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Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
01.08.2014, 23:49
Beitrag: #1
Brick Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
Genau heute vor 70 Jahren begann der Warschauer Aufstand.

Es war eine beachtliche Leistung der im Untergrund operierenden Armia Krajowa, die den Aufstand ausrief, als die Rote Armee nach der imponierenden Operation Bagration die Weichsel erreichte.

Politisch war klar, um was es ging. Denn die Polen wollten ihre Hauptstadt alleine befreien, sie hatten ja mit den Sowjets, wiewohl sie mit ihnen jetzt verbündet waren, auch so ihre Erfahrungen, mit der Besetzung Ostpolens 1939, mit Katyn. Sie wollten sich deshalb eine bessere Ausgangslage für das Nachkriegspolen schaffen.

Leider kam das Gegenteil dabei heraus, wie ein Untoter kam der Hitler-Stalinpakt trotz allem aus seiner Gruft heraus, Stalin half den Polen nicht im geringsten, obwohl zu allermindestens er seine Flugplätze den Westalliierten hätte zur Verfügung stellen können. Die Deutschen wiederum taten Stalin den Gefallen, und metzelten den Aufstand nieder, statt in Ostpreussen "unsere Frauen und Kinder vor den roten Bestien" zu schützen.

Durch die dann arg geschwächte Armia Krajowa war der Kampf um ein freies Polen nach dem Zweiten Weltkrieg noch schwieriger, ja wohl endgültig aussichtslos. Wenn man so will, war ein zweites Mal dieses tapfere Volk Opfer dieser beiden Dikatoren und der Blindheit der Westmächte.

Der Westen blieb auch weiterhin noch lange genug arglos.

Für mich ist klar - hier spätestens begann der kalte Krieg.

Es gibt allerdings Meinungen, dass sich die Offensive der Roten Armee schon festgelaufen hat, nach fast 500 km. Und so eine Unterstützung schwierig gewesen wäre. Auch solche Meinungen können hier präsentiert werden.

Eure Einschätzungen würden mich interessieren.
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02.08.2014, 05:54
Beitrag: #2
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
Gut, dass Du den Warschauer Aufstand von 1944 im Forum thematisierst. Das Thema ist nämlich sehr komplex und Du kannst davon ausgehen, dass die damaligen Ereignisse bis heute noch nicht hundertprozentig aufgeklärt sind.

Du hast natürlich Recht, dass man Stalins Verhalten nur im Sinne der von ihm beabsichtigten Nachkriegsordnung sehen kann, also auch als Beginn des „Kalten Krieges“. Wobei man streiten kann, inwieweit die US-Amerikaner bei der Besetzung Siziliens planten, dauerhaft in Europa stationiert zu sein. Aber das kann man in einem anderen Thread diskutieren. Fest steht, Stalin war gar nicht daran interessiert, dass der Warschauer Aufstand unter der Leitung der AK erfolgreich endet. Denn mit einem siegreichen Ende des Aufstands hätte die AK und mit ihr die Exilregierung ihre Legitimität als Interessenvertreter des polnischen Volkes bestätigt bekommen, um dann im Nachkriegspolen die Regierung zu übernehmen. Das lag jedoch nicht im Interesse Stalins. Spekulativ ist natürlich, ob sich in Polen nach Kriegsende eine nichtkommunistische Regierung behauptet hätte oder ob es einen kommunistischen Putsch, wie am 24. Februar 1948 in der Tschechoslowakei gegeben hätte.

Die AK (Armia Krajowa – Armee im Lande, auch Heimatarmee) hatte sich bereits im Februar 1942 gebildet, sie ist aus den Verbänden von General Rowecki und aus Partisaneneinheiten hervorgegangen, die seit 1941 im Untergrund kämpften. 1943 hatte die AK bereits 300.000 Mann Stärke und stellte damit die wichtigste Kraft im polnischen Widerstand dar. Neben diesem Widerstand existierte in Polen auch der noch zahlenmäßig geringere, kommunistische Widerstand. Ebenfalls Anfang 1942 wurde die Polnische Arbeiterpartei PPR (neu) gegründet und die von ihr geleitete GL (Gwardia Ludowa – Volksgarde), die anfänglich mit der Exilregierung und der AK zusammenarbeitete und als Bindeglied zwischen der Sowjetunion und der Exilregierung agierte.

