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Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
09.05.2014, 16:47
Beitrag: #1
Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
Diesem 3nd muss ich etwas vorausschicken.
In den 1870er Jahren kam eine schwäbische Unternehmerfamilie aus den USA zurück.
Aufbauend auf den amerikanischen Produktionserfahrungen baute man eine Möbelproduktion, noch im handwerklichen Rahmen auf.

Der 1886 24jährige Sohn hatte größere Pläne.
Er suchte einen Ort mit günstiger Energie, zu dem Zeitpunkt Wasserkraft, und günstigen Arbeitskräften.
Zum Aufbau einer Möbelproduktion auf industrieller Basis.

Er fand und kaufte eine Mühle mit gamit günstiger Wasserkraft in einem Örtchen am Rande der Schwäbischen Alb.
Noch absolut von keiner Industrie beleckt, aber durch die württ. Realteilung viele Nebenerwerbs-Handwerker (oder -Bauern je nach Jahreszeit) die nach Beschäftigung gierten.

Technische Basis der Möbelproduktion war die Tischlerplatte. In der Möbelfabrik selbst hergestellt.
Als vielversprechendes Produkt fand der Jungunternehmer die
Bettlade,
denn damals, 1886 hatte beileibe noch nicht jeder ein eigenes Bett.
Die mehrfache Belegung eines Bettes war eher die Regel als die Ausnahme.
So versprach er sich einen sicheren Markt.

Mit dem steigenden Wohlstand erweiterten sich die Bedürfnisse und das Schlafzimmer (hier als Raum) hielt Einzug bei allen Bevölkerungsschichten.
Und man stellte die Produktion langsam aber sicher um, ab 1908 wurden nur noch komplette Schlafzimmer, diesmal in der Bedeutung der Möbilierung gemeint, produziert.
Bestehend aus dem Doppelbett, einem Schrank, zwei Nachttischchen und einem oder zwei Waschtischen. Im Laufe der Zeit wich der Waschtisch der Frisierkommode.
Wie die Grundform des Schlafzimmers, als Möblierung, bis heute blieb.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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24.05.2014, 14:30
Beitrag: #2
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
Schön und gut. Und worin liegt der tiefere Sinn deiner Ausführungen?
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24.05.2014, 22:11
Beitrag: #3
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
(24.05.2014 14:30)Harald schrieb:  Schön und gut. Und worin liegt der tiefere Sinn deiner Ausführungen?

der tiefere Sinn...

nun, 1. wollte ich auf den Fakt hinweisen, dass es einen gar nicht zu kleinen Techologietransfer durch Rückwanderer gab.
2. das Schlafzimmer, ein Raum der nur zum Schlafen dient, für 90% der Bevölkerung erst im 20. Jahrhundert in den Bereich des möglichen kam.
3. relativ schnell zwischen 1886 und 1908 die Grundform der Schlafzimmermöblierung entstand. Wie sie bis heute ist.
4. dass die Tischlerplatte, furniert, damals zur Basis der Möbelherstellung wurde, und bis zur Einführung der Spanplatte in den 50ern blieb.

Wenn du das alles schon wusstest, haben meine Ausführungen, in deinem Fall, keinen tieferen Sinn. Wink

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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25.05.2014, 13:57
Beitrag: #4
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
Nein, das wußte ich nicht, aber jetzt bin ich klüger. Vielen Dank.
(Wieder mal so ein Wissen, das einem nichts nutzt, wie z.B. auch Geschichte)
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26.05.2014, 12:48
Beitrag: #5
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
(25.05.2014 13:57)Harald schrieb:  Nein, das wußte ich nicht, aber jetzt bin ich klüger. Vielen Dank.
(Wieder mal so ein Wissen, das einem nichts nutzt, wie z.B. auch Geschichte)

du sprichst da einen "Knackpunkt" an.
Geschichte ist Wissen, das vordergründig "nichts nutzt".

Nur, was lässt das Wissen, dass die Masse der mitteleuropäischen Bevölkerung noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts keine Bettstatt und kein Bettzeug sein eigen nannte, lediglich Teilbesitzer war, für Rückschlüsse zu?

