nach Europa kam es zur Vermischung aus Nahost-Leuten, Nordafrikanern (Berber-Vorfahren?) und jungsteinzeitlichen Westeuropäern, die ihren mesolithischen Erfahrungsschatz in die Kultur einbrachten, der die kontinuierliche Weiterentwicklung z.B. von mesolithischen Haustypen zu neolithischen Haustypen erklären könnte (dito bei den Megalithbauten und Begräbnissitten/religiösen Vorstellungen).

VG
Christian
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07.09.2013, 17:04
Beitrag: #23
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Gehört durchaus auch zur Ausbreitung des Ackerbaus: Das Aufkommen der Megalith-Bauten in Europa.

Die Bauweise an sich war ja schon alt. Göbekli Tepe z.B. ist Megalithbauweise. Aber erst um 5000 v.Chr. kommen auch in Mittel-, West- und Nordeuropa Megalithbauten auf, erst in Mitteleuropa, hier kleinere Bauten und Einzelsteine, dann in Westeuropa (Ganggräber, große Anlagen), zuletzt scheint das Phänomen zu "wandern", denn in Mittel- und Westeuropa hört das wieder auf, während in Nordeuropa das Ganze erst so richtig anfängt (dort wurde allerdings auch der Ackerbau zuletzt übernommen), aber auf kleinerem Niveau.

Offenbar hängt die Bevölkerungsdichte damit zusammen, wie ich schon aufgeführt hab. Aber lässt das auch Rückschlüsse auf den Charakter des Ackerbaus zu? Florierender Ackerbau in West- und Mitteleuropa, daher genügend Leute für Großbauten, während sich in Nordeuropa die Leute eher mühsamer über Wasser gehalten haben, daher auch kleinere Bauten errichteten? Warum dann aber quasi nur "im Nachklatsch"? Waren die auch kulturell so "hintendran"?

Und wenn die Megalithbauweise wieder aufhörte, müssten auch die zugehörigen religiösen Vorstellungen wieder verschwunden sein. Passenderweise trifft das Ende der Megalithbauten in Europa mit dem Eintreffen der - wohl indogermanischen - Schnurkeramiker sowie der - vielleicht von der iberischen Halbinsel stammenden - Glockenbecehrleute zusammen. Die haben wohl eine neue Religion mitgebracht, haben aber die Megalithbauten- wohl wegen ihrer beeindruckenden Imposanz - weiter genutzt, als Begräbnisstätten.
Wo aber hatten die Trichterbecherleute die offenbar für Europa einmalige Idee her, Megalithbauten zu errichten?!? Aus dem Orient? Über welche Vermittlungskanäle?

VG
Christian
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07.09.2013, 19:17
Beitrag: #24
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Präzisiere doch mal bitte, was genau du mit Megalithbauten genau meinst.
Es klingt immer so, als habe es eine Megalithkultur gegeben, aber das stimmt so nicht- es gab durchaus mehrere der Sorte...

Dann folgt eine Theorie....Wink

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
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07.09.2013, 19:49
Beitrag: #25
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Die Megalithbauern haben an der fetten Quelle gesessen, also aus dem Meer vom Strandgut gelebt. Kein Steinzeitler wird freiwillig das gegen die harte Schufterei auf dem Acker aufgegeben haben.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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07.09.2013, 20:06
Beitrag: #26
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Heute war mal wieder der Tagespresse zu entnehmen, daß ein paar Geologen (!) glauben, daß ein Asteroideneinschlag vor 13.000 Jahren dazu geführt hat, daß in Nordamerika nach dem Bruch eines Eisschildes soviel Süßwasser ins Meer geflossen ist, daß der Golfstrom abgerissen ist. Dies führte dazu, daß die Eiszeit sich weiter verbreitete und die Großtiere ausstarben usw. und deswegen waren die menschen zum Ackerbau gezwungen...
Geologen scheinen nie mit Biologen oder Historiker zu reden, ich dachte nämlich, diese These sei vom Tisch...

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07.09.2013, 20:19
Beitrag: #27
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
(07.09.2013 20:06)Bunbury schrieb:  Geologen scheinen nie mit Biologen oder Historiker zu reden, ich dachte nämlich, diese These sei vom Tisch...
Ist sie auch, weil das Aussterben der eiszeitlichen Großtiere durch alle Klimazonen mit dem Auftreten des jeweils zeitgleichen Homo sapiens korrelliert.

