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Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
16.03.2014, 21:42
Beitrag: #1
Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
Moderne Technik machts möglich. Ständig und überall hat man mittels Smartphone Zugang zum Internet, ständig kann man über solche Medien mit anderen kommunizieren. Facebook, Whats App und co. bieten hier komplett neue Möglichkeiten.

Grundsätzlich bin ich ein Fan des Internets, da es ja wirklich neuer Möglichkeiten schafft und Handys sind nicht nur recht praktisch sondern bei vielen nicht mehr wegzudenken.

Aber das Ganze verstärkt so zumindest meine Beobachtung (und auch in den Medien liest/hört man gelegentlich davon) auch die andauernde Dauerberieselung des Menschen. Steigt man in die Straßenbahn informiert einem der Infoscreen, im Geschäft herrscht laute Musik und im Fast-Food Restaurant berieselt einem gelegentlich schon ein Fernseher. Das Smartphone bietet außerdem noch die Gelegenheit sich ständig mindestens eine zweite Kommunikationswelt aufzubauen. Mal schnell neben Gesprächen mit dem Gegenüber noch auf Whats App SMS schauen, Mails checken usw.

Häufig übertönt oder stört diese Dauerberieselung die Kommunikation. Wir (die Gesellschaft) hören nicht mehr zu.


So diese Einleitung ist jetzt recht dramatisch geschildert, dennoch beobachte ich diese Entwicklung zur „Dauerberieselung“ und diese durchs Handy geschaffene ständig vorhandene 2. Kommunikationsebene (vor allem bei jungen Menschen vorhanden, aber nicht nur) recht häufig und recht skeptisch. Ich möchte mal wissen was eure Meinung ist:

-Gibt es diese von mir geschilderte Dauerberieselung?
-Was sind die Folgen?
-Hört man heute wirklich weniger zu als früher?

Freue mich auf eine interessante Diskussion zum Thema.
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16.03.2014, 22:02
Beitrag: #2
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
Ich sehe das ganz locker. Der Fernseher wurde früher auch schon von konservativen Kreisen, wie alles Neue, als jugendgefährdend und der Untergang des Abendlandes angesehen. Aber ich bin da als Informationsjunkie vielleicht kein Maßstab.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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16.03.2014, 22:57
Beitrag: #3
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(16.03.2014 21:42)WDPG schrieb:  -Gibt es diese von mir geschilderte Dauerberieselung?
-Was sind die Folgen?
-Hört man heute wirklich weniger zu als früher?

Freue mich auf eine interessante Diskussion zum Thema.

Also zunächst einmal:
Ja. Vielleicht gibt es diese Dauerberieselung nicht immer und überall gleich extrem, aber tendenziell- ja du hast recht. Es gibt sie. Versuch einfach mal einen Moment der Stille zu finden- ist gar nicht so einfach. Nicht einmal im Wald.

Die Folgen? Da müßte man spekulieren. Ich komme immer völlig genervt und gereizt aus der Stadt zurück und kann es dann gar nicht leiden, wenn die Sprößlinge auch noch laut Musik hören. Ich will dann einfach mal ein paar Minuten nichts hören. Einne Kaffee trinken- und dann verdammt piepst diese blöde Kaffeemaschine, wenn sie durchgelaufen ist...
Gereiztheit, Aggressivität würde ich mitunter als Folgen ausmachen, weil man ja gar nicht die Chance hat, sich dieser auditiven Reizüberflutung zu entziehen, selbst wenn es einem zuviel wird.
Eine gewisse Abgestumpftheit kommt dazu. Irgendwann schaltet man auf Durchzug. Eine gewisser Geräuschepegel wird dann ausgeblendet, unterbewußt verarbeitet, aber oberflächlich wird er nicht mehr wahrgenommen. Damit hört man nicht mehr alles- es kann aber durchaus sein, daß einem etwas wichtiges entgeht.