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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26.05.2014, 18:56
Beitrag: #6
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
Nee, das ist schon interessant.
Schlief Otto Normalbürger bis 1900 rum einfach so aufm Boden oder wie? Ich nehme einmal an, zumindest die Landbevölkerung schlief auf stoffbedecktem Stroh und damit wohl gar nicht so schlecht. Und Gänsefedern (Daunen) sollten leicht zu bekommen gewesen sein.

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
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27.05.2014, 08:36
Beitrag: #7
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
(26.05.2014 18:56)Triton schrieb:  Nee, das ist schon interessant.
Schlief Otto Normalbürger bis 1900 rum einfach so aufm Boden oder wie? Ich nehme einmal an, zumindest die Landbevölkerung schlief auf stoffbedecktem Stroh und damit wohl gar nicht so schlecht. Und Gänsefedern (Daunen) sollten leicht zu bekommen gewesen sein.

(klein-)Stadt:
Geschlafen wurde in der Küche, in der Stube, in den Abseiten unterm Dach (direkt unter den Dachplatten) wo halt Platz war. (Ein Zeitzeuge erzählte mir einst, dass im Winter morgens Schnee und Raureif auf den Deckbetten lag)
Wobei die Bettladen einschl. Bettzeug in der Regel mindestens zwei Besitzer hatten, was, siehe oben, als Wärmespender nicht unwichtig war.

Die Verhältnisse in der Großstadt hat Heinrich Zille anschaulich festgehalten.
Sie waren aber anscheinend in der Kleinstadt so anders auch nicht.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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27.05.2014, 12:40
Beitrag: #8
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
Ein OT-Einschub

Was mich schon lange gewundert hat, 1920 gab es Wohnungsnot.
Drückend, die Städte und Gemeinden bauten ganze Siedlungen zur Linderung.
1913-14 kein Wort von Wohnungsmangel. Wirklich, es ist nichts zu finden. Dagegen in den 20ern sind die Medien voll davon.

Demoskopisch passt das nun gar nicht. Hunderttausende sind gefallen, die Grippe-Epedemien haben auch unzählige dahingerafft.

Meine These, der "Otto Normalverbraucher" von 1920 war nicht mehr der von 1914. Nix mehr mit alles "verklemmen", das Geld auf der Bank klaut einem eh der Staat.....

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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27.05.2014, 18:20
Beitrag: #9
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
(27.05.2014 08:36)Suebe schrieb:  
(26.05.2014 18:56)Triton schrieb:  Nee, das ist schon interessant.
Schlief Otto Normalbürger bis 1900 rum einfach so aufm Boden oder wie? Ich nehme einmal an, zumindest die Landbevölkerung schlief auf stoffbedecktem Stroh und damit wohl gar nicht so schlecht. Und Gänsefedern (Daunen) sollten leicht zu bekommen gewesen sein.

(klein-)Stadt:
Geschlafen wurde in der Küche, in der Stube, in den Abseiten unterm Dach (direkt unter den Dachplatten) wo halt Platz war.

Die Mehrheit der Bevölkerung lebte auf dem Land! In einem Museumsbauernhof konnte ich sehen:
Ein Bett - das im Schlafzimmer der Bauersleut.
In der Stube auf der Ofenbank - Schlafplatz für die Kinder
Unterm Dach in einer eigenen Stube, eine Wand war der Kamin, ein schmales Bett - die Magd.
Im Stall auf Stroh oder auch in einem schmalen Bett - der Knecht (der musste beim Pferd schlafen, weil das Vieh sich sonst zu leicht verletzt hätte.
Irgendwo in der Nähe des Stalles - die Kuhmagd. Die musste nämlich als erste aufstehen und melken.

Dürfte mow überall so gewesen sein, zumindest auf den größeren Höfen.
Die Kleinbauern hatten sowieso nur eine Stube, in der gegessen, geschlafen und kleine Handarbeiten gemacht wurden. Ein Bett für die Eltern, eine weitere Schlafgelegenheit (nicht immer ein Bett, aber oft) für die Kinder. Nur die Kleinsten durften im Elternbett schlafen, solange sie halt noch Säuglinge waren.