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07.09.2013, 21:08
Beitrag: #28
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Gut. Da bin ich beruhigt. ich habe schon wieder gedacht, ich hätte mal wieder eine revolutionäre Entdeckung verschlafen, die alle bisherigen Theorien und alles gesammtele Wissen über den Tisch geworfen hätte...
Wie gesagt, stand heute in der Tageszeitung...

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07.09.2013, 21:48
Beitrag: #29
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Es wird zu dem Thema ab und zu eine neue Sau durchs Dorf getrieben, aber an der Sache ändert sich nix.

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08.09.2013, 00:15
Beitrag: #30
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
(07.09.2013 20:19)Arkona schrieb:  
(07.09.2013 20:06)Bunbury schrieb:  Geologen scheinen nie mit Biologen oder Historiker zu reden, ich dachte nämlich, diese These sei vom Tisch...
Ist sie auch, weil das Aussterben der eiszeitlichen Großtiere durch alle Klimazonen mit dem Auftreten des jeweils zeitgleichen Homo sapiens korrelliert.

Außerdem sind in Europa nicht alle Großtiere vor etwa 13-10.000 Jahren verschwunden. Mammuts etwa starben letztendlich in Nordosteuropa erst vor 10.000 Jahren aus, Riesenhirsche vor 11.000 Jahren, Wollhaarnashörner vor etwa 12.000 Jahren. Aber Pferde, Auerochsen, Wisente, Rentiere, alles keine kleinen Tiere, überlebten bis ins Mittelalter und teilweise (Rentiere) bis heute.

ABER: Nach dem Aussterben der Riesentiere dauerte es noch, bis vor etwa 8000 Jahren die Landwirtschaft in Europa Einzug hielt. Wovon haben die Leute wohl die zwei- bis viertausend Jahre dazwischen gelebt, wenn danach die Landwirtschaft so nötig war, um sich genügend Nahrung beschaffen zu können?
Noch dazu, wo z.B. spätere Kulturen wie die Schnurkeramik- und die Glockenbecherkultur, zwar sesshaft waren, aber offenbar nur wenig Dörfer errichtet haben, sonst hätte man nicht von diesen Kulturen weniger Hausgrundrisse gefunden als von den ihnen vorhergehenden Bandkeramiker- und Trichterbecherkulturen...so wichtig kann die Landwirtschaft zumindest für diese Leute nicht gewesen sein.

Ob sie die geringe Landwirtschaft mit dem Dasein als Hirten ausglichen? Kann ich mir im damals dicht bewaldeten Europa auch nicht so recht vorstellen.
Fazit: Die Tiere waren für die Menschen lang nicht so wichtig, als dass sie die Landwirtschaft deswegen einführten, weil sie zu wenig Tiere erjagen bzw. schlachten konnten.
Man kann einfach von einem Tagwerk Feld mehr Nahrung holen als von einem Tagwerk Wald oder Wiese.

Die Leute wurden zuviel, deswegen brauchten sie die Landwirtschaft.

VG
Christian
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08.09.2013, 08:00
Beitrag: #31
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Um mal einen alten Irrtum zu bereinigen: Mitteleuropa war nie stärker bewaldet als jetzt, alle großen Tiere wie Rothirsch, Wolf und Wisent sind eigentlich Offenlandbewohner.

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08.09.2013, 10:59
Beitrag: #32
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
(08.09.2013 00:15)913Chris schrieb:  Man kann einfach von einem Tagwerk Feld mehr Nahrung holen als von einem Tagwerk Wald oder Wiese.
In den ersten Jahren schon, danach kommt´s auf die Böden an oder man muß wandern. Es ist kein Zufall, dass die Bandkeramiker in den Flussauen siedelten.

(08.09.2013 00:15)913Chris schrieb:  Die Leute wurden zuviel, deswegen brauchten sie die Landwirtschaft.
Mmh, klingt ein bißchen zirkelschlüssig, meinst du aber bestimmt anders.
Die Leute wurden mehr, weil sie Landwirtschaft betrieben, durch Vorteile der Seßhaftigkeit, wegen des Arbeitskräftebedarfs etc.