Als Schicksalsjahr des polnischen Widerstands muss man das Jahr 1943 sehen, auch unter dem Gesichtspunkt des jüdischen Aufstands im Warschauer Ghetto, der am 19. April begann und der häufig mit dem am 1. August 1944 begonnen Warschauer Aufstand verwechselt wird. Beide Aufstände zählen meines Erachtens zu den bedeutendsten Ereignissen des Widerstands gegen die NS-Herrschaft. Ein ebenso tragischer Tag des Jahres 1943 war der 13. April, weil an diesem Tag der deutsche Rundfunk verkündete, dass im Wald bei Katyn Tausende Leichen von der Roten Armee bzw. dem NKWD ermordeten polnischen Offizieren gefunden wurden.

Im Gegenzug verkündete Moskau, dass die Offiziere von den Deutschen umgebracht worden sind. Die polnische Exilregierung zweifelte jedoch an dieser Darstellung und forderte Stalin auf, Untersuchungen des Internationalen Roten Kreuzes zuzulassen. Stalin beschimpfte daraufhin die polnische Exilregierung als Verbündete der Deutschen (!) und brach die diplomatische Beziehung zu ihr ab. Da im April/Mai 1943 der Aufstand des Warschauer Ghettos niedergeschlagen wurde und der polnische Widerstand zerstritten war, ob nun Katyn ein Verbrechen der Deutschen oder Russen war, fühlten sich die Polen erneut zwischen den Rädern des Hitler-Stalin-Paktes gepresst. Diese Situation verschlimmerte sich noch, als am 4. Juli 1943 der Präsident der Exilregierung, General Wladyslaw Sikorski, bei einem Flugzeugabsturz vor Gibraltar ums Leben kam.

Stalin nutzte diese Situation sofort, einerseits gelang es ihm im August 1943 mit Boleslaw Bierut (!) einen Vertrauensmann in den Warschauer Untergrund zu schleusen, andererseits konnte im November Wladyslaw Gomulka (!) die Leitung der PRR und vor allem ihres militärischen Armes GL übernehmen. Beiden gelang es die Linksparteien bzw. Linkskräfte Polens an sich zu binden, noch im November 1943 wurde ein Landesnationalrat gebildet, der ab 1. Januar 1944 dann tatsächlich als Gegenparlament der Exilregierung in London agierte. Ebenfalls per 1. Januar 1944 wurde die GL zur AL (Armia Ludowa – Volksarmee) unter General Michal Rola-Zymierski umgebildet. Im Gegenzug schwand aber die Unterstützung der Alliierten für die Exilregierung seit dem Tode des Generals Sikorski, dessen Nachfolger im Amt des Staatspräsidenten, Stanislaw Mikolajczyk, wurde eher in London geduldet als unterstützt. Spätestens am 1. Januar 1944 bestanden zwei polnische, miteinander konkurrierende, vielleicht sogar verfeindete Widerstandszentren.

Eine Ursache dafür war, die in der Teheran-Konferenz vom 28. November bis 1. Dezember 1943 beschlossene Westverschiebung Polens auf Kosten Deutschlands. Nutznießer dieser Westverschiebung war natürlich die Sowjetunion, die ihre Gebietsgewinne infolge des Hitler-Stalin-Paktes behalten konnte. Mikolayczyk versuchte schließlich am 9. Januar 1944 einen Rat der nationalen Einheit zu bilden, der bereits nur in dem „Teheran-Polen“ alle nichtkommunistischen Kräfte bündeln soll. Diese Aktion misslang, auch weil Churchill Mikolayczyk aufforderte, die bereits in Polen entstehenden sowjetischen Militärverwaltungen als exekutive Organe Polens anzuerkennen. Dies ist besonders tragisch, wenn nicht sogar perfid, weil zu gleicher Zeit polnische Exilsoldaten unter großen Opfern bei Monte Cassino für die Alliierten kämpften.