VG
Christian
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28.05.2014, 15:18
Beitrag: #10
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
(27.05.2014 18:20)913Chris schrieb:  
(27.05.2014 08:36)Suebe schrieb:  (klein-)Stadt:
Geschlafen wurde in der Küche, in der Stube, in den Abseiten unterm Dach (direkt unter den Dachplatten) wo halt Platz war.

Die Mehrheit der Bevölkerung lebte auf dem Land! In einem Museumsbauernhof konnte ich sehen:
Ein Bett - das im Schlafzimmer der Bauersleut.
In der Stube auf der Ofenbank - Schlafplatz für die Kinder
Unterm Dach in einer eigenen Stube, eine Wand war der Kamin, ein schmales Bett - die Magd.
Im Stall auf Stroh oder auch in einem schmalen Bett - der Knecht (der musste beim Pferd schlafen, weil das Vieh sich sonst zu leicht verletzt hätte.
Irgendwo in der Nähe des Stalles - die Kuhmagd. Die musste nämlich als erste aufstehen und melken.

Dürfte mow überall so gewesen sein, zumindest auf den größeren Höfen.
Die Kleinbauern hatten sowieso nur eine Stube, in der gegessen, geschlafen und kleine Handarbeiten gemacht wurden. Ein Bett für die Eltern, eine weitere Schlafgelegenheit (nicht immer ein Bett, aber oft) für die Kinder. Nur die Kleinsten durften im Elternbett schlafen, solange sie halt noch Säuglinge waren.

VG
Christian

Die Binnenwanderung vom Land in die Stadt war gerade in dem behandelten Zeitraum 1870 bis 1914 immens.
Und den besseren Wohnverhältnissen auf dem Land werden die Leute nicht "davongelaufen" sein.
Ich kenne die diversen Freilichtmuseen auch. Kann mich aber jetzt auf die Schnelle ums verr. ncht erinnern wo bei den großen Höfen (Glentleithen oder bei uns Schussenried oder Vogstbauernhof) jetzt die ganzen Knechte und Mägde ihre Bettstätten gehabt haben. So ein großer Bauernhof muss doch mindestens 10 oder15 Personen beherbergt haben. Und auch annähernd so viele Betten sah ich nirgends.
Mein Umkehrschluss,
auch auf dem Land haben idR mehrere im selben Bett geschlafen.

Jetzt habe ich neulich (vor 2-3 Jahren) meinen "Casanova" verschenkt, kann also den Beweis nicht so schnell antreten.
Jedenfalls zieht Casanova durch die halbe damals bekannte Welt und beschreibt ständig die tollsten Abenteuer die er mit den Frauen anderer im gemeinsamen Gasthausbett erlebt haben will.
Umkehrschluss:
Gemeinsames Gasthausbett war im achtzehnten Jahrhundert Stand der Dinge. Europaweit.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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28.05.2014, 16:36
Beitrag: #11
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
Bevor wir mit der Sozialgeschichte weiter machen, nochmals kurz zur Industriegeschichte.
Dieser "Heimkehrer" aus den USA hat bei uns aufbauend auf den Eindrücken und Erfahrungen die er "drüben" sammelte, eine Möbelfabrik mit in der Spitze mehreren hundert Beschäftigten aufgebaut.
Im Schlepptau seines Erfolges entstanden etliche weitere Möbelfabriken, so dass einst gut 1.000 Arbeitsplätze in der Region daran gehängt sind.

Alle haben sich auf die Monokultur "Schlafzimmermöbel" spezialisiert.
Diese Spezialisierung war verm. entscheidend für den riesengroßen Erfolg dieser Fabriken.
Wurde aber in den 60ern des 20. Jahrhunderts auch zum Auslöser des Untergangs fast aller Möbelfabriken in der Region.
Heute wird nur noch gehandelt,
zT in beieindruckendem Maßstab,
aber die Möbelindustrie in der Region Zollernalb ist Geschichte.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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29.05.2014, 11:55
Beitrag: #12
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
(28.05.2014 15:18)Suebe schrieb:  Die Binnenwanderung vom Land in die Stadt war gerade in dem behandelten Zeitraum 1870 bis 1914 immens.
Und den besseren Wohnverhältnissen auf dem Land werden die Leute nicht "davongelaufen" sein.

