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Der Untergang von Sprachen
05.06.2016, 19:38
Beitrag: #21
RE: Der Untergang von Sprachen
Sprache schleift sich ganz einfach ab. Deutlich erkennbar an der deutschen Sprache, die vom Althochdeutschen zum Neuhochdeutschen hin immer mehr Endungen, Fälle, Laute und Silben verlor.
Nachvollziehbar ganz einfach dadurch, dass man z.B. Mittelhochdeutsche worte mal selber ausspricht, ganz oft und genügend schnell, dann kommt amn fast automatisch bei der neuhochdeutschen Form raus...Wink Ist jedenfalls oft so.
Manche Wörter haben auch ihren Sinn verändert, das hängt dann natürlich auch mit den Lebensumständen zusammen.
Und dann darf man nicht vergessen, dass tatsächlich die Einflüsse von außen - Einwanderer, "Vorbilder" in politischer und kultureller Hinsicht, wie es Frankreich lange Zeit bzw. immer wieder für den deutschen Sprachraum oder Teile davon war - sind, die eine Sprache am nachhaltigsten verändern - meines Erachtens nur noch übertroffen von der oben angesprochenen "Maulfaulheit" der Menschheit...nicht nur der deutschen übrigens...Wink
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06.06.2016, 12:31
Beitrag: #22
RE: Der Untergang von Sprachen
(05.06.2016 04:11)Paul schrieb:  Kommen Eroberer in ein mehrsprachiges Gebiet, ist es sehr wahrscheinlich, das die Eroberer ihre Sprache durchsetzen z.B. Türken in der heutigen Türkei.

Das ist allerdings keine zwangsläufige Entwicklung, denn es gibt auch Gegenbeispiele.

So setzten die fränkischen Eroberer in Gallien ihre germanische Sprache nicht durch, sondern übernahmen im Verlauf einiger Jahrhunderte die gallo-romanische Sprache der beherrschten Mehrheitsbevölkerung - aus der dann im 9./10. Jh. das Altfranzösische hervorging,
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06.06.2016, 17:01
Beitrag: #23
RE: Der Untergang von Sprachen
(06.06.2016 12:31)Dietrich schrieb:  
(05.06.2016 04:11)Paul schrieb:  Kommen Eroberer in ein mehrsprachiges Gebiet, ist es sehr wahrscheinlich, das die Eroberer ihre Sprache durchsetzen z.B. Türken in der heutigen Türkei.

Das ist allerdings keine zwangsläufige Entwicklung, denn es gibt auch Gegenbeispiele.

So setzten die fränkischen Eroberer in Gallien ihre germanische Sprache nicht durch, sondern übernahmen im Verlauf einiger Jahrhunderte die gallo-romanische Sprache der beherrschten Mehrheitsbevölkerung - aus der dann im 9./10. Jh. das Altfranzösische hervorging,

Gallien war Gallo-romanisch, nicht mehrsprachig. Die germanische Oberrschicht war zahlenmäßig zu klein. Sie konnten nicht mehrere Sprachgruppen gegeneinander ausspielen und haben die Vielweiberei nicht so extrem praktiziert, wie die Türken. In Nordgallien(Nordfrankreich) hätte es aber zur Germanisierung kommen können, wie es im Elsaß der Fall war.

viele Grüße

Paul

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06.06.2016, 20:15
Beitrag: #24
RE: Der Untergang von Sprachen
(06.06.2016 17:01)Paul schrieb:  
(06.06.2016 12:31)Dietrich schrieb:  Das ist allerdings keine zwangsläufige Entwicklung, denn es gibt auch Gegenbeispiele.

So setzten die fränkischen Eroberer in Gallien ihre germanische Sprache nicht durch, sondern übernahmen im Verlauf einiger Jahrhunderte die gallo-romanische Sprache der beherrschten Mehrheitsbevölkerung - aus der dann im 9./10. Jh. das Altfranzösische hervorging,

Gallien war Gallo-romanisch, nicht mehrsprachig. Die germanische Oberrschicht war zahlenmäßig zu klein. Sie konnten nicht mehrere Sprachgruppen gegeneinander ausspielen und haben die Vielweiberei nicht so extrem praktiziert, wie die Türken. In Nordgallien(Nordfrankreich) hätte es aber zur Germanisierung kommen können, wie es im Elsaß der Fall war.