Die Küsten und andere Vorteilsgebiete waren schon vor der LW dichter besiedelt. Durch die LW kamen Siedlungskammern hinzu oder verlagerten sich.
Der Bevölkerungsanstieg war aber keine geradlinie Entwicklung, es gab immer wieder Rückschläge, z.B. zum Ende der bandkeramischen Phase wird so ein Bevölkerungsrückgang vermutet.
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08.09.2013, 13:18
Beitrag: #33
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Das Mammut würde heute noch leben, das geht eindeutig auf unsere Kappe.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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09.09.2013, 10:02
Beitrag: #34
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
(07.09.2013 19:17)Bunbury schrieb:  Präzisiere doch mal bitte, was genau du mit Megalithbauten genau meinst.
Es klingt immer so, als habe es eine Megalithkultur gegeben, aber das stimmt so nicht- es gab durchaus mehrere der Sorte...

Dann folgt eine Theorie....Wink

Dass es mehr als eine Megalithkultur gegeben hat, klingt schon in meinem Mail an: Göbekli Tepe war garantiert eine andere Kultur als die Trichterbecherkultur der norddeutschen Tiefeben, Polens und Skandinaviens oder die Megalithkultur Maltas.

Megalithkultur bedeutet, da hat jemand mit Großsteinen gebauten, also mit Steinen, die zu groß sind, um bspw. von einem einzelnen Mann gehoben werden zu können.
In Mitteleuropa kommt da nur die Trichterbecherkultur in Frage, nebst teilweise noch älteren neolithischen Kulturen in Westeuropa (Bretagne, Iberien).

Und jetzt kommt deine Theorie, oder? Big Grin

VG
Christian
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10.09.2013, 11:21
Beitrag: #35
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Naja, strenggenommen ist es ja gar nicht meine.Big Grin Das wäre doch sehr vermessen zu behaupten.

Ich denke halt, daß es nicht "eine" Megalithkultur gegeben hat, sondern, daß sich irgendwann im Neolithikum (oder schon ein bißchen früher) als grundlegende Eigenschaft des Menschen die Vorstellung entwickelt hat, etwas zu schaffen, das größer ist als eben ein Mensch alleine stemmen kann. (Diesen Wunsch haben wir bis heute ja nicht verloren- man denke an das "Wettrüsten" der größten Bauten.)

Um diese Vorstellungen in die Tat umsetzen zu können, mußten die Menschen aber zeit übrig haben, die sie nicht alleine zur Nahrungsgewinnung nutzen mußten und sie mußten in einer Gemeinschaft leben.
Ich behaupte mal, daß jede Kultur, die das geschafft hat, irgendwie anfing, gigantisch zu bauen. Und daß es eben nicht eine bestimmte "Kultur" war, die die Megalithbauten mit sich schleppten.

Wie ich in meinem Orkney- Thread schon mal dargelegt habe, entstanden die Steinkreise auf den Orkneys vermutlich nicht, weil man so wahnsinnig gerne gigantische Steinplatten durch die Gegend geschleppt hat, sondern aufgrund der Tatsache, daß man gigantisch bauen wollte, aber kein Holz hatte.
Steine dagegen schon. Wer einmal in der Bucht von Skiall war (an deren einem Ende Skara Brae liegt), der sieht relativ schnell, warum es für die frühen Bewohner der Orkneys fast zwangsläufig war, große Steine für große Bauwerke zu verwenden- die sogenannten "Flagstones" bilden den Untergrund und werden beständig von den Wellen freigelegt.

Zumindest auf den britischen Inseln hat man einfach zur Errichtung von Bauwerken das verwendet, was zur Verfügung stand- und das war nun mal Sandstein, der sich zudem noch leicht bearbeiten läßt.
Die Töpferwaren, die man rund um den ältesten Steinkreis der britischen Inseln, die Stones of Stennes gefunden hat, gehören zur sogenannten Grooved Ware. Diese Töpferwaren sind- und das steht fest- auf Orkney entwickelt worden und von dort aus nach Süden bis Südengland gewandert.
Um 2600 v. Chr. war die Grooved Ware überall auf den britischen Inseln verbreitet. Und in Stonehenge baute man in Stein, wo man vorher in Holz gebaut hat.

