Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 0 Bewertungen - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Karl der Kühne gewinnt den Burgunderkrieg
21.02.2016, 21:42
Beitrag: #23
RE: Karl der Kühne gewinnt den Burgunderkrieg
(21.02.2016 19:19)Aguyar schrieb:  Im Zusammenhang was wäre wenn ... ist es viel naheliegender, zu fragen, was wäre gewesen, wenn es überhaupt nicht zu einem Krieg zwischen Burgund und der Eidgenossenschaft gekommen wäre. Das wäre ein recht realistisches Szenario.

Dann hätte Karl der Kühne jedenfalls nicht wenigstens die Schlacht bei Murten gewinnen müssen, und vielleicht wäre ihm Grandson ebenfalls erspart geblieben (und vor allem den Menschen dort wäre einiges erspart geblieben.)

Allerdings denke ich, dass wir zwei Punkte nicht übersehen sollten.

Wie vor allem die neueren Arbeiten in Bezug auf den Alten Zürichkrieg zeigen, waren die Eidgenossen zu Beginn des 15. Jahrhunderts noch kein einheitliches "Staatsgebilde" und verfolgten auch durchaus unterschiedliche Interessen, was auch an Bezeichnungen wie Urner Eidgenossen, Berner Eidgenossen, Schwyzer Eidgenossen und Stadtbezeichnungen zu sehen ist. Auch sie haben sich erst im 15. Jahrhundert allmählich zu einer "Einheit" entwickelt.

Was die Herrschaft Österreich / Habsburg betrifft, so wird immer davon ausgegangen, dass die eine einheitliche Linie verfolgt. Auch hier haben aber neuere Forschungsarbeiten gezeigt, dass dies im 15. Jahrhundert keineswegs der Fall war.
Was den Vertrag von St. Omer betrifft (wo es um die Verpfändung dieser Gebiete im Elsaß, Sundgau und Breisgau geht) und die Ewige Richtung, war der Kaiser in deren Abschluss nicht einbezogen und hatte dazu auch nicht seine Zustimmung gegeben. (Vielleicht der Grund, warum der Vertrag von St. Omer bei den Verhandlungen von Trier nicht Thema war. Das wäre nämlich auf eine Quasi-Anerkennung des Vertrags durch den Kaiser gewesen. Zu den Hintergründen zu diesem Vertrag sind vor allem die Arbeiten von Wilhelm Baum recht aufschlussreich, der hier auch mit einer ganzen Reihe von Legenden aufräumt.)
Im Fall des Vertrags von St. Omer und der Ewigen Richtung sollte es letztlich keine Auswirkungen haben, dass Friedrich III. eben nicht dazu seine Zustimmung gegeben und ihn mitunterzeichnet hatte. Einige andere Verträge, die sein Cousin abgeschlossen hat, wurden nach dessen Entmachtung allerdings von Friedrich III. für ungültig erklärt, weil er nach den Hausgesetzen dazu seine Zustimmung nötig gewesen wäre.

(In diesem Zusammenhang wäre es sicher auch einmal interessant darüber zu spekulieren, was wäre gewesen, wenn Sigmund der Münzreiche einen legitimen Sohn gehabt hätte und dieser die Herrschaft über Tirol und die Vorlande übernommen hätte.)

(21.02.2016 19:19)Aguyar schrieb:  Die "Ewige Richtung" ist im Wesentlichen das Werk Ludwigs XI, der damit die eidgn. Reisläufer gratis gegen Burgund mobilisieren wollte.

Was die "Ewige Richtung" betrifft, wäre sie sicher niemals zustande gekommen, wenn beide Seiten (Eidgenossenschaften / Herzog Sigmund bzw. dessen Ratgeber) nicht auch Interesse an einer (vorläufigen) Lösung ihrer jahrzehntelangen Auseinandersetzung gehabt hätten. Handsalbe alleine hätte da sicher nicht ausgereicht. (In neueren Forschungsarbeiten zu (Erz-)Herzog Albrecht VI. finden sich Belege dafür, dass bereits dieser zu Beginn der 1460er Jahre eine solche Lösung anvisiert hat. Die Idee war also keineswegs eine gänzlich neue Erfindung von Ludwig XI.)

(21.02.2016 19:19)Aguyar schrieb:  Was überschätzt wird, ist die gelegentlich aufgestellte These, dass es sich beim ihm um einen Grund für die Konfrontation zwischen Burgund und der Eidgenossenschaft handeln würde.

Wie das Zustandekommen der Niederen Vereinigung von 1473/74 zeigt, fühlten sich die dortigen Herrschaften offensichtlich von den Aktivitäten Karls den Kühnen bedroht. Das mag für Ludwig XI. nützlich gewesen sein, aber mit Bestechung alleine wäre dieses Bündnis sicher nicht entstanden.

Dass die Ermordung von Hagenbach sicher nicht der entscheidende Auslöser für den Krieg Eidgenossen - Burgund war, glaube ich auch nicht, zudem der Hagenbach-Fall eine Folge der Rückholung der Pfandschaften unter die Herrschaft Österreich gewesen sein dürfte.

Dass aber der Versuch Karl des Kühnen sich Teile des Elsaß über eine Verpfändung zu sichern, sehr wohl bei den Burgunderkriegen eine Rolle gespielt hat, glaube ich schon, denn immerhin wurde Herzog Sigmund 1473/74 als Verbündeter akzeptiert und die elsaßischen Reichsstädte waren bereit, ihm bei der Auslösung zu helfen. Da dürfte es ihnen doch sehr wichtig gewesen sein, den Herzog von Burgund von hier wieder wegzubekommen.

---------------------------
Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Nachrichten in diesem Thema
RE: Karl der Kühne gewinnt den Burgunderkrieg - Teresa C. - 21.02.2016 21:42

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds