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Der Untergang von Sprachen
19.06.2016, 23:31
Beitrag: #61
RE: Der Untergang von Sprachen
In Spanien werden auch mehrere Sprachen gesprochen. Die meisten Menschen sind zweisprachig. Neben Baskisch, das eine eigene Sprachgruppe bildet, werden in Spanien auch Katalanisch, Galizisch (Gallego) und Kastilisch, das eigentliche Spanisch gesprochen. Das Galizisch wird im Nordwesten Spaniens gesprochen, es ist der potugiesischen Sprache ähnlich. Das Katalanisch wird mit unterschiedlichen Dialekten im Nordosten Spaniens, aber auch in Frankreich gesprochen - etwa von Valencia (im Süden) bis Narbonne (im Norden).
Baskisch, Galizisch und Katalanisch waren während der Franco-Diktatur verboten. Nach dem Ende der Franco-Diktatur erlebte besonders das Katalanische eine Renaissance. Die ursprünglichen Forderungen nach kultureller Autonomie haben sich seit ein paar Jahren geändert, so dass inzwischen eine Unabhängigkeitsbewegung entstanden ist, die bürgerlich-konservative, liberale, sozialdemokratische Kräfte und zum Teil Linksradikale vereint.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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19.06.2016, 23:55
Beitrag: #62
RE: Der Untergang von Sprachen
(19.06.2016 23:29)Paul schrieb:  Die Biebelvarianten in den verschiedenen regionalen frühdeutschen Varianten ähnelten sich und ähneln auch dem Text der gotischen Wulfila Biebel. Die Leseproben waren für mich zum großen Teil verständlich. Hoch-Gotisch war also eine frühdeutsche Variante?

Nein, einfach eine (ausgestorbene) ostgermanische Sprache. Im 5. Jahrhundert waren die einzelnen Idiome alle noch ziemlich dicht beieinander. Der Franke Chlodwig und der Ostgote Theoderich der Große hätten vermutlich keinen Dolmetscher gebraucht. Seitdem sind 1500 Jahre vergangen und alles hat sich auseinander (und weiter)entwickelt. Wer Niederdeutsch kann, kommt mit Englisch oder den skandinavischen Sprachen besser klar.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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26.06.2016, 19:05
Beitrag: #63
RE: Der Untergang von Sprachen
Dietrich,
ich hab mich undeutlich ausgedrückt. In den Jahren nach der normannischen Invasion war das normannische Französisch die Verwaltungssprache in England. Dadurch verbreitete es sich auch in der Bevölkerung, die zumindest französische "Brocken" in ihre Alltagssprache eingliederte.
Dass das Englische heute noch so viele französische Lehnwörter hat, stammt aus dieser Zeit und ist deutlicher Ausdruck dafür, dass das Englische fast ausgestorben wäre (bzw. es zu einer "Ausbaustufe" des Anglonormannischen gekommen wäre, die vermutlich zu einem anglsiierten Französisch geführt hätte anstatt zum heutigen "frankonisierten Englisch" mit sienen vielen französischen Lehnwörtern) und dass England fast zum französischen Sprachraum gekommen wäre. Umgedreht hat sich dieser Trend erst, als um 1250 (Vertrag von 1259) große Teile des angevinischen Reichs in Frankreich verloren gingen. Der Adel hat sich "anglinisiert", Englisch wurde wieder zur Verkehrs- UND Verwaltungssprache, auch wenn sich das Anglonormannische noch etwa 100 Jahre als Hofsprache etc. hielt.
Welche Rolle der Adel dabei spielt, dass eine Invasorensprache von der Bevölkerung übernommen wird, zeigt sich noch an anderen Beispielen. In Irland z.B. war es umgekehrt, dort übernahmen die anglonormannischen Adligen, die Heinrich II. zur Beherrschung Irlands geschickt hatte, die gälische Kultur und Sprache der Einheimischen, weil sie in Opposition zum Herrscherhaus standen. Daher spricht man in Irland bis heute Gälisch, wenn auch nur teilweise. Dass das Gälische so unter Druck geraten ist, dass es dennoch beinahe ausgestorben wäre, hat mit späteren Entwicklungen zu tun.
Die Franken - wie auch die Goten - übernahmen mit der römischen Verwaltung (die Franken recht auch bald der römischen Rechtssprechung und dem römisch-katholischen Glauben) auch die (vulgär-)lateinische Verwaltungssprache. Ergebnis: Das Französische als lateinlastige Mischsprache aus Fränkisch und Vulgärlatein. Die Goten taten sich schwerer. Die gotische Oberschicht hatte ihren eigenen Glauben (die Katholisierungsversuche einiger Könige waren nicht sehr glückreich und führten zu Adelsaufständen und Umstürzen) und die Goten hielten auch viel länger als die Franken an einem eigenen Rechtssystem für die gotische Bevölkerung fest. Und siehe da, das Gotische hat auf das Vulgärlatein der Einheimischen bei weitem nicht so großen Einfluss genommen wie das Fränkische auf den Dialekt der Gallorömer oder auch wie das Anglonormannische auf das Mittelenglische.
Bei den Angelsachsen dürfte es ähnlich gewesen sein. Die Sprache, die als Amtssprache galt, und zwar für die ganze Bevölkerung, hat sich früher oder später durchgesetzt, so dass die keltormanische Sprache der Briten ausstarb und nur (relativ) wenige Spuren im Englischen hinterlassen hat (das gilt im Übrigen nicht für die britische Kultur, allerdings kenne ich mich da nicht so gut aus, Bunbury möge mich eines Besseren belehren...Wink
Hätten die Angelsachsen ein eigenes (Rechts-/Verwaltungs-) System für sich beibehalten und die Briten das ihre behalten dürfen, wer weiß, ob es nicht hier auch erst zur Zweisprachigkeit und dann eventuell sogar zur Durchsetzung des keltoromanischen Dialekts geführt hätte.
Ähnlich war es in den den süddeutschen Gebieten. Die Zuwanderer waren etwas zahlenstärker als die Keltoromanen, und doch hat sich der jeweilige germanische Dialekt durchgesetzt. Warum? Weil die Einheimischen unter dem gleichen, von den Eroberern/Zuwanderern dominierten, aber nicht geschaffenen Verwaltungssystem standen, das wiederum auf dem älteren, römischen System beruhte, aber mit Hilfe der germanischen Sprachen in Gang gehalten wurde. Bestes Beispiel, das mir grade einfällt: Die Baar. Entfernt verwandt mit dem Begriff "Bar" wie in "Bargeld", ist das einfach die germanische Übersetzung des Begriffs "Centene" wie "Hundertschaft" (auch als "Huntari" übersetzt). Das römische Verwaltungssystem wurde übernommen, aber mit germanischen Begriffen versehen. Das Keltoromanische ist sowohl im Alemannischen wie auch im Bairischen und (Rhein-/Mosel-/Main-)Fränkischen noch erkennbar in Form von Lehnwörtern, aber es hat als Sprache nicht überlebt. Und das, obwohl bspw. im Chiemgau, aber wohl auch anderswo, anhand der Ortsnamen nachvollziehbar ist, dass eine ganze Menge Keltoromanen im Land geblieben sind, als die Römer abzogen. Sie waren teilweise sogar nochin führender Position, erkennbar etwa an den Ortsnamen auf "-kammer" (= der Ort hatte mit Finanzen zu tun, also mit dem Eintreiben von Abgaben) und daran, dass die Vorsteher dieser Orte noch lange romanische Namen trugen, sogar in den (zumindest bairischen) Adel aufstiegen.