Das veranlaßt die orkadianischen Archäologen zu der kühnen These, daß die aus der Not geborene Vorstellung, in gigantischen Steinen bauen zu müssen, vom Norden in den Süden vordrang...

Eine These, die so natürlich nur auf die britischen Inseln zutreffen kann (eine der größten Megalithanlagen Europa findet sich auf der Hebrideninsel Lewis- die Stehenden Steine von Callanish (calanais).)- aber vermutlich ein Hinweis darauf ist, daß die Vorstellung, gigantisch zu bauen, nicht die spezielle Eigenschaft einer Kultur ist, sondern ab einem gewissen Entwicklungsstand in jeder Kultur aufgetreten ist.

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
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10.09.2013, 12:33
Beitrag: #36
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Kennen die werten Diskutantinnen und Diskutanten Smile
dieses Projekt:

http://www.wald-feldbau.de/
http://www.denkmalpflege-bw.de/index.php?id=933

es lässt sich natürlich experimentell nicht der Verlauf der Ausbreitung des Ackerbaus nachvollziehen.
Aber die haben da ganz erhebliche neue Kenntnisse gewonnen. Was mich sehr überrascht hat, dass der Feldbau unter diesen Bedingungen zu ganz erheblichen Erträgen führt.
Und dies, zumindest bis jetzt, ohne Ernteausfälle!

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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10.09.2013, 12:59
Beitrag: #37
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
(10.09.2013 11:21)Bunbury schrieb:  Um 2600 v. Chr. war die Grooved Ware überall auf den britischen Inseln verbreitet. Und in Stonehenge baute man in Stein, wo man vorher in Holz gebaut hat.

Wobei die größten Bauten in Stonehenge in die "Schlussphase" des Bauwerks gehören und die orkadischen Megalithbauten mit 2600 v.Chr. fast 1000 Jahre jünger (!) sind als die jüngsten Megalithbauten auf dem Kontinent, die von Skandinavien nämlich.
Holzmangel man auf den Orkneys tatsächlich ein Grund gewesen sein, in Stein zu bauen, aber warum dann gleich Megalithen? Die orkadischen Steinhäuser zeigen, dass man sehr wohl auch mit kleineren Steinen gut umgehen konnte. Sowas wie die "Langhügel" - lange Hügel, unter denen Steinbauwerke, meist Gräber, verdeckt lagen - wäre auch mit kleineren Steinen zu bauen gewesen.
Vielleicht tatsächlich eine Art "Großmannssucht" bzw. das Bemühen, für "die" Götter (?) einfach das Größtmögliche zu errichten...
Und da kommen wir wieder zu den kontinentalen Megalithen. Die ältesten - meist Menhire - stehen in Portugal/Spanien, Irland und eben Frankreich. Damals war in diesen Gegenden keine Spur von Holzmangel. Gerade der älteste Menhir in Irland weist zudem Skulpturen auf. In Deutschland hat man ein Ganggrab gefunden, wo in einem Stein eine Frauenfigur eingeritzt war, aber so vermauert, dass man die Figur nach der Fertigstellung des Grabes gar nicht mehr sehen konnte - es sei denn, man war ein göttliches Wesen, und genau das steckte wohl auch hinter der Idee.

Fakt ist, dass man Megalithbauten nur in der Gemeinschaft errichten konnte, und Gemeinschaften, die groß genug waren, um sowas zu vollbringen, konnte keine Jägergemeinschaften sein, sondern mussten zumindest ansatzweise die Landwirtschaft beherrschen (siehe die Erträge, die in des Schwaben Links vermerkt sind).
Wenn die ältesten Megalithen also um 5000 v.Chr. in Westeuropa errichtet wurden, musste damals auch die Landwirtschaft schon bis dahin gekommen sein.
Als Trägerkultur kommt m.E. eigentlich nur die LaHoguette-Kultur in Frage, und dank der Menhire und anderen Megalithbauten können wir uns nun Gedanken machen über die Religion dieser Leute, die allerdings von der der Bandkeramiker nicht sonderlich groß unterschieden werden muss, denn auch die kannten schon Großbauten wie die Kreisanlagen, allerdings meist noch aus Holz. Erst die Trichterbecherleute des nördlichen Europa und ihre Zeitgenossen in Mitteleuropa bauten dann in Stein, und dann aber auch gleich in Großsteinen.

