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Biographien ungeordnet, wie sie geschrieben werden .
22.07.2016, 20:49
Beitrag: #77
RE: Biographien ungeordnet, wie sie geschrieben werden .
Caspar von Schönberg (1540-1599)

Caspar von Schönberg (1540-1599) entstammte dem meißnischen Uradel. Einige Vertreter dieser Familie wurden im 15. Jahrhundert Bischof von Meißen oder Bischof von Naumburg. Caspars Vater Wolf von Schönberg (1518-1584) diente Moritz von Sachsen als Feldherr in den Schlachten bei Mühlberg (1547) und Sievershausen (1553). 1566/67 unterstützte er Kurfürst August von Sachsen bei der Reichexekution gegen Johann Friedrich den Mittleren und Wilhelm von Grumbach (Grumbach'sche Händel).

Während der Friedenszeiten nahm er verschiedene zivile Ämter war, er war z.B. Amtshauptmann von Rochlitz und seit 1558 bis zu seinem Tod Oberberghauptmann von Freiberg. Dieses Amt kam erstmalig 1542 an einen Familienangehörigen der Schönbergs und es blieb bis 1761 fast durchgehend im Familienbesitz. Der Oberberghauptmann von Freiberg war faktisch der kurfürstliche Chefkontrolleur des Bergbau, des wichtigsten Wirtschaftszweiges Sachsens. Außerdem nahm er de facto Grundherrenrechte im Erzgebirgskreis wahr, d.h. das wirtschaftliche und politische Geschick des Erzgebirges wurde ca. 200 Jahre von den Schönbergs bestimmt.

Wolf von Schönberg hatte vier Söhne, von denen drei politisch und/oder militärisch aktiv wurden. Über den Sohn Moritz ist praktisch nichts bekannt, außer dass er als Grundherr in Kriebstein, Knauthain und Sorge tätig war. Heute sind all diese Orte mit dem Auto in wenigen Stunden erreichbar, im 16. Jahrhundert war es sicher nicht einfach diese Entfernungen zu überwinden und vor allem alle drei Güter zu bewirtschaften. Das Leben seiner politisch aktiven Brüder ist aber gut dokumentiert.

Es handelt sich um Hans-Wolf (1539-1603), Caspar (1540-1599) und Georg (1543-1578). Alle drei Brüder dienten während der Hugenottenkriege in Frankreich. Der Ältere Hans-Wolf wurde 1571 Obrist im königlichen Heer, der jedoch vom Kurfürsten August zurückgerufen wurde. Er wurde zuerst Amtshauptmann von Pulsnitz in der Oberlausitz – ein Ort, der heute durch seine Lebkuchen bekannt ist. Unter Christian I. (1586-1591) war er Hofmarschall, aber unter dem Staatskanzler Krell zog er sich vom politischen Geschäft zurück. Hans-Wolf von Schönberg hatte zwei Söhne Hans-Wolf und Caspar (1570-1629), der ein kursächsischer Politiker war und der um 1620 maßgeblich am Zustandekommen des Bündnisses zwischen Kaiser und Kurfürsten von Sachsen beteiligt war und so Kursachsen etwa zehn Jahre aus dem Dreißigjährigen Krieg halten konnte. Im Rätsel ging es aber um seinen gleichnamigen Onkel.

Dieser Caspar diente bereits seit 1560 in Frankreich. Er kämpfte zuerst an der Seite seines Verwandten Diez von Schönberg für die Hugenotten, später kämpfte er aber auch gegen die Protestanten der Niederlande. 1570 wurde Caspar naturalisiert, er nannte sich seitdem Gaspard de Schomberg. Wann er zum Katholizismus übertrat ist nicht bekannt. Während der Bartholomäusnacht von 1572 weilte er in Deutschland u.a. auch in Dresden, wo Kurfürst August ernsthaft daran dachte, Caspar wegen Hochverrat, d.h. wegen seinem Religionswechsel, köpfen zu lassen. Dass es dazu nicht kam, lag wohl an Caspars Vernetzung an deutschen Höfen und in Frankreich und seiner Tätigkeit als Mittler in deutsch-französischen Angelegenheiten. Noch im Jahr 1572 heiratete er die französische Adlige Jeanne de Chastainger.