Ja, heute hört man weniger zu als früher. Das würde ich aber nicht unbedingt der Dauerberieselung ankreiden. Ich habe eher den Eindruck, daß sich Narzissmus als Eigenschaft immer weiter verbreitet. Die meisten von denen, die nicht zuhören, interessieren sich schlicht und einfach nicht für ihr gegenüber, sondern nur für sich selbst.
Wobei natürlich die moderne Technologie ganz schön viel dazu beiträgt, narzisstische Seiten zu bedienen. Facebook hatten wir ja schon- es ist das perfekte Instrument eines Narzissten- man kann der Welt alles über sich erzählen, muss sich aber von der ganzen Welt rein gar nichts anhören. Aber ich glaube ehrlich gesagt, daß der erfolg der neuen Medien damit zu tun hat, daß der gesamtgesellschaftliche Narzissmus zunimmt und nicht, daß die neuen Medien gesemtgesellschaftlichen Narzissmus erschaffen...
Aber gut, das wäre ja dann schon wieder eine neue Diskussion...

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
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16.03.2014, 23:29
Beitrag: #4
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(16.03.2014 22:57)Bunbury schrieb:  Ja, heute hört man weniger zu als früher. Das würde ich aber nicht unbedingt der Dauerberieselung ankreiden. Ich habe eher den Eindruck, daß sich Narzissmus als Eigenschaft immer weiter verbreitet. Die meisten von denen, die nicht zuhören, interessieren sich schlicht und einfach nicht für ihr gegenüber, sondern nur für sich selbst.

Sehe ich auch als Kernproblem. Egoismus und Egozentrismus. Die Dauerberieselung kann aber auch zur Überlastung führen.

Ich sehe es auch an mir selbst in Foren - sehe ich einen langen Beitrag, habe ich schon mal Mühe mich dafür zu motivieren, weiterzulesen. Obwohl es ja nicht mehr Zeit erfordert, als 3-4 kürzere, aber vielleicht auch weniger relevante Beiträge zu lesen.

Speedreading ist jedenfalls von Vorteil.
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16.03.2014, 23:42
Beitrag: #5
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(16.03.2014 23:29)Marek1964 schrieb:  Sehe ich auch als Kernproblem. Egoismus und Egozentrismus.

Egoismus und Egozentrismus sind nicht das gleiche. Letzteres ist wohl das gleiche wie Narzissmus.
Egoismus ist im übrigen nicht so schlecht wie sein Ruf. Wäre jeder egoistisch genug, sich um die Befriedigung seiner Bedürfnisse selbst zu kümmern und für sich selbst zu sorgen, müßte man nicht andere manipulieren, damit sie die eigenen bedürfnisse befriedigen...
Von daher wäre die Frage, ob es einen gesunden Egoismus gibt (ja, den gibt es) durchaus eine eigene Diskussion wert.
Aber da kommen wir ja heftig weg von der Dauerberieselung...

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16.03.2014, 23:55
Beitrag: #6
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
Dauerberieselung entsteht ja nicht nur durch Geräusche, die sind nur ein Weg, wie ständig irgendwelche Informationen an uns herangetragen werden. Dazu kommen optische Hinweise, ausliegende Flyer und die vielen Bildschirme jeder Art und Größe. Aus all diesen Informationen soll unser Gehirn auswählen, was es interessiert, was unsere Aufmerksamkeit verdient.
Die Auswahl fällt schwer bei unendlich vielen Angeboten und Anforderungen. Also versuchen wir´s mit Multitasking. Bei handwerklichen Tätigkeiten ohne Maschinen könnte man sich theoretisch noch was erzählen, dann tun Hände routiniert und Hirn kann denken oder wirklich zuhören. Wo haben wir solche Autopilotprozesse noch, vielleicht morgens unter der Dusche oder beim Gemüseschnippeln.
Ansonsten müssen wir unsere Aufmerksamkeit ständig aufteilen, weil wir meinen, es gibt soviel, dass unsere Zeit sonst nicht ausreicht.
Bei der Egozentrik, die von Bunbury und Marek schon angesprochen wurden, bin ich unsicher, wo sie herkommt und ob sie nicht doch hierein gehört. Denn eigentlich kann ich mir nicht so recht vorstellen, das die Menschen allesamt unsoziale Egoisten geworden sind. Ist es vielleicht nur ein inneres Sich-Gehörverschaffen, wenn man nicht mehr zuhört, nicht mehr auf Beiträge anderer eingeht, weil man bei diesem Übermaß an Information nicht mehr richtig unterscheidet?
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17.03.2014, 01:08
Beitrag: #7
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
Alles ein Grund mehr, sich kurz zu fassen- Man kann eine Aussage auch mit 3 Sätzen formulieren anstatt Romane zu posten. Ich jedenfalls bemühe mich darum, zumal es meiner natürlichen Faulheit entgegen kommt.