Nach dem die sowjetische Armee den Bug überschritten hatte, bildete sich am 22. Juli 1944 in Chelmo ein Polnisches Komitee der Nationalen Befreiung, das einige Tage später nach Lublin verlegt wurde und deswegen als „Lubliner Komitee“ bekannt ist. Der 22. Juli 1944 wurde nach Kriegsende als Gründungsdatum der Volksrepublik Polen festgelegt und der 22. Juli war der wichtigste kommunistische Feiertag im Nachkriegspolen. Die Sowjetunion anerkannte das Lubliner Komitee am 27. Juli 1944 und entsandte einen Botschafter. Die Exilregierung protestierte gegen die sowjetische Vorgehensweise, aber sie bekam von den Alliierten keine Unterstützung. Am 30. Juli 1944 verhandelte Mikolayczyk in Moskau mit der sowjetischen Führung, aber er erreichte nichts mehr.

Mehr oder weniger unabhängig von der Exilregierung entschloss sich die AK unter Führung von General Tadeusz Bor-Komorowski zum bewaffneten Aufstand gegen die Deutschen, der am 1. August 1944 17.00 Uhr in Warschau begann. Die AK gehörten zwar 50.000 Mann an, am Anfang kämpften aber nur 14.000, später schließlich 36.000 schlecht ausgerüstete Soldaten gegen die Deutschen, die erst am 4. August mit Gegenmaßnahmen begannen. Die sowjetische Armee stand zu diesem Zeitpunkt an der Weichsel, Marschall Rokossowski, im Übrigen ein gebürtiger Pole, der nach den stalinistischen „Säuberungen“ in der Roten Armee im GULAG ein paar Jahre verbrachte und Ende 1941 reaktiviert wurde, besetzte zwar am 14. September 1944 die Vorstadt Praga, aber in den Kämpfen in Warschau mischte er sich nicht ein. Ob die AK tatsächlich auf die Hilfe der Sowjets hoffte, sei dahingestellt, auf jeden Fall ersehnte sich die Warschauer Bevölkerung die Unterstützung Rokossowskis, weil sie zu diesem Zeitpunkt mit Recht die Sowjets als kleineres Übel ansahen. Dass Stalin seinem Marschall verbot, in die Warschauer Kämpfe einzugreifen, kann nur als Polen verachtender Verrat betrachtet werden. Außerdem verweigerte Stalin den Westmächten die Nutzung der Flughäfen und somit die Lieferung von Nahrung, Waffen und anderen Gütern. Deshalb brach der Aufstand am 2. Oktober 1944 zusammen, genau am 5. Jahrestag der polnischen Kapitulation von 1939.

Warschau war völlig zerstört. Die Aufständischen hatten 16.000 Gefallene und 6.000 Verwundete zu beklagen, die Deutschen verzeichneten 2.000 Gefallene und 9.000 Verwundete als Verluste. 70.000 Warschauer wurden ins KZ verschleppt, insgesamt sollen etwa 160 bis 170.000 Zivilisten als Opfer zu beklagen sein. Mikolayczyk trat nach der Niederlage als Staatspräsident der polnischen Exilregierung zurück, sein Nachfolger blieb bedeutungslos, da die USA und Großbritannien kein Interesse mehr zeigten, Polen zu helfen. Das bedeutet, Roosevelt und Churchill haben den Zugriff Stalins auf Osteuropa akzeptiert. Am 17. Januar 1945 endete schließlich die deutsche Besetzung Warschaus. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beauftragte für die Niederschlagung des Aufstands, Erich von dem Bach-Zelewski, bereits das Ritterkreuz erhalten. Bach-Zelewski, der im Übrigen im November 1914 der jüngste Kriegsfreiwillige war, zeigte sich gegenüber den Anklägern im Nürnberger Prozess von 1945 kooperativ und wurde deshalb nicht an die UdSSR oder VR Polen ausgeliefert. Stattdessen wurde er 1949 zu zehn Jahre Arbeitslager verurteilt, die jedoch nicht vollstreckt wurden. 1961/62 wurde er wegen seiner Rolle bei der Ermordung innerpolitischer Gegner (Röhm-Putsch) im Jahr 1934 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, in der er 1972 in München starb.

