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vormittelalterliche Befestigungen in Europa
20.02.2015, 16:27
Beitrag: #1
vormittelalterliche Befestigungen in Europa
Servus!
Hab da grad was gelesen.
Auf der Fränkischen Alb hat man eine mehrphasige Befestigungsanlage erforscht, die Ergebnisse sind nachzulesen in der "Schriftenreihe des Landkreises Roth", Heft 33/2014 (Link/Schußmann/Roth: "Du kommst hier nicht rein"! Neue Erkenntnisse zu den Befestigungsanlagen am Hinteren Berg bei Landersdorf.)

Man hat da Befestigungen aus ottonischer Zeit ausgegraben, aber auch - und hierin liegt der Grund, warum ich ins Unterforum Jungsteinzeit gegangen bin, für die Eisenzeit gibt´s ja kein eigenes Unterforum - bis zurück in die Urnenfelderzeit.
Das Interessante ist für mich, dass man da u.a. eine hallstattzeitliche 3m breite Grabenanlage mit dahinterlliegender Mauer (1,5m breit) plus dazwischenliegender Berme (4m breit) gefunden hat, vor der sternförmig, im Abstand von ca. 1m langovale (2,5-4,5m lange) Hindernisse angebracht waren.
Die Ausgräber sahen den einzigen Sinn dieser Anordnung darin, berittene Bogenkämpfer abzuwehren. Das heißt, dass hier mitten in Mittelfranken, im 9.Jh.v.Chr. Reiterkrieger abzuwehren waren!
Die Autoren nennen die Kimmerier als mögliche Angreifer, die treten aber m.W. erst ein paar Jahrhunderte später ins Licht der Geschichte, als sie - von den Skythen aus dem Schwarzmeerraum vertrieben - in Kleinasien einfielen.
Sind stattdessen Frühkelten bzw. Hallstattleute vorstellbar? Überall in Süddeutschland wurden zu Beginn der Eisenzeit ja Höhenburgen angelegt, wobei Landersdorf eher eine Fliehburg gewesen sein dürfte. Der Theorie nach wurden damit vor allem "eigene" Leute abgewehrt, die sich durch den Eisenhandel zu Fürsten aufgeschwungen hatten und nun mit anderen Fürsten um Vorherrschaft usw. stritten.

VG
Christian
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20.02.2015, 17:31
Beitrag: #2
RE: vormittelalterliche Befestigungen in Europa
Mich würde interessieren, ob das Trockenmauern waren o. ob doch schon auch in der Eisenzeit Mörtel verwendet wurden. Wurde schon früh Mörtel verwendet, könnten sich viele mittelalterliche Festungsanlagen als eisenzeitliche Anlagen herausstellen. Natürlich würde man sich dann dennoch fragen, warum Trockenmauer-Holzkonstruktionen vorherrschten.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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21.02.2015, 02:17
Beitrag: #3
RE: vormittelalterliche Befestigungen in Europa
Nun zum Thema Mauern komme ich immer wieder aufs Donnersberg -Oppidum
Befestigt war das Teil durch Graben und Pfostenschlitzwall (einer ist dort auch rekonstruiert zu bewundern)
mit Zangentoren und die Befestigung war wohl so groß,dass ür einen abgeteilten,ebenfalls durch Mauern befestigten riesigen Viehpferch Platz war.
Da das Oppidum einerseits eine Viereckschanze beinhaltete und andererseits in der weiteren Umgebung auch keltische Dorfsiedlungen existierten hatte es wohl eine Doppelfunktion als permanente Siedlung mit Herrensitz einerseits und und Fliehburg andererseits.
die Art der Befestigung deutet zwar auf Auseinandersetzungen hin,jedoch weniger auf kavalleristische denn als infanteristisch durchgeführte Angriffe.- wobei einzuschränken ist ,dass eventuell vorhandene Glacisannäherungshindernissevermutlich längst vermodert sein dürften.
Der riesige befestigte Viehpferch könnte andererseit natürlich auch ein Indiz dafür sein,das von dort aus Reiterangriffe gegen andere ausgeführt wurden.
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21.02.2015, 13:30
Beitrag: #4
RE: vormittelalterliche Befestigungen in Europa
(20.02.2015 16:27)913Chris schrieb:  Das Interessante ist für mich, dass man da u.a. eine hallstattzeitliche 3m breite Grabenanlage mit dahinterlliegender Mauer (1,5m breit) plus dazwischenliegender Berme (4m breit) gefunden hat, vor der sternförmig, im Abstand von ca. 1m langovale (2,5-4,5m lange) Hindernisse angebracht waren.