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17.03.2014, 08:25
Beitrag: #8
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
Mir ist letztens auch wieder aufgefallen, wie abhängig manche Jugendliche, aber auch Erwachsene vom Smartphone sind.
Da hat man grad mal 20 Minuten Pause in der Schule, was machen die Kids? Smartphone an und drauf gestiert. Da stehen dann 10, 20 Leute beieinander und unterhalten sich kaum, weil jeder mit seinem Guckloch beschäftigt ist.
Gestern hab ich mit den Kindern darauf gewartet, ins Kino rein zu dürfen, zusammen mit weiteren Eltern-Kinder-Paarungen. Die Hälfte der Eltern war mit dem Smartphone beschäftigt...
Am WE in der Stadt hab ich zwei Jugendliche beobachtet, wie sie fast vor einen Laternenpfahl gerannt sind, so war ihr Blick aufs Handy fixiert.

Irgendwo schon lustig zu beobachten (Schadenfreude is doch was Schönes...), aber irgendwo auch bedenklich...

VG
Christian
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17.03.2014, 10:16
Beitrag: #9
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(16.03.2014 23:55)Renegat schrieb:  Dauerberieselung entsteht ja nicht nur durch Geräusche, die sind nur ein Weg, wie ständig irgendwelche Informationen an uns herangetragen werden. Dazu kommen optische Hinweise, ausliegende Flyer und die vielen Bildschirme jeder Art und Größe. Aus all diesen Informationen soll unser Gehirn auswählen, was es interessiert, was unsere Aufmerksamkeit verdient.

Man kann sich ja durchaus fragen, ob das nicht auch zuM Teil absicht ist. Überfüttere die Menschen mit Informationen und 95% werden sich dafür entscheiden, sich gar nicht mehr zu informieren, weil es einfach zu viel ist...

(16.03.2014 23:55)Renegat schrieb:  Die Auswahl fällt schwer bei unendlich vielen Angeboten und Anforderungen. Also versuchen wir´s mit Multitasking. Bei handwerklichen Tätigkeiten ohne Maschinen könnte man sich theoretisch noch was erzählen, dann tun Hände routiniert und Hirn kann denken oder wirklich zuhören. Wo haben wir solche Autopilotprozesse noch, vielleicht morgens unter der Dusche oder beim Gemüseschnippeln.
Ach, mir fallen noch ein paar mehr Sachen ein... Bügeln. Putzen...

(16.03.2014 23:55)Renegat schrieb:  Ansonsten müssen wir unsere Aufmerksamkeit ständig aufteilen, weil wir meinen, es gibt soviel, dass unsere Zeit sonst nicht ausreicht.

