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Umgang mit der NS-Vergangenheit
22.06.2014, 04:45
Beitrag: #21
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Du müsstest zu jedem der Länder ja auch den Nachweis erbringen, dass dort diese Dinge auch tatsächlich verleugnet oder verdrängt werden, was ich aber ausser dem Fall Türkei und China aber stark bezweifele, ebenso wie einige Deiner Angaben.

Die Sache ist doch ganz einfach:

Wie oft hörst du in den Medien, auf der Uni oder in der Schule über die Verbrechen der Deutschen und wie oft über die Verbrechen an Deutschen?

Wie oft über die von mir gebrachten Verbrechen Maos, Leopold II von Belgien oder die der ungarischen Pfeilkreuzler? Wie oft hört man in den Medien über das aggressive, chauvinistische und kriegslüsterne Pilsudskipolen?

Selbst unter Interessierten sind die von mir gebrachten Beispiele oft entweder gar nicht oder nur rudimentär bekannt, vom kollektiven Bewusstsein ganz zu schweigen, dort hört man nur vom bösen Deutschen, dem man alles nachsagen kann, ohne dass sich die sonst immer paratstehenden politisch korrekten Moralapostel empören und hyperventilieren.

Zemans antideutsche Ausfälle z.B. locken kaum einen Hund hinterm Ofen hervor.

http://de.wikipedia.org/wiki/Milos_Zeman...ntroversen

Die von mir gebrachten Beispiele sind hieb und stichfest, die Zahlen valide und sogar eher konservativ gehalten.

Ich behaupte nie etwas, was ich nicht belegen kann. Was konkret bezweifelst du?



(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Nur soviel zu Tschechien und den Opferzahlen bei den Vertreibungen und Aussiedlungen: http://de.wikipedia.org/wiki/Vertreibung...pferzahlen Nicht 250 000, maximal 30 000.

Ich ging von dieser Wiki Seite aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Flucht_und_...ertreibung

Wiki beruft sich hier auf folgende Quelle:
Gerd R. Ueberschär, Rolf-Dieter Müller: 1945. Das Ende des Krieges. Darmstadt 2005, ISBN 3-89678-266-5, S. 128.

und gibt 267000 Tote und Vermisste an.





(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Der erste nachkommunisitsche Präsident der Tschechoslowakei, Václav Havel hat schon 1990 gegenüber Richard von Weizsäcker die Geschehnisse verurteilt, eine später gebildete Historikerkommission unter den Aussenministern Jiří Dienstbier und Hans Dietrich Genscher hat die Geschehnisse aufgearbeitet, auch eine gemeinsame Erklärung der evangelischen Kirchen Deutschlands und Tschechiens wurde veröffentlicht.

Auch in den Medien wird genug darüber und vielfältig berichtet.

In Österreich und Deutschland jedenfalls nicht. Viele, vor allem Jüngere, wissen mit Begriffen wie "Benesch-Dekrete" oder "Sudentendeutschen" überhaupt nichts anzufangen.





(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Nicht gerade geholfen haben die fordernde Art und Unversöhnlichkeit der Sudetendeutschen Landsmannschaften, die bei der Mehrzahl der Tschechen Abwehrrreflexe hervorrufen und die ihre eigenen, dunklen Seiten der spezifisch sudetendeutschen Vergangenheit auch nicht verarbeitet haben. So sehr ich die deutsche Vergangenheitsbewältigung anerkenne, die sudetendeutschen Landmannschaften zähle ich nicht dazu.

Ja, ich weiß sehr gut, wie so manche Mitglieder von Landsmannschaften ticken, da sind die alten Ressentiments noch voll da.

Ohne das verteidigen zu wollen, aber als Erklärung:
Du lebst als Minderheit in einem Land, wirst von der Mehrheitsbevölkerung gemobbt, wirst national erzogen, dann wirst du, obwohl du dir nichts zu schulden kommen ließest, enteignet und vertrieben, hast bei der Vertreibung womöglich Freunde und Familienmitglieder verloren.

Dann wird dir nicht oder nur ungerne zugehört, dein Schicksal wird tabuisiert, weil du aus einem "Tätervolk" kommst. Die Vertriebenenthematik wird/wurde von der Politik in den Hintergrund gedrängt, weil's da nichts zu gewinnen gab.

Da kann's dann durchaus passieren, dass der alte Hass bleibt. Das Problem erledigt sich aber mit dem Aussterben der Erlebnisgeneration zunehmend.





(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Mein Vater (ein evangelischer Theologe 1922-2004) hat immer die verbrecherischen Begleitumstände verurtetil und einer meiner Onkel (ein evangelischer Pfarrer, 1911-1984) hat willkürliche Erschiessungen in Prag im Mai 1945 zu verhindern versucht.

Meine Mutter (1928-2004) tönte da schon anders als mein Vater. Sie rief in Erinnerunng, wie fanatisch sie die Deutschen während der Besatzungszeit erlebt, ein Oberlehrer brüllte immer, die Tschechen seien nur für Pickel und Schaufel gut.

Ja, das deutsche Überlegenheitsdenken, das gibt's immer noch, wenn auch heute in anderer Form...

Dein Vater und dein Onkel waren anscheinend mutige Männer.

Ich bitte jedoch, die Diskussion nicht als persönlichen Angriff zu sehen.
Mir geht's um Objektivität und Gerechtigkeit. Ich diskutiere gerne über Tabus, find ich immer am spannendsten.




(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Tschechische Intellektuelle haben schon damals in den Medien die Umstände kritisiert, allerdings keine Politiker. Die bedeutendsten sind Ferdinand Peroutka und Pavel Tigrid.

Die Verbrechen waren vor allem durch die Kommunisten, der einem kommunistischen Verteidigungsminister unterstehenden Armee, den Rotgardisten und der Roten Armee verursacht.

So einfach kannst du es dir nicht machen. Da war die normale Bevölkerung massiv daran beteiligt, steht alles in dem von dir verlinkten Wiki-Artikel, insbeondere unter "Wilde Vertreibungen".
http://de.wikipedia.org/wiki/Vertreibung...ungen_1945




(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Man kann also nicht sagen, dass man die Vergangheit verdrängt oder gar verleugnet. Nur will man angesichts der Vorgeschichte wie der Geisteshaltung der sudetendeutschen Landsmannschaften kein Entgegenkommen, auch was die Dekrete der provisorischen tschechoslowakischen Regierung, häufig auch Beneš Dekrete genannt. Das kann ich nachvollziehen.


Ich nicht. Und ein Verbrechen bleibt ein Verbrechen, egal wie sich die Landsmannschaften benehmen.

Wenn man sich z.B. Zemans (siehe oben) oder Necas' Aussagen

http://www.welt.de/politik/ausland/artic...esuch.html

zu Gemüte führt, merkt man, dass noch viel Wasser die Moldau hinabfließen muss, bis sich was ändert.


Imho würde Tschechien kein Zacken aus der Krone brechen, wenn es die Dekrete streichen würde. Sollte in einem modernen Rechtsstaat eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Es wäre ein positives Zeichen der Versöhnung und würde den extremen Kräften in den Landsmannschaften den Boden entziehen.

Hätte ich in Ö oder D etwas zu reden gehabt, hätte es keinen EU-Beitritt Tschechiens mit den Beneschdekreten gegeben.

MfG, Titus Feuerfuchs
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22.06.2014, 14:37
Beitrag: #22
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
Du beziehst Dich ausschliesslich auf Deutsche und vor allem wikipedia Quellen. Gerade in solchen Thematiken keine verlässliche Basis. Ich werde mal versuchen, irgendwo die Publikationen der deutsch-tschechischen Historikerkommission zu finden.

Was in Deutschland gelehrt oder publiziert wird ist ja nicht Gegenstand der Diskussion - die Frage ist ja, wei das jeweils in den betreffenden Ländern aussieht. Dass man die unmotivierten und insgesamt viel gravierenderen Verbrechen der Nazis mehr thematisiert als die Gewaltakte bei den Vertreibungen und Aussiedlungen, die als Reaktion darauf erfolgten, wie auch Thomas und Golo Mann das festhalten, hat aber schon seine Logik.