So, bevor ich mich jetzt endgültig verzettle, hole ich erst mal Luft und warte auf weitere Einwände und Kommentare...Wink
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28.06.2016, 13:55
Beitrag: #64
RE: Der Untergang von Sprachen
(26.06.2016 19:05)913Chris schrieb:  Dass das Englische heute noch so viele französische Lehnwörter hat, stammt aus dieser Zeit und ist deutlicher Ausdruck dafür, dass das Englische fast ausgestorben wäre (bzw. es zu einer "Ausbaustufe" des Anglonormannischen gekommen wäre, ...

Das ist eine falsche Folgerung.
Englisch starb nicht aus, weil es als Umgangssprache in der breiten Mehrheitsbevölkerung trotz der Normannen verankert blieb. Ein ähnliches Schicksal erlebte das Westgotische in Spanien, das Langobardische in Italien und das Fränkische in Gallien. Überall gab es eine fremdsprachige kleine Elite, die ihre ihre Sprache trotz des Erobererstatus nicht durchsetzen konnte.

Dass es auch Gegenbeispiele gibt, haben wir bereits besprochen.

(26.06.2016 19:05)913Chris schrieb:  Die Goten taten sich schwerer. Die gotische Oberschicht hatte ihren eigenen Glauben (die Katholisierungsversuche einiger Könige waren nicht sehr glückreich und führten zu Adelsaufständen und Umstürzen) und die Goten hielten auch viel länger als die Franken an einem eigenen Rechtssystem für die gotische Bevölkerung fest. Und siehe da, das Gotische hat auf das Vulgärlatein der Einheimischen bei weitem nicht so großen Einfluss genommen wie das Fränkische auf den Dialekt der Gallorömer

Der geringe Einfluss des Gotischen im Spanischen hat zwei Gründe: Zum einen dauerte die westgotische Herrschaft nur rund 200 Jahre, zum anderen gaben die Westgoten schon sehr früh ihre eigene Sprache auf. Hingegen hat das Arabische starke Spuren in der spanischen Sprache hinterlassen, was sowohl auf die Dauer ihrer iberischen Herrscht - mehr als 600 Jahre - als auch ihre kulturelle Dominanz zurückzuführen ist.

(26.06.2016 19:05)913Chris schrieb:  ... so dass die keltormanische Sprache der Briten ausstarb und nur (relativ) wenige Spuren im Englischen hinterlassen hat

Das winzige keltische Substrat im Englischen hat mich seit jeher erstaunt. Es muss damit zusammenhängen, dass die keltische Bevölkerung in sehr kurzer Zeit von den Angelsachsen assimiliert wurde, d.h. keltische Idiome rasch verschwanden - einmal abgesehen von Rückzugsgebieten wie Wales. Die Widerstandskraft der britischen Bevölkerung gegenüber den Germanen muss außerordentlich gering gewesen sein.

