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Zwei Fragen zu den Ämtern
17.12.2014, 06:16
Beitrag: #1
Zwei Fragen zu den Ämtern
Salve!

Einmal interessiert mich, ob es theoretisch möglich wäre, dass Herodes Agrippa vor seiner Zeit als König ein militärisches Amt wie zB Tribun o.Ä. inne hatte.

Zum zweiten würde ich gerne wissen, ob es Freigelassenen möglich war, ein Amt wie zB Prokurator auszuüben.

Hoffe, ihr könnt mir weiter helfen
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17.12.2014, 23:55
Beitrag: #2
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
(17.12.2014 06:16)Mars Ultor schrieb:  Salve!

Zum zweiten würde ich gerne wissen, ob es Freigelassenen möglich war, ein Amt wie zB Prokurator auszuüben.

Hoffe, ihr könnt mir weiter helfen

Das ist nicht so einfach zu beantworten. Ein Prokurator war ursprünglich ein Sklave oder Freigelassener, der das Vermögen oder Teile des Vermögens eines Senators verwaltete. Bei Augustus und seinen direkten Nachfolgern hat es ehemalige Sklaven gegeben, die das private Vermögen des Kaisers verwalteten. Während des Prinzipats wurden die Provinzen entweder direkt vom Kaiser oder von den Senatoren verwaltet. In den kaiserlichen Provinzen war es deshalb möglich, dass Freigelassene als Prokuratoren tätig wurden, sie wurden aber vom Kaiser bezahlt und waren keine Angehörigen des Magistrats.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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18.12.2014, 01:48
Beitrag: #3
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort, Sansavoir!
Das hilft mir schonmal ein gutes Stück weiter Thumbs_up

Hast du zufällig auch eine Idee, was die andere Frage betrifft?

Oder jemand anders hier im Forum?
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18.12.2014, 23:19
Beitrag: #4
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Ich denke, dass Herodes Agrippa keinen römischen Titel trug. Zu seiner Zeit war es noch nicht üblich, Nichtrömern Titel zu verleihen.

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19.12.2014, 04:02
Beitrag: #5
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Aber ist denn "Tetrarch" nicht auch ein Titel? Oder was genau meinst du mit dem Titel?
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19.12.2014, 18:12
Beitrag: #6
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Oder anders gefragt, hatte Agrippa nicht die römische Staatsbürgerschaft? Immerhin war er ja dicke Freund mit Caius und Claudius, würde mich wundern, wenn er die nicht hatte.
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21.12.2014, 19:18
Beitrag: #7
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Tetrarch war der Titel eines jüdischen Teilherrschers und entsprang wohl den Tradititionen der hellenistischen Staaten. Er war aber kein römischer Titel, der an Römer vergeben wurde. Im 1. Jh. n. Chr. haben m.E. keine gebürtige Nichtrömer römische Titel erhalten. Einen Ehrentitel wie später Patricius, den z.B. Theoderich der Große trug, hat es erst im spätrömischer Zeit gegeben.

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21.12.2014, 20:29
Beitrag: #8
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Und Tribun war so ein Titel? Ich dachte,es wäre nur eine Berufsgruppenbezeichnung gewesen. Gab es also im Militär keine Abteilungsführer, die nicht von römischer Herkunft waren? Wie war das denn dann mit der germanischen Leibgarde? Wurden die nicht auch Lictoren genannt, oder war das wieder was anderes?
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21.12.2014, 22:55
Beitrag: #9
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Tribun war ein Titel, der ursprünglich einem Angehörigen der plebejischen Schichten vorbehalten war. Ein Tribun konnte z.B. Gesetzesvorschläge machen, die dann der Senat entweder bestätigte oder ablehnte. Die bekanntesten Tribune sind die beiden Gracchen, deren Reformvorschläge scheiterten. Ein weiteres plebejisches Amt war der Aedil. Aedilen waren eine Art Polizei. Um ihre Karrieren zu fördern, waren auch jüngere Söhne des Patrizitats bereit, als Aedil tätig zu sein.

Andere Titel wie Zensor, Quästor oder Konsul waren nur den Angehörigen des römischen Senats bzw. deren (männlichen) Angehörigen vorbehalten. Neben der Herkunft waren an den verschiedenen Ämtern z.B. Bedingungen wie Karriere, Ehestand oder Mindestalter verknüpft. Ein Prokonsul wurde meistens nur jemand, der die komplette Beamtenlaufbahn schon hinter sich hatte und als Provinzstatthalter für seine Verdienste belohnt wurde. Dies ist auch einer der Gründe für die Ausplünderung der Provinzen durch die Statthalter, es war die einzige Möglichkeit eines Beamten, ein Belohnung zu erhalten und viele Statthalter dachten, ihnen stehe dies für ihre Verdienste in ihrer Ämterlaufbahn auch zu.