Die Vertreibungen, die wilden Aussiedlungen, kamen aufgrund der sechsjährigen Besatzung und dem durchaus gegebenen Terror zu Stande. Auch wenn er selektiver war als in Polen oder der Sowjetunion, so konnte es durchaus passieren, dass jemand wegen einem politischen Witz mitsamt seiner Familie erschossen wurde. Auch die sinnlosen Kämpfe in den letzten Tagen des Krieges steigerten den Hass noch einmal. Dann kamen die ersten Filmaufnahmen der befreiten Konzentrationslager. Man nahm die Deutschen insgesamt als Gefahr war, das hatte mit dem perfiden System der Nazis zu tun, bei dem eben die ganze Deutsche Nation als Unterdrückungsmechanismus wirkte, teils freiwillig, teils manipuliert, teils unfreiwillig, aber in der Wahrnehmung der unterdrückten Völker als homogener Block. Dass es dann zu Gewaltexzessen kam, lag auf der Hand, dass massvolle Stimmen wie die meines Onkels da keine Chance hatten, leider auch. Wichtig ist dabei auch, dass gerade die intellektuellen Eliten, die naturgemäss hätten zur Mässigung aufrufen können, von den Nazis umgebracht worden sind.

Diese Periode ging aber nicht so lange und wurde vor allem auf Druck der Alliierten noch vor der Konferenz von Potsdam eingestellt. Was danach passierte, lag vor allem an den Roten Garden und der Armee, dass sich ein Mob dazugesellte, dürfte auf der Hand liegen, aber es wäre an der Armee gelegen, für Ordnung zu sorgen und sie tat leider genau das Gegenteil.

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft, wie schon gesagt, arbeitet die eigene Geschichte durchaus nicht auf, auch etwa den Terror an den nicht nationalistischen Deutschen in Böhmen und Mähren schon vor 1938 und an der spezifischen Rolle der Sudetendeutschen in der Besatzungszeit. Wenn man das verstehen soll, dann muss man auch verstehen, dass man von der anderen auch kein Entgegenkommen erwartet werden kann. Die Landsmannschaften verbreiten ein Zerrbild, haben aber vor allem in Bayern einigen Einfluss. Es gab in der Vergangenheit einige positive Versöhnungszeichen von tschechischer Seite, die aber keine Änderung der Politik der Landsmannschaften nach sich zog.

Die sogenannten Beneš Dekrete sind schon lange wirkungslos, eine Abschaffung wäre etwa so sinnvoll wie die Aufhebung der Beschlüsse von Potsdam, die dazu die Grundlage bildete. Dies als Bedingung für die Aufnahme in die EU festzusetzen, wäre angesichts der Vorgeschichte ungeheuerlich und zum hatte zum Glück nirgendwo eine echte Chance.

Wahr ist aber, da gehe ich mir Dir einig, dass das Problem sich allmählich erledigen wird, die Erlebnisgeneration stirbt aus, zwar gibt es bei den Landmannschaften einen Präsidenten der zweiten Generation, aber das ist eine Ausnahme.

Die meisten sehen das als Konsequenz des Krieges und der Naziherrschaft und das ist auch gut so.
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22.06.2014, 17:29
Beitrag: #23
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
Hier noch zwei Quellen, die immerhin belegen, dass man sich in Tschechien heute sehr wohl mit den dunklen Seiten der Vergangenheit seit 1989 auseinandersetzt

http://www.swr.de/swr2/programm/sendunge...121207.pdf

Und hier eine Diskussionsrunde im ÖR tschechischen Staatsfernsehen, unter anderem auch mit dem Schweizer Historiker Adrian von Arburg, der sich mit der Deutsch-Tschechischen Geschichte auseinandersetzt und gut tschechisch spricht. Thema: die wilde Abschiebung.

http://www.ceskatelevize.cz/ivysilani/10...2801400023
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22.06.2014, 19:24
Beitrag: #24
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 17:29)Marek1964 schrieb:  Hier noch zwei Quellen, die immerhin belegen, dass man sich in Tschechien heute sehr wohl mit den dunklen Seiten der Vergangenheit seit 1989 auseinandersetzt

http://www.swr.de/swr2/programm/sendunge...121207.pdf

Hab' nirgends geschrieben, dass garnichts passiert. Der Text (hab nur den Anfang gelesen) zeigt doch sehr deutlich, wie Geschichtsklitterung betrieben wurde. In Österreich war (ist's) nicht anders, auch hier lernt man in der Schule und an der Uni über die Verbrechen an Deutschen nichts.


Allein die Tatsache, dass ein kleingeistiger Rassist wie Zeman die Wahlen gegen Schwarzenberg gewinnen konnte (vorallem mit den Stimmen der Älteren wohlgemerkt) zeigt, wieviel Arbeit noch geleistet werden muss.

Man möchte sich nur einmal vorstellen, ein Gauck oder ein Fischer würde das über die Tschechen sagen, was Zeman über die Deutschen sagt. Da wäre der Teufel los....


(22.06.2014 17:29)Marek1964 schrieb:  Und hier eine Diskussionsrunde im ÖR tschechischen Staatsfernsehen, unter anderem auch mit dem Schweizer Historiker Adrian von Arburg, der sich mit der Deutsch-Tschechischen Geschichte auseinandersetzt und gut tschechisch spricht. Thema: die wilde Abschiebung.

http://www.ceskatelevize.cz/ivysilani/10...2801400023

Kann leider kein Tschechisch.

MfG, Titus Feuerfuchs
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22.06.2014, 20:23
Beitrag: #25
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Du beziehst Dich ausschliesslich auf Deutsche und vor allem wikipedia Quellen. Gerade in solchen Thematiken keine verlässliche Basis. [...]


Warum das? Deine und einige angelsächsische Quellen gehen von rund 30 000 Toten aus, das wäre gerade mal 1%.
Vergleicht man das mit dem brutalen Vorgehen und diversen dokumentierten Massakern, wie etwa dem Brünner Todesmarsch oder dem Massaker von Aussig, scheint diese Zahl sehr niedrig gegriffen zu sein, zumal die Differenz zu Quellen, die von über 250 000 Opfern, das sind immer noch deutlich unter 10% der Vertiebenen, ausgehen, extrem hoch ist.

Aber selbst, wenn die 30000 (bei denen auch zahlreiche Kinder inlusive Säglinge inkludiert sind) korrekt sind, bleibt deren Ermordung und die Verrtreibung das was es ist: ein staatlich legitimiertes Kapitalverbrechen.









(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Was in Deutschland gelehrt oder publiziert wird ist ja nicht Gegenstand der Diskussion

Doch, für mich schon. Es wird ein äußerst einseitiges Geschichtsbild vermittelt und die öffentliche Meinung manipuliert.
Das geht sogar soweit, dass in historische Dokus des ORF falsche Karten gezeigt werden und Falschinformation betrieben wird.








(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  - die Frage ist ja, wei das jeweils in den betreffenden Ländern aussieht. Dass man die unmotivierten und insgesamt viel gravierenderen Verbrechen der Nazis mehr thematisiert als die Gewaltakte bei den Vertreibungen und Aussiedlungen, die als Reaktion darauf erfolgten, wie auch Thomas und Golo Mann das festhalten, hat aber schon seine Logik.

Das ist ja völlig unbestritten. Ich wehre mich aber gegen Totschweigen und Geschichtsklitterung.

Den während keine Woche vergeht, ohne dass man in Ö oder D in irgendeiner Weise medial mit den Naziverbrechen konfrontiert wird, werden andere zeitgeschichtliche Geschehnisse, das betrifft ganz besonders die ethnische Säuberung das deutschen Ostens von 1945-50, konsequent totgeschwiegen, bzw. wenn es doch mal zur Sprache kommt mit den Naziverbrechen legitimiert, so wie du es hier z.T auch tust.


(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Die Vertreibungen, die wilden Aussiedlungen, kamen aufgrund der sechsjährigen Besatzung und dem durchaus gegebenen Terror zu Stande.


Nicht nur. Tschechische Nationalisten, z.B. auch Benes, hatten bereits nach dem 1. WK ethnische Säuberungen gefrordert. Es wurde die Gunst der Stunde genutzt.