(26.06.2016 19:05)913Chris schrieb:  Ähnlich war es in den den süddeutschen Gebieten. Die Zuwanderer waren etwas zahlenstärker als die Keltoromanen, und doch hat sich der jeweilige germanische Dialekt durchgesetzt. Warum? Weil die Einheimischen unter dem gleichen, von den Eroberern/Zuwanderern dominierten,

Von Keltoromanen kann man nicht sprechen. Zusammen mit der Sprache verschwand eine keltische Identität in Süddeutschland schon bald nach Eroberung durch die Römer. Die Archäologen sagen, dass alle Überreste, die auf Kelten hindeuten, schon bald abrissen und durch römische Einflüsse ersetzt wurden. Als die Germanen Süddeutschland in Besitz nahmen, gab es dort nur noch eine römische Provinzialbevölkerung. Die hielt sich in abgelegenen Siedlungskammern am Fuß der Alpen noch bis ins 7. Jh. n. Chr. - was eine erstaunliche Kontinuität bedeutet.
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28.06.2016, 16:03
Beitrag: #65
RE: Der Untergang von Sprachen
(28.06.2016 13:55)Dietrich schrieb:  Das winzige keltische Substrat im Englischen hat mich seit jeher erstaunt. Es muss damit zusammenhängen, dass die keltische Bevölkerung in sehr kurzer Zeit von den Angelsachsen assimiliert wurde, d.h. keltische Idiome rasch verschwanden - einmal abgesehen von Rückzugsgebieten wie Wales. Die Widerstandskraft der britischen Bevölkerung gegenüber den Germanen muss außerordentlich gering gewesen sein.

In Anbetracht der Tatsache, dass sich andernorts keltische Idiome durchaus gehalten haben- ist das in der Tat eine spannende Frage- und läßt sich wohl nicht einfach mit einem Elitetransfer erklären. Nach wie vor nicht. Letztendlich bleiben drei Möglichkeiten:
1. Es war nicht nur der Elitentransfer, sondern die Bevölkerung wurde tatsächlich zu einem größeren Teil ersetzt. (Britannische Quellen sprechen von einer Seuche, die um 450 in Britannien wütete und die zu einer gewissen Entvölkerung beigetragen haben könnte)
2. Die von den Angelsachsen vorgefundene Bevölkerung besaß kein ausgeprägtes Gefühl für ihre Wurzeln und schon länger keine Elite mehr (Auch hierfür gibt es Hinweise in den britannischen Quellen, nämlich dass es zum Bürgerkrieg kam- und da sind die Opfer in der einfachen Bevölkerung immer die einfacheren) bzw. der Teil der Eliten, die sich im Bürgerkrieg auf Seiten der Angelsachsen geschlagen hatte, wurde Angelsachse, der andere Teil zog sich nach Wales und Südschottland zurück...
3. Es gab gewisse Schnittmengen in der Angelsächsichen und keltischen Lebensweise. (Religiöse Bäruche, ein Rechtssystem, dass im Gegensatz zum römischen nicht auf Vergeltung, sondern auf Wiedergutmachung basierte, gesellschaftliche Hierarchien etc.)

Vermutlich spielten alle drei Faktoren eine Rolle, und die größtenteils einfache Landbevölkerung, die im Bereich Englands verblieben war, wollte wohl nur noch ihr Land bestellen und ihre Ruhe haben...

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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29.06.2016, 12:35
Beitrag: #66
RE: Der Untergang von Sprachen
(28.06.2016 13:55)Dietrich schrieb:  Von Keltoromanen kann man nicht sprechen. Zusammen mit der Sprache verschwand eine keltische Identität in Süddeutschland schon bald nach Eroberung durch die Römer. Die Archäologen sagen, dass alle Überreste, die auf Kelten hindeuten, schon bald abrissen und durch römische Einflüsse ersetzt wurden. Als die Germanen Süddeutschland in Besitz nahmen, gab es dort nur noch eine römische Provinzialbevölkerung. Die hielt sich in abgelegenen Siedlungskammern am Fuß der Alpen noch bis ins 7. Jh. n. Chr. - was eine erstaunliche Kontinuität bedeutet.

In römischer Zeit lebten in Süddeutschland romanisierte Kelten, was denn sonst. Erkennbar noch lange an den Namen, und zwar nicht nur bis ins 7.Jh., sondern noch bis ins 11.Jh., erkennbar an den in den Urkunden hinterlegten Namen in den Zeugenlisten. Und von abgelegen keine Spur, die Gegend um den Chiemsee - von wichtigen Handelsstraßen durchzogen - war großenteils von Romanen besiedelt, schau dir nur die Ortsnamen da an...Wink
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29.06.2016, 12:52
Beitrag: #67
RE: Der Untergang von Sprachen
(28.06.2016 13:55)Dietrich schrieb:  Von Keltoromanen kann man nicht sprechen. Zusammen mit der Sprache verschwand eine keltische Identität in Süddeutschland schon bald nach Eroberung durch die Römer. Die Archäologen sagen, dass alle Überreste, die auf Kelten hindeuten, schon bald abrissen und durch römische Einflüsse ersetzt wurden. Als die Germanen Süddeutschland in Besitz nahmen, gab es dort nur noch eine römische Provinzialbevölkerung. Die hielt sich in abgelegenen Siedlungskammern am Fuß der Alpen noch bis ins 7. Jh. n. Chr. - was eine erstaunliche Kontinuität bedeutet.

In Südwestdeutschland kann man nicht nur, sondern muss man sogar von Keltoromanen sprechen. Die "keltische Identität" verschwand mit der römischen Eroberung keineswegs - nicht zuletzt deshalb, weil Südwestdeutschland vor der römischen Eroberung sogar ein Zentrum keltischer Kultur war.