Gallien war mehrsprachig - in der Bretagne beispielsweise wurde damals noch keltisch gesprochen (ein Dorf das nicht aufhört, dem Eindringling ... Big Grin). Und das die fränkische Oberschicht zu klein war, glaube ich nicht. Für die Ostgoten und Langobarden in Italien und die Westgoten in Südfrankreich und Spanien stimmt das bestimmt, für die Franken im Zentrum ihres Reiches (Nordfrankreich, Westdeutschland) rund um Aachen jedoch nicht. Ich nehme sogar an, dass die Franken dort in der Mehrheit gewesen sind.

Und im Übrigen hat sich auch das Türkische nicht vollständig durchgesetzt - in den ehemaligen Regionen des Osmanischen Reiches wird immer noch arabisch gesprochen. Nicht einmal in der heutigen Türkei hat sich türkisch restlos durchgesetzt - erst in moderner Zeit wurde (vergeblich) versucht, das Kurdische zum Verschwinden zu bringen.

Und was hat eigentlich Polygamie mit der Durchsetzung von Sprachen zu tun ? Das erschliesst sich mir nicht.
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06.06.2016, 20:55
Beitrag: #25
RE: Der Untergang von Sprachen
(06.06.2016 20:15)Aguyar schrieb:  
(06.06.2016 17:01)Paul schrieb:  Gallien war Gallo-romanisch, nicht mehrsprachig. Die germanische Oberrschicht war zahlenmäßig zu klein. Sie konnten nicht mehrere Sprachgruppen gegeneinander ausspielen und haben die Vielweiberei nicht so extrem praktiziert, wie die Türken. In Nordgallien(Nordfrankreich) hätte es aber zur Germanisierung kommen können, wie es im Elsaß der Fall war.

Gallien war mehrsprachig - in der Bretagne beispielsweise wurde damals noch keltisch gesprochen (ein Dorf das nicht aufhört, dem Eindringling ... Big Grin). Und das die fränkische Oberschicht zu klein war, glaube ich nicht. Für die Ostgoten und Langobarden in Italien und die Westgoten in Südfrankreich und Spanien stimmt das bestimmt, für die Franken im Zentrum ihres Reiches (Nordfrankreich, Westdeutschland) rund um Aachen jedoch nicht. Ich nehme sogar an, dass die Franken dort in der Mehrheit gewesen sind.

Und im Übrigen hat sich auch das Türkische nicht vollständig durchgesetzt - in den ehemaligen Regionen des Osmanischen Reiches wird immer noch arabisch gesprochen. Nicht einmal in der heutigen Türkei hat sich türkisch restlos durchgesetzt - erst in moderner Zeit wurde (vergeblich) versucht, das Kurdische zum Verschwinden zu bringen.

Und was hat eigentlich Polygamie mit der Durchsetzung von Sprachen zu tun ? Das erschliesst sich mir nicht.

Westdeutschland mit Aachen gehörte zur Provinz Germania (Ostfrankenreich) und altem germanischen Siedlungsgebiet und wurde ja nicht romanisiert. Das Beispiel verstehe ich deshalb nicht. Zumindest lag die Germanisierung noch in römischer Zeit. Ich habe ja geschrieben, auch Nordgallien hätte normalerweise germanisiert werden müssen.
Die Bretonen wanderten erst später auf der Flucht vor den Angelsachsen in die Bretagne ein. Sicherlich gab es im Südosten noch Basken...Das gehörte aberauch nicht zu Gallien.
Bei Poligamie setzt der Vater vieles z.B. Religion und Sprache bei vielen Frauen mit ihren Kindern durch. Es war ein sehr effektives Mittel der Zwangsassimilation, denn die Frauen wurden normalerweise geraubt, zumindest bei Türken und Arabern. Es funktioniert nicht immer. So gibt es jetzt die Theorie, das die Semnonen und Rugier sich selbst slavisiert haben könnten, da sie viele Slaven gefangemn nahmen und als Hörige ansiedelten, so das sie sich selbst zur Minderheit machten. Ihre Kinder mit slavischen Frauen wurden zweisprachig und irgendwann wurde auch der Thing nicht mehr germanisch durchgeführt.

