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Biographien ungeordnet, wie sie geschrieben werden .
04.07.2012, 17:41
Beitrag: #30
RE: Biographien ungeordnet, wie sie geschrieben werden .
Meinhard II. von Tirol

Meinhard II. von Tirol (* um 1238; † 1. November 1295 in Greifenburg) war einer der bedeutendsten Reichsfürsten der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Er entstammte dem ursprünglich in der Grafschaft Görz (heute Gorica) beheimateten Geschlecht der Meinhardiner und wird als der eigentliche Begründer des Landes Tirol betrachtet. Meinhard II. war von 1258 bis 1295 Graf von Tirol und von 1258 bis 1271 – gemeinsam mit seinem Bruder Albert – als Meinhard IV. Graf von Görz. 1286 erhob ihn König Rudolf I. zum Reichsfürsten und belehnte ihn mit dem Herzogtum Kärnten. Des Weiteren war Meinhard II. auch Pfandherr der Windischen Mark und des Herzogtums Krain.

Leben

Meinhard wurde um 1238 als ältester Sohn des Grafen Meinhard III. von Görz (* vor 1194; † 1258) und der Adelheid von Tirol (* 1218/20; † 1279) geboren. Adelheid war eine der beiden Erbtöchter des damals herrschenden Grafen von Tirol, Albert III. (* 1180/90; † 1253), der mit seinen beiden Schwiegersöhnen Graf Meinhard III. von Görz und Herzog Otto II. von Andechs-Meranien († 1248) gegenseitige Erbverträge geschlossen hatte. So erbte Albert III. nach dem Erlöschen des Hauses Andechs-Meranien dessen Besitzungen im Süden von Tirol, in Kärnten, in der Windischen Mark und in Dalmatien. Um dieses Erbe brach ein Krieg mit dem aus dem Haus Spanheim stammenden Herzog von Kärnten und dessen Sohn, dem Elekten bzw. Erzbischof von Salzburg aus. Dieser Allianz unterlagen 1252 Albert III. von Tirol und Meinhard III. von Görz und der Graf von Tirol geriet bei der Belagerung von Greifenburg in die Gefangenschaft seiner Gegner.

Infolge des noch 1252 geschlossenen Frieden von Lieserhofen erhielt jedoch der alte Graf von Tirol seine Freiheit zurück. Allerdings wird er neben den hohen Geldforderungen es als besonders bedrückend empfunden haben, seine beiden Enkel, den etwa vierzehnjährige Meinhard und dessen zwölfjähriger Bruder Albert als Geisel an den Erzbischof von Salzburg zu übergeben. Als Albert III. im darauf folgenden Jahr verstarb, hinterließ er seinen Erben Meinhard III. von Görz und Gebhard IV. von Hirschberg († 1275), dem aus Mittelfranken stammenden zweiten Gatten seiner Tochter Elisabeth (* 1220/25; † 1256) zahlreiche Herrschaften. Da auch die zweite Ehe Elisabeths kinderlos blieb, fiel deren Erbe ebenfalls an Meinhard I. von Tirol (bzw. Meinhard III. von Görz).

Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1258 wurde Meinhard II. aus der Geiselhaft des Salzburger Erzbischofs entlassen. Die sechs Jahre in der Gefangenschaft prägten den jungen Grafen maßgebend, besonders seine ablehnende Haltung gegenüber der Ausübung von weltlicher Macht durch kirchliche Institutionen war herausgebildet und blieb eine Konstante seines politischen Handelns. Er näherte sich deshalb zielbewusst den politischen Vertretern eines starken Königtums, die allerdings während des Interregnums 1254 bis 1273 sehr zurückhaltend agierten. Sein eindeutiges Bekenntnis zur staufischen Partei zeigte sich vor allem in seiner 1259 geschlossenen Ehe mit Elisabeth von Bayern (1227–1273), Witwe von Kaiser Konrad IV. (1228–1254) und somit ehemalige Schwiegertochter Kaiser Friedrichs II. (1194–1250). Die Ehe führte dazu, dass Elisabeths - aus Hausgütern der Staufer gebildetes - Wittum im Norden Tirols in die Grafschaft Tirol eingegliedert wurde.

Die Abneigung der Päpste auf die Staufer und ihre Parteigänger übertrug sich nun auch auf Meinhard II., der im Jahr 1267 gemeinsam mit Rudolf von Habsburg (1218–1291) seinen jugendlichen Stiefsohn Konradin von Hohenstaufen (1252–1268) auf dessen Kriegszug gegen Karl von Anjou (1220–1285) begleitete. Allerdings verließen die beiden erfahrenen Politiker den jungen Heißsporn bei Verona, Konradin unterlag wenige Monate später dem vom Papst unterstützten Usurpator, der ihn dann auf dem Marktplatz von Neapel hinrichten ließ. Meinhard II. festigte daraufhin sein Bündnis mit Rudolf von Habsburg und verlobte seine jüngere Tochter Elisabeth (1262–1313) mit Rudolfs ältestem Sohn Albrecht (1255–1308), 1276 folgte die Vermählung. Ein weiteres politisches Bekenntnis Meinhards zu den Staufern war die Verlobung seiner ältesten Tochter Agnes mit dem Markgrafen Friedrich I. von Meißen (1257–1323), damals „der Gebissene“ – später „der Freidige“ genannt, der über seine Mutter Margarethe von Hohenstaufen (1237–1271) ein Enkel Friedrichs II. und somit der Hoffnungsträger der staufischen Partei war. Allerdings heiratete Agnes erst 1286 den Wettiner, ein Grund dafür mag wohl dessen schwierige Situation in den Verwicklungen seines Stammlandes gewesen sein.