Noch heute spricht man vom keltischen Dreieckland, welches sich über Südbaden, das Elsass und die Nordwestschweiz erstreckt. Mit dem Dreieckland ist das Land zwischen dem Schwarzwälder Belchen, dem Elsässer Belchen (Ballon d' Alsace) und dem Jura-Bölchen gemeint. Der Flurname Belchen (welcher im Elsass gleich dreimal vorkommt) ist eindeutig keltischen Ursprungs.
Dass die Kelten das Dreieckland auch als Kalender benutzt haben, ist dabei allerdings nicht nachgewiesen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Belchen-System
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29.06.2016, 14:18
Beitrag: #68
RE: Der Untergang von Sprachen
(29.06.2016 12:35)913Chris schrieb:  In römischer Zeit lebten in Süddeutschland romanisierte Kelten,

Das erweckt einen falschen Eindruck. Was da in Süddeutschland nach 400 Jahren römischer Herrschaft siedelte, war eine römische Provinzbevölkerung, die aus allen Gegenden des Römerreichs zugewandert war. Ethnisch bildete sie einen romanisierten.Schmelztiegel. Da Süddeutschalnd zur Zeitenwende siedlungsarm bis siedlungsleer war, baute sich in diesen Räumen eine neue Bevölkerung auf, d.h. es gab einen Bevölkerungswechsel. Die keltische Restbevölkerung verschwand in kurzer Zeit und wurde assimiliert.

""Sicher ist, dass Bayern zum Zeitpunkt der römischen Okkupation schwach besiedelt war und den Römern kein großer Widerstand entgegengesetzt wurde ... Die noch ansässige keltische Bevölkerung wurde sehr schnell assimiliert. Ein Überdauern keltischer Elemente lässt sich archäologisch nicht feststellen, abgesehen vom Fortleben vereinzelter keltischer Ortsbezeichnungen."
(Brigitte Haas-Gebhard, Die Baiuvaren. Archäologie und Geschichte, Regensburg 2013, S. 54 f.)

"In Baden-Württemberg hat keine keltische Stammesgruppe - anders als im linksrheinischen Gallien - ihr Fortlebenin in einer späteren Selbstverwaltuzng gefunden. Literarische Nachrichten römischer Schriftsteller überliefern zur Zeitenwende eine weitgehende Siedlungsleere für das heutige Baden-Württemberg."
(Imperium Romanum. Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau, Ausstellungskatalog, Esslingen 2005)
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29.06.2016, 17:47
Beitrag: #69
RE: Der Untergang von Sprachen
(29.06.2016 14:18)Dietrich schrieb:  
(29.06.2016 12:35)913Chris schrieb:  In römischer Zeit lebten in Süddeutschland romanisierte Kelten,

Das erweckt einen falschen Eindruck. Was da in Süddeutschland nach 400 Jahren römischer Herrschaft siedelte, war eine römische Provinzbevölkerung, die aus allen Gegenden des Römerreichs zugewandert war. Ethnisch bildete sie einen romanisierten.Schmelztiegel. Da Süddeutschalnd zur Zeitenwende siedlungsarm bis siedlungsleer war, baute sich in diesen Räumen eine neue Bevölkerung auf, d.h. es gab einen Bevölkerungswechsel. Die keltische Restbevölkerung verschwand in kurzer Zeit und wurde assimiliert.

""Sicher ist, dass Bayern zum Zeitpunkt der römischen Okkupation schwach besiedelt war und den Römern kein großer Widerstand entgegengesetzt wurde ... Die noch ansässige keltische Bevölkerung wurde sehr schnell assimiliert. Ein Überdauern keltischer Elemente lässt sich archäologisch nicht feststellen, abgesehen vom Fortleben vereinzelter keltischer Ortsbezeichnungen."
(Brigitte Haas-Gebhard, Die Baiuvaren. Archäologie und Geschichte, Regensburg 2013, S. 54 f.)

"In Baden-Württemberg hat keine keltische Stammesgruppe - anders als im linksrheinischen Gallien - ihr Fortlebenin in einer späteren Selbstverwaltuzng gefunden. Literarische Nachrichten römischer Schriftsteller überliefern zur Zeitenwende eine weitgehende Siedlungsleere für das heutige Baden-Württemberg."
(Imperium Romanum. Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau, Ausstellungskatalog, Esslingen 2005)


Das ist der, mittlerweile stark umstrittene, Forschungsstand.

Ich dagegen, Idea halte das jedoch für ein Forschungsproblem.
Die Römer haben Südwestdeutschland, Teile Raetiens und das Decumatland, über ca. 100 Jahre in 20km Sprüngen erobert und besetzt, jeweils gut gesichert mit formidablen Kastellen.
Warum dieser Aufwand? Wenn die Bevölkerung tatsächlich nur sehr gering war?
Warum sollen Bevölkerungsteile "aus allen römischen Reichsteilen" irgendwo einwandern, wo die "Eingeborenen" zuvor abgewandert sind?
Warum sollen die autochthonen abgewandert sein? Muss doch einen Grund geben! Wohin sollen die abgewandert sein?

Um 250 herum haben die Römer die Gebiete rechts des Rheins, links der Iller, nördlich des Bodensees wieder aufgegeben. Warum? Insbesondere wenn die Bevölkerung so römisch war wie Rom? Wegen der paar Alemannen? Nie und nimmer. Die Bevlkerung soll abgezogen sein??? Aber wohin denn? Bisher fand man sie nirgens. Also, was wird gewesen sein? Wie zuvor, die Oberschicht (ein paar Hansele) verschwand, wurde massakriert, was auch immer. Der Töpfer jedoch hat weiter getöpfert, der Schmied weiter geschmiedet und der Bauer weiter gebauert.

Also, mMn Forschungslücke, nix anderes
und ich will einen Besen fresen, mitsamt der daranhängenden Raumpflegerin, wenn sich da nicht die nächsten Jahre ganz anderes auftut.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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30.06.2016, 01:25
Beitrag: #70
RE: Der Untergang von Sprachen
(29.06.2016 17:47)Suebe schrieb:  Das ist der, mittlerweile stark umstrittene, Forschungsstand.