viele Grüße

Paul

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07.06.2016, 13:03
Beitrag: #26
RE: Der Untergang von Sprachen
(06.06.2016 17:01)Paul schrieb:  Gallien war Gallo-romanisch, nicht mehrsprachig. Die germanische Oberrschicht war zahlenmäßig zu klein. Sie konnten nicht mehrere Sprachgruppen gegeneinander ausspielen und haben die Vielweiberei nicht so extrem praktiziert, wie die Türken. In Nordgallien(Nordfrankreich) hätte es aber zur Germanisierung kommen können, wie es im Elsaß der Fall war.

Nein, das Beispiel der romanisierten Franken zeigt lediglich, dass es keine Gesetzmäßigkeiten für den Sprachwechsel von Bevölkerungsgruppen gibt.

In England gab die keltische Mehrheitsbevölkerung ihr Idiom auf und übernahm die Sprache der angelsächsischen Invasoren. In Kleinasien gab die griechische Mehrheitsbevölkerung ebenfalls ihre Sprache auf und wechselte zum Türkisch der turkstämmigen Invasoren über. Die westgotischen Eroberer hingegen konnten ihre Sprache in Spanien nicht durchsetzen sondern gaben sie bereits weit vor der arabischen Invasion auf. Die Ägypter streiften das Ägyptische ab, das sie einige Jahrtausende gesprochen hatten, und übernahmen das Arabisch der zahlenmäßig weit unterlegenen arabischen Eroberer.

Man könnte diese Aufzählung noch lange fortsetzen und dabei feststellen, dass es keine Regeln für Sprachkontinuitäten und Sprachwechsel gibt. Die Faktoren sind überall unterschiedlich und lassen sich nicht immer rational erfassen.
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07.06.2016, 22:25
Beitrag: #27
RE: Der Untergang von Sprachen
Die Griechen stellten vielleicht eine relative Mehrheit, aber die Minderheiten an Kurden, Armeniern, Assyrer, Kaukasiern z.B. Georgier, Lasen und Tscherkessen, Galatern und wahrscheinlich auch anatolische Indogermanen wie Hethiter Luwier...waren zahlreich. Das erleichterte das Durchsetzen des Türkischen als Verkehrssprache und dann immer mehr als Muttersprache.

viele Grüße

Paul

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08.06.2016, 13:50
Beitrag: #28
RE: Der Untergang von Sprachen
(07.06.2016 22:25)Paul schrieb:  Das erleichterte das Durchsetzen des Türkischen als Verkehrssprache und dann immer mehr als Muttersprache.

Nach der Eroberung Kleinasiens durch muslimische Turkstämme entstand eine Zweiklassengesellschaft. Die unterlegenen byzantinischen Christen waren rechtlich schlechter gestellt als die herrschenden Muslime, mussten als Dhimmis die berüchtigte Kopfsteuer entrichten und konnten - abgeshen von Ausnahmen - auch keine wichtigen Stellen im Staat besetzen, z.B. in der Verwaltung oder im Heer.

Diese Benachteiligung der Christen führte in erster Linie dazu, dass im Verlauf von etwa 200 Jahren die meisten Christen in Kleinasien zum Islam konvertierten. Lediglich an der Ägäisküste und an einigen Stellen der Schwarzmeerküste verblieb eine kleine Schicht von Griechen, die nicht zum Islam übertrat - und zwar bis ins 20 Jh. Erst durch den Vertrag von Lausanne erfolgte als Ergebnis des Griechisch-Türkischen Kriegs ab 1923 die Zwangsumsiedlung von 1,2 Millionen Griechen aus der Türkei.
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08.06.2016, 18:12
Beitrag: #29
RE: Der Untergang von Sprachen
(08.06.2016 13:50)Dietrich schrieb:  
(07.06.2016 22:25)Paul schrieb:  Das erleichterte das Durchsetzen des Türkischen als Verkehrssprache und dann immer mehr als Muttersprache.