Nur, daß man das oft nicht freiwillig macht, sondern eher einem gesellschaftlichen Druck ausgesetzt ist. Man denkt, daß man sich mit allem auskennen muss, weil es soviele andere ja auch kennen. Und dann stellt man plötzlich fest, daß man sich in bereichen auskennt, die viele andere nicht kennen. Vielleicht wäre ein erster Schritt einfach in einer Konzentration auf etwas... Hmm, ich glaube, ich brüte mal eben ein neues gresellschaftliches Konzept aus...Big Grin

(16.03.2014 23:55)Renegat schrieb:  Bei der Egozentrik, die von Bunbury und Marek schon angesprochen wurden, bin ich unsicher, wo sie herkommt und ob sie nicht doch hierein gehört. Denn eigentlich kann ich mir nicht so recht vorstellen, das die Menschen allesamt unsoziale Egoisten geworden sind.

Ich fürchte, hier muss ich einen Standpunkt vertreten, der jeden, der diesen Beitrag liest und meine sonstigen Argumente kennt, sich die Augen reiben läßt...
Doch, ich glaube sehr wohl, daß wir Erziehungsidealen huldigen oder zuviel gehuldigt haben, die enorm dazu beitragen, daß Kinder aus ihrer narzisstischen Phase (die alle Kinder durchlaufen) nicht richtig herauswachsen. Die antiautoritäre Erziehung ist für Kinder ein Irrweg. Aber ich denke, diese Diskussion führt dann zu weit weg.
Vielleicht bin ich in sofern "kompromissbereit", daß man vielleicht sagen kann, die modernen Medien bestärken und fördern die narzisstischen Neigungen, die leider sträker als früher vorhanden sind.

Darüber hinaus ist es meiner Meinung nach politisch durchaus gewollt, daß sich die Menschen eben nicht solidarisieren, sondern daß sie gespalten sind. Von daher werden egozentrische Neigungen auch gezielt gefördert...

(16.03.2014 23:55)Renegat schrieb:  Ist es vielleicht nur ein inneres Sich-Gehörverschaffen, wenn man nicht mehr zuhört, nicht mehr auf Beiträge anderer eingeht, weil man bei diesem Übermaß an Information nicht mehr richtig unterscheidet?
Man kann sich nicht mit allem auseinandersetzen, das geht gar nicht. Aber sich mit den menschen in seiner engeren Umgebung auseinanderzusetzen ist doch gar nicht so schwer. Das kann man nicht auf Informationsüberlastung schieben. Auf Reizüberflutung folgt eher Rückzug...
Wenn ich das Gefühl habe, daß mir keiner zuhören will (und das habe ich oft), dann erzähle ich es eben mir selbst. Dann weiß ich wenigstens, daß ich einen intelligenten Gesprächspartner habe...Wink

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Oscar Wilde
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17.03.2014, 12:41
Beitrag: #10
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(17.03.2014 10:16)Bunbury schrieb:  Man kann sich ja durchaus fragen, ob das nicht auch zuM Teil absicht ist. Überfüttere die Menschen mit Informationen und 95% werden sich dafür entscheiden, sich gar nicht mehr zu informieren, weil es einfach zu viel ist...
Eine wirklich abgesprochene Absicht sehe ich dahinter nicht. Es ist durch die IT-technik möglich, also wird es gemacht.
Die IT-Branche ist der einzige, echte Wachstumsmarkt im Westen, also stürzen sich alle darauf, daher resultiert dann die Infovielfalt, denke ich.

Facebook und anderen Selbstdarstellungsmedien habe ich mich bisher verweigert, ich möchte aber über bestimmte regionale Gruppen, Interessenverbände informiert sein, weil ich Sorge habe, interessante Vorträge oder ähnl. zu verpassen. Also habe ich mir angewöhnt, meine Mailadresse für Rundmails zu hinterlassen. Für Termine, die mich interessieren, ist das super. Manche Gruppen versenden aber weitere Infos von nahestehenden Gruppen, Politik das Thema betreffend und so weiter. Also habe ich wieder das Problem, aus einem Wust von langen Texten, das herauszusuchen, was mich betrifft. Es ist ja so einfach, den Rundmailknopf zu drücken und alle Verlinkten zu informieren, man meint es gut, letztlich muß ich doch wieder selber filtern und das kostet Zeit und fördert meine Abneigung gegen lange Texte.