Ich dagegen, Idea halte das jedoch für ein Forschungsproblem.
Die Römer haben Südwestdeutschland, Teile Raetiens und das Decumatland, über ca. 100 Jahre in 20km Sprüngen erobert und besetzt, jeweils gut gesichert mit formidablen Kastellen.
Warum dieser Aufwand? Wenn die Bevölkerung tatsächlich nur sehr gering war?
Warum sollen Bevölkerungsteile "aus allen römischen Reichsteilen" irgendwo einwandern, wo die "Eingeborenen" zuvor abgewandert sind?
Warum sollen die autochthonen abgewandert sein? Muss doch einen Grund geben! Wohin sollen die abgewandert sein?

Um 250 herum haben die Römer die Gebiete rechts des Rheins, links der Iller, nördlich des Bodensees wieder aufgegeben. Warum? Insbesondere wenn die Bevölkerung so römisch war wie Rom? Wegen der paar Alemannen? Nie und nimmer. Die Bevlkerung soll abgezogen sein??? Aber wohin denn? Bisher fand man sie nirgens. Also, was wird gewesen sein? Wie zuvor, die Oberschicht (ein paar Hansele) verschwand, wurde massakriert, was auch immer. Der Töpfer jedoch hat weiter getöpfert, der Schmied weiter geschmiedet und der Bauer weiter gebauert.

Also, mMn Forschungslücke, nix anderes
und ich will einen Besen fresen, mitsamt der daranhängenden Raumpflegerin, wenn sich da nicht die nächsten Jahre ganz anderes auftut.

Eine gewisse Abwanderung von Kelten hat wohl stattgefunden. Helvetier und Bojer sind nach Süden gewandert. Andere Stämme wurden germanisiert und haben sich als Germanen auf der linken Rheinseite angesiedelt o. blieben als Germanen in ihrer Heimat.
Eine interessante Frage wäre, inwieweit auch die Helvetier schon germanisiert wurden, ehe sie sich in der Schweiz niederließen.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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30.06.2016, 10:37
Beitrag: #71
RE: Der Untergang von Sprachen
(30.06.2016 01:25)Paul schrieb:  Eine gewisse Abwanderung von Kelten hat wohl stattgefunden. Helvetier und Bojer sind nach Süden gewandert. Andere Stämme wurden germanisiert und haben sich als Germanen auf der linken Rheinseite angesiedelt o. blieben als Germanen in ihrer Heimat.
Eine interessante Frage wäre, inwieweit auch die Helvetier schon germanisiert wurden, ehe sie sich in der Schweiz niederließen.

Die Helvetier sind mitnichten nach Süden gewandert. Daran hat sie Cäsar massiv (Schlacht von Bibracte) gehindert, so dass sie in ihre alten Siedlungsgebiete zurückkehren mussten. Überhaupt hat es dort von Kelten gewimmelt (Helvetier, Rauracher, Allobroger etc.). Die oberrheinische Tiefebene war geradezu ein keltisches Kulturzentrum (und eine der wenigen Orte, wo sich keltische Flurnamen erhalten haben, wie oben beschrieben) und entsprechend dicht besiedelt. Diese Region hat sich nicht entvölkert, als sich dort Römer niederliessen, sondern die Einwohner haben sich entsprechend vermischt. Bei der Einwanderung der Alemannen assimilierte sich die romanisierte, ursrünglich keltische Bevölkerung mit den Einwanderer und nahm deren Sprache an. Die Assimilierung geschah offenbar zwangslos. Die heutige Sprachgrenze in der Schweiz markiert die Grenze zwischen den Siedlungsräumen der Alemannen und der Burgunder (welche als germanischer Stamm kurz vor der Einwanderung der Alemannen durch die Römer dort angesiedelt wurden).

Sogar im abgelegenen Wallis haben keltische Kleinstämme gelebt, bevor die Alemannen im Oberwallis einwanderten.

Die Helvetier wurden nie germanisiert (das war eine völkische Wunschvorstellung) sondern höchstens romanisiert.

Was die Räter betrifft so gehen die neueren Forschungsergebnisse davon aus, dass am Bodensee und auch im grössten Teil des heutigen Graubündens ebenfalls Kelten und nicht Räter gesiedelt haben. Der rätische Siedlungsraum resp. Kernraum erstreckte sich nach neueren Erkenntnissen (archäologisch und Sprachanalysen) über das Südtirol, Trentino, Nordtirol, Unterengadin, Friaul und West-Venetien.
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30.06.2016, 13:23
Beitrag: #72
RE: Der Untergang von Sprachen
(30.06.2016 10:37)Aguyar schrieb:  
(30.06.2016 01:25)Paul schrieb:  Eine gewisse Abwanderung von Kelten hat wohl stattgefunden. Helvetier und Bojer sind nach Süden gewandert. Andere Stämme wurden germanisiert und haben sich als Germanen auf der linken Rheinseite angesiedelt o. blieben als Germanen in ihrer Heimat.
Eine interessante Frage wäre, inwieweit auch die Helvetier schon germanisiert wurden, ehe sie sich in der Schweiz niederließen.