VG
Christian
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10.09.2013, 13:32
Beitrag: #38
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
(10.09.2013 12:59)913Chris schrieb:  Wobei die größten Bauten in Stonehenge in die "Schlussphase" des Bauwerks gehören und die orkadischen Megalithbauten mit 2600 v.Chr. fast 1000 Jahre jünger (!) sind als die jüngsten Megalithbauten auf dem Kontinent, die von Skandinavien nämlich.

Diese Datierung ist aber nicht richtig. Zwar ist der Ring of Brodgar erst um 2600 v. Chr. gebaut worden, die Stehenden Steine von Stennesss hingegen wurden um 3200 bis 3100 v. Chr. errichtet. Ebenso Maes Howe.

Die ersten Gräber in Megalithbauweise sind noch älter und stammen aus der zeit um 3700 v. Chr., bei diesen handelt es sich aber um eine nachweislich lokal begrenzte Kultur.



(10.09.2013 12:59)913Chris schrieb:  Holzmangel man auf den Orkneys tatsächlich ein Grund gewesen sein, in Stein zu bauen, aber warum dann gleich Megalithen? Die orkadischen Steinhäuser zeigen, dass man sehr wohl auch mit kleineren Steinen gut umgehen konnte. Sowas wie die "Langhügel" - lange Hügel, unter denen Steinbauwerke, meist Gräber, verdeckt lagen - wäre auch mit kleineren Steinen zu bauen gewesen.
Vielleicht tatsächlich eine Art "Großmannssucht" bzw. das Bemühen, für "die" Götter (?) einfach das Größtmögliche zu errichten...

Ich denke, wir alle kennen hin und wieder (wenn auch selten) das Gefühl, vor etwas zu stehen, das größer ist als man selbst- und das möchte man dann auch irgendwie ausdrücken können. Ich persönlich tue das mit Zettel und Stift, aber das stand den Steinzeitlichen Bauern nun mal nicht zur Verfügung...
In Stein bauen ist da doch eine gute alternative.Wink


(10.09.2013 12:59)913Chris schrieb:  Fakt ist, dass man Megalithbauten nur in der Gemeinschaft errichten konnte, und Gemeinschaften, die groß genug waren, um sowas zu vollbringen, konnte keine Jägergemeinschaften sein, sondern mussten zumindest ansatzweise die Landwirtschaft beherrschen (siehe die Erträge, die in des Schwaben Links vermerkt sind).
Wenn die ältesten Megalithen also um 5000 v.Chr. in Westeuropa errichtet wurden, musste damals auch die Landwirtschaft schon bis dahin gekommen sein..

Soweit stimme ich dir auch zu. Darüber muss man auch nicht ernsthaft steiten, oder?

Streiten können wir dann ab hier:

(10.09.2013 12:59)913Chris schrieb:  Als Trägerkultur kommt m.E. eigentlich nur die LaHoguette-Kultur in Frage, und dank der Menhire und anderen Megalithbauten können wir uns nun Gedanken machen über die Religion dieser Leute, die allerdings von der der Bandkeramiker nicht sonderlich groß unterschieden werden muss, denn auch die kannten schon Großbauten wie die Kreisanlagen, allerdings meist noch aus Holz. Erst die Trichterbecherleute des nördlichen Europa und ihre Zeitgenossen in Mitteleuropa bauten dann in Stein, und dann aber auch gleich in Großsteinen.

Ich bekomme immer noch Bauschmerzen, wenn du so fröhlich alle Megalithbauten zusammenwirfst und die einer einheitlichen Kultur zuordnen willst. (Na gut, ich denke, die Briten hast du schon rausgenommen...)
Ich denke, daß gerade im Neolithikum örtliche Gegebenheiten einen großen Einfluss auf Kultur und Denken hatten, und daß man auch gerne bei den nachbarn abgeschaut hat, wie die es denn gemacht haben- ohne damit die gleiche Absicht zu verfolgen.
Aber natürlich kann ich das nicht beweisen- das ist eine reine Glaubenssache....Big Grin

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
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10.09.2013, 14:39
Beitrag: #39
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
(10.09.2013 12:33)Suebe schrieb:  Kennen die werten Diskutantinnen und Diskutanten Smile
dieses Projekt:

http://www.wald-feldbau.de/
http://www.denkmalpflege-bw.de/index.php?id=933

es lässt sich natürlich experimentell nicht der Verlauf der Ausbreitung des Ackerbaus nachvollziehen.
Aber die haben da ganz erhebliche neue Kenntnisse gewonnen. Was mich sehr überrascht hat, dass der Feldbau unter diesen Bedingungen zu ganz erheblichen Erträgen führt.
Und dies, zumindest bis jetzt, ohne Ernteausfälle!