(16.03.2014 23:55)Renegat schrieb:  Die Auswahl fällt schwer bei unendlich vielen Angeboten und Anforderungen. Also versuchen wir´s mit Multitasking. Bei handwerklichen Tätigkeiten ohne Maschinen könnte man sich theoretisch noch was erzählen, dann tun Hände routiniert und Hirn kann denken oder wirklich zuhören. Wo haben wir solche Autopilotprozesse noch, vielleicht morgens unter der Dusche oder beim Gemüseschnippeln.
(17.03.2014 10:16)Bunbury schrieb:  Ach, mir fallen noch ein paar mehr Sachen ein... Bügeln. Putzen...
Stimmt, die Leute, die Putzelfen anstellen, wissen gar nichts von der psychischen Heilkraft von Aufräumen und Putzen.


(17.03.2014 10:16)Bunbury schrieb:  ... Und dann stellt man plötzlich fest, daß man sich in bereichen auskennt, die viele andere nicht kennen. Vielleicht wäre ein erster Schritt einfach in einer Konzentration auf etwas... Hmm, ich glaube, ich brüte mal eben ein neues gresellschaftliches Konzept aus...Big Grin
Mach mal, ist vielleicht eine zukünftige IT-Nische.Smile
Auf Foren bezogen, könnte man vielleicht sagen, dass die Leute sich anfangs in Foren unterhalten haben, wie im wirklichen Leben. Diese Zeiten sind weitestgehend vorbei, im Moment wird geblogt, d.h. man bietet sein Spezialwissen an, ohne zu gucken, ob es nachgefragt wird. Der nächste Schritt könnte nun sein, diese Inselbloggerspezialisten zu verbinden und ihr übergroßes Wissensangebot so aufzubereiten, dass es vom Wissensnachfrager auch als nützlich verarbeitet werden kann.

Den Rest deines Beitrags zu Egozentrik lasse ich für später, sonst wird mein Beitrag zu lang Big Grin

Die antiautoritäre Erziehung wurde erst kürzlich im Nachbarforum von Marek gestreift bzw mit 68 in Verbindung gebracht. Auch dort habe ich gefragt, wie man die definieren soll, wo wir doch im Westen eine Vielzahl von Erziehungsstilen und -einrichtungen haben und wahrlich kein durchgehendes Konzept. Das ist in jedem Fall ein eigenes Thema wert.
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17.03.2014, 21:03
Beitrag: #11
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(17.03.2014 01:08)Arkona schrieb:  Alles ein Grund mehr, sich kurz zu fassen- Man kann eine Aussage auch mit 3 Sätzen formulieren anstatt Romane zu posten. Ich jedenfalls bemühe mich darum, zumal es meiner natürlichen Faulheit entgegen kommt.

Naja, man kann sich nicht immer kurz fassen, und wenn sich jemand für etwas interessiert, liest er gerne mehr.

Es erinnert mich an eine Frage, die ein Schüler in einem Forum gestellt hat:

Welche Rolle spielte Hindenburg bei Hitlers Machtergreifung? Bitte nur kurze Antworten!

Antwort: Eine grosse. Hindenburg ernannte Hitler zum Reichskanzler. Kurz genug?
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17.03.2014, 21:40
Beitrag: #12
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(17.03.2014 12:41)Renegat schrieb:  Die antiautoritäre Erziehung wurde erst kürzlich im Nachbarforum von Marek gestreift bzw mit 68 in Verbindung gebracht. Auch dort habe ich gefragt, wie man die definieren soll, wo wir doch im Westen eine Vielzahl von Erziehungsstilen und -einrichtungen haben und wahrlich kein durchgehendes Konzept. Das ist in jedem Fall ein eigenes Thema wert.

Du hast mir zugehört! Sensationell! Ich Dir aber auch.