Die Helvetier sind mitnichten nach Süden gewandert. Daran hat sie Cäsar massiv (Schlacht von Bibracte) gehindert, so dass sie in ihre alten Siedlungsgebiete zurückkehren mussten. Überhaupt hat es dort von Kelten gewimmelt (Helvetier, Rauracher, Allobroger etc.). Die oberrheinische Tiefebene war geradezu ein keltisches Kulturzentrum (und eine der wenigen Orte, wo sich keltische Flurnamen erhalten haben, wie oben beschrieben) und entsprechend dicht besiedelt. Diese Region hat sich nicht entvölkert, als sich dort Römer niederliessen, sondern die Einwohner haben sich entsprechend vermischt. Bei der Einwanderung der Alemannen assimilierte sich die romanisierte, ursrünglich keltische Bevölkerung mit den Einwanderer und nahm deren Sprache an. Die Assimilierung geschah offenbar zwangslos. Die heutige Sprachgrenze in der Schweiz markiert die Grenze zwischen den Siedlungsräumen der Alemannen und der Burgunder (welche als germanischer Stamm kurz vor der Einwanderung der Alemannen durch die Römer dort angesiedelt wurden).

Sogar im abgelegenen Wallis haben keltische Kleinstämme gelebt, bevor die Alemannen im Oberwallis einwanderten.

Die Helvetier wurden nie germanisiert (das war eine völkische Wunschvorstellung) sondern höchstens romanisiert.

Was die Räter betrifft so gehen die neueren Forschungsergebnisse davon aus, dass am Bodensee und auch im grössten Teil des heutigen Graubündens ebenfalls Kelten und nicht Räter gesiedelt haben. Der rätische Siedlungsraum resp. Kernraum erstreckte sich nach neueren Erkenntnissen (archäologisch und Sprachanalysen) über das Südtirol, Trentino, Nordtirol, Unterengadin, Friaul und West-Venetien.

Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Helvetier lag im heutigen Bayern und Hessen südlich des Mainz. Die Helvetier sind also nach Süden gewandert, vor allem in die heutige Schweiz. Wenn die Hekvetier nicht germanisiert wurden, gehst du davon aus, das sie sich nur in der heute französisch sprechenden Westschweiz angesiedelt haben? Die Kelten in der heutigen Deutschschweiz wurden ja offensichtlich germanisiert.

Lt. Wikipedia sind die Helvetier ins schweizerische Mittelland, in der heutigen Deutschschweiz eingewandert und wurden spätestens von den Allemannen germanisch assimiliert.

https://de.wikipedia.org/wiki/Helvetier

Beim Siedlungsgebiet der Räter hängt es vom Zeitraum ab, denn die Kelten haben die Räter immer mehr zurückgedrängt und assimiliert, aber wer kann dies für den Zeitraum der Einwanderung der Allemannen genau feststellen?

viele Grüße

Paul

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30.06.2016, 13:53
Beitrag: #73
RE: Der Untergang von Sprachen
(29.06.2016 17:47)Suebe schrieb:  Das ist der, mittlerweile stark umstrittene, Forschungsstand.

Ich dagegen, Idea halte das jedoch für ein Forschungsproblem.

Die Forschung ist da anscheinend anderer Meinung, wie du den oben und hier angeführten Zitaten entnehmen kannst:

"Große Teile der keltischen Vorbevölkerung - die Helveter - hatten das Land bereits vor dem römischen Einmarsch verlassen, sodass die Felder bereits verwildert waren. In den Pollendiagrammen findet man für diesen Zeitabschnitt oft überdurchschnittlich viel Blütenstaub von ausdauernden Unkräutern, und immer wieder eine starke Zunahme von Pioniergehölzern wie Hasel und Birke. In den Auen waren dagegen Erlen und Weidengebüsche wieder aufgekommen."
(Hans Smettan, Südwestdeutschland in der Antike. Die Rekonstruktion der Umwelt, in: Imperium Romanum. Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau, Ausstellungskatalog, Esslingen 2005, S. 39)

"Die stark geschrumpfte Bevölkerungszahl und die fehlende überregionale Organisation waren dann der Grund, dass die keltische Restbevölkerung politisch keie Rolle bei der römischen Okkupation gespielt hat ... Das Zusammenwirken äußerer Einflüsse, wie z.B. Caesars Feldzüge oder das Vordringen germanischer Bevölkerungsgruppen, dürfte in erster Linie dafür verantwortlich sein, dass die spätkeltische Oppidakultur zugrunde ging und die Bevölkerung zerstreut wurde ... Dass die Bevölkerungsreste im Zuge der römischen Okkupation schnell akkulturiert wurden, kann man vermuten."
(Günther Wieland, Die späten Kelten, in: Imperium Romanum a.a.O, S. 68, 70)

"In Baden-Württemberg hat keine keltische Stammesgruppe - anders als im linksrheinischen Gallien - ihr Fortlebenin in einer späteren Selbstverwaltuzng gefunden. Literarische Nachrichten römischer Schriftsteller überliefern zur Zeitenwende eine weitgehende Siedlungsleere für das heutige Baden-Württemberg."
(Hans Ulrich Nuber, Kelten im römischen Baden-Württemberg, in: Imperium Romanum. a.a.O., S. 75)

"Der Begriff Helvetier-Einöde (auch Helvetiereinöde) ist ein Erklärungsansatz für das weitgehende Fehlen von Funden der Spätlatènezeit im rechtsrheinischen Südwestdeutschland bei der Ankunft der Römer um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Grundlage ist neben einer allgemeinen Fundleere die Erwähnung von Gebieten, die von Helvetiern verlassen wurden, durch den antiken Geographen Claudius Ptolemäus." https://de.wikipedia.org/wiki/Helvetier-Ein%C3%B6de

Nach Ansicht dieser Archäologen und Historiker scheint der Raum des heutigen Baden-Württember bei Ankunft der Römer siedlungsleer bis siedlungsarm gewesen zu sein. Selbst römische Schriftsteller haben das überliefert. Als Gründe werden genannt der Abzug der Helveter, germanische Einfälle und Feldzüge Caesars.
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30.06.2016, 14:50
Beitrag: #74
RE: Der Untergang von Sprachen
(30.06.2016 13:53)Dietrich schrieb:  "...Das Zusammenwirken äußerer Einflüsse, wie z.B. Caesars Feldzüge oder das Vordringen germanischer Bevölkerungsgruppen, dürfte in erster Linie dafür verantwortlich sein, dass die spätkeltische Oppidakultur zugrunde ging und die Bevölkerung zerstreut wurde ...