Nach der Eroberung Kleinasiens durch muslimische Turkstämme entstand eine Zweiklassengesellschaft. Die unterlegenen byzantinischen Christen waren rechtlich schlechter gestellt als die herrschenden Muslime, mussten als Dhimmis die berüchtigte Kopfsteuer entrichten und konnten - abgeshen von Ausnahmen - auch keine wichtigen Stellen im Staat besetzen, z.B. in der Verwaltung oder im Heer.

Diese Benachteiligung der Christen führte in erster Linie dazu, dass im Verlauf von etwa 200 Jahren die meisten Christen in Kleinasien zum Islam konvertierten. Lediglich an der Ägäisküste und an einigen Stellen der Schwarzmeerküste verblieb eine kleine Schicht von Griechen, die nicht zum Islam übertrat - und zwar bis ins 20 Jh. Erst durch den Vertrag von Lausanne erfolgte als Ergebnis des Griechisch-Türkischen Kriegs ab 1923 die Zwangsumsiedlung von 1,2 Millionen Griechen aus der Türkei.

Trotz der Zwangsassimilation zum muslimischen Glauben und zur türkischen Sprache war der Anteil der Christen Griechen, Armenier und Assyrer vor den Massenmorden noch hoch. Viele Kaukasier und Kurden traten zum muslimischen Glauben über, behielten aber ihre Sprache.
Im Iran sollen auch viele Armenische Muslime leben.

viele Grüße

Paul

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08.06.2016, 23:43
Beitrag: #30
RE: Der Untergang von Sprachen
(08.06.2016 18:12)Paul schrieb:  Trotz der Zwangsassimilation zum muslimischen Glauben und zur türkischen Sprache war der Anteil der Christen Griechen, Armenier und Assyrer vor den Massenmorden noch hoch. Viele Kaukasier und Kurden traten zum muslimischen Glauben über, behielten aber ihre Sprache.
Im Iran sollen auch viele Armenische Muslime leben.

Es gab keine Zwangsassimilation zur türkischen Sprache im Osmanischen Reich - und auch vorher bei den Seldschuken nicht. Das ist genauso absurd, als würde man behaupten, die Franken hätten ihre Sprache in Nordfrankreich mit Gewalt durchgesetzt.

Und eine Zwangsassimilation zum muslimischen Glauben gab es auch nicht resp. höchstens periodenweise. Die Türken und Seldschuken waren Eroberer und nicht Dschihadisten und die osmansiche Expansion war keine "Bekehrungs-Invasion" wie die der Araber des 7. Jahrhunderts.
Christen und Juden waren selbstverständlich nicht gleichberechtigte Bürger, bezahlten die von der Dhimma geforderten Steuern, waren aber nicht rechtlos.

Die einzige "Zwangsbekehrung" im Osmanischen Reich, war die, welche an den Kindern der "Knabenlese", die als Rekruten bei den Elitensoldaten der Janitscharen vorgesehen waren, vorgenommen wurde.

Wen meinst Du mit Kaukasier ? Die Islamisierung der Tschetschenen war erst im 16. Jahrhundert abgeschlossen. Und Georgien - welches den grössten Teil der Kaukasus-Region ausmacht, war immer christlich. Ausserdem war der Kaukasus nie Teil des Osmanischen Reiches.

Gezielte ethnische und religiös bedingte Verfolgungen gab es erst in der modernen Türkei resp. als das Osmanische Reich in seinen letzten Zügen lag. Der Genozid an den Armeniern in der Türkei fand 1915 - 1917 statt, der Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei (1,2 Millionen Griechen aus der Türkei, 400'000 Türken aus Griechenland) fand 1923 statt. Von 1983 bis 1991 war die kurdische Sprache (das in der Türkei gesprochene Kurmantschi) verboten. Etwa in jener Zeit begann auch die PKK, sich gegen derartige Unterdrückung zu wehren.