Ich sehe drei Dimensionen bei dieser Diskussionen, die unsere Fähigkeit, zuzuhören beeinflussen:

- Unsere Einstellung dem anderen gegenüber (hier fallen auch Einflüsse der Erziehung hinein, aber auch welches echte Interesse ich am anderen und an einer fairen Interaktion oder vielleicht besser Partnerschaft habe)

- unsere Fähigkeit, trotz Informationsflut den Blick für das wesentliche zu wahren

- unsere "technischen" oder methodischen Kommunikationsfähigkeiten

Letzter Punkt ist hier noch nicht gefallen, aber wenn ich an meine Schulzeit erinnere, so lernten wir Gedichte zu interpretieren und Vorträge zu halten, aber Techniken zur interaktiven Kommunikation bekam ich erst im einen oder anderen Managementtraining später. Meine Schulzeit ist allerdings 30 Jahre her.
Gerade Leute, die einem anderen ins Wort fallen, müssen nicht unbedingt rücksichtslos sein - sie können aufgrund eines Impulses durch ein Stichwort vom Empfangen zum Senden animiert werden und sind sich nicht bewusst, dass der andere auch noch sendet. Dies nur als Beispiel eines rein methodischen Problems.

Aber gerade so breite und uneinheitlich verwendete Themen wie die 68er Bewegung, antiautoritäre Erziehung oder eben Zuhören in unserer Zeit der Datenflut erfordern genaues definieren eines Diskussionsthemas.
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17.03.2014, 22:14
Beitrag: #13
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(16.03.2014 22:02)Arkona schrieb:  Ich sehe das ganz locker. Der Fernseher wurde früher auch schon von konservativen Kreisen, wie alles Neue, als jugendgefährdend und der Untergang des Abendlandes angesehen. Aber ich bin da als Informationsjunkie vielleicht kein Maßstab.

Ich sage ja auch nicht das die Technologie Internet an sich schlecht ist, genau im Gegenteil ist etwas extrem klasses. Hat halt wie alles auch Nachteile.

Wobei ich hier nicht nur über eine Erfindung wie Internet/Smartphone usw. diskutieren möchte sondern eben über das gesamte andauernd berieselt werden.
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17.03.2014, 22:20
Beitrag: #14
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(16.03.2014 22:57)Bunbury schrieb:  Also zunächst einmal:
Ja. Vielleicht gibt es diese Dauerberieselung nicht immer und überall gleich extrem, aber tendenziell- ja du hast recht. Es gibt sie. Versuch einfach mal einen Moment der Stille zu finden- ist gar nicht so einfach. Nicht einmal im Wald.

Die Folgen? Da müßte man spekulieren. Ich komme immer völlig genervt und gereizt aus der Stadt zurück und kann es dann gar nicht leiden, wenn die Sprößlinge auch noch laut Musik hören. ....

Finde du hast da was sehr gut beschrieben das ich auch kenne. Natürlich muss man sagen, kann man auch für Ruhe sorgen.

Was ich aber mit Dauerberieselung auch noch meinte ist nicht nur die durch Geräusche alleine. Denn auch Musik kann z.B. was sehr entspannendes haben. Eher auch die anderen Dauerberieselungskanäle wie Handy, Bildschirme, E-Mails usw. nicht nur Geräusche.

Bei den Folgen wäre es interessante auch über die Gesamtgesellschaftlichen nicht nur die privaten (die ich manchmal wie gesagt sehr gut nachempfinden kann) zu diskutieren.
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17.03.2014, 22:25
Beitrag: #15
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(16.03.2014 23:29)Marek1964 schrieb:  Ich sehe es auch an mir selbst in Foren - sehe ich einen langen Beitrag, habe ich schon mal Mühe mich dafür zu motivieren, weiterzulesen. Obwohl es ja nicht mehr Zeit erfordert, als 3-4 kürzere, aber vielleicht auch weniger relevante Beiträge zu lesen.