So das war’s erst einmal. Werde mal morgen oder übermorgen mal bei Churchill nachlesen

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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02.08.2014, 17:04
Beitrag: #3
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
(01.08.2014 23:49)Marek1964 schrieb:  Genau heute vor 70 Jahren begann der Warschauer Aufstand.
./.


Es ist schwer sansavoirs ausgezeichneten Ausführungen noch viel zuzusetzen.
Vielleicht noch eines, die Polen haben bei ihrer Kapitulation vereinbart, dass sie als reguläre Kombattanten behandelt werden, woran sich Hitler dann auch tatsächlich hielt.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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02.08.2014, 17:55
Beitrag: #4
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
Zitat marek
Zitat:./../.
Wenn man so will, war ein zweites Mal dieses tapfere Volk Opfer dieser beiden Dikatoren und der Blindheit der Westmächte.

Der Westen blieb auch weiterhin noch lange genug arglos.

Für mich ist klar - hier spätestens begann der kalte Krieg.

./.
Eure Einschätzungen würden mich interessieren.

Das sehe ich anders,
keineswegs der Beginn des Kalten Krieges,
sondern ein klares Indiz wie zu dem Zeitpunkt Europa bereits exakt aufgeteilt war.
Siehe zB Griechenland. Die Briten haben sofort nach der Landung den Kampf gegen die kommunistischen Partisanen aufgenommen. Denen die Sowjets nicht halfen.
Dito mit umgekehrten Vorzeichen in Warschau.
Oder später in Prag, Belgrad oder Budapest.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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02.08.2014, 21:21
Beitrag: #5
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
(02.08.2014 17:55)Suebe schrieb:  
Zitat:./../.
Wenn man so will, war ein zweites Mal dieses tapfere Volk Opfer dieser beiden Dikatoren und der Blindheit der Westmächte.

Der Westen blieb auch weiterhin noch lange genug arglos.

Für mich ist klar - hier spätestens begann der kalte Krieg.

./.
Eure Einschätzungen würden mich interessieren.

Das sehe ich anders,
keineswegs der Beginn des Kalten Krieges,
sondern ein klares Indiz wie zu dem Zeitpunkt Europa bereits exakt aufgeteilt war.
Siehe zB Griechenland. Die Briten haben sofort nach der Landung den Kampf gegen die kommunistischen Partisanen aufgenommen. Denen die Sowjets nicht halfen.
Dito mit umgekehrten Vorzeichen in Warschau.
Oder später in Prag, Belgrad oder Budapest.

Eine Aufteilung in schwarz und weiss oder sagen wir mal rot und blau in Europa war nicht angedacht, zumindest in der Vorstellungen der Westmächte. Das wurde erst in der Konferenz von Jalta beschlossen, aber auch da ging es nur um die Sicherheit der Sowjetunion, und nicht darum, sich in die inneren Angelegenheiten der anderen Länder einzumischen. Und selbst in Jalta wurde über Polen keine Einigung erzielt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Konferenz_v...l.C3.BCsse

Besser noch die englische Version:
http://en.wikipedia.org/wiki/Yalta_Confe..._elections

Den Bürgerkrieg in Griechenland wurde von den Kommunisten angezettelt, wobei sich die verschiedenen Widerstandsbewegungen schon vor dem Abzug der Deutschen bekämpften. Und erst im Dezember 1944. Also über vier Monate nach dem Warschauer Aufstand.