Die sind "davongelaufen", weil es auch auf dem Land ein enormes Bevölkerungswachstum gab, das hier nicht hätte überleben können, weil sich so Zweiter, Dritter Knecht in den Fabriken der Städte ein besseres Leben/Einkommen ausrechnete, weil man auf dem Land schlicht nicht heiraten durfte, wenn man keinen Besitz hatte (so wie eben ein Knecht, eine Magd oder auch ein zweiter oder dritter Sohn, der oft beim Bruder auf dem elterlichen Hof als Knecht arbeiten musste)...es war ein ganzes Sammelsurium an Gründen, der zur Landflucht führte, aber auch glaube, die Schlafgelegenheiten dürfte eher ein nachgeordneter Grund gewesen sein... Wink

(28.05.2014 15:18)Suebe schrieb:  Ich kenne die diversen Freilichtmuseen auch. Kann mich aber jetzt auf die Schnelle ums verr. ncht erinnern wo bei den großen Höfen (Glentleithen oder bei uns Schussenried oder Vogstbauernhof) jetzt die ganzen Knechte und Mägde ihre Bettstätten gehabt haben. So ein großer Bauernhof muss doch mindestens 10 oder15 Personen beherbergt haben. Und auch annähernd so viele Betten sah ich nirgends.

Der Hof, von dem ich berichte, steht in Hofstetten zwischen Eichstätt und Ingolstadt und wurde zuletzt von den Nachkommen eines Elternpaares bewirtschaftet. Das Außergewöhnliche: Es waren neun Geschwister vorhanden, von denen KEINER Nachkommen hatte. Die letzten 40 (!) Jahre nach dem Krieg waren es noch drei Geschwister, die einfach so weiterwurschtelten, wie sie es von ihren Elten her gewohnt waren und buchstäblich NICHTS an den Gebäuden modernisierten. Ein Traktor wurde mal in den 50ern angeschafft, ansonsten wurde dieser Hof auf diese Weise quasi auf dem Vorkriegsstand konserviert. Und noch in den 20er, 30er Jahren des 20.Jhs. war es auf diesem (mittelgroßen) Hof mit einem Knecht und zwei Mägden in Sachen Schlafgelegenheiten eben so wie von mir beschrieben.
Um auf 10 oder 15 Personen zu kommen, musst du die beiden Eltern, die meist 4 oder 5 Kinder rechnen. Fehlen noch ca. 5-8 Personen. Da musst du schon einen SEHR großen Hof nehmen. Außer zur Erntezeit, wo noch viel mehr Personen untergebracht werden mussten (meist im Heu in der Scheune), waren für die Pferde und Kühe, evtl. auch Schweine eigene Angestellte da, aber jeweils maximal zwei. Was die Knechte und Mägde nicht schafften, wurde von de Familie selbst erledigt, z.B. die Sorge um die Hühner und das andere Kleingetier. Das war meist Aufgabe der Kinder.
Die Mägde arbeiteten meist auch im Haushalt mit, der Bauer hatte noch einen Hauptknecht als Hilfe.
Alles in allem komme ich auf ca. 10 Personen pro Hof, wobei der Besitz von Pferden UND Kühen schon bedeutet, dass man einen mindestens mittelgroßen Hof vor sich hat. Die Masse der Höfe waren aber kleiner.

Die Pferdeknechte schliefen im Pferdestall oder in einer Kammer direkt daneben, desgleichen die Kuhmagd beim Kuhstall (wenn die Kühe denn einen eigenen Stall hatten, ansonsten brauchte man wohl auch hier eine eigene Kammer). Die Schweine hatten meistens keine "eigenen" Mägde (schon gar keinen Knecht). Die Hausmagd schlief im Haus in einer eigenen Kammer, die sie wohl meist mit mindestens einer weiteren Magd teilen musste.