Einen ersten politischen Erfolg verbuchte der junge Graf von Tirol bereits 1261, indem er die Freilassung seines Bruders Albert (1240–1304) aus der Gefangenschaft des Salzburger Erzbischofs erreichte. Danach regierten die Brüder gemeinsam, ehe sie am 4. März 1271 auf Schloss Tirol einen Teilungsvertrag unterschrieben. Albert erhielt die Grafschaft Görz und ein in sich nicht geschlossenes Gebiet, das sich vom Pustertal im Westen bis nach Istrien im Osten erstreckte. Zentrale Orte seines Herrschaftsgebietes waren die Städte Lienz und Görz am Isonzo. Ebenso wurden die Einnahmen aus dem Zoll- und Bergregal geteilt. Beide Linien blieben auch berechtigt, sich Graf von Görz und Tirol zu nennen. Da Albert kurz vor seinem Tod sein Land unter seine Söhne aufteilte und diese später ihr Erbe erneut teilten, zerfiel Alberts Erbe in Splitterherrschaften und die vier verschiedenen Zweige der Grafen von Görz blieben bis zu ihrem Aussterben im Jahr 1500 unbedeutend. So konnten sie zum Zeitpunkt des Aussterbens der Tiroler Linie (1369) das im Teilungsvertrag beschlossene, gegenseitige Erbrecht nicht gegen die Habsburger behaupten.

Nach 1271 setzte Meinhard seine expansive Politik in Tirol fort. Als Mittelpunkt seiner Herrschaft wählte er sich die Stadt Bozen aus, die ursprünglich dem Bischof von Trient unterstand, die diesem jedoch mit Waffengewalt entrissen wurde. Das militante Vorgehen gegen die Bischöfe von Trient und Brixen und die Unterstützung Konradins veranlasste die Kurie, Meinhard mit dem Kirchenbann zu belegen. Die im Jahr 1273 erfolgte Gründung des Zisterzienser-Klosters Stams im Oberinntal kann als Einlenken des Grafen von Tirol gewertet werden. Sie ist aber vor allem ein politisch-religiöser Akt mit dem sich das im Entstehen befindliche Landesfürstentum ein religiöses Zentrum und einen Ort für die Gräber der herrschenden Dynastie schuf.

Seit 1276 unterstützte Meinhard II. den deutschen König Rudolf I. in dessen Kampf gegen den böhmischen König Ottokar II. Premysl (1232–1278). Während der Habsburger Ottokar in Böhmen angriff, flankierte Meinhard dessen Vormarsch durch einen gleichzeitigen Vorstoß durch Kärnten und die Steiermark, während sein Bruder Albert die Truppen des böhmischen Königs in Krain angriff. Für diese Unterstützung wurde der Graf von Tirol nach der Überwindung verschiedener Widerstände – vor allem von den Anhängern der erloschenen Dynastie der Spanheimer – am 1. September 1286 von König Rudolf mit dem Herzogtum Kärnten belehnt. Allerdings: An der alles entscheidenden und für die Geschichte Österreichs bedeutenden Schlacht auf dem Marchfeld am 26. August 1278 – in der Ottokar II. von Böhmen den Tod fand - nahm der Graf von Tirol nicht teil, obwohl Rudolf dessen Gefolgschaft gefordert hatte. Stattdessen gab Meinhard II. vor, in Kämpfen mit dem Trienter Bischof verwickelt gewesen zu sein. Politisch stand Meinhard jedoch dem Habsburger bald wieder zur Seite, indem er ihn zur Mäßigung gegenüber Böhmen riet. So ist es der Diplomatie Meinhards und des Burggrafen Friedrich III. von Nürnberg (1220–1297) zu verdanken, dass Mähren nach fünf Jahren an Böhmen zurückgegeben wurde und dass Rudolfs minderjähriger jüngster Sohn Rudolf (1271–1290) mit Agnes von Böhmen (1269–1296) und der ebenfalls minderjährige König Wenzel II. von Böhmen (1271–1305) mit der kleinen Guta von Habsburg (1271–1297) vermählt wurden.

In seinen letzten Jahren beschäftigte sich Meinhard II. vor allem mit wirtschaftlichen Fragen und dem weiteren Ausbau der Verwaltung Tirols. Als er am 1. November 1295 verstarb, hinterließ er seinen drei Söhnen geordnete Staatswesen, die sie zuerst gemeinsam verwalteten, ehe nach dem Tod seiner beiden Brüder Heinrich von Kärnten und Tirol alleiniger Herrscher wurde.