Über die Situation in Griechenland hier ein Artikel:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13512314.html
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03.08.2014, 13:59
Beitrag: #6
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
(02.08.2014 21:21)Marek1964 schrieb:  
(02.08.2014 17:55)Suebe schrieb:  Das sehe ich anders,
keineswegs der Beginn des Kalten Krieges,
sondern ein klares Indiz wie zu dem Zeitpunkt Europa bereits exakt aufgeteilt war.
Siehe zB Griechenland. Die Briten haben sofort nach der Landung den Kampf gegen die kommunistischen Partisanen aufgenommen. Denen die Sowjets nicht halfen.
Dito mit umgekehrten Vorzeichen in Warschau.
Oder später in Prag, Belgrad oder Budapest.

Eine Aufteilung in schwarz und weiss oder sagen wir mal rot und blau in Europa war nicht angedacht, zumindest in der Vorstellungen der Westmächte. Das wurde erst in der Konferenz von Jalta beschlossen, aber auch da ging es nur um die Sicherheit der Sowjetunion, und nicht darum, sich in die inneren Angelegenheiten der anderen Länder einzumischen. Und selbst in Jalta wurde über Polen keine Einigung erzielt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Konferenz_v...l.C3.BCsse

Besser noch die englische Version:
http://en.wikipedia.org/wiki/Yalta_Confe..._elections

Den Bürgerkrieg in Griechenland wurde von den Kommunisten angezettelt, wobei sich die verschiedenen Widerstandsbewegungen schon vor dem Abzug der Deutschen bekämpften. Und erst im Dezember 1944. Also über vier Monate nach dem Warschauer Aufstand.

Über die Situation in Griechenland hier ein Artikel:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13512314.html


Es ist, wie Sansavoir oben schrieb, sehr vieles bis heute nicht geklärt,
Natürlich war "offiziell" Polen nicht den Sowjets preisgegeben. Da fakto und intern, siehe Warschauer Aufstand, aber halt doch. (Wie die CSR, siehe 1948)
Wie war das mit Sikorskis Tod? sehr klar ist das bis heute nicht...
und irgendwie kam der doch sehr gerufen... und hat gepasst.

Griechenland habe ich schon angeführt, wie war das mit Jugoslawien? Warum hat Stalin den tito gewähren lassen? Doch lediglich weil Jugoslawien nicht zu seinem zugesagten Einflussbereich gehörte.
Alles östlich des späteren Eisernen Vorhangs hatte von den Westalliierten außer verbaler Unterstützung nichts zu erwarten, alles westlich davon von den Sowjets nichts.
Was natürlich über konspirative Aktivitäten nichts aussagt.

Man wird (noch) keine Belege dazu finden,
aber Roosevelt/Truman/Eisenhower und Stalin haben sich in den Fällen Warschau/Athen/Prag/Budapest/Belgrad so auffallend gleich verhalten, grosse Gosche weiter nichts, dass es überaus bemerkenswert erscheint.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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03.08.2014, 19:46
Beitrag: #7
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
Natürlich war Grossbritannien nicht glücklich über die Politik der polnischen Exilregierung, nur wurde das ja dann unter Mikolajczik auch nicht anders. Ein Grund, Sikorski deshalb umzubringen, ist reichlich konstruiert. In Bezug auf Polen wurde noch lange gefordert, eine paritätische Regierung zwischen der Londoner Exilregierung und dem Lubliner Komittee herzustellen.

Auch die ČSR hatte man nicht einfach aufgegeben, allerdings hatte Beneš 1943 einen Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion abgeschlossen. Noch Anfang 1948 liess der amerikanische Botschafter in Prag nach Washington vermelden, dass die Kommunisten die Wahlen verlieren würden und damit wohl alles in Butter sei. Was im Februar 1948 folgte, war ein de facto Staatstreich, der mit Hitlers Machtergreifung viele Paralellen hat.

In Jugoslawien schliesslich stellte sich Tito auf die Hinterbeine, ähnlich wie später Mao in China und noch später Ceausescu in Rumänien. Eine militärische Intervention kam aber in allen drei Ländern nicht in Frage, genauso wenig wie in Griechenland.