Gezielte Verfolgungen und Diskriminierungen fanden in der Türkei erst in modernen Zeiten statt, zu einem Zeitpunkt, als dort längst türkisch gesprochen wurde. Eine gewaltsame Durchsetzung zum Gebrauch der türkischen Sprache hat es nie gegeben.
Heute wird in der Türkei türkisch, kurdisch und zaza gesprochen, danben ein bisschen arabisch, armenisch, aserbaidschanisch, tscherkessisch und bulgarisch.

Bevor Du irgendwelche Behauptungen aufstellst, solltest Du dir wirkilich die Mühe machen, dein Weltbild zum Mindesten rudimentär anhand der historischen Gegebenheiten zu überprüfen. Für einen groben Überblick reicht Wikipedia völlig aus. Vor allem kannst Du nicht gegenwärtige Gegebenheiten (also z.B. der Vormarsch der Ideologie des Salafismus und Wahabismus) auf die Vergangenheit übertragen.
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09.06.2016, 09:39
Beitrag: #31
RE: Der Untergang von Sprachen
(08.06.2016 23:43)Aguyar schrieb:  
(08.06.2016 18:12)Paul schrieb:  Trotz der Zwangsassimilation zum muslimischen Glauben und zur türkischen Sprache war der Anteil der Christen Griechen, Armenier und Assyrer vor den Massenmorden noch hoch. Viele Kaukasier und Kurden traten zum muslimischen Glauben über, behielten aber ihre Sprache.
Im Iran sollen auch viele Armenische Muslime leben.

Es gab keine Zwangsassimilation zur türkischen Sprache im Osmanischen Reich - und auch vorher bei den Seldschuken nicht. Das ist genauso absurd, als würde man behaupten, die Franken hätten ihre Sprache in Nordfrankreich mit Gewalt durchgesetzt.

Und eine Zwangsassimilation zum muslimischen Glauben gab es auch nicht resp. höchstens periodenweise. Die Türken und Seldschuken waren Eroberer und nicht Dschihadisten und die osmansiche Expansion war keine "Bekehrungs-Invasion" wie die der Araber des 7. Jahrhunderts.
Christen und Juden waren selbstverständlich nicht gleichberechtigte Bürger, bezahlten die von der Dhimma geforderten Steuern, waren aber nicht rechtlos.

Die einzige "Zwangsbekehrung" im Osmanischen Reich, war die, welche an den Kindern der "Knabenlese", die als Rekruten bei den Elitensoldaten der Janitscharen vorgesehen waren, vorgenommen wurde.

Wen meinst Du mit Kaukasier ? Die Islamisierung der Tschetschenen war erst im 16. Jahrhundert abgeschlossen. Und Georgien - welches den grössten Teil der Kaukasus-Region ausmacht, war immer christlich. Ausserdem war der Kaukasus nie Teil des Osmanischen Reiches.

Gezielte ethnische und religiös bedingte Verfolgungen gab es erst in der modernen Türkei resp. als das Osmanische Reich in seinen letzten Zügen lag. Der Genozid an den Armeniern in der Türkei fand 1915 - 1917 statt, der Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei (1,2 Millionen Griechen aus der Türkei, 400'000 Türken aus Griechenland) fand 1923 statt. Von 1983 bis 1991 war die kurdische Sprache (das in der Türkei gesprochene Kurmantschi) verboten. Etwa in jener Zeit begann auch die PKK, sich gegen derartige Unterdrückung zu wehren.

Gezielte Verfolgungen und Diskriminierungen fanden in der Türkei erst in modernen Zeiten statt, zu einem Zeitpunkt, als dort längst türkisch gesprochen wurde. Eine gewaltsame Durchsetzung zum Gebrauch der türkischen Sprache hat es nie gegeben.
Heute wird in der Türkei türkisch, kurdisch und zaza gesprochen, danben ein bisschen arabisch, armenisch, aserbaidschanisch, tscherkessisch und bulgarisch.