Wirtschaft und Verwaltung

Neben dem Zusammenschluss unterschiedlicher Grund- und Landesherrschaften zur Grafschaft Tirol führten viele wirtschaftliche Reformen zum Aufstieg dieses Landes.

Eine wichtige Maßnahme Meinhards war das mit der Republik Venedig abgeschlossene Geleitabkommen, in dem er sich verpflichtete, für die Sicherheit der venezianischen Transporte zu sorgen. Die Sicherheit auf Tirols Straßen führte zu einem Anstieg des Verkehrsaufkommens und schließlich zu erhöhten Zolleinnahmen. Als einer der ersten Landesherren achtete Meinhard darauf, dass alle dem Landesherren zustehenden Einnahmen aufgezeichnet und abgerechnet wurden. Ebenso wurden alle staatlichen Ausgaben registriert.

Ebenso brachte die Münzprägung erhebliche finanzielle Einnahmen. Der seit 1259 in Meran geprägte Adlergroschen war die erste im deutschen Sprachraum geprägte Mehrpfennigmünze. Dieses 20-Veroneser- bzw. 20-Berner-Geldstück, das wegen seines auf dem Revers geprägten Doppelkreuz „Kreuzer“ genannt wurde, entwickelte sich zu einer geschätzten Münze, die einen hohen Stellenwert vor allem bei den italienischen Kaufleuten und Bankiers besaß.

Nicht vergessen darf man Meinhards Bemühen den Bergbau zu fördern oder das Verlegen der Saline in Thaur an den wirtschaftlich günstigeren Standort nach Hall.

Außerdem versuchte Meinhard II. die Gerichts- und Verwaltungsbefugnisse des Tiroler Adels abzuschaffen. Aus diesem Grund schuf er eine Beamtenschaft, deren Angehörige oft aus den unteren sozialen Schichten stammten und ihm deswegen besonders loyal dienten. Diese Beamten reorganisierten das Land, registrierten alle ererbten und neu gewonnenen Rechtstitel und trugen so zur Vereinheitlichung des Landes bei. Eine Besonderheit Tirols war die von Meinhard II. geförderte Selbstverwaltung der Landgemeinden und die Aufbesserung der rechtlichen Situation der Bauern. Im Wesentlichen blieb die von Meinhard aufgebaute Struktur Tirols bis zum Ende des Ersten Weltkriegs (1918) erhalten.

Nachkommen

Nachkommen aus der Ehe mit Elisabeth von Bayern (1227–1273)
* Albert, Graf von Tirol (1259/60–1292)

* Agnes (1260/61–1293) heiratete 1286 Markgraf Friedrich I. (den „Gebissenen“ oder den „Freidigen“) von Meißen (1257–1323)

* Elisabeth (1262–1313) heiratete den späteren König Albrecht I. von Österreich (1255–1308)

* Otto III. (1265–1310), Graf von Görz und Tirol, Herzog von Kärnten

* Heinrich von Kärnten-Tirol (1270–1335), Herzog von Kärnten, Graf von Tirol, er war von 1307 bis 1310 König von Böhmen, musste jedoch Johann von Luxemburg weichen. Heinrichs Tochter war die (angeblich) hässliche Herzogin Margarethe Maultasch (1318–1369). Nach dem Tod ihres Sohnes Meinhard III. (1344–1363) fielen Tirol und Kärnten an die Habsburger.

* Ludwig (1271/73–1305)

Außerdem zeugte Meinhard II. zahlreiche uneheliche Nachkommen:

* Friedrich, Domprobst von Brixen († 13. März 1333) war mit Anna von Reichenberg verheiratet

* Heinrich, Graf von Eschenloch († 1349)

* Albrecht von Camian und Forst, Burggraf von Tirol († 1335/36) war mit Floridiana (Siguna) von Schlandersberg verheiratet

* und weitere zehn uneheliche Kinder mit unbekannten Frauen

Des Weiteren war Meinhard II. der Stiefvater von Konradin von Hohenstaufen (1252–1268), der aus der ersten Ehe seiner Mutter Elisabeth von Bayern mit Konrad IV. (1228–1254) stammte und somit ein Enkel Kaiser Friedrichs II. (1194–1250) war.

Literatur

*Josef Riedmann, Geschichte Tirols, Zweite, durchgesehene Auflage, Verlag für Geschichte und Politik Wien 1988

* Johann Franzl, Rudolf I. – Der erste Habsburger auf dem deutschen Thron, Verlag Styria, Graz Wien Köln, 1986

* Prof. Walter Kleindel, Die Chronik Österreichs, Chronik Verlag im Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH, Gütersloh/München, 4. durchgearbeitete Auflage 1994

* Meinhard II. von Tirol (Wikipedia)

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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Xanthippe - Luki - 12.06.2012, 15:52
Etwas Bilder - Luki - 22.06.2012, 19:39
RE: Etwas Bilder - Maxdorfer - 22.06.2012, 20:43
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