Genau gleich aber auch die Westmächte in Polen, der Tschechoslowakei, oder Ungarn. Was hätten sie tun sollen? Einen Krieg riskieren? Sie offerierten den Marschallplan - den die Tschechoslowakei zuerst annahm, dann aber auf Druck Moskaus (noch mit einer halbwegs demokratischen Regierung) wiederrief was den berühmten Satz prägte, den der tschechoslowakische Aussenminister Masaryk sagte: Nach Moskau ging ich als freier Mann - als Stalins Lakai kam ich zurück.

In Jalta wurden ja folgende Einflussprozente vereinbart:
Rumänien: Russland 90 % – die anderen 10 %
Griechenland: Großbritannien 90 % – Russland 10 %
Jugoslawien: 50 % – 50 %
Ungarn: 50 % – 50 %
Bulgarien: Russland 75 % – die anderen 25 %

In Realität entschieden immer nur die faktischen, sprich vor allem militärischen, Verhältnisse. Also vor allem dort, wo die Rote Armee hinkam.

Dass der Westen insgeheim diese Einflusssphären schon während des Krieges akzeptiert hätte, halte ich für einen Mythos, den allerndings auch osteuropäische Historiker nach dem Motto "der Westen hat uns verraten" pflegen.

Die Sicherheitspolitik in Europa solllte nach den Vorstellungen der Westmächte durch die UNO erfolgen - einer Vorstellung der Stalin nicht widersprach. In seinem Handeln aber führte er zum kalten Krieg aus.
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03.08.2014, 21:25
Beitrag: #8
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
Seit dem 18. Jahrhundert ist es ein Kontinuum der britischen Politik:
die Russen vom Mittelmeer fernhalten.

Das passt im Falle Griechenlands und Jugoslawiens einfach zu gut. Die 6. US-Flotte hat die Rolle der Briten im Mittelmeer nathlos übernommen.

Und bei Sikorskis Tod,
man wird hierzu keinen Nachweis finden. Aber der russ. Geheimdienst hat noch in den 60ern mitten in der BRD ihnen nicht genehme umstandslos umgebracht. Leute die zig Etagen unter Sikorski rangierten.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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06.08.2014, 20:34
Beitrag: #9
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
(03.08.2014 21:25)Suebe schrieb:  Seit dem 18. Jahrhundert ist es ein Kontinuum der britischen Politik:
die Russen vom Mittelmeer fernhalten.

Das passt im Falle Griechenlands und Jugoslawiens einfach zu gut. Die 6. US-Flotte hat die Rolle der Briten im Mittelmeer nathlos übernommen.

Und bei Sikorskis Tod,
man wird hierzu keinen Nachweis finden. Aber der russ. Geheimdienst hat noch in den 60ern mitten in der BRD ihnen nicht genehme umstandslos umgebracht. Leute die zig Etagen unter Sikorski rangierten.

Also, grundsätzlich einverstanden, dem sowjetiíschen Geheimdienst ist alles zuzutrauen.

Allerdings stellt sich im Zusammenhang mit Sikorski die Frage, ob man sowas mitten im Kriege sich leisten konnte. Da denke ich, da war Stalin pragmatisch, erhätte kaum den Absturz einer Britischen Maschine verantworten wollen, dazu war er viel zu vorsichtig.

Richtig ist auch, im Falle von Griechenland, einen Krieg mit Grossbrittannien oder gar noch den USA, als diese noch die Atombombe hatten, das wollte er nicht. Da liess er lieber die Finger weg.

Wie schon gesagt, Jugoslawien war ein Spezialfall, hier hatte sich ihm Tito in den Weg gestellt, das war nicht den Briten oder einer Abmachung geschuldet, aber dass er hier einen starken Widersacher fand, der sich von ihm nicht einschüchtern liess.