Schau dir doch diese alten Bauernhäuser an: Meistens zweigeschossig (auch bei kleineren Höfen, nur diejenigen, die kaum von ihrem Hof leben konnten, hatten eingeschossige Häuser), mit großer Kuchl, einer mow großen Stube und einem Elternschlafzimmer im Erdgeschoß, dazu noch ein Vorratsraum, und im Obergeschoß waren noch jede Menge weiterer Räume, die zwar kleiner waren als die im Erdgeschoß, aber da konnte jede Menge Menschen noch schlafen, vor allem wenn man mehrere Personen in einem Zimmer schlafen ließ (streng nach Geschlechtern getrennt, versteht sich! War auch günstig zur gegenseitigen Kontrolle, was man da so nachts alles trieb...). Und so eine Bettstatt war doch schnell zusammengezimmert! Bett und Kasten, dazu noch eine Waschschüssel, fertig war die Einrichtung eines solchen "Schlafzimmers" der vorindustriellen Periode.

VG
Christian
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29.05.2014, 22:00
Beitrag: #13
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
Du wirst lachen,
den Hof kenne ich, war ich ca. 1992 dort.
Die Göpelanlage hat mir voll imponiert.
(und der wahnsinns Gestank im Schweinestall) Smile

Ferien-gewohnt haben wir in Schönbrunn, beim Schloss gibt es dort noch heute (1992) einen Wasserturm mit Ochsentretanlage. (nicht in betrieb, aber betriebsbereit)

morgen mehr dazu

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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30.05.2014, 12:41
Beitrag: #14
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
Nun habe ich Tenfelde/Ritter "Der Arbeiter im Deutschen Kaiserreich" zu Rate gezogen.
Seite 531 über die "Schlafsituation" der damaligen Unterschichten.
Für das Jahr 1890 wird auf Grund von damaligen Erhebungen für etliche deutsche Städte, Chemnitz, Breslau, Bamberg ein Faktor von 1,84 Personen pro vorhandenen Bett angesetzt. Geschlafen wurde wie von mir beschrieben an allen möglichen Orten, in der Wohnküche, Fluren, Abseiten usw. usf.
soll heißen, dieser schwäbisch/amerikanische Jungunternehmer hat mit seinem Unternehmenskonzept Bettlade klar ins Schwarze getroffen.

Es mag sein, dass die Situation "auf dem Lande" tatsächlich etwas besser war, aber wie gesagt, der heutige "Museumsdorf-Eindruck" bestätigt dies mir zumindest nicht. Bauer, Bäuerin, 4 Kinder, Großeltern, 2 Knechte, 2 Mägde schon sind über 10 Personen beisammen
und dies scheint mir für die großen Höfe in Oberschwaben, Oberbayern oder im Schwarzwald wenig Personal zu sein.

Zitat:Und so eine Bettstatt war doch schnell zusammengezimmert! Bett und Kasten,

Dazu brauchst du Bretter, gehobelt, Leim, Schraubzwingen usw. usf. "haben" steht im Kochbuch Wink
und, wichtig, die zusätzliche Wärmequelle fehlt dann!

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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30.05.2014, 14:54
Beitrag: #15
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
Oh, wow, nach Hofstetten kommt man doch von noch weiter her wie ich dachte...mMn war das eigentlich ein eher regional orientiertes Museum. Is wohl doch "internationaler" als ich dachte...
Big Grin

(30.05.2014 12:41)Suebe schrieb:  Nun habe ich Tenfelde/Ritter "Der Arbeiter im Deutschen Kaiserreich" zu Rate gezogen.(...)Geschlafen wurde wie von mir beschrieben an allen möglichen Orten, in der Wohnküche, Fluren, Abseiten usw. usf.
soll heißen, dieser schwäbisch/amerikanische Jungunternehmer hat mit seinem Unternehmenskonzept Bettlade klar ins Schwarze getroffen.