Sehe ich nicht ganz so. Stimmt schon die kurzen Beiträge liest man schneller, bei längeren Beiträgen und Serien ist es dann oft so das man sie auf später verschiebt. Sich diese dann mal in Ruhe durchzulesen macht oft umso mehr Freude. Zumindest bei Themen die einem extrem interessante erscheinen.

Auch auf die Aufteilung kommt es an, ist es so gegliedert das man leicht antworten kann oder ein Endlostext?
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18.03.2014, 03:44
Beitrag: #16
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(16.03.2014 21:42)WDPG schrieb:  -Gibt es diese von mir geschilderte Dauerberieselung?
-Was sind die Folgen?
-Hört man heute wirklich weniger zu als früher?

Es gibt (zumindest im Alltag) die Dauerberieselung und man hört auch weniger zu. Die Folgen sind oberflächliche Beziehungen und belanglose Gespräche, wobei dies nicht nur den neuen Medien geschuldet ist. Liegt sicher an vielen Gründen, z.B. der zunehmenden Mobilität der Menschen, der Anonymität in den Großstädten und den so genannten gebrochenen Biografien. Egoismus, Narzissmus und die Suche nach dem nächsten Kick spielen auch noch eine Rolle und vertuschen die Tatsache, dass jeder ersetzbar und eigentlich unbedeutend ist.
Facebook usw. haben vielleicht schon ihren Zenit überschritten. Sie geben den Einzelnen eine scheinbare und kurzzeitige Wichtigkeit, die erhoffte Wertschätzung bleibt aber auch in der virtuellen Welt aus und nach dieser Enttäuschung stürzt man sich aufs Nächste.

(16.03.2014 22:57)Bunbury schrieb:  Ich habe eher den Eindruck, daß sich Narzissmus als Eigenschaft immer weiter verbreitet. Die meisten von denen, die nicht zuhören, interessieren sich schlicht und einfach nicht für ihr gegenüber, sondern nur für sich selbst.
Wobei natürlich die moderne Technologie ganz schön viel dazu beiträgt, narzisstische Seiten zu bedienen. Facebook hatten wir ja schon- es ist das perfekte Instrument eines Narzissten- man kann der Welt alles über sich erzählen, muss sich aber von der ganzen Welt rein gar nichts anhören. Aber ich glaube ehrlich gesagt, daß der erfolg der neuen Medien damit zu tun hat, daß der gesamtgesellschaftliche Narzissmus zunimmt und nicht, daß die neuen Medien gesemtgesellschaftlichen Narzissmus erschaffen...
Aber gut, das wäre ja dann schon wieder eine neue Diskussion...

Das stimmt. Selbstdarstellung und sich gut verkaufen zu können, gehört einfach dazu, um a) einen Job zu bekommen und b) erfolgreich im Job zu sein. Da wird oft das Äußere mehr geachtet, als das Können. Die neuen Medien bedienen sich diesem Trend, sie sind aber nicht die Ursache.

(16.03.2014 23:55)Renegat schrieb:  Bei der Egozentrik, die von Bunbury und Marek schon angesprochen wurden, bin ich unsicher, wo sie herkommt und ob sie nicht doch hierein gehört. Denn eigentlich kann ich mir nicht so recht vorstellen, das die Menschen allesamt unsoziale Egoisten geworden sind. Ist es vielleicht nur ein inneres Sich-Gehörverschaffen, wenn man nicht mehr zuhört, nicht mehr auf Beiträge anderer eingeht, weil man bei diesem Übermaß an Information nicht mehr richtig unterscheidet?

“Ich kann alles sagen, denn keinen interessiert es, was ich zu sagen habe“, so etwa lautete ein Spruch, den ich 1989 auf der Berliner Mauer las. Dass Menschen nicht mehr zuhören, liegt vielleicht daran, dass sie die Erfahrung gemacht haben, dass niemand sich mit ihnen unterhalten will oder kann. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, sich ebenfalls nur für sich selbst zu interessieren.