Wegen diesem Satz hatte ich nachgefragt, was für eine Mauer das war und ob schon Mörtel verwendet wurde. Bei einer Pfostenschlitzmauer findet man ja später nur noch einen Steinhaufen, wenn die Mauer nicht mehr gepflegt wird, also kaputtes Holz ersetzt wird. Da Chris von einer ausgegrabenen Mauer schrieb, dachte ich, es könnte doch eine überdauernde Mauer gemeint gewesen sein, denn warum sollten die Menschen der Latene Kultur keinen Mörtel kennen? Lehm hat ja schon ähnliche Eigenschaften. Da kann man ja dann schon mit anderen Materialien wie Kalk experimentieren.

http://de.wikipedia.org/wiki/Donnersberg

Die Kelten kannten Beton und Mörtel. Er war aber von minderer Qualität, so das viele Bauten nicht in der ursprünglichen Form überdauerten.

http://www.efodon.de/html/archiv/geschic...bauten.pdf

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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21.02.2015, 17:30
Beitrag: #5
RE: vormittelalterliche Befestigungen in Europa
(20.02.2015 16:27)913Chris schrieb:  Servus!
Hab da grad was gelesen.
Auf der Fränkischen Alb hat man eine mehrphasige Befestigungsanlage erforscht, die Ergebnisse sind nachzulesen in der "Schriftenreihe des Landkreises Roth", Heft 33/2014 (Link/Schußmann/Roth: "Du kommst hier nicht rein"! Neue Erkenntnisse zu den Befestigungsanlagen am Hinteren Berg bei Landersdorf.)

Man hat da Befestigungen aus ottonischer Zeit ausgegraben, aber auch - und hierin liegt der Grund, warum ich ins Unterforum Jungsteinzeit gegangen bin, für die Eisenzeit gibt´s ja kein eigenes Unterforum - bis zurück in die Urnenfelderzeit.
Das Interessante ist für mich, dass man da u.a. eine hallstattzeitliche 3m breite Grabenanlage mit dahinterlliegender Mauer (1,5m breit) plus dazwischenliegender Berme (4m breit) gefunden hat, vor der sternförmig, im Abstand von ca. 1m langovale (2,5-4,5m lange) Hindernisse angebracht waren.
Die Ausgräber sahen den einzigen Sinn dieser Anordnung darin, berittene Bogenkämpfer abzuwehren. Das heißt, dass hier mitten in Mittelfranken, im 9.Jh.v.Chr. Reiterkrieger abzuwehren waren!
Die Autoren nennen die Kimmerier als mögliche Angreifer, die treten aber m.W. erst ein paar Jahrhunderte später ins Licht der Geschichte, als sie - von den Skythen aus dem Schwarzmeerraum vertrieben - in Kleinasien einfielen.
Sind stattdessen Frühkelten bzw. Hallstattleute vorstellbar?

VG
Christian

Zitat:Überall in Süddeutschland wurden zu Beginn der Eisenzeit ja Höhenburgen angelegt, wobei Landersdorf eher eine Fliehburg gewesen sein dürfte. Der Theorie nach wurden damit vor allem "eigene" Leute abgewehrt, die sich durch den Eisenhandel zu Fürsten aufgeschwungen hatten und nun mit anderen Fürsten um Vorherrschaft usw. stritten.

Bei mir ums Eck, sorry woanders fehlen mir halt Detailkenntnisse, trägt eigentlich jeder Buckel irgendwelche Befestigungsspuren.
Man kriegt im Laufe der Zeit einen Blick dafür, was Natur ist und was Menschenwerk.
Meist wurde noch nie der Spaten von sachkundiger Hand angesetzt, man weiß also in aller Regel wenig über die Erbauer und die Erbauzeit.
aber auch bei gesichert hochmittelalterlicher Entstehung ist die Masse der Spuren auf Wall und Graben beschränkt. Soll heißen, auch 11.-12.-13. Jahrhundert wurde wenig gemauert, vielleicht noch der Bergfried, mehr aber nicht.
Noch in der frühen Neuzeit war ein gemauertes Haus so selten, dass es, "Steinhaus" zum oft bis heute benutzen Hausnamen reichte.
Ergo: Ich will meinen Hut auffressen, wenn die Kleten in nenneswertem Umfang gemauert haben.

so sah nach neuesten Erkenntnissen zB eine hochmittelalterliche Burg aus:
[Bild: 220px-Bachritterburg.jpg]

gemauert der Kachelofen, sonst nichts.