Tja, aber dafür braucht man doch Platz! In den von dir beschriebenen Arbeiterwohnungen gab´s aber bis in die 1930er Jahre hinein ebendiesen nicht! Wer hat denn dann die Schlafzimmer gekauft?!?

(30.05.2014 12:41)Suebe schrieb:  Es mag sein, dass die Situation "auf dem Lande" tatsächlich etwas besser war, aber wie gesagt, der heutige "Museumsdorf-Eindruck" bestätigt dies mir zumindest nicht. Bauer, Bäuerin, 4 Kinder, Großeltern, 2 Knechte, 2 Mägde schon sind über 10 Personen beisammen
und dies scheint mir für die großen Höfe in Oberschwaben, Oberbayern oder im Schwarzwald wenig Personal zu sein.

Ja, die großen Höfe waren da wohl anders aufgebaut. Aber die mittelgroßen bis kleinen Höfe? Bei den Tagelöhnern und "(Klein-)Häuslern" (norddeutsch "Köttern", weil sie in einer Kate = Hütte wohnten) wird´s ähnlich wie bei den Arbeitern gelaufen sein, aus Geld- und Platzmangel.
Hofstetten aber war ein mittelgroßer Hof. So wie hier in Mittelbayern eigentlich die Mehrheit der Gehöfte.

(30.05.2014 12:41)Suebe schrieb:  
Zitat:Und so eine Bettstatt war doch schnell zusammengezimmert! Bett und Kasten,

Dazu brauchst du Bretter, gehobelt, Leim, Schraubzwingen usw. usf. "haben" steht im Kochbuch Wink
und, wichtig, die zusätzliche Wärmequelle fehlt dann!

War auf so einem Bauernhof alles da, konnte jeder so weit damit umgehen, um ein Bettgestell samt Unterbaukasten (= zwei Schubladen unterhalb der (Stroh-)Matratzenhalterung) zu bauen. Und so eine Bettstatt, die hielt ja lange.

Übrigens:
Viele Mägde - die Knechte offenbar weniger - hatten ihre eigene Bettstatt, die sie beim Wechsel des Arbeitsgebers mitnahmen. Der "Kasten" (= Kleiderkiste) gehörte zu diesem offenbar im persönlichen Besitz befindlichen Inventar einer Magd. Stand der 30er Jahre, aus denen mein Vater noch vom Hörensagen aus den Erzählungen seiner Eltern weiß.

Die Wärmequelle war zumindest in Hofstetten (und, wie ich aus mittlerweile mit meinem Vater geführten Gesprächen weiß, auch in den meisten anderen Mittelhöfen) der Kamin, um dessen Schlot sich im Erdgeschoß Küche und Stube, im Obergeschoß die Mägdekammer und die Kammer der älteren Mädchen gruppierten.

In den 30er Jahren war das "klassische" Schlafzimmer auch in den bayerischen Bauernhäusern angekommen, aber ich wage zu vermuten, dass zumindest hier die Kombination Bettstatt/Kleiderkiste noch lange nach der "Einführung" des schwäbischen Schlafzimmers üblicher war.

VG
Christian
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31.05.2014, 15:43
Beitrag: #16
RE: Das Schlafzimmer in der doppelten Bedeutung des Wortes
Meine Referenzquelle ist nochmals der "Arbeiter im Kaiserreich".

Die Raumsituation auf den Dörfern und in den Kleinstädten war wohl bis ca. 1885 etwas besser als in den Großstädten, dafür war aber die Ausstattung deutlich schlechter als in den Städten.
Später machte sich der langanhaltende Bauboom in den Großstädten jedoch bemerkbar.
Der wirtschaftliche Aufschwung machte auch vor den Unterschichten keineswegs halt, was sich wiederum zB in der Möblierung zeigte, so wird eine Untersuchung aus Eßlingen/neckar des Jahres 1911 angeführt, wo in jedem 2. Arbeiterhaushalt ein Sofa, mehrere Polstersessel und ein zugehöriger runder Tisch vorhanden war. Die standen dann wohl in der Wohnküche, was aber zdZ nicht als Problem gesehen wurde.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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