Bevor Du irgendwelche Behauptungen aufstellst, solltest Du dir wirkilich die Mühe machen, dein Weltbild zum Mindesten rudimentär anhand der historischen Gegebenheiten zu überprüfen. Für einen groben Überblick reicht Wikipedia völlig aus. Vor allem kannst Du nicht gegenwärtige Gegebenheiten (also z.B. der Vormarsch der Ideologie des Salafismus und Wahabismus) auf die Vergangenheit übertragen.

Kaukasier ist eine Sprachfamilie, deren Mitglieder nicht nur im Kaukasus keben. Die Reste leben auch heute noch in der Nordtürkei:Tscherkessen, Lasen, Georgier...Von Zwangsassimilation spricht man bei allen Benachteiligungen, auch wenn kein Völkermord betrieben wird. Also lag mit der Besteuerung von Christen und Frauenraub auch Zwangsassimilation vor. Die Franken haben ihre Sprache in Nordfrankreich nicht durchgesetzt - also ein schlechter Vergleich) Ob die Zwangsassimilation gezielt erfolgt ist nicht so entscheident. Sie gabe es in starkem Maß.
Ich habe bei der Islamisierung keine bestimmte Phase eingegrenzt, seit der türkischen Eroberung.
Die Eziden mußten sich immer wieder gegen die osmanischen Ansprüche sie zu vernichten wehren. Das war sehr drastische Vernichtungspolitik/Zwangsassimilation.

viele Grüße

Paul

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09.06.2016, 10:35
Beitrag: #32
RE: Der Untergang von Sprachen
(09.06.2016 09:39)Paul schrieb:  Von Zwangsassimilation spricht man bei allen Benachteiligungen, auch wenn kein Völkermord betrieben wird. Also lag mit der Besteuerung von Christen und Frauenraub auch Zwangsassimilation vor.

Das mit dem Frauenraub ist völliger Quatsch. Das Osmanische Reich hat den christlichen Familien (hauptsächlich auf dem Balkan) im Rahmen der "Knabenlese" in periodischen Abständen die Kinder weggenommen, um sie als Janitscharen auszubilden. Für die Verfolgung der Jesidi gilt das gleiche wie für Armenier, Kurden und assyrische Christen. Die gab es erst in moderner Zeit.

Nach deiner Definition der "Zwangsassimilation" müsste auch ganz Südamerika als zwangsassimiliert bezeichnet werden, denn dieses wurde gewaltsam christianisiert und zur spanischen und portugiesischen Sprache "zwangsassimiliert".
Das ganze gilt dann im übrigen auch für Nordamerika und den grössten Teil von Afrika (oder weshalb wird in Westafrika französisch gesprochen ?)

PS:
Sogar ich wurde sprachlich zwangsassimiliert, denn ich musste Englisch lernen um bei der Jobsuche nicht diskriminiert zu werden. Wo ich doch viel lieber Sorani und Aymara gelernt hätte.

Und sogar meine niederalemannische Muttersprache wurde als ungenügend befunden, um den Genuss der vollen, gleichberechtigten Freizügigkeit zu gelangen. So musste ich neben Englisch sogar noch Hochdeutsch lernen und mich mit dem Imperfekt herumschlagen - mit etwas, dass es in meiner Muttersprache gar nicht gibt.

Ebenso wurde meine Bewerbung, bei der päpstlichen Schweizergarde in Rom einzutreten, in diskriminierender Weise abschlägig beantwortet, mit der Begründung, dass Atheisten nicht berücksichtigt werden.

Ich selbst bin, wie Du siehst, ein Opfer von Zwangsassimilation.
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09.06.2016, 11:51
Beitrag: #33
RE: Der Untergang von Sprachen
Man kann zwar Grenzen der Geringfügigkeit ziehen, die dann umstritten sind. Amerika und viele weitere Regionen wurden natürlich zwangsassimiliert und die Verfolgung der Eziden begann sehr früh. Wie hätten sie sonst islamisiert werden können? So wird z.B. bei Ezid Press auf solche frühen Schlachten hingewiesen, bei denen sich die noch ezidischen Kurden gegen die Osmanen verteidigten.

viele Grüße

Paul

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09.06.2016, 12:29
Beitrag: #34
RE: Der Untergang von Sprachen
(09.06.2016 11:51)Paul schrieb:  So wird z.B. bei Ezid Press auf solche frühen Schlachten hingewiesen, bei denen sich die noch ezidischen Kurden gegen die Osmanen verteidigten.