Benes' Reden lassen an Eindeutigkeit nichts zu wünsche übrig, z.B.
Zitat:„In unserem Land wird das Ende dieses Krieges mit Blut geschrieben werden. Den Deutschen wird mitleidlos und vervielfacht all das heimgezahlt werden, was sie in unseren Ländern seit 1938 begangen haben. Die ganze Nation wird sich an diesem Kampf beteiligen, es wird keinen Tschechoslowaken geben, der sich dieser Aufgabe entzieht, und kein Patriot wird es versäumen, gerechte Rache für die Leiden der Nation zu nehmen.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Edvard_Bene...doner_Exil








(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Wichtig ist dabei auch, dass gerade die intellektuellen Eliten, die naturgemäss hätten zur Mässigung aufrufen können, von den Nazis umgebracht worden sind.

Manche Eliten, wie Benes, taten aber genau das Gegenteil, sie hetzte die Bevölkerung auf.






(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Diese Periode ging aber nicht so lange und wurde vor allem auf Druck der Alliierten noch vor der Konferenz von Potsdam eingestellt. Was danach passierte, lag vor allem an den Roten Garden und der Armee, dass sich ein Mob dazugesellte, dürfte auf der Hand liegen, aber es wäre an der Armee gelegen, für Ordnung zu sorgen und sie tat leider genau das Gegenteil.

Die Verbrechen wurden von großen Teilen der tschechischen Bevölkerung nicht nur hingenommen, sondern auch unterstützt und aktiv betrieben, darn aändert dein Hinweis auf die Verbrechen der Roten Armee gar nichts.






(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Die Sudetendeutsche Landsmannschaft, wie schon gesagt, arbeitet die eigene Geschichte durchaus nicht auf, auch etwa den Terror an den nicht nationalistischen Deutschen in Böhmen und Mähren schon vor 1938 und an der spezifischen Rolle der Sudetendeutschen in der Besatzungszeit. Wenn man das verstehen soll, dann muss man auch verstehen, dass man von der anderen auch kein Entgegenkommen erwartet werden kann.

Ein bißchen billig, zu sagen, wegen der paar ewiggestrigen Mitglieder in Landsmannschaften, können wir nicht handeln. Denn diese sind nur eine ganz marginale Minderheit innerhalb der Deutschen.

Im Übrigen ist es bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, dass die Sudetendeutschen in der Zwischenkriegszeit nicht die allerbesten Freunde des Tschechoslowakischen Staates waren, schließlich waren sie nach dem Krieg von der tschechischen Armee mit Gewalt an der Selbstbetimmung gehindert worden - das schafft freilich keine Grundlage für ein gedeihliches Miteinander.
Natürlich dar hier auch nicht verschwiegen werden, dass die Tschechen in der Habsburgermonarchie von der deutschen Mehrheitsbevölkerung nicht adäquat behandelt wurden, ein Ausgeleich, wie der mit Ungarn war ihnen ebenfalls verwehrt worden.







(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Die sogenannten Beneš Dekrete sind schon lange wirkungslos, eine Abschaffung wäre etwa so sinnvoll wie die Aufhebung der Beschlüsse von Potsdam, die dazu die Grundlage bildete. Dies als Bedingung für die Aufnahme in die EU festzusetzen, wäre angesichts der Vorgeschichte ungeheuerlich und zum hatte zum Glück nirgendwo eine echte Chance.

Diesen Standpunkt kann ich in keiner Weise nachvollziehen, geschweige denn teilen.Thumbs_down

Gerade weil sie angeblich wirkungslos sind, könnte man sie sofort streichen, das hätte eine enorme Symbolkraft.

Denn Gesetze, die ethnische Säuberungen und Massaker an Frauen und Kindern straffrei stellen, haben in einer EU nichts verloren. Mord verjährt nicht. Wenn Tschechien sie behalten will, können sie das ja tun, ist eine innerstaatliche Angelegenheit, aber Österreich und Deutschland hätten ebenso berechtigt einen EU-Beitritt mit Benesdekreten mit einem Veto verhindern können -haben sie natürlich nicht, weil's politisch nicht opportun ist und weil es wiedermal am nötigen Mut gefehlt hat.

Naziverbrecher kommen zu recht auch bis ans Ende ihrer Tage vor Gericht, sollte man ihnen habhaft werden.






(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Die meisten sehen das als Konsequenz des Krieges und der Naziherrschaft und das ist auch gut so.


Das ist die offizielle Legitimation der Kommunisten gewesen. Thumbs_down

Weil mir ein Leid geschehen ist, darf ich die Angehörigen der Täter, inklusive deren Kinder massakrieren?

Ein Verbrechen legitimiert ein anders, ist das deine Meinung?

Meine ist es jedenfalls sicher nicht!

Ethnische Säuberungen bleiben immer dasselbe, egal unter welchem Vorzeichen, - ein Kapitalverbrechen.


In Summe sind deine Posts sehr rechtfertigend. Man kann eine historische Schuld des eigenen Landes aber auch einfach eingestehen, tut gar nicht so weh, wie man glaubt. Österreich und Deutschland tut es auch jeden Tag in irgend einer Form.

MfG, Titus Feuerfuchs
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22.06.2014, 23:01
Beitrag: #26
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  
(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  - die Frage ist ja, wei das jeweils in den betreffenden Ländern aussieht. Dass man die unmotivierten und insgesamt viel gravierenderen Verbrechen der Nazis mehr thematisiert als die Gewaltakte bei den Vertreibungen und Aussiedlungen, die als Reaktion darauf erfolgten, wie auch Thomas und Golo Mann das festhalten, hat aber schon seine Logik.

Das ist ja völlig unbestritten. Ich wehre mich aber gegen Totschweigen und Geschichtsklitterung.

Hier wird ja nicht totgeschwiegen, wie ich nachweisen konnte.

(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Den während keine Woche vergeht, ohne dass man in Ö oder D in irgendeiner Weise medial mit den Naziverbrechen konfrontiert wird, werden andere zeitgeschichtliche Geschehnisse, das betrifft ganz besonders die ethnische Säuberung das deutschen Ostens von 1945-50, konsequent totgeschwiegen, bzw. wenn es doch mal zur Sprache kommt mit den Naziverbrechen legitimiert, so wie du es hier z.T auch tust.

Von Totschweigen kann keine Rede sein, da gab es genug Dokus zu den Vertreibungen in den ÖR Sendern Deutschlands und Österreich. Kann ich Dir links auf youtube geben.

Dass sie weniger oft erwähnt werden, hat seine Logik, wiegen doch die Verbrechen aus verschiedenen Gründen um ein vielfaches schwerer als die Racheakte der so behandelten ostischen Untermenschen.

(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  
(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Die Vertreibungen, die wilden Aussiedlungen, kamen aufgrund der sechsjährigen Besatzung und dem durchaus gegebenen Terror zu Stande.

Nicht nur. Tschechische Nationalisten, z.B. auch Benes, hatten bereits nach dem 1. WK ethnische Säuberungen gefrordert. Es wurde die Gunst der Stunde genutzt.

Dem widerspreche ich. Sowas kam damals nicht in Frage.

(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Benes' Reden lassen an Eindeutigkeit nichts zu wünsche übrig, z.B.
Zitat:„In unserem Land wird das Ende dieses Krieges mit Blut geschrieben werden. Den Deutschen wird mitleidlos und vervielfacht all das heimgezahlt werden, was sie in unseren Ländern seit 1938 begangen haben. Die ganze Nation wird sich an diesem Kampf beteiligen, es wird keinen Tschechoslowaken geben, der sich dieser Aufgabe entzieht, und kein Patriot wird es versäumen, gerechte Rache für die Leiden der Nation zu nehmen.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Edvard_Bene...doner_Exil

Müsste den tschechischen Originaltext sehen. Aber in jedem Fall eine Ansprache im Krieg gehalten, die Verzweifelung angesichts der Machtlosigkeit eines Exilpräsidenten zu den Vorkomnissen in der Heimat, in der die Besatzungsmacht machte was sie wollte und angesichts ihrer Va banque Strategie und totalitären System leider auch die absolute Funktionsfähigkeit seiner eigenen Bevölkerung sich verlassen konnte.
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22.06.2014, 23:01
Beitrag: #27
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  
(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Du beziehst Dich ausschliesslich auf Deutsche und vor allem wikipedia Quellen. Gerade in solchen Thematiken keine verlässliche Basis. [...]