Ein Liktor war ein Mitarbeiter eines Amtsinhaber, man kann ihn mit einen Leibwächter vergleichen. Aus den Liktoren sind dann die Prätorianer hervorgegangen. Liktoren waren auch nur Römer, erst bei den Prätorianern fanden Germanen und andere Nichtrömer Aufnahme.

Man muss davon ausgehen, dass man noch im 1. Jahrhundert viel Wert auf die Erfüllung von Bedingungen legte, die an bestimmte (Ehren-)ämter verknüpft waren. Die Karrieremöglichkeiten die z.B. Germanen im Militär hatten, hatten diese im zivilen Sektor nicht. Dies blieb vor allem nur Römern, später auch Griechen vorbehalten. Erst im späten 4. Jahrhundert konnten Germanen an die Spitze des west- und oströmischen Reiches gelangen. So waren Stilicho oder Ricimer als Heermeister die tatsächlichen Machthaber im weströmischen Reich und Aspar konnte im oströmischen Reich eine sehr einflussreiche Stellung gewinnen.

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23.12.2014, 11:02
Beitrag: #10
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Wenn ich dich da richtig verstehe, konnten im 1ten Jhd. Griechen, Germanen etc. also auch Praetorianer werden, aber keine Tribune?
Und Priesterämter waren auch nur reinen Römern vorbehalten?
Welche Kriterien galten denn, um als reiner Römer durchzugehen? Ich meine, im Laufe der Zeit wird es doch sicher auch zu Mischungen zwischen Römern und anderen Völkern gekommen sein. Was war zB mit jemandem, der irgendwo in seiner Ahnenreihe einen Griechen hatte, galt der noch als Römer oder nicht?

Schonmal vielen Dank für deine Erklärungen und Geduld Smile
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23.12.2014, 15:37
Beitrag: #11
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
(23.12.2014 11:02)Mars Ultor schrieb:  Wenn ich dich da richtig verstehe, konnten im 1ten Jhd. Griechen, Germanen etc. also auch Praetorianer werden, aber keine Tribune?
Und Priesterämter waren auch nur reinen Römern vorbehalten?
Welche Kriterien galten denn, um als reiner Römer durchzugehen? Ich meine, im Laufe der Zeit wird es doch sicher auch zu Mischungen zwischen Römern und anderen Völkern gekommen sein. Was war zB mit jemandem, der irgendwo in seiner Ahnenreihe einen Griechen hatte, galt der noch als Römer oder nicht?

Schonmal vielen Dank für deine Erklärungen und Geduld Smile


Während der römischen Republik gab es eine plebejische und eine patrizische Schicht der freien Römer. Beide teilten sich die Macht, wobei die personell kleinere, aber wesentlich vermögende Schicht der Patrizier den Löwenanteil an Ämtern beanspruchte. Das Patriziat kannte seinen Stammbaum genau. Dabei war es nicht nur wichtig, wessen Sohn, sondern auch Neffe der jeweilige Anwärter auf ein Amt war. Dieses System sicherte ab, dass nur Angehörige der patrizischen Familien die Ämter bekam. Angehöriger einer patrizischer Familie konnte ein Junge nicht nur durch Geburt, sondern auch durch Adoption werden. Dies wurde durch ein Namenszusatz angezeigt, z.B. Gajus Julius Caesar Octavianus . Adoptiert wurden entweder nahe, ärmere aber potentiell fähige Verwandte, denen man bessere Aufstiegschancen bieten wollte oder Angehörige anderer Patriziersippen, um Bündnisse zu schmieden. Familienbündnisse wurden während der Römischen Republik neben der Heirat zweier Angehöriger auch durch die Adoption von Söhnen geschlossen. Eine weitere Möglichkeit war aber auch, einen besonders bewährten ehemaligen Sklaven als Freigelassenen zu adoptieren. Dieser Freigelassene stand den anderen Mitglieder rechtlich gleich, er war dann auch ein Julier, Claudier, Cornelier usw., ihm oder besser seinen Nachkommen stand dann theoretisch die Ämterlaufbahn zu, da er als Angehöriger der Familie seines ehemaligen Heeren galt und somit auch Römer war.