Stalin dachte ja, dass in Westeuropa, zumindest in Italien und Frankreich, ja auch die Kommunisten die Oberhand gewinnen würden und er dann also nach und nach in Europa die Oberhand gewinnen würde, irgendwelche Abmachungen mit den Westmächten hätten ihn genauso wenig interessiert wie Hitler.

Aber, erstens, kommt es anders, und zweitens, als man denkt.
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07.08.2014, 03:04
Beitrag: #10
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
Stalin dachte nicht nur daran, dass in Frankreich und Italien die Kommunisten die Oberhand gewinnen. Er tat auch einiges dafür, Maurice Thorez oder Palmiro Togliatti waren doch von Moskau instruierte Leute mit dem Auftrag, zuerst für die Destabilisierung der Länder zu sorgen, um danach schrittweise die Macht zu erlangen. Aber das würde jetzt vom Thema des Threads wegführen.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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24.12.2014, 16:30
Beitrag: #11
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
Meiner Meinung nach war Stalin das Schicksal der Polen egal. Den Angriffskrieg der Polen gegen die SU Anfang der `20 Jahre hatte er mit Sicherheit nicht vergessen. Schon damals kam es zu Massakern durch die Polen. Katyn ist auch Realität. Später hatte Stalin nur noch das Ziel Polen per Statthalter in seinem Machtbereich zu halten - bis 1989.

Polen wird heute nur als unschuldiges Opfer der deutschen Aggression am 1. September 1939 gesehen. Polen unter Pilsudski war ein faschistischer Staat, in dem Massaker an Minderheiten verübt wurden, z. B. am Bromberger Blutsonntag gegen die Deutschen. Die Polen waren keine Unschuldslämmer.
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25.12.2014, 10:18
Beitrag: #12
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
(24.12.2014 16:30)liberace schrieb:  Polen wird heute nur als unschuldiges Opfer der deutschen Aggression am 1. September 1939 gesehen. Polen unter Pilsudski war ein faschistischer Staat, (...)

Was hat das eine mit dem anderen zu tun?!? Hitler hat doch Polen nicht überfallen, weil das Land quasi-faschistisch war...

VG
Christian
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25.12.2014, 13:14
Beitrag: #13
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
(25.12.2014 10:18)913Chris schrieb:  
(24.12.2014 16:30)liberace schrieb:  Polen wird heute nur als unschuldiges Opfer der deutschen Aggression am 1. September 1939 gesehen. Polen unter Pilsudski war ein faschistischer Staat, (...)

Was hat das eine mit dem anderen zu tun?!? Hitler hat doch Polen nicht überfallen, weil das Land quasi-faschistisch war...

VG
Christian

Lieber Chris, damit hast Du natürlich recht. Ich wollte nur betonen, dass das nach dem 1. WK gegründete Polen alles andere als ein demokratischer Musterstaat war. Minderheiten wie Deutsche, Russen und Ukrainer hatten es nicht leicht. Polen hat auch versucht, sich Gebiete der Weimarer Republik einzureihen, die laut Friedensvertrag den Deutschen zugesprochen wurden. Es kam dann ja zur Schlacht um den Annaberg, die mit Hilfe deutscher Freikorps gewonnen wurde.
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25.12.2014, 13:47
Beitrag: #14
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
(25.12.2014 13:14)liberace schrieb:  ./.
Polen hat auch versucht, sich Gebiete der Weimarer Republik einzureihen, die laut Friedensvertrag den Deutschen zugesprochen wurden. Es kam dann ja zur Schlacht um den Annaberg, die mit Hilfe deutscher Freikorps gewonnen wurde.

Das stimmt so nicht.
Für Oberschlesien war in Versailles eine Abstimmung vorgesehen, die auch durchgeführt wurde.
Polen versuchte vorher Fakten zu schaffen, wobei sich das offizielle Polen von Korfanty und Co. distanzierte.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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25.12.2014, 15:39
Beitrag: #15
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
Brillantes Fachwissen, war mir so im Detail :snicht bekannt, musste mich erst in Wikipedia schlau machen.
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25.12.2014, 19:17
Beitrag: #16
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
(25.12.2014 13:47)Suebe schrieb:  
(25.12.2014 13:14)liberace schrieb:  ./.
Polen hat auch versucht, sich Gebiete der Weimarer Republik einzureihen, die laut Friedensvertrag den Deutschen zugesprochen wurden. Es kam dann ja zur Schlacht um den Annaberg, die mit Hilfe deutscher Freikorps gewonnen wurde.