Das hier vor den Toren liegende Heidetränkoppidum, das wahrscheinlich mit dem keltischen "Artaunon" identisch ist, wurde jedenfalls um Christi Geburt aufgegeben. Als Grund hierfür wird vermutet, dass es Bestandteil des keltischen Oppida- Handelsnetz war, das durch Caesars Eroberung Galliens zusammenbrach. Ohne dieses Handelsnetz ließ sich das Oppidum nicht mehr halten.
Wohin die Kelten gingen, ist umstritten. Ein Teil von ihnen, zumindest die einfache Bevölkerung, vermischte sich vermutlich mit germanischen Stämmen.
Ein anderer Teil ist vermutlich ausgewandert, wohin ist ungeklärt.

(In diesem Zusammenhang bin ich vor einigen Jahren auf eine interessante Aussage im Groam House Museum von Rosemarkie gestoßen. Dort heißt es, dass größere Bevölkerungsgruppen teils keltischer Herkunft um das Jahr 0 herum über Norddeutschland nach Britannien kamen und einen Teil der späteren piktischen Bevölkerung bildeten.
Ich habe allerdings nie so genau herausgefunden, worauf sich diese Annahme stützt. ich habe zwar etliche Bücher dort gekauft, bin aber nie weit gekommen... vielleicht irgendwann mal...)

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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30.06.2016, 20:31
Beitrag: #75
RE: Der Untergang von Sprachen
Ein paar aufstrebende Orte kennen wir, in die Bewohner des Heidetränkeopidiums(Artaunon?) gegangen sein können z.B. Wiesbaden, Nida, Trier, Bonn, Köln, Dünsberg.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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01.07.2016, 10:04
Beitrag: #76
RE: Der Untergang von Sprachen
(30.06.2016 13:23)Paul schrieb:  Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Helvetier lag im heutigen Bayern und Hessen südlich des Mainz.

Ich kenne diese These - und sie ist tatsächlich nur eine These, die nicht einmal durch existierende Indizien gestützt wird. Historisch gesichert ist das mitnichten.

(30.06.2016 13:23)Paul schrieb:  Die Helvetier sind also nach Süden gewandert, vor allem in die heutige Schweiz. Wenn die Hekvetier nicht germanisiert wurden, gehst du davon aus, das sie sich nur in der heute französisch sprechenden Westschweiz angesiedelt haben? Die Kelten in der heutigen Deutschschweiz wurden ja offensichtlich germanisiert.

Die Helvetier siedelten im gesamten Mittelland - und zwar im deutsch- und französischsprachigen Teil. Und das gesamte Gebiet war Teil des Römischen Imperiums und die Vermischung der Helevetier mit Römern fand im gesamten Gebiet statt.
Die Sprachgrenze ist, wie ich bereits geschrieben habe, nicht keltischen sondern germanischen Ursprungs ! Zur Völkerwanderungszeit hatten die Römer die germanischen Burgunder in der Westschweiz und den angrenzenden Gebieten angesiedelt. Die Burgunder behielten ihre germanische Sprache nicht sondern assimilierten sich sprachlich mit der kelto-römischen Bevölkerung (französisch). Etwas später wanderten die Alemannen ein, besiedelten aber nur jenen Teil des Mittellandes, welcher nicht bereits von den Burgundern besetzt war. In dem alemannisch besiedelten Teil assimilierte sich die kelto-römische Bevölkerung sprachlich und übernahmen das alemannische Idiom (deutsch).

(30.06.2016 13:23)Paul schrieb:  Beim Siedlungsgebiet der Räter hängt es vom Zeitraum ab, denn die Kelten haben die Räter immer mehr zurückgedrängt und assimiliert, aber wer kann dies für den Zeitraum der Einwanderung der Allemannen genau feststellen?

Dass die Kelten die Räter zurückgedrängt haben ist fraglich. Aufgrund der archologischen Befunde geht man heute davon aus, dass die Räter tatsächlich auch ursprünglich lediglich im Unterengadin, Tirol, Trentino und im westlichen Venetien verbreitet waren.