Warum dort recherchieren? Einfach mal Karl May "Durchs wilde Kurdistan" lesen. Idea

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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09.06.2016, 12:40
Beitrag: #35
RE: Der Untergang von Sprachen
(09.06.2016 11:51)Paul schrieb:  Man kann zwar Grenzen der Geringfügigkeit ziehen, die dann umstritten sind. Amerika und viele weitere Regionen wurden natürlich zwangsassimiliert und die Verfolgung der Eziden begann sehr früh. Wie hätten sie sonst islamisiert werden können? So wird z.B. bei Ezid Press auf solche frühen Schlachten hingewiesen, bei denen sich die noch ezidischen Kurden gegen die Osmanen verteidigten.

Ich kenne Ezid Press - und wenn Du von "frühen Schlachten" sprichst, könntest Du mal konkreter werden.
Die "frühen Schlachten" resp. Verfolgungen geschahen hautpsächliche in morderner Zeit, was das 19. Jahrhundert mit einschliesst.

Und natürlich hat es im Osmanischen Reich immer wieder Aufstände gegeben - auch von den nicht-ezidischen Kurden, von den Arabern, von den Armeniern etc. Das Osmanische Reich war ein stink-normales Imperium - indem nie verlangt wurde, türkisch sprechen zu müssen.
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09.06.2016, 14:22
Beitrag: #36
RE: Der Untergang von Sprachen
(08.06.2016 18:12)Paul schrieb:  Trotz der Zwangsassimilation zum muslimischen Glauben ...

Das Osmanische Reich war ein Vielvölkerstaat, der kein Interesse daran hatte, religiöse oder ethnische Unruhen in der Bevölkerung zu schüren. Insofern gab es keine Zwangsislamisierung und der Staat begnügte sich mit der Erhebung der Kopfsteuer. Lediglich die osmanische Knabenlese, bei der ein bestimmter Anteil christlicher Knaben abgeliefert werden musste, die dann zu muslimischen Soldaten ausgebildet wurden, war eine organisierte Form der Zwangsislamisierung.

Somit hatte die Konversion christlicher Bevölkerungsschichten in Kleinasien vor allem das Ziel, eine rechtliche Gleichstellung mit den Muslimen zu erreichen und nicht einer gesellschaftlich benachteiligten Gruppe anzugehören.

Die Ereignisse im 19. Jh. stehen hier nicht zur Debatte.
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09.06.2016, 15:17
Beitrag: #37
RE: Der Untergang von Sprachen
(09.06.2016 09:39)Paul schrieb:  Kaukasier ist eine Sprachfamilie, ...

Es gibt keine kaukasische Sprachfamilie, sondern lediglich den Begriff "kaukasische Sprachen". Darunter fasst man die sehr unterschiedlichen Sprachen zusammen, die im Bereich des Kaukasus existieren. Eine genetische Zusammengehörigkeit der verschiedenen Sprachen (etwa 40) ist nicht zu erweisen.
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09.06.2016, 18:11
Beitrag: #38
RE: Der Untergang von Sprachen
(09.06.2016 15:17)Dietrich schrieb:  
(09.06.2016 09:39)Paul schrieb:  Kaukasier ist eine Sprachfamilie, ...

Es gibt keine kaukasische Sprachfamilie, sondern lediglich den Begriff "kaukasische Sprachen". Darunter fasst man die sehr unterschiedlichen Sprachen zusammen, die im Bereich des Kaukasus existieren. Eine genetische Zusammengehörigkeit der verschiedenen Sprachen (etwa 40) ist nicht zu erweisen.