Das stimmt so nicht.
Für Oberschlesien war in Versailles eine Abstimmung vorgesehen, die auch durchgeführt wurde.
Polen versuchte vorher Fakten zu schaffen, wobei sich das offizielle Polen von Korfanty und Co. distanzierte.

Ja, aber nur offiziell.

Dass im VV eine Abstimmung vorgesehen war, ist korrekt. Wie die Teilung von OS danach aussehen sollte, war aber mehr als umstritten.
Unzählinge Teilungsvorschläge schwirrten umher. Letzlich wurde ein Teilungsvorschlag des Italienischen Botschafters Sforza umgesetzt. ("Sforza- Linie").
http://de.wikipedia.org/wiki/Sforza-Linie

[Bild: grenzvorschlaege.jpg]

http://www.namslau-schlesien.de/abstimmung.htm





Während französische und polnische Teilungsvorschläge eine Abtrennung großer Teile Oberschlesiens vorsahen, inklusive dem kompletten Industrierevier, wollten die Briten nur die eindeutig polnischen, östlichsten Kreise (Pleß, Rybnik) an Polen geben und das Industriegebiet geschlossen bei D belassen.

Das Ergebnis war jedenfalls ein fauler Kompromiss, der das Industriegebiet zerteilte (etwa 80/20 zu gunsten Polens) und dadurch die Produktivität in der Region störte.

MfG, Titus Feuerfuchs
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26.12.2014, 12:24
Beitrag: #17
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
Es war eigentlich eine Sauerei, was den Polen in Versailles an Gebietszuwächsen zugesprochen wurde. Aber die Besiegten werden immer doppelt bestraft. Die Borniertheit der Alliierten wurde dann zum besten Steigbügelhalter Hitlers.
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27.12.2014, 17:17
Beitrag: #18
RE: Warschauer Aufstand 1944 - liess Stalin die Polen verbluten?
(24.12.2014 16:30)liberace schrieb:  Polen wird heute nur als unschuldiges Opfer der deutschen Aggression am 1. September 1939 gesehen. Polen unter Pilsudski war ein faschistischer Staat, in dem Massaker an Minderheiten verübt wurden, z. B. am Bromberger Blutsonntag gegen die Deutschen. Die Polen waren keine Unschuldslämmer.

Pilsudski war nur von 1926 bis 1935 polnischer Präsident, er verstarb bereits 1935 und hat mit den Ereignissen von 1939 nichts zu tun. Das ihm nachfolgende Regime wird Sanacja-Regime genannt, was wiederum "Sanierung" bedeutet.

In Polen standen sich zwei Fraktionen gegenüber. Beide wurden nach alten Königsdynastien benannt. Die "Piasten" standen für eine einheitliche polnische Nation und befürworteten die Polonisierung der anderen Völker. Die "Jagiellonen" sahen in Polen einen Vielvölkerstaat. Pilsudski selbst neigte eher zu den Jagiellonen. 1934 schloss er auch ein Friedensabkommen mit Deutschland ab, das von Hitler 1939 aufgekündigt wurde. Begünstigt wurde Polen 1939 durch die Auflösung der CSR, in dem es die Gebiete Mährisch-Schlesien erhielt.

Nach Pilsudskis Tod im Jahr 1935 gewannen die "Piasten" die Oberhand, so dass sich das Verhältnis der Nationalitäten in Polen verschlechterte. Der Bromberger Blutsonntag fand am 3. September 1939 statt, also bereits zu Kriegszeiten statt. Während Pilsudskis autoritärer Herrschaft fanden keine Massaker an Deutsche oder andere Minderheiten statt.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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