Warum das? Deine und einige angelsächsische Quellen gehen von rund 30 000 Toten aus, das wäre gerade mal 1%.
Vergleicht man das mit dem brutalen Vorgehen und diversen dokumentierten Massakern, wie etwa dem Brünner Todesmarsch oder dem Massaker von Aussig, scheint diese Zahl sehr niedrig gegriffen zu sein, zumal die Differenz zu Quellen, die von über 250 000 Opfern, das sind immer noch deutlich unter 10% der Vertiebenen, ausgehen, extrem hoch ist.

Aber selbst, wenn die 30000 (bei denen auch zahlreiche Kinder inlusive Säglinge inkludiert sind) korrekt sind, bleibt deren Ermordung und die Verrtreibung das was es ist: ein staatlich legitimiertes Kapitalverbrechen.

Ich zitiere da die glaubwürdigste Quelle, diejenige der deutsch-tschechischen Historikerkommission.

Das es Verbrechen waren, ist unbestritten.

(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  
(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Was in Deutschland gelehrt oder publiziert wird ist ja nicht Gegenstand der Diskussion

Doch, für mich schon. Es wird ein äußerst einseitiges Geschichtsbild vermittelt und die öffentliche Meinung manipuliert.
Das geht sogar soweit, dass in historische Dokus des ORF falsche Karten gezeigt werden und Falschinformation betrieben wird.

Ausgangspunkt war Deine Aussage, dass es die dunklen Punkte in der Vergangenheit in (u.a.) Tschechien entweder verdrängt oder verleugnet werden. Dokus können natürlich immer falsche Informationen haben, ob Absicht oder nicht, sei dahingestellt.
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22.06.2014, 23:07
Beitrag: #28
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  
(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Wichtig ist dabei auch, dass gerade die intellektuellen Eliten, die naturgemäss hätten zur Mässigung aufrufen können, von den Nazis umgebracht worden sind.

Manche Eliten, wie Benes, taten aber genau das Gegenteil, sie hetzte die Bevölkerung auf.

Das war nicht nötig. Der Hass war enorm. Beneš war während des Krieges noch recht massvoll, es sollten nur die Schuldigen und die Nazis bestraft und vertrieben werden. Kurioserweise waren es die Briten, die ihn damals zu einer konsequenteren Haltung anhielt, auch deshalb, weil es nicht anders nicht praktikabel war.

Die Frage war, will man den Hass dämpfen. Und das wollte man nicht. Das hatte auch die Gründe darin, dass die Westalliierten plötzlich nicht mehr so klar für den Bevölkerungstransfer waren.

(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  
(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Diese Periode ging aber nicht so lange und wurde vor allem auf Druck der Alliierten noch vor der Konferenz von Potsdam eingestellt. Was danach passierte, lag vor allem an den Roten Garden und der Armee, dass sich ein Mob dazugesellte, dürfte auf der Hand liegen, aber es wäre an der Armee gelegen, für Ordnung zu sorgen und sie tat leider genau das Gegenteil.

Die Verbrechen wurden von großen Teilen der tschechischen Bevölkerung nicht nur hingenommen, sondern auch unterstützt und aktiv betrieben, daran aändert dein Hinweis auf die Verbrechen der Roten Armee gar nichts.

In diesem Umfeld des Hasses hatten es, wie schon erwähnt, massvolle Stimmen schwer. Grund war die Brutalität der Nazi Politik, aber auch die wahrgenommene Geschlossenheit der Deutschen Bevölkerung in deren Handlungsweise als Unterdrücker, ja als Exterminatoren.

(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  
(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Die Sudetendeutsche Landsmannschaft, wie schon gesagt, arbeitet die eigene Geschichte durchaus nicht auf, auch etwa den Terror an den nicht nationalistischen Deutschen in Böhmen und Mähren schon vor 1938 und an der spezifischen Rolle der Sudetendeutschen in der Besatzungszeit. Wenn man das verstehen soll, dann muss man auch verstehen, dass man von der anderen auch kein Entgegenkommen erwartet werden kann.

Ein bißchen billig, zu sagen, wegen der paar ewiggestrigen Mitglieder in Landsmannschaften, können wir nicht handeln. Denn diese sind nur eine ganz marginale Minderheit innerhalb der Deutschen.

Haben aber ihren Einfluss auf die CSU und damit schon auch auf die Politik.

Im Übrigen ist es bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, dass die Sudetendeutschen in der Zwischenkriegszeit nicht die allerbesten Freunde des Tschechoslowakischen Staates waren, schließlich waren sie nach dem Krieg von der tschechischen Armee mit Gewalt an der Selbstbestimmung gehindert worden - das schafft freilich keine Grundlage für ein gedeihliches Miteinander.

Böhmen und Mähren war immer schon tschechischer Siedlungsraum, die Grenzen historisch, wirtschaftlich und verkehrstechnisch eine Einheit, eine Abtrennung hätte eine tschechische Minderheit in Deutschland zu Folge gehabt. Fraglich wäre auch die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der später so genannten "Rest-Tschechei" gewesen. Und militärisch wäre die Lage erst recht aussichtslos gewesen, wie der März 1939 später beweisen sollte: in drei Stunden war die Vorhut der Wehrmacht in Prag.


(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  
(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Die sogenannten Beneš Dekrete sind schon lange wirkungslos, eine Abschaffung wäre etwa so sinnvoll wie die Aufhebung der Beschlüsse von Potsdam, die dazu die Grundlage bildete. Dies als Bedingung für die Aufnahme in die EU festzusetzen, wäre angesichts der Vorgeschichte ungeheuerlich und zum hatte zum Glück nirgendwo eine echte Chance.

Diesen Standpunkt kann ich in keiner Weise nachvollziehen, geschweige denn teilen.

Dann halt nicht.

(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Gerade weil sie angeblich wirkungslos sind, könnte man sie sofort streichen, das hätte eine enorme Symbolkraft.

Von wegen. Es hätte weitere Forderungen der Landsmannschaften zu Folge. Siehe die Reaktion nach Havels Entschuldigung 1989.

(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Denn Gesetze, die ethnische Säuberungen und Massaker an Frauen und Kindern straffrei stellen, haben in einer EU nichts verloren. Mord verjährt nicht. Wenn Tschechien sie behalten will, können sie das ja tun, ist eine innerstaatliche Angelegenheit, aber Österreich und Deutschland hätten ebenso berechtigt einen EU-Beitritt mit Benesdekreten mit einem Veto verhindern können -haben sie natürlich nicht, weil's politisch nicht opportun ist und weil es wiedermal am nötigen Mut gefehlt hat.

Die verschiedenen Nazi Richter wurden auch nie zur Rechenschaft gezogen - nur der MP von BW Filbinger musste zurücktreten. Sie hatten ja nur geltendes Recht angewandt.

Trotzdem hat man die BRD in die EG aufgenommen, was vernünftig war. Reparationen (von der BRD) wurden auch fast keine bezahlt usw, usf. Manchmal ist es besser, die Verganheitsbewältigung der Bevölkerung zu überlassen und auf keinen Fall den Blick in die Zukunft zu verbauen.

Die Vergangenheitsbewätligung in Deutschland begann auch erst nach 1968 so richtig.

Ich sehe die Exzesse eher in der Dimension der Bombardierungen von Bspw Dresden 1945 als in der Dimension der Naziverbrechen. Auch die Soldaten und Rotgardisten würden sich wohl auf "Befehle von oben" ausreden können.

Wobei ich nichts dagegen haben Schuldige vor Gericht zu stellen. Einer solcher ist Leutnant Pazúr, eine typische Gestalt, Mitglied der (faschichtischen) Hlinka Garde, nachdem Krieg eifriger Helfer der Roten Garden.

http://cs.wikipedia.org/wiki/Karol_Paz%C3%BAr

Versuche mit google translator, meist sind die Übersetzungen ins Deutsche schlecht, evtl, besser im Englisch.
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22.06.2014, 23:14
Beitrag: #29
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Naziverbrecher kommen zu recht auch bis ans Ende ihrer Tage vor Gericht, sollte man ihnen habhaft werden.

Ist halt ein Unterschied, das weiss die Weltöffentlichkeit, das weiss zum Glück die erdrückende Mehrheit in Deutschland. Aber wie schon geschrieben: ich hätte nichts dagegen, ehemalige Rotgardisten vors Gericht zu stellen.