Ein Thema für sich, da vermisse ich den guten @Hyokkose aus dem Nirwana. Aber soweit ich weiß. unterteilt man nord- und südkaukasische Sprachen samt ein paar undefinierbare Idiome. Dazu kommen natürlich noch etwas weiterverbreitete indoeuropäische Sprachen (armenisch) oder die aserbaidschanische Turksprache. Schon in der Antike war das für die Altvorderen total verwirrend, ähnlich chaotisch ist es wohl nur noch in Papua-Neuguinea. Es darf spekuliert werden, wie es vor der ersten Globalisierung in der Mittelsteinzeit aussah.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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10.06.2016, 13:23
Beitrag: #39
RE: Der Untergang von Sprachen
(09.06.2016 18:11)Arkona schrieb:  Aber soweit ich weiß. unterteilt man nord- und südkaukasische Sprachen samt ein paar undefinierbare Idiome. Dazu kommen natürlich noch etwas weiterverbreitete indoeuropäische Sprachen (armenisch) oder die aserbaidschanische Turksprache.

Wie man bei der alten Tante Wiki nachlesen kann, gehen die Sprachwissenschaftler davon aus, dass die kaukasischen Sprachen - hier die im emgeren Sinn - keine genetische Verwandtschaft aufweisen. Analog zur geografischen Lage teilen sie die Sprachen in drei Einheiten auf: Nordwestkaukasisch (z.B. Abasinisch, Kabardinisch, Adygisch), Nordostkaukasisch (z.B. Tschetschenisch, Inguschisch, Awarisch), Südkaukasisch (z.B. Georgisch, Lasisch, Mingrelisch). Dabei handelt es sich um KEINE Sprachdamilien!

Abgesehen von diesen über 40 autochthonen Sprachen sind außerdem zahlreiche andere Sprachen verbeitet, die mit Zuwanderern in diese Region gelangten. Dies sind indoeuropäische Sprachen ( z.B. Armenisch, Ossetisch, Kurdisch), Turksprachen (z.B. Aserbaidschanisch, Kumükisch, Nogaisch), semitische Sprachen (z.B. Hebräisch, Aisor), eine mongolische Sprache (Kalmykisch) u.a.

Ferner gibt es einige längst ausgestorbene autochthone Kaukasussprachen wie das Hurritische oder Urartäische.
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10.06.2016, 16:21
Beitrag: #40
RE: Der Untergang von Sprachen
Ob ein Volk die Sprache von Invasoren übernimmt oder nicht, hängt zuallererst von der Verwaltungsstruktur des Landes/Reiches ab. Englisch wäre nach der Invasion durch Wilhelm den Eroberer fast ausgestorben, weil plötzlich Französisch die Verwaltungssprache war. Der scharfe Gegensatz zwischen Angelsachsen und Normannen, wie er bei "Robin Hood" dargestellt wird, ist im Zusammenhang mit Robin Hodd zwar anachronistisch, aber ein paar Jahrhunderte zuvor war er tatsächlich so krass, eher noch krasser, weil es im Grunde keine angelsächsischen Adligen mehr gab. Entweder waren die getötet, von ihrem Besitz vertrieben und romanisiert worden.
Die Westgoten schafften es in Spanien nie, sich auch sprachlich durchzusetzen, weil es a) ein Heiratsverbot zwischen Romanen und Goten gab und weil die Goten b) das römische Rechts- und Verwaltungssystem übernommen hatten (zumindest für die romanische Bevölkerungsmehrheit).

Die Franken waren in einer Sonderrolle, weil ihr Herkunftsgebiet immer auch Teil des Fränkischen Reiches war. Auch haben sie zwar mit der romanischen Bevölkerungsmehrheit zusammengearbeitet, aber spätestens seit der karolingischen Rennaissance war Fränkisch zur Verkehrs- und Verwaltungssprache geworden, die sich mit der vulgärlateinischen Verwaltungssprache vermischte und so zumindest im Westen des Reichs das Altfranzösische entstehen ließ. Im Westen, wo die Romanisierung im 9./10.Jh. schon fast wieder verschwunden war, entstand das Althochdeutsche.
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