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Konstantinopel fällt:
23.06.2014, 13:59
Beitrag: #14
RE: Konstantinopel fällt:
(01.06.2014 11:58)WDPG schrieb:  -Simeon I (893-927): Nach einer friedlicheren Phase, in der Byzanz insgesamt einen Aufstieg erlebte kam es unter Simeon I wieder zu Kriegen zwischen Byzanz und den Bulgaren. Der ursprüngliche Grund war auch handelspolitischer Natur. Simeon I erwies sich als sehr hartnäckiger Gegner, mehreren Kaisern machte er das leben schwer (Leon VI den Weisen, Alexander und Romanos I Lakapenos). Eine Eroberung von Konstantinopel gelang ihm nicht, für diese verbündete er sich auch mit den Ägyptischen Fatimiden (da Bulgarien die Flotte für eine solche Belagerung fehlte). Auch wenn Bulgarien eine große Flächenmäßige Ausdehnung und sogar den Zarentitel erhielt, das große Ziel gelang auch Simeon I nicht zu erreichen.

Nach ihm erscheint mir Bulgarien deutlich schwächer, das und auch die Tatschache das Bulgarien immer wieder lange Friedenszeiten mit Byzanz hatte, zeigt mir auch das der Krieg zwischen den beiden Mächten auch Bulgarien, nicht nur Byzanz viel Kraft kostete.

Obwohl zwischen Krum und seinem Ur-Ur-Urenkel Simeon I. nur etwa 100 Jahre liegen, haben sich im 1. Bulgarischen Reich enorme gesellschaftliche Veränderungen vollzogen. Zum einen sind aus Protobulgaren und Slawen Bulgaren geworden, zum anderen setzte unter Simeons Vater Boris I. die Christianisierung des Landes ein. Man denke auch an das Wirken von Kyrill und Method. Ein Rückstoß ins Heidentum durch Wladimir, Simeons Bruder wurde verhindert. Da Wladimir sich dem ostfränkischen König Arnulf von Kärnten verband, ist es vorstellbar, dass Wladimir nicht zu den heidnischen Bräuchen zurückkehren wollte, sondern sich eher der römischen Kirche zuwenden wollte. Egal, Boris wusste dies zu verhindern, indem er für kurze Zeit an die Macht zurückkehrte, um seinen ältesten Sohn zu entmachten und die Herrschaftsinsignien seinem jüngeren Sohn Simeon zu übergeben. Simeon erwies sich dann als ein würdiger Nachfolger seines Vaters.

Dass nach einer langen Friedenszeit es wieder zu kriegerischen Aktionen kam, war nicht die Schuld der Bulgaren, sondern der Byzantiner. Simeon erwies sich jedoch als ein hartnäckiger Gegner der byzantinischen Kaiser, die wiederum aber genauso harte Brocken für die Bulgaren waren. Beide Seiten waren etwa gleichstark, beide hatten anfänglich heidnische Verbündete wie die Magyaren unter Arpad (Byzanz) und die Petschenegen (Bulgarien). Des Weiteren war Simeon stark genug, sich in serbische Angelegenheiten einzumischen, um dort Herrscher ein- und abzusetzen. Aber sein Versuch, die Kroaten zu unterjochen, scheiterte am Ende seines Lebens.

Die Byzantiner mischten ebenfalls in der serbischen Politik mit. 917 wurden sie entscheidend von den Bulgaren besiegt, Simeon nannte sich seitdem Zar der Bulgaren und Rhomäer (Byzantiner). Außerdem löste er die Bulgarisch-Orthodoxe Kirche aus dem Machtbereich des Patriarchen von Konstantinopel.

Daraus ließe sich spekulieren, was nun geschehen wäre, wenn Simeon tatsächlich Herrscher des Byzantinischen Reiches geworden wäre und nicht nur Titular-Zar. Schwierig zu sagen, denn er hatte es im Gegensatz zu Krum und Omurtag nicht mit Usurpatoren zu tun. Konstantin VII. folgte seinem Vater und Onkel als Kaiser, Romanos I. war Konstantins Schwiegervater und ganz offiziell (Mit-)Kaiser geworden. Vielleicht ahnte Simeon, dass er die Angehörigen der makedonischen Dynastie hätte umbringen müssen, um selbst zu herrschen und diese Herrschaft dann ständig von potentiellen Usurpatoren bedroht sein würde. So war es wohl das Beste, dass nach Simeons Tod im Jahr 927 dessen Sohn und Nachfolger Petar I. einen auf 50 Jahre festgelegten Friedensvertrag unterzeichnete.

Bereits um 910 hatte sich Simeon mit den Fatimiden verbündet. Diese herrschten erst seit einem Jahr als Kalifen, allerdings noch nicht in Ägypten, sondern in Ifriqija – also im Maghreb, ihre damalige Hauptstadt liegt im heutigen Tunesien. Es ist erstaunlich, dass die ersten Fatimiden die Bulgaren mit ihrer Flotte unterstützten, denn ihr Hauptaugenmerk lag in der Bekämpfung der Abbasiden und der Umayyaden in Cordoba. Abdallah al-Mahdi, der erste Kalif der Fatimiden-Dynastie betrachtete sich auch als religiöses Oberhaupt, als Imam der Ismaeliten.

Ob Simeon genau wusste, mit wem er sich verbunden hatte, ist wohl eher fraglich. Er förderte mit den Schulen von Ohrid und Preslaw religiöse, literarische und kulturelle Zentren, deren Bedeutung für die Verbreitung des Kirchenslawischen und der kyrillischen Schrift – nicht nur unter den Bulgaren, sondern unter den Slawen - enorm waren. Dass sich solch unterschiedliche Verbündete gefunden haben, ist irgendwie nicht erklärbar und wohl nur nachvollziehbar, dass Simeon die Flotte der Fatimiden unbedingt brauchte. Die Fatimiden brauchten wohl einen Verbündeten, der ihnen half, alle Gebiete der untergegangenen Aghlabiden-Dynastie zu übernehmen, also nicht nur in Nordafrika, sondern auch auf Sizilien und Unteritalien. Das Byzantinische Reich war sicher daran interessiert, nach dem Untergang der Aghlabiden, die Araber aus Sizilien und Unteritalien wieder zu vertreiben. Die Bulgaren hätten sie daran gehindert. Das wäre für mich eine Erklärung des 910 geschlossenen Bündnisses zwischen Bulgaren und Fatimiden

Aber ob Fatimiden und Bulgaren sich dauerhaft verbunden geblieben wären, um Konstantinopel zu bezwingen und das Byzantinische Reich aufzuteilen, ist irgendwie schwer vorstellbar. Ich habe bei der Bewertung der Politik Simeons immer das Gefühl, dass nicht die Vernichtung des Byzantinischen Reiches sein Ziel war, sondern dessen Unterordnung. Er war offensichtlich auch klug genug, nur formal den Titel Zar/Kaiser der Rhomäer zu führen und sich nicht den Fallstricken der byzantinischen Innenpolitik auszusetzen. Außerdem wusste er wohl seine Ressourcen einzuschätzen, so dass er um eine ausgleichender Politik gegenüber den (fähigen) Kaiser Leo VI. und Romanos I. bemüht war.

Ob der "Umzug" der Fatimiden von Ifrikija nach Ägypten im Jahr 972 mit den Ereignissen in Byzanz und Bulgarien zusammenhängt, weiß ich nicht, ist aber durchaus vorstellbar.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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