(17.03.2014 10:16)Bunbury schrieb:  Man kann sich ja durchaus fragen, ob das nicht auch zuM Teil absicht ist. Überfüttere die Menschen mit Informationen und 95% werden sich dafür entscheiden, sich gar nicht mehr zu informieren, weil es einfach zu viel ist...

Ich hatte früher mal einen Chef, der genau dies sagte. Es wurden dann Konzepte in der Lang- und Kurzversion geschrieben und entsprechend verteilt. Die Informationsflut kann durchaus das Ziel haben, dass Menschen sich nicht mehr selbst über Details einer Sache informieren.

(17.03.2014 12:41)Renegat schrieb:  Auf Foren bezogen, könnte man vielleicht sagen, dass die Leute sich anfangs in Foren unterhalten haben, wie im wirklichen Leben. Diese Zeiten sind weitestgehend vorbei, im Moment wird geblogt, d.h. man bietet sein Spezialwissen an, ohne zu gucken, ob es nachgefragt wird. Der nächste Schritt könnte nun sein, diese Inselbloggerspezialisten zu verbinden und ihr übergroßes Wissensangebot so aufzubereiten, dass es vom Wissensnachfrager auch als nützlich verarbeitet werden kann.

Also ich vermisse schon die zu Teil recht ausführlichen Fachbeiträge einiger, früher häufiger aktiver User.

(17.03.2014 21:40)Marek1964 schrieb:  Ich sehe drei Dimensionen bei dieser Diskussionen, die unsere Fähigkeit, zuzuhören beeinflussen:

- Unsere Einstellung dem anderen gegenüber (hier fallen auch Einflüsse der Erziehung hinein, aber auch welches echte Interesse ich am anderen und an einer fairen Interaktion oder vielleicht besser Partnerschaft habe)
- unsere Fähigkeit, trotz Informationsflut den Blick für das wesentliche zu wahren
- unsere "technischen" oder methodischen Kommunikationsfähigkeiten

Das stimmt alles. Letztlich sollte jeder wissen, dass es respektlos ist, wenn ich während eines Gesprächs Kopfhörer aufhabe, um Musik vom Handy oder MP3-Player zu hören oder nebenbei simse usw. Ich denke, dass man trotz Internet nach wie vor nicht auf Fachzeitschriften oder Fachbücher verzichten sollte und dass man sein Wissen aus einem Mix traditioneller und neuer Medien erweitern sollte. Das ist zwar keine 100% Garantie, nicht fehlinformiert zu werden, aber bisher bin ich ganz gut damit gefahren. Ein Problem der Informationsflut ist, meiner Meinung nach, dass Vielfalt vorgegaukelt wird, tatsächlich beruhen die Informationen auf wenige Quellen.

Leider ist es so, dass kommunikative Fähigkeiten immer wichtiger werden, die meisten Menschen aber nur wenig bis gar nicht geschult sind. Wer z.B. manipulierende Kommunikationsverfahren kennt, lernt auch, sich selbst vor Manipulationen zu schützen.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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18.03.2014, 12:46
Beitrag: #17
RE: Dauerberieselung - Hört man nicht mehr zu?
(17.03.2014 22:20)WDPG schrieb:  Bei den Folgen wäre es interessante auch über die Gesamtgesellschaftlichen nicht nur die privaten (die ich manchmal wie gesagt sehr gut nachempfinden kann) zu diskutieren.

ich würde eine zunehmende Aggressivität und rücksichtslosigkeit durchaus als gesamtgesellschaftliche Folge sehen. Wenn nur jeder zweite durch die Dauerberieselung nur gereizter wird und diese Gereiztheit weitergibt, dann hat das in der Summe schon ganz gravierende Auswirkungen- langsfristig könnte das zu einem gewissen Duckmäusertum führen. Wenn es nicht schon so weit ist...

Nur mal so als schnellüberlegung mit virenverseuchtem Hirn....

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