Das ist Brandrodung, dass die Erträge in den ersten Jahren gut sind, ist klar, aber dann muß man neue Felder roden oder weiterwandern. Ich habe nur den 1. Punkt gelesen, da ist von 2-3 Jahren mit hohen Erträgen die Rede. Ob das Saatgut mit dem der Bandkeramik vergleichbar ist, habe ich auf die Schnelle nicht gefunden.
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10.09.2013, 14:55
Beitrag: #40
RE: Ausbreitung des Ackerbaus in Europa
Hier mache ich mal die Ergebnisse publik:
Zitat:Ergebnisse:

In Forchtenberg werden mit der Brandmethode durchweg gute bis sehr gute Erträge erzielt, man kann das Verfahren also als lohnend und zuverlässig bezeichnen. Da die Erträge hoch sind, ist der Arbeitsaufwand trotz der auf den ersten Blick aufwändigen Methode akzeptabel und realistisch im Jahreslauf zu bewältigen. Den größten Nutzen bringt das Verfahren auf schlechten Böden, wo ein Anbau nur mit Hacken nach unseren Erfahrungen nicht gelingt, sowie bei der Besiedlung neuer Gegenden, da gleich das erste Anbaujahr gute Erträge bringt.

Auf guten Böden scheint auch der Anbau nur mit Hacken möglich zu sein, jedoch ist bei den Bodenverhältnissen in Forchtenberg ein Daueranbau nicht gelungen, allerdings gibt es prinzipiell bessere Böden, wo dies wahrscheinlich möglich war.

Der Daueranbau hat sich egal mit welcher Methode als problematisch erwiesen, auch nach einmaligem Brand erntet man nicht länger als 2-3 Jahre genug zum Überleben, es würde also tatsächlich nötig sein, oft die Anbaufläche zu wechseln, neuen Wald zu roden und neue Flächen zu brennen. Hier wäre eine 10-15 jährige Rotation möglich, da nach dieser Zeitspanne ein neuer junger Wald herangewachsen ist. Hierbei ergibt sich sogar der Vorteil, daß die kleinen Bäume leichter mit dem Steinbeil zu fällen sind als große Bäume.

[Bild: ertr2kl.jpg]

und hier noch die Erträge näher betrachtet von der Seite des Landesdenkmalsamtes
Zitat:Erträge nach Brand

Vergleicht man die Erträge von Gerste und Weizen in den bisher zehn Jahren des Forchtenberg-Versuchs so fällt auf, dass die Erträge eine große Spannweite aufweisen (11 - 79 dt/ha). Die Erträge waren immer deutlich höher als die Aussaatmenge (10:1 bis 66:1) und liegen deutlich über denen des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Das Verfahren wies nie einen Ertragsausfall auf (Ausnahme Mäusefraß). Die Spitzenerträge der Jahre 2005 und 2007 liegen sogar etwas über den Durchschnittserträgen der modernen intensiven Landwirtschaft.
Erträge ohne Brand

Mechanische Bodenbearbeitung vermag die Vorteile des Brennens nicht aufzuwiegen. Aufgrund der geringeren Nährstoffmineralisierung und der viel höheren Unkraut­konkurrenz wird auch auf guten Böden beim Erstanbau weniger als die Hälfte geerntet als nach Brand. Die Erträge sind aber auf guten Böden mit ca. 20 dt noch lohnend. Die Schere zwischen Brand und Bodenbearbeitung klafft mit abnehmender Bodengüte immer weiter auseinander. Bei mittleren Böden ist der Anbau mit Bodenbearbeitung grenzwertig, bei schlechten Böden liegt der Ertrag unter der Aussaatmenge. Nach den bisherigen Erfahrungen empfiehlt sich deshalb das Brandverfahren besonders für den Anbau auf schlechten Böden.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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