(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  
(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  Die meisten sehen das als Konsequenz des Krieges und der Naziherrschaft und das ist auch gut so.

Das ist die offizielle Legitimation der Kommunisten gewesen.

Keine Legitimation, nur eine Erklärung.
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22.06.2014, 23:17
Beitrag: #30
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Ethnische Säuberungen bleiben immer dasselbe, egal unter welchem Vorzeichen, - ein Kapitalverbrechen.

Kann man schon so sehen. Aber hier gilt es die historische Situation zu beachten. Mir gefällt auch der von den Serben im Jugoslawienkrieg eingeführte Terminus "ethnische Säuberung". Die Verbrechen der Serben waren unmotiviert, der Bevölkerungstransfer der Deutschen aus Osteuropa hatte seine Begründung in den Massenmorden und Versklavungen an den slawischen Bevölkerungen im zweiten Weltkrieg, die im Falle eines Endsiegs vollendet worden wären.

Man kann auch das Bombardieren deutscher Städte als Verbrechen sehen.


(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  In Summe sind deine Posts sehr rechtfertigend. Man kann eine historische Schuld des eigenen Landes aber auch einfach eingestehen, tut gar nicht so weh, wie man glaubt. Österreich und Deutschland tut es auch jeden Tag in irgend einer Form.

Es gibt da halt eben den Unterschied zwischen den zig Millionen und ohne Motivation des Holocausts und der Osteroberungen und den Revancheakten, qualitativ wie quantitav. Es ist eben schon so, dass diese Forderungen and die tschechische Politik nur von (vereinzelten) deutschen und österreichern gestellt werden, aber nicht von der überigen Weltöffentlichkeit. Am ehesten gibt es noch Kritik von einzelnen Tschechen selber (Petr Uhl), aber nicht von der Mehrheit.

Ich will nichts rechtfertigen - nur erklären und ins rechte Licht rücken.

Und Deine Ausgangsaussage, dass diese dunklen Seiten, zumindest hier in Tschechien, "in der Regel verdrängt oder verleugnet werden", widerlegen.
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22.06.2014, 23:45
Beitrag: #31
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 19:24)Titus Feuerfuchs schrieb:  Allein die Tatsache, dass ein kleingeistiger Rassist wie Zeman die Wahlen gegen Schwarzenberg gewinnen konnte (vorallem mit den Stimmen der Älteren wohlgemerkt) zeigt, wieviel Arbeit noch geleistet werden muss.

Man möchte sich nur einmal vorstellen, ein Gauck oder ein Fischer würde das über die Tschechen sagen, was Zeman über die Deutschen sagt. Da wäre der Teufel los....

Zeman ist ein Alkoholiker und Populist, der noch meisterlicher als dereinst Helmut Kohl von Fettnäpchen zu Fettnäpfchen hüpft. Auch Journalisten hat er schon mal als "Idioten, Idioten, Idioten" bezeichnet.

Ich habe ihn nicht gewählt. Frappant ist übrigens, das bei allen westlichen Auslandstschechen der Anteil der Schwarzenberg Wähler bei über 90% lag. Auch Prag, Pilsen, Brünn und die Geburtstadt meines Vaters war eine bis zu zwei Drittel Mehrheit für Schwarzenberg. Da das die zukunftsträchtigen Zentren sind, dürfen wir optimistisch sein

Er ist aber kein Rassist. Auch die Zitate zu den Sudetendeutschen sind nicht so extrem, wie sie mitunter in deutschen oder österreichischen Medien widergegeben werden, vor allem nur teilweise wiedergegeben. Zu den heutigen Deutschen hat er sich nicht schlecht geäussert. Die Gewaltakte nach dem Krieg an den Deutschen in Böhmen und Mähren hat auch er verurteilt.

Deshalb hinkt der Vergleich mit Gauck oder Fischer, auch wegen der schon oben angesprochenen Dimensionen der Verbrechen.
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23.06.2014, 03:53
Beitrag: #32
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 23:01)Marek1964 schrieb:  
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Das ist ja völlig unbestritten. Ich wehre mich aber gegen Totschweigen und Geschichtsklitterung.

Hier wird ja nicht totgeschwiegen, wie ich nachweisen konnte.
[...]

In der breiten Bevölkerung sind die ethnischen Säuberungen des deutschen Osteurpas weitgehend unbekannt.

Das Thema ist tabuisiert, es gibt zig Gedenktage für die Verbrchen der Deutschen, aber keinen einzigen für die Verbrechen an Deutschen, womit ich die Altösterreicher mit einschließe, denn diese waren bis 1945 ebenfalls Deutsche und fühlten sich auch als solche.

Das Totschweigen bestätigt die von dir gebrachte Quelle ja sogar, wenn
Katerina Tuckova sagt:

Zitat:Die Geschichte des Zweiten Weltkrieges haben wir im Schulunterricht nur überflogen. Ich erfuhr, dass unsere Republik vor dem Krieg zum Teil deutsch warund dass hier fast drei Millionen Deutsche gelebt hatten. Aber ich erfuhr nicht, warum sie nach dem Krieg nicht mehr hier lebten. Man sagte uns, sie seien weggegangen.Dass das ab er ein erzwungenes Weggehen war und dass dabei Menschen umkamen, war für mich überraschend.
http://www.swr.de/swr2/programm/sendunge...121207.pdf

Mir ging es, was des Schicksal der Sudetendeutschen und Ostdeutschen anlangt, genauso, wie Frau Tuckova.

MfG, Titus Feuerfuchs
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23.06.2014, 04:32
Beitrag: #33
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 23:14)Marek1964 schrieb:  
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Naziverbrecher kommen zu recht auch bis ans Ende ihrer Tage vor Gericht, sollte man ihnen habhaft werden.

Ist halt ein Unterschied, das weiss die Weltöffentlichkeit, das weiss zum Glück die erdrückende Mehrheit in Deutschland. Aber wie schon geschrieben: ich hätte nichts dagegen, ehemalige Rotgardisten vors Gericht zu stellen.

Warum nur Rotgardisten? Jeder, der entsprechender Verbrechen überführt wird, ist vor Gericht zu stellen, auch tschechische Zivilpersonen.

Aber dem stehen ja die von dir verteidigten Benesdekrete entgegen.


(22.06.2014 23:14)Marek1964 schrieb:  
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Das ist die offizielle Legitimation der Kommunisten gewesen.

Keine Legitimation, nur eine Erklärung.

Wäre es nur eine Erklärung, hättest du nicht den Nebensatz "und das ist auch gut so" angefügt:

(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  [...]
Die meisten sehen das als Konsequenz des Krieges und der Naziherrschaft und das ist auch gut so.

MfG, Titus Feuerfuchs
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23.06.2014, 04:45
Beitrag: #34
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 23:01)Marek1964 schrieb:  
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Nicht nur. Tschechische Nationalisten, z.B. auch Benes, hatten bereits nach dem 1. WK ethnische Säuberungen gefrordert. Es wurde die Gunst der Stunde genutzt.

Dem widerspreche ich. Sowas kam damals nicht in Frage.

So?
Masaryk sprach nach dem WK1 ganz offen über eine Entgermanisierung des Sudetenlandes.

http://de.wikipedia.org/wiki/Tom%C3%A1%C...dentschaft


Des Weiteren wollte Benes schon 1938 2,2 Mio Deutsche vertreiben:

http://de.wikipedia.org/wiki/Edvard_Bene...is_1938.29

MfG, Titus Feuerfuchs
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23.06.2014, 05:24
Beitrag: #35
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 23:07)Marek1964 schrieb:  Böhmen und Mähren war immer schon tschechischer Siedlungsraum, die Grenzen historisch, wirtschaftlich und verkehrstechnisch eine Einheit, eine Abtrennung hätte eine tschechische Minderheit in Deutschland zu Folge gehabt.

Das ist so nicht richtig. Das Sudetenland war seit dem Hochmmittelalter deutsch besiedelt, das Egerland sogar noch länger.

Das Argument mit der tschechischen Minderheit geht insofern ins Leere, als im Großteil des Sudetenlandes, insbesondere in unmittelbaren Grenzorten, wie Asch, Friedland, Eger, Karlsbad oder Braunau die tschechische Minderheit z.T. nichtmal 1% betrug, diese Gebiete waren rein deutsch.