Seit dem 1. Jh. v. Chr. zeichnete sich eine deutliche Differenzierung in der plebejischen Schicht ab. Aus ihr drängten neue Leute in die Oberschicht, man nannte sie "equites" (Ritter). Diese Ritter waren nicht mit den späteren, mittelalterlichen Rittern vergleichbar, sondern Leute, die ihre Machtstellung nicht aus dem Besitz von Latifundien und Ämtern herleiteten. Sie waren eher Händler, Bankiers usw., aber auch Techniker oder Offiziere und leiteten ihren Reichtum eher über den Besitz von Geld her. Das Streben dieser Gruppe an die Staatsspitze ist der Hintergrund der Auseinandersetzungen der untergehenden römischen Republik, beginnend von Sulla gegen Marius bis zu Oktavian/Augustus gegen Marc Anton. Augustus schuf mit dem Prinzipat eine Lösung, an denen beide Gruppen, die „alten“ Senatspatrizier“ und die „neuen Leute“ an der Macht mit beteiligt wurden. Aus diesem Grund wurde z.B. der Senat von 300 auf 600 Mitglieder erhöht. De facto bedeutete das aber auch, dass aus der Oberschicht mehr Menschen in den Senat aufsteigen konnten und die in Gesellschaft geachteten Ämter erlangen konnte, die Macht des Einzelnen aber beschnitten wurde. Ebenso legte Augustus kaiserliche und senatorische Provinzen fest. In den Provinzen des Senats galten deshalb während des Prinzipats die gleichen Aufstiegsregeln wie zu Zeiten der Republik, in den kaiserlichen Provinzen war die Gunst des Kaisers sicher das ausschlaggebende Kriterium. Ich weiß es jetzt nicht genau, m.E. begann die Krise des Prinzipats bereits während des Kaisertums von Marc Aurel, spätestens mit Commodus, also etwa um 180 n.Chr. Ab diesem Zeitpunkt fanden erneute gesellschaftliche Umverteilungen und Umgruppierungen statt, so dass ab diesen Zeitpunkt andere Möglichkeiten zum gesellschaftlichen Aufstieg bestanden.

Kommen wir zurück zu Augustus: Neben vielen anderen Neuerungen, begann unter ihm auch die vorerst mit Bedacht geführte Eingliederung von germanischen Fürstensöhne in die römische Gesellschaft. Meist erhielten diese Germanensöhne eine militärische Ausbildung, sie wurden aber auch für Aufgaben im zivilen Bereich ausgebildet. Zweck dieser Ausbildung war, eine pro-römische Schicht von Germanen zu schaffen, die später das noch zu erobernde Gebiet mit kolonisieren sollte. Die jungen Germanen waren offiziell Söhne von Verbündeten, praktisch lebten sie als Geisel, denn wenn ihre Väter den pro-römischen Kurs beendeten oder sie durch einen anti-römischen Konkurrenten verdrängt wurden, konnte das für den jungen Germanen gefährlich werden. Wie unterschiedlich Lebenswege der in Rom ausgebildeten Germanen verlaufen können, zeigen die Schicksale von Arminius und seinem Bruder Flavius. Während Arminius sich nach einer Militärkarriere gegen die Römer wandte, möglicherweise nur, um Fürst der Cherusker zu werden, blieb sein Bruder trotz Anfeindungen sowohl von germanischer als auch römischer Seite zeitlebens der römischen Sache verhaftet.

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23.12.2014, 16:52
Beitrag: #12
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Supi, jetzt bin ich so ziemlich im Bilde, vielen Dank!
Möchte aber auch nochmal auf Agrippa zurück kommen.
Du spricht von der Gunst des Kaisers, die ein entscheidendes Kriterieum war, ob jemand ein Amt bekleiden durfte, oder nicht. Nun war Agrippa ja ein enger Freund von Claudius und soweit mir bekannt auch von Caligula, hätten diese ihm ein Amt als Tribun (um mal beim Beispiel zu bleiben) übertragen können, wenn er gefragt und sie gewollt hätten, oder wäre das an irgendwelchen "Auflagen" gescheitert?
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23.12.2014, 20:14
Beitrag: #13
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Sehr gute Frage! Es hätte funktioniert, wenn Herodes Aggrippa das Amt als Ehrenamt betrachtet hätte. Er hätte Tribun sein können, aber nicht als Tribun handeln dürfen, z.B. Gesetzesvorschläge machen. Gerade die julisch-claudischen Kaiser mussten noch Fingerspitzengefühl zeigen, wen sie wie ehrten oder wen sie mit wieviel Macht ausstatteten.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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24.12.2014, 15:07
Beitrag: #14
RE: Zwei Fragen zu den Ämtern
Ja, das leuchtet ein, die saßen ja dauerhaft auf einem Pulverfass, aber ich denke mal, mit Vitamin B war so einiges möglich.

Vielen Dank nochmal, hat mir sehr geholfen.
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