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Biographien ungeordnet, wie sie geschrieben werden .
22.09.2012, 14:22
Beitrag: #58
RE: Biographien ungeordnet, wie sie geschrieben werden .
Ein paar Jahre hatte Custer friedliche Zeiten, in denen er seine Einheiten beaufsichtigte. Aber 1873 wurde er in die Plains geschickt, um gegen die Indianer, genauer, gegen die Sioux, zu kämpfen. Gleich im ersten Jahr fanden einige Scharmützel statt, jedoch ohne größere Bedeutung. Das Jahr darauf wurde eine Expedition aus 1.200 Soldaten in die Black Hills geschickt, die heiligen Berge der dort ansässigen Stämme. Als in French Creek Gold gefunden wurde, entbrannte ein wahrer Goldrausch in diesen Gebieten. Keinen Weißen kümmerte es, dass sechs Jahre zuvor die USA den Indianern diese Berge für alle Zeiten zugesprochen hatte. Custer jedenfalls kehrte wohlbehalten zurück.
1876, so behaupten einige, habe sich Custer für das Amt des amerikanischen Präsidenten zur Wahl gestellt, als Demokrat. Aber andere Historiker wiederum halten dies für eine totale Fehlinformation. Was nun los war, weiß man nicht.
Jedenfalls sollte er weiter gegen Sioux und Cheyenne kämpfen, zusammen mit einigen anderen Verbänden unter George Crook und John Gibbon. Aber wenige Wochen, bevor der Feldzug startete, zerstritt sich Custer mit dem Präsidenten in Washington, Ulysses S. Grant, und wurde als Strafe durch General Alfred Terry ersetzt. Doch dieser wusste, dass er Custer brauchte, und brachte Grant dazu, Custer doch noch an den militärischen Aktionen teilhaben zu lassen, wenn auch nicht als Oberbefehlshaber (das blieb weiterhin Terry), sondern als zweithöchster Teilnehmer.
Es folgte der letzte und dramatischste Akt in Custers nicht allzu langem Leben. Welchen Rang er dabei genau innehatte, ist sehr umstritten und wird in der Forschung schon länger diskutiert. Terry plante, die Indianer mit zwei Heeresabteilungen in die Zange zu nehmen und dann vollständig aufzureiben. Custer sollte zusammen mit dem siebten Kavallerieregiment die Indianer aufspüren und angreifen, um sie zur Flucht zu bringen. Währenddessen bewegte sich sein Vorgesetzter mit dem Rest der Streitkräfte um die Kämpfenden herum, um den Fluchtweg zu blockieren und die unvorbereiteten Indianer dem Erdboden gleichzumachen.
Doch Custer schaffte es diesmal nicht, einen kühlen Kopf zu bewahren. Sein ganzes Denken war beherrscht vor der Angst, die Indianer konnten vorzeitig fliehen. Deshalb hetzte er die Armee voran, alle Warnungen von Spähern ignorierend und auf ausführliche Aufklärung verzichtend. Schließlich erreichte er einen kleinen Fluss namens Little Bighorn. Dort lagerten die Indianer (2000 Menschen) mit ihren Häupflingen Sitting Bull, Two Moon, Gall, Crazy Horse und Spottet Elk (Big Foot). Am 25. Juni 1876 griff Custer an.
Die nun folgende Schlacht am Little Bighorn sollte in die Geschichte eingehen. Denn die Amerikaner waren weit weniger und hatten konnten auch durch Waffen die Minderzahl nicht ausgleichen, denn die indianischen Stämme waren deutlich zweckmäßiger bewaffnet. Custers Plan sah vor, das Regiment in drei Teile aufzuteilen und gleichzeitig von verschiedenen Seiten anzugreifen.
Doch so weit sollte es gar nicht kommen. Bevor die drei Gruppen ihre Positionen beziehen konnten, stürmte brüllend eine übermächtige Streitmacht aus Indianern herbei. Es blieb den Männern gar nichts anderes als die Flucht. Als sie auf einem Hügel ankamen, holten die Indianer auf. Es kam zum Gemetzel. Die Weißen wurden ausnahmslos umgebracht, auch Custer. Seine Brüder Tom und Boston kamen ebenfalls in der Schlacht ums Leben.
Die beiden anderen Gruppen, die schon auf dem Weg waren, wurden nun auch angegriffen, konnten sich aber vorerst halten. Als dann der Versorgungstrupp ankam, war es trotzdem zu spät, um die Indianer in die Flucht zu treiben. Es blieb nichts anderes übrig, als die Leichen zu bergen. George Armstrong Custer wurde schnell und unauffällig begraben. Ein Jahr später, am 10. Oktober 1877, wurde er mit allen Ehren in der Militärakademie in West Point beigesetzt, die ihm nie viel bedeutet hatte.
Seine Frau Elisabeth gab später (1897 und 1913) zwei Bücher über ihn hinaus, in denen sie das harte Leben ihres Mannes bei den Indianern schildert und ihn eifrig gegen alle Anschuldigungen verteidigt. Ihr Mann sei als einziger unschuldig an den Niederlagen der Amerikaner gewesen. Sie heiratete nie wieder. George selber schrieb eine Autobiographie, die 1872 erschien, in der es um das Leben der Soldaten und die Indianer geht. Doch wahrscheinlich ist nicht allzu viel dran an den Schilderungen Custers, der sich sehr gut mit Öffentlichkeitsarbeit auskannte. Stets waren Reporter in seinen Lagern, denen er die Erfolge berichtete.
Bis ins 20. Jahrhundert hinein genoss Custer einen ungetrübten Ruf, den der amerikanische Staat mit Propagandafilmen (zum Beispiel „They Died With Their Boots On“, 1941, auf Deutsch „Sein letztes Kommando“, 1950) kräftig weiter am Leben hielt. Wahre Lobeshymnen wurden geschrieben, die, antiken Heldenepen gleich, fast einen Halbgott ohne Makel aus Custer machen. Seit jedoch in den 1960er Jahren mehr über die Behandlung der Indianer kritisch nachgedacht wird, hat sich dieses Bild gewandelt und hin und wieder wird Custer sogar als „blutrünstiger Kriegshetzer“ (Wikipedia, „George Armstrong Custer“) geschildert.
Eines ist klar: Beide extremen Darstellungen ist falsch. Aber eine genaue Charakterisierung des geheimnisvollen Generals ist nicht möglich.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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Xanthippe - Luki - 12.06.2012, 15:52
Etwas Bilder - Luki - 22.06.2012, 19:39
RE: Etwas Bilder - Maxdorfer - 22.06.2012, 20:43
Etwas Bilder - Luki - 22.06.2012, 21:31
RE: Etwas Bilder - Harald - 23.06.2012, 12:07
Don Juan de Austria I. - Luki - 23.06.2012, 15:04
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RE: Don Juan de Austria I. - Luki - 23.06.2012, 15:47
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