Beide hatten vier Töchter und einen Sohn – Henri de Schomberg (1575-1632), der zwischen 1618 und 1621 Generalintendant der Finanzen war und 1626/28 die Hugenotten vor La Rochelle belagerte. Seine Amtsführung als Generalintendant der Finanzen war so gewissenhaft, dass diese Ehrlichkeit von seinen französischen Zeitgenossen stets hervorgehoben wurde. Er starb am 17. November 1632 in Bordeaux, zufälligerweise am gleichen Tag, an dem Wallensteins Feldmarschall Pappenheim in Leipzig verstarb. Henris Schwestern heirateten in den französischen Hochadel ein.

1573 warb Caspar von Schönberg in der Pfalz und in Hessen darum, Henri d’Anjou zu König von Polen zu wählen. Nach dessen Rückkehr bzw. nach dessen Flucht im Jahr 1574 wurde Caspar Mitglied des Staatsrates. 1575/76 kam auch Caspars Bruder Georg nach Frankreich. Er starb am 27. April 1578 im berüchtigten Duell der Mignons. Als Mignons - „Lieblinge“ - wurden Günstlinge des Königs genannt. Die politische Bedeutung der Mignons ist umstritten. Fakt ist, dass diese jungen, meist aus niederem Adel stammenden Männer sehr unbeliebt waren. Das lag wohl an ihren, vom Hochadel als weiblich empfundene, und verachtete Gebaren. Sie schminkten sich und zeigten offen ihre Vorliebe für teuren Schmuck, Parfüm und teure Stoffe. Andererseits waren sie loyale Gefolgsleute des Königs, die besonders brutal gegen die Gegner des Königs vorgingen. Kurz gesagt: Die Mignons waren eine schlagkräftige Leibwache, die Henri III. gegen seine innenpolitischen Gegner einsetzen konnte. Eine ähnliche Truppe wie die Mignons scharrten sich auch um Henris jüngeren Bruder François d’Anjou (1557-1584). Diese Truppe bestand zum Teil aus ehemaligen, in Ungnade gefallenen Mignons. Anjou galt zwischen 1574 und 1584 als Thronfolger, um ihn scharrten sich die politisch Unzufriedenen.

Die beiden Favoritengruppen hassten sich, es kam regelmäßig zu Duellen und Scharmützeln, die schließlich vom König verboten wurde. Trotz dieses Verbots kam es 1578 zum „Duell der Mignons“, dass mit besondere Brutalität geführt. Anlass des Duells war eine Bemerkung eines Mignons über die angebliche unkeusche Favoritin Balzacs, weshalb dieser den Mignon zu Duell aufforderte. Beide Duellanten brachten zwei Sekundanten mit, Georg von Schönberg war ein Sekundant von Charles Balzac. Am Ende des Duells blieben zwei Tote auf dem Platz, darunter Georg, ein Sekundant starb einen Tag später, der sich spöttisch äußernde Mignon starb nach einem Monat. Ein weiterer Mignon blieb lebenslang entstellt. Nur der Anstifter des Duells, Charles Balzac, Baron d’Entragues blieb unversehrt, er wurde jedoch nicht vom König zur Rechenschaft gezogen. Seine erst 1579 geborene Nichte Catherine Balzac, Baronin d’Entragues wurde 1599 die Geliebte des französischen Königs Henri IV. … aber in diesem Jahr starb Charles Balzac. Der Romanschriftsteller Honoré de Balzac (1799-1850) behauptete zwar ein Nachkomme der adligen Familie Balzac zu sein, aber dies lässt sich nicht beweisen.

Ebenfalls 1599 starb Caspar von Schönberg. Er wurde 1578 zum Grafen de Nanteuil-le-Haudouin ernannt. 1588/89 versuchte er den sächsischen Kurfürsten und andere protestantische Fürsten zu bewegen, Henri III. und Henri de Navarra gegen die katholische Liga der Guisen zu unterstützen. Dies scheiterte nur, weil der sächsische Staatskanzler Nikolaus Krell der Person Schönbergs und dessen Religionswechsel misstraute und ihm Schönbergs Vorschläge zu riskant erschienen. Schließlich konnte Schönberg privat 700 sächsische Reiter anwerben, mit denen er sich Henri IV. unterstellte. 1594 zog er mit dem König in Paris ein und 1598 beteiligte sich Schönberg an der Erarbeitung des Edikts von Nantes, in dem den Hugenotten Religionsfreiheit gewährt wurde.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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Xanthippe - Luki - 12.06.2012, 15:52
Etwas Bilder - Luki - 22.06.2012, 19:39
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