Selbst nach dem Münchner Abkommen war die verbliebene tschechische Minderheit um ein Vielfaches niedriger, als die Deutsche in der Tschechoslowakei.

Im Übrigen interessierte sich Masaryk nur dann für die historischen Grenzen, wenn es ihm passte. Passte es ihm nicht, so wie im Falle von Niederösterreich, galten plötzlich wieder andere Argumente...



(22.06.2014 23:07)Marek1964 schrieb:  Fraglich wäre auch die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der später so genannten "Rest-Tschechei" gewesen.

Das ist schon eher ein Argument, aber für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit interessierte man sich im Falle Österreichs in St.Germain auch nicht sonderlich.


(22.06.2014 23:07)Marek1964 schrieb:  Und militärisch wäre die Lage erst recht aussichtslos gewesen, wie der März 1939 später beweisen sollte: in drei Stunden war die Vorhut der Wehrmacht in Prag.

Der triftigste Grund, die militärstrategische Grenzen der Sudeten gegen Deutschland.

Aber auch dieser hätte nicht verhindnert, dass man

1) Gebiete die jenseits der strategischen Wasserscheidengrenze lagen, wie etwa Braunau, Asch, Reichenberg, Friedland oder Gablonz, und

2) Gebiete, die außerhalb dieser Grenze liegen, also z.B. Deutsch-Südmähren, Preßburg oder die Große Schüttinsel, die unisono nicht oder kaum von Tschechen oder Slowaken bewohnt waren, der Selbstbestimmung überlässt und

3) den verbliebenen Mindnerheiten eine entsprechenchende Autonomie zugesteht.


Aber das war mit Nationalisten wie Benes oder Masaryk nicht zu machen.


(22.06.2014 23:07)Marek1964 schrieb:  
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Gerade weil sie angeblich wirkungslos sind, könnte man sie sofort streichen, das hätte eine enorme Symbolkraft.

Von wegen. Es hätte weitere Forderungen der Landsmannschaften zu Folge. Siehe die Reaktion nach Havels Entschuldigung 1989.

Du schriebst doch grade, dass die Aufhebung der Benes-Dekrete keine Wirkung hätte,

(22.06.2014 14:37)Marek1964 schrieb:  [...]
Die sogenannten Beneš Dekrete sind schon lange wirkungslos, [...]

also was nun, kenn mich nimma aus...Huh





(22.06.2014 23:07)Marek1964 schrieb:  
(22.06.2014 20:23)Titus Feuerfuchs schrieb:  Denn Gesetze, die ethnische Säuberungen und Massaker an Frauen und Kindern straffrei stellen, haben in einer EU nichts verloren. Mord verjährt nicht. Wenn Tschechien sie behalten will, können sie das ja tun, ist eine innerstaatliche Angelegenheit, aber Österreich und Deutschland hätten ebenso berechtigt einen EU-Beitritt mit Benesdekreten mit einem Veto verhindern können -haben sie natürlich nicht, weil's politisch nicht opportun ist und weil es wiedermal am nötigen Mut gefehlt hat.


[...]
Trotzdem hat man die BRD in die EG aufgenommen, was vernünftig war. Reparationen (von der BRD) wurden auch fast keine bezahlt usw, usf. [...]

Das Beispiel hinkt aber gewaltig, nicht zuletzt deshalb, weil es ohne Friedensvertrag keine Reparationen gibt und den hat D de jure bis heute nicht.

Außerdem wurde Tschechien mit dem Eigentum der Vertriebenen entschädigt.


(22.06.2014 23:07)Marek1964 schrieb:  Die Vergangenheitsbewätligung in Deutschland begann auch erst nach 1968 so richtig.

Ganz so ist es ja auch nicht, die Deutschen wurden unmmittelbar nach dem Krieg mit ihren Verbrechen konfrontiert, indem man z.B. deutschen Zivilisten durch ehemalige KZs führte.

Ich wäre vollauf zufrieden, wenn in Osteuropa, nur die hälfte der Deutschen Vergangenheitsbewältungung stattfinden würde. Stattdessen dürfen Gestalten wie Kaczynski oder Zeman weitgehend ungestört ihre germanophoben Tiraden vom Stapel lassen


(22.06.2014 23:07)Marek1964 schrieb:  Ich sehe die Exzesse eher in der Dimension der Bombardierungen von Bspw Dresden 1945 als in der Dimension der Naziverbrechen. [...]

Ich sehe sie nat. auch nicht in der Dimension, wie die NS-Verbrechen, schon rein quantitativ nicht. Aber das macht sie eben um keinen Deut weniger schrecklich.

Dass andere Gegner Nazideutschlands ebenso Dreck am Stecken haben, auch die Westalliierten, (Rheinwiesenlager, Dresden, Swinemünde,..) bestreite ich natürlich nicht.

MfG, Titus Feuerfuchs
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23.06.2014, 05:36
Beitrag: #36
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(22.06.2014 23:45)Marek1964 schrieb:  Ich habe ihn nicht gewählt. Frappant ist übrigens, das bei allen westlichen Auslandstschechen der Anteil der Schwarzenberg Wähler bei über 90% lag. Auch Prag, Pilsen, Brünn und die Geburtstadt meines Vaters war eine bis zu zwei Drittel Mehrheit für Schwarzenberg. Da das die zukunftsträchtigen Zentren sind, dürfen wir optimistisch sein.

Ja, davon gehe ich auch aus, zumal Zeman bei den Jungen nicht punkten konnte.


(22.06.2014 23:45)Marek1964 schrieb:  Er ist aber kein Rassist. Auch die Zitate zu den Sudetendeutschen sind nicht so extrem, wie sie mitunter in deutschen oder österreichischen Medien widergegeben werden, vor allem nur teilweise wiedergegeben.

Sehe ich anders. Mir reicht, was ich auf Wiki und in den (seriösen ) österreichischen und deutschen Medien gelesen habe.

(22.06.2014 23:45)Marek1964 schrieb:  Deshalb hinkt der Vergleich mit Gauck oder Fischer, auch wegen der schon oben angesprochenen Dimensionen der Verbrechen.

In dem Fall geht's nicht um Verbrechen, sondern um das Messen mit zweierlei Maß. Über Deutsche "darf" man sich abfällig äußern, über andere nicht.

MfG, Titus Feuerfuchs
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23.06.2014, 19:05
Beitrag: #37
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Das Totschweigen bestätigt die von dir gebrachte Quelle ja sogar, wenn
Katerina Tuckova sagt:
Kateřina Tučková ist in den späteren 90er Jahren zur Schule gegangen. Mag tatsächlich sein, dass das so gelehrt worden ist.
Aber schon zu dieser Zeit wurde in den Medien berichtet, auch über die Gewaltakte. Die gemeinsame Historikerkommission legte dann 1997 ihren Bericht vor, aber die Landsmannschaft blieb unzufrieden.
In deutschen Medien habe ich schon in den Achtziger Jahren Sendungen gesehen, die diese Theamtik erwähnten. Die Vertriebenenverbände haben seit je in der BRD ihren Einfluss. Im Spiegel Archiv findest Du allein zu Beneš Dekreten 20 Artikel.

(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Warum nur Rotgardisten? Jeder, der entsprechender Verbrechen überführt wird, ist vor Gericht zu stellen, auch tschechische Zivilpersonen.

Beschränke mich nicht auf Rotgardisten.

(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Aber dem stehen ja die von dir verteidigten Benesdekrete entgegen.

Ich verteidige sie nicht uneingeschränkt. Ich wäre ja nicht dagegen, die schlimmsten Passagen zu streichen. Aber in der Erklärung, die auch der Bundestag abgesegnet hat, wurde ausdrücklich darauf verzichtet, Rechtsänderungen zu verlangen.

(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Wäre es nur eine Erklärung, hättest du nicht den Nebensatz "und das ist auch gut so" angefügt:
Immer gut, wenn jemand jemandem anderen erklären will, wie es der Betreffende gemeint hat... was ich damit gemeint habe, ist, dass die Gewaltakte nicht isoliert, sondern im Kontext des Zweiten Weltkriegs gesehen werden und damit nicht mehr die Gegenwart belasten – für die meisten. Das ist kein Totschweigen oder Verdrängen, das ist ein vernünftiges Schlusstrich ziehen und zumindest die aktuellen Beziehungen nicht zu belasten. Historiker und Forianer mögen sich dagegen austoben. Aber schon angesichts der deutsch-tschechischen Erklärung wäre ein Veto des tschechischen EU Beitritts ein Vertragsbruch.