Im Übrigen: Wieso geht man eigentlich, wenn man über die keltische Besiedlung Baden-Württembergs debattiert, davon aus, dass dies Helvetier gewesen sein müssen ? Die Helvetier besiedelten das heutige schweiz. Mitteland. In dem von mir erwähnten keltischen "Dreieckland", in der oberrheinischen Tiefebene (inkl. Baden - nicht Württemberg) siedelten jedenfalls die keltischen Rauracher und nicht die Helvetier.
Es mag ja sein, dass Württemberg bei der alemannischen Landnahme nur noch eine geringe keltische oder kelto-römische Bevölkerung aufwies, für Baden und die Schweiz gilt das aber bestimmt nicht.
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01.07.2016, 12:08
Beitrag: #77
RE: Der Untergang von Sprachen
Vergesst mir die Vindeliker nicht! Wink
Die siedelten zumindest zur Zeit der römishcen Okkupation des Voralpenlandes zwischen Donau und Alpen. Vermutlich waren sie auch diejenigen, die z.B. Manching bauten und unterhielten, das im übrigen auch in vorrömischer Zeit und vemrutlich auch im zusammenhang mit Caesars "Kahlschlag" in Gallien aufgegeben wurde. die Bevölkerung war jedoch noch da, nur eben nicht mehr in Oppida siedelnd, sondern in Dörfern. Indiz ist die Tatsache, dass sich der Vindeliker-Name noch lange gehalten hat (nicht nur im römischen Namen Augsburgs, sondern tatsächlich auch als "Ersatzname" für Raetien), nachdem schon die Provinz Raetien errichtet worden war, die ja auch den vindelizischen Siedlungsraum beinhaltete...Wink
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01.07.2016, 12:17
Beitrag: #78
RE: Der Untergang von Sprachen
(01.07.2016 10:04)Aguyar schrieb:  Die Helvetier siedelten im gesamten Mittelland - und zwar im deutsch- und französischsprachigen Teil. ... Im Übrigen: Wieso geht man eigentlich, wenn man über die keltische Besiedlung Baden-Württembergs debattiert, davon aus, dass dies Helvetier gewesen sein müssen ?

Allerdings lese ich dazu bei der alten Tante Wiki:

"Dem griechischen Geographen Ptolemäus und dem römischen Historiker Tacitus zufolge lebten die Helvetier um 100 v. Chr. noch im Gebiet zwischen Donau, Rhein und Main. Aus diesem Gebiet seien sie aufgrund des Vordringens germanischer Stämme langsam in die Nordwestschweiz ausgewichen."

Danach scheint es, als hätten die keltischen Helvetier ursprünglich weiter zum Main hin gesessen, ihre Sitze aber aufgrund des germanischen Vordringens nach Süden verlagert.

Obwohl sich handfeste archäologische Beweise dafür nicht beibringen lassen, scheint mir ein solches Szenario, wie es auch Tacitus und Ptolemäus schildern, nicht ganz von der Hand zu weisen sein. Dass germanische und keltische Stämme ihre Sitze häufig und weiträumig verlagerten, dafür gibt es vielfache Beispiele.
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01.07.2016, 13:08
Beitrag: #79
RE: Der Untergang von Sprachen
Es war mir schon bekannt, dass die These der Herkunft der Helvetier auf Ptolemäus und Tacitus beruht. Beide lebten allerdings rund 150 bis 200 Jahre nach der Konfrontation zwischen Helvetiern und Cäsar.

Erstmals erwähnt werden die Helvetier bei Poseidonios (130 - 50 v. Chr.), welcher leider verschweigt, wo sie herkamen. Die Mehrheit der Schweizer-Forschung geht dabei allerdings davon aus, dass die Helvetier bereits damals im Schweizer Mittelland gesiedelt haben, nicht zuletzt deshalb, weil der Teilstamm der Tiguriner im fraglichen Zetiraum möglicherweise auch in Tirol auftaucht (Noricum).

http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8017.php

http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8024.php

Was im Wikipedia-Eintrag störend ist, ist der Satz "Nach dem Abzug der Römer im 5. Jahrhundert wurden die Helvetier ein wichtiger Bestandteil der Alemannen und nahmen deren Dialekte an". Das ist zwar richtig, aber nur ein Teil der Wahrheit. Die alemannische Landnahme (so um 460 - 470) beschränkte sich auf den östlichen Teil des ehem. helvetischen Siedlungsgebietes. Im westlichen Teil des Gebietes hatte Aetius um 443 die Burgunder angesiedelt, welche sich sprachlich der ansässigen helvetischen Bevölkerung anpassten. Die romanisierte helvetische Bevölkerung "verschmolz" eben nicht nur mit den Alemannen sondern auch mit den Burgundern. Interessant ist, dass die damalige Grenze zwischen alemannischem und burgundischem Siedlungsraum nahezu der heutigen Sprachgrenze zwischen deutsch und französisch in der Schweiz entspricht.
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01.07.2016, 13:26
Beitrag: #80
RE: Der Untergang von Sprachen
(01.07.2016 13:08)Aguyar schrieb:  Die Mehrheit der Schweizer-Forschung geht dabei davon aus, dass die Helvetier bereits damals im Schweizer Mittelland gesiedelt haben, nicht zuletzt deshalb, weil der Teilstamm der Tiguriner im fraglichen Zetiraum möglicherweise auch Tirol auftaucht (Noricum).

In deinem ersten Link findet sich allerdings diese Passage:

Unterschiedlich beurteilt wird auch die Frage, ab wann sich die H. im schweiz. Mittelland ansiedelten. Folgt man dem röm. Historiker Tacitus ("Germania" 28, 2), der seine Werke Ende des 1. Jh. n.Chr. verfasste, so bewohnten die H. im 2. Jh. v.Chr. das heute süddt. Gebiet zwischen Rhein, Main und wahrscheinlich dem Schwarzwald. Nach Ansicht der meisten Forscher war es der Kimbern- und Teutonenzug (113-101 v.Chr.), der die H. zur Auswanderung aus Süddeutschland bewog. So weiss man, dass die Tiguriner den Germanen folgten, und der Geograf Ptolemäus erwähnt im 2. Jh. n.Chr. ein von den H.n "verlassenes" Gebiet in Süddeutschland."

Danach siedelten die Helvetier in Süddeutschland und verlegten ihre Sitze aufgrund des Kimbern- und Teutonenzuges etwa um 100 v. Chr. Richtung Süden ins Schweizer Mittelland.

Ich halte das für ein wahrscheinliches Szenario, denn das Schweizer Mittelland ist sicher ein Rückzigsgebiet gewesen.
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