Gemauert wurde vor den Römern wenig bis nichts nördlich der Alpen, Ausnahmen wie die Heuneburg bestätigen lediglich die Regel.
Und auch die späten Römer sind wieder zum Holzbau übergegangen, was sie für die Wissenschaft schwer zu identifizieren macht.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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22.02.2015, 11:26
Beitrag: #6
RE: vormittelalterliche Befestigungen in Europa
Landersdorf war (urnenfelderzeitlich) eine Holz-Steine-Konstruktion, an der Vorderseite waren da Kalkplatten trocken vermauert, eine Holzwand bildete die Rückseite, längs- und querverstrebte Holzpfosten an Vorder- und Rückseite stabilisierten das Ganze.

Mit Hilfe der Pfosten konnte die Mauer auch C14-datiert werden auf das 9.Jh.v.Chr.

Die von Suebe angesprochenen Befestigungen "auf jedem Buckel" werden - wie auch Landersdorf - oft pauschal als "Ungarnwall" bzw. als frühmittelalterlich bezeichnet. In Landersdorf hat man tatsächlich ottonische Befstigungen nachgewiesen (also einen "frühmittelalterlichen Ungarnwall"), aber die größte Befestigung stammt wie gesagt aus der Urnenfelderzeit, daneben gab es noch späthallstattzeitliche und hochmittelalterliche Abschnitte. Ist aus Zeit- und Geldmangel nicht möglich, aber eigentlich sollte man bei jedem Buckel extra nachweisen, ob da wirklich Frühmittelalterliches vorliegt oder nicht etwa Befestigungen aus früherer oder auch späterer Zeit...an der Oberfläche sind da halt nur noch Gruben und Wälle erhalten, niemand weiß, was drunter steckt. Auch in Landersdorf konnte erst mit einer Bodenprospektion mittels Magnetometer geklärt werden, dass da tatsächlich was Mehrphasiges vorliegt und vor allem welches Ausmaß die Anlage tatsächlich hatte. einiges war nämlich durch frühere Ausgrabungen schlicht verschüttet worden...

VG
Christian
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22.02.2015, 14:58
Beitrag: #7
RE: vormittelalterliche Befestigungen in Europa
Die Topographie ändert sich ja nicht.
Und man darf davon ausgehen, dass über die Jahrtausende die selben Punkte immer wieder befestigt wurden, unter Benutzung der "alten" Wälle und Gräben.
An etlichen der von mir genannten "prähistorischen Befestigungen" sind Arbeiten zZ der Ungarneinfälle nachzuweisen, gibt es Reste mittelalterlicher Adelsburgen (wesentlich kleinere) wurden wieder während der Erbfolgekriege im 18. Jahrhundert befestigt, und last not least, als in den 20erJahren die Reichswehr eine "Alblinie" im Gelände erkundete, wieder neu erfasst. Ohne dass es da und später noch zu Arbeiten gekommen wäre.

Die genannten Sachen machen eine Zuordnung natürlich nicht leichter.
Früher habe ich es immer lebhaft bedauert, dass an diesem oder jenem Fleck noch nicht intensiv geforscht wurde.
Heute sehe ich es anders, und das von chris hier aufgemachte THema zeigt es ja nachhaltig, was mit modernen Grabungsmethoden möglich ist.
Und halt vor ein paar Jahrzehnten schlicht übersehen worden wäre.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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23.02.2015, 16:49
Beitrag: #8
RE: vormittelalterliche Befestigungen in Europa
Vielleicht interessiert in diesem Zusammenhang der Spiegel Online Artikel zum Hamburger Burgenbau ca. 1030 nChr.
Nix gemauert.
Der Wall wurde mit Schlick eingeschmiert, damit keiner hochkam.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensc...19374.html

Ausriss:
Zitat:Die Schleimschicht ist feinster Kleiboden, gewonnen aus entwässertem Flussschlick. Wie unangenehm dieses Material sein kann, verrät schon sein Name: Klei komme vom mittelniederdeutschen Wort für kleben und bezeichne genau das, was dieser Boden an allem tue, mit dem er in Berührung komme, erklärt der Archäologe vom Helms Museum Hamburg.

Als äußerste Beschichtung für einen Burgwall ist er damit ideal; jedwede Steigung wird mit einer Kleischicht drauf praktisch unerklimmbar

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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