(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Masaryk sprach nach dem WK1 ganz offen über eine Entgermanisierung des Sudetenlandes.

Das war ein Interview in einer französischen Zeitung Im Januar 1919. Andere Quellen ähnlicher Aussage kenne nicht. Auf jeden Fall war damit nicht die Vertreibung gemeint, wie auch die spätere Entwicklung zeigte. Man hoffte wohl eher auf eine (Teil-)Assimilation, auf jeden Fall ein Ende der deutschen Dominanz.

(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Des Weiteren wollte Benes schon 1938 2,2 Mio Deutsche vertreiben:

Es war ein streng geheimer und verzweifelter Vorschlag im Vorfeld von München und Hitlers Säbelrasseln, zu Handen der Franzosen. Es sollte eine Kompromisslösung sein, Teils Gebietsabtretzung, teils Aussiedlung. Wie die hätte stattfinden sollen, ist nicht klar. Auf jeden Fall wäre sie nicht so durchgeführt worden wie nach 1945.
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23.06.2014, 19:20
Beitrag: #38
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Selbst nach dem Münchner Abkommen war die verbliebene tschechische Minderheit um ein Vielfaches niedriger, als die Deutsche in der Tschechoslowakei.

Ja, weil etwa eine dreiviertel Million Tschechen vertrieben worden oder selbst geflohen ist.

(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Das ist schon eher ein Argument, aber für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit interessierte man sich im Falle Österreichs in St.Germain auch nicht sonderlich.

Aber Österreich war lebensfähig

(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  3) den verbliebenen Mindnerheiten eine entsprechenchende Autonomie zugesteht.

Aber das war mit Nationalisten wie Benes oder Masaryk nicht zu machen.
Masaryk war durchaus für eine föderative Haltung zu haben, nicht aber die anderen wie Karel Kramář. In jedem Fall ist mittlerweile unbestritten, dass die erste Tschechslowakische Republik die Minderheitenrechte nicht ideal handhabte, allerdings immer noch besser alle die anderen Staaten der Region. Aber wie gesagt, Fehler sind gemacht worden.

(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Du schriebst doch grade, dass die Aufhebung der Benes-Dekrete keine Wirkung hätte,
Gemeint war, dass heute niemand mehr durch die Beneš Dekrete vertrieben oder um sein Eigentum gebracht werden kann.
Bei einer Aufhebung könnten aber Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden.
Hier abschliessend von meiner Seite ein Kommentar von einem User auf den PI News:
http://www.pi-news.net/2013/01/kein-tsch...deutschen/
Ich kopiere eine Passage zu der deutsch-tschechischen Erklärung:
„Zentral ist Punkt vier, der feststellt, dass „jede Seite ihrer Rechtsordnung verpflichtet bleibt und respektiert, dass die andere Seite eine andere Rechtsauffassung hat. Beide Seiten erklären deshalb, dass sie ihre Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belasten werden.“

Und noch eine Aussage von Václav Havel, die er 1999 dem SPIEGEL in einem Interview gemacht hat:

Havel: "Dieser Komplex von 150 Dekreten - wobei 3 davon auch Bezug zu den Sudetendeutschen haben - gehört zur Geschichte unseres Rechtsstaates. Dies kann nicht so einfach aufgehoben werden. Man kann es jedoch Vergangenheit nennen, die heute keine Bedeutung mehr hat. So ist einfach die Geschichte, sie lässt sich schwer korrigieren. Unsere Völker haben viele Gräuel begangen, wie ließe sich das alles wieder gutmachen? Deswegen heißt es in der Deutsch-Tschechischen Erklärung, dass Fragen der Vergangenheit den Aufbau einer neuen und besseren Zukunft nicht komplizieren werden. Der Bundestag hat dem zugestimmt, das war sehr wichtig. Und ich verstehe nicht, warum die gleiche Partei, die diese Initiative im Bundestag ergriff, nun auf einmal auf diese Benes-Dekrete zurückkommt und somit eigentlich die eigene Deklaration verhöhnt."

Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.
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24.06.2014, 01:22
Beitrag: #39
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(23.06.2014 19:05)Marek1964 schrieb:  
(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Das Totschweigen bestätigt die von dir gebrachte Quelle ja sogar, wenn
Katerina Tuckova sagt:
Kateřina Tučková ist in den späteren 90er Jahren zur Schule gegangen. Mag tatsächlich sein, dass das so gelehrt worden ist.
Aber schon zu dieser Zeit wurde in den Medien berichtet, auch über die Gewaltakte. Die gemeinsame Historikerkommission legte dann 1997 ihren Bericht vor, aber die Landsmannschaft blieb unzufrieden. [...]

Kein Wunder, wenn sich die Bundesregierung dazu verpflichtet hat, gegen die Benesdekrete keinen Einsprich zu erheben.

Ehrlich: Wärst du im Falle, du wärst Opfer eines Verbrechens, zufrieden, wenn deine Regierung damit einverstanden wäre, dass die Täter weiterhin straffrei bleiben?




(23.06.2014 19:05)Marek1964 schrieb:  
(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Aber dem stehen ja die von dir verteidigten Benesdekrete entgegen.

Ich verteidige sie nicht uneingeschränkt. Ich wäre ja nicht dagegen, die schlimmsten Passagen zu streichen.


Das klingt schon ganz anders, als in deinen Vorposts.






(23.06.2014 19:05)Marek1964 schrieb:  Aber in der Erklärung, die auch der Bundestag abgesegnet hat, wurde ausdrücklich darauf verzichtet, Rechtsänderungen zu verlangen.

Meine Meinung zur deutschen (Außen)Politik kennst du ja wahrscheinlich mittlerweile.


(23.06.2014 19:05)Marek1964 schrieb:  
(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Wäre es nur eine Erklärung, hättest du nicht den Nebensatz "und das ist auch gut so" angefügt:
Immer gut, wenn jemand jemandem anderen erklären will, wie es der Betreffende gemeint hat... was ich damit gemeint habe, ist, dass die Gewaltakte nicht isoliert, sondern im Kontext des Zweiten Weltkriegs gesehen werden und damit nicht mehr die Gegenwart belasten – für die meisten. Das ist kein Totschweigen oder Verdrängen, das ist ein vernünftiges Schlusstrich ziehen und zumindest die aktuellen Beziehungen nicht zu belasten. Historiker und Forianer mögen sich dagegen austoben. Aber schon angesichts der deutsch-tschechischen Erklärung wäre ein Veto des tschechischen EU Beitritts ein Vertragsbruch.


Denn Schlussstrich "dürfen" alle ziehen, nur nicht Österreich und Deutschland. Da werden aktuelle politische Maßnahmen, die mit Tätern oder Opfern gar nichts zu tun haben, immer noch mit der historischen Schuld begründet. Ich will mich nicht für etwas schuldig fühlen müssen, für das ich nichts kann.

Letztlich wird es den Schlussstrich erst geben, wenn die Erlebnisgeneration ausgestorben ist.
Ansonsten bleibe ich dabei, dass unahängig davon, dass die Geschichte, nicht zuletzt im Sinne der Objektivität, möglichst vollständig vermittelt werden muss, und das betrifft auch die Schule, die Universitäten und die Medien.



(23.06.2014 19:05)Marek1964 schrieb:  
(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Masaryk sprach nach dem WK1 ganz offen über eine Entgermanisierung des Sudetenlandes.

Das war ein Interview in einer französischen Zeitung Im Januar 1919. Andere Quellen ähnlicher Aussage kenne nicht. Auf jeden Fall war damit nicht die Vertreibung gemeint, wie auch die spätere Entwicklung zeigte. Man hoffte wohl eher auf eine (Teil-)Assimilation, auf jeden Fall ein Ende der deutschen Dominanz.

Das denke ich weniger. Eine Vertreibung war unmittelbar nach dem WK1 realpolitisch nicht durchsetzbar.
Man muss sich das Gesamtbild der damals agierenden tschechischen Politiker ansehen, und da passt Masaryks Aussage leider sehr gut hinein.


Aufgrund der maßlosen Gebietsforderungen in Versailles, die durch französischen Druck zumeist verwirklicht wurden, war die neue Tschechoslowakei ein Vielvölkerstaat (nur 50% Tschechen 23% Deutsche, Rest Ungarn,Slowaken, Ruthenen), womit sie sich eine Menge Probleme eingehandelt hatte.

[Bild: 640px-Czechoslovakia_1930_linguistic_map...30.svg.png]


http://en.wikipedia.org/wiki/Germans_in_...%931938%29



Wäre man gemäßigter aufgetreten, hätte man sich einige Probleme sparen können, auch eine "Entgermanisierung" wäre dann obsolet gewesen.

Wären alle tschechischen Ansprüche in Versailles, Trianon und St.Germain (große Teile des östlichen und nördlichen Niederösterreichs, ganz Burgenland für den sog. "Slawischen Korridor", Teile Nordostungarns, weitere Teile Schlesiens,) verwirklicht worden, hätte das Ganze noch düsterer ausgesehen.






(23.06.2014 19:05)Marek1964 schrieb:  
(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Des Weiteren wollte Benes schon 1938 2,2 Mio Deutsche vertreiben:

Es war ein streng geheimer und verzweifelter Vorschlag im Vorfeld von München und Hitlers Säbelrasseln, zu Handen der Franzosen. Es sollte eine Kompromisslösung sein, Teils Gebietsabtretzung, teils Aussiedlung. Wie die hätte stattfinden sollen, ist nicht klar. Auf jeden Fall wäre sie nicht so durchgeführt worden wie nach 1945.

Das heißt aber nicht, dass sie zu billigen wäre.

München 1938 war sowieso eine Farce der Westmächte, da die Tschechoslowakei nicht mal bei den Verhandlungen dabei war.
Es hat schon seinen Grund, warum die Siegermächte und die Mehrheit der Völkerrechtler Deutschland in den Grenzen von 1937 als Ausgang nahmen und die Angliederung des Sudetenlandes als rechtswidrig klassifizierten.

MfG, Titus Feuerfuchs
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24.06.2014, 02:19
Beitrag: #40
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(23.06.2014 19:20)Marek1964 schrieb:  
(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Selbst nach dem Münchner Abkommen war die verbliebene tschechische Minderheit um ein Vielfaches niedriger, als die Deutsche in der Tschechoslowakei.

Ja, weil etwa eine dreiviertel Million Tschechen vertrieben worden oder selbst geflohen ist.

Nein, schon davor. 1930, nachdem durch die Tschechisierung dar Anteil der Deutschen bereits gefallen war, war der Anteil der Tschechen im Sudentenland immer noch vergleichsweise niedrig; in Reichenberg z.B. betrug er unter 20%, in Grenzorten wie Asch nur 0,5%.

Anteil der deutschsprachigen Bevölkerung 1930:

[Bild: 640px-Sudetendeutsche.png]

http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschb%C3...nzahl_1910






(23.06.2014 19:20)Marek1964 schrieb:  
(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Das ist schon eher ein Argument, aber für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit interessierte man sich im Falle Österreichs in St.Germain auch nicht sonderlich.

Aber Österreich war lebensfähig

Nein, in Wahrheit nicht, wie die Geschichte bewies.
Auch viele zeitgenössische Analysten dachten damals schon so.

Die gesamte 1. Republik war durch wirtschaftliche Agonie gekennzeichnet. Im Gegensatz zur WR gab es keinen echten Aufschwung, auch mit der Stabilisierung der Währung durch die Schillingeinführung 1925 nicht.
Österreichs Wirtschaft war auf die Gesamtmonarchie abgestimmt gewesen, es hatte mit den ehemaligen Kronländern Böhmen und Österreichisch Schlesien seine gesamten Kohlevorkommen und einen großen Teil der Industrie verloren, mit Ungarn seine Kornkammer. Es blieben ihm, salopp gesagt, nur die Alpen, die Banken und die Verwaltung.
Deshalb war der Anschluss 1919 vordingslichstes Ziel der Sozialdemokrastischen Regierung Renner. Damit wollte man den Verlust zahlreicher ehemaliger Kronländer kompensieren. Das Scheitern des Anschlusses in St Germain führte dann zum Rücktritt von Außenminister Bauer.

Durch diese wirtschaftliche Schwäche war Ö außenpolitisch schwach, erpressbar und vom Ausland abhängig, was Hitler z.B. weidlich ausnutzte (z.B. 1000 Mark-Sperre).
Die Not leistete auch der politischen Istabilität Vorschub, die wiederum eine Voraussetzung für Austrofaschismus und Nationalsozialismus war, die beide in einer gesunden Demokratie mit prosperierender Wirtschaft nicht den Hauch einer Chance gehabt hätten.






(23.06.2014 19:20)Marek1964 schrieb:  Masaryk war durchaus für eine föderative Haltung zu haben, nicht aber die anderen wie Karel Kramář. In jedem Fall ist mittlerweile unbestritten, dass die erste Tschechslowakische Republik die Minderheitenrechte nicht ideal handhabte, allerdings immer noch besser alle die anderen Staaten der Region. Aber wie gesagt, Fehler sind gemacht worden.


Dem kann ich mich soweit anschließen.






(23.06.2014 19:20)Marek1964 schrieb:  
(23.06.2014 05:36)Titus Feuerfuchs schrieb:  Du schriebst doch grade, dass die Aufhebung der Benes-Dekrete keine Wirkung hätte,
Gemeint war, dass heute niemand mehr durch die Beneš Dekrete vertrieben oder um sein Eigentum gebracht werden kann.
Bei einer Aufhebung könnten aber Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden.
Hier abschliessend von meiner Seite ein Kommentar von einem User auf den PI News:
http://www.pi-news.net/2013/01/kein-tsch...deutschen/

Nicht gerade die seriöseste Seite, was?

Den meisten Punkten des Kommentars kann ich mich anschließen, dem aber nicht:

(23.06.2014 19:20)Marek1964 schrieb:  [...]
„Zentral ist Punkt vier, der feststellt, dass „jede Seite ihrer Rechtsordnung verpflichtet bleibt und respektiert, dass die andere Seite eine andere Rechtsauffassung hat. Beide Seiten erklären deshalb, dass sie ihre Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belasten werden.“

Dem Problem mit der Enteigung und den daraus resultierenden Ansprüchen könnte z.B. damit begegnet werden, in dem Deutschland auf diese Ansprüche verzichtet. Der Verzicht kann mit dem erfolgten Lastenausgleich argumentiert werden, denn die Vertriebenen erhalten haben




(23.06.2014 19:20)Marek1964 schrieb:  Und noch eine Aussage von Václav Havel, die er 1999 dem SPIEGEL in einem Interview gemacht hat:

Havel: "Dieser Komplex von 150 Dekreten - wobei 3 davon auch Bezug zu den Sudetendeutschen haben - gehört zur Geschichte unseres Rechtsstaates. Dies kann nicht so einfach aufgehoben werden. Man kann es jedoch Vergangenheit nennen, die heute keine Bedeutung mehr hat. So ist einfach die Geschichte, sie lässt sich schwer korrigieren. Unsere Völker haben viele Gräuel begangen, wie ließe sich das alles wieder gutmachen? Deswegen heißt es in der Deutsch-Tschechischen Erklärung, dass Fragen der Vergangenheit den Aufbau einer neuen und besseren Zukunft nicht komplizieren werden. Der Bundestag hat dem zugestimmt, das war sehr wichtig. Und ich verstehe nicht, warum die gleiche Partei, die diese Initiative im Bundestag ergriff, nun auf einmal auf diese Benes-Dekrete zurückkommt und somit eigentlich die eigene Deklaration verhöhnt."
[...]

Den ersten Satz kann ich nicht nachvollziehen. Gesetze sind von Menschen gemacht, die kann man im Gegensatz zur Geschichte immer ändern, vorallem, wenn sie Unrecht legitimieren.

Der letzte Satz zeigt wiedermal deutlich die Unfähigkeit der deutschen Politik. Havels Unverständnis dafür ist hier absolut nachzuvollziehen.

MfG, Titus Feuerfuchs
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