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Geschichten rund um die Seidenstraße
21.10.2012, 10:28
Beitrag: #11
RE: Geschichten rund um die Seidenstraße
Wir wenden unseren Blick auf den römisch-griechischen Kulturkreis.
Dort lebte um 100 n. Chr. in Griechenland der phönizische Gelehrte Marinus von Tyrus.
Er interessierte sich sehr für ferne Kulturen, nur zu gern wäre er selbst in den fernen Osten gereist!
Er brauchte Informationen für seine Weltkarten.

Doch sie zu bekommen, war ihm nicht so einfach möglich.
Er befand sich also in einer schwierigen Lage, als ihm ein alter Freund zu Hilfe kam, Maes, ein wichtiger Kaufmann aus Makedonien.
Er hatte vor Marinus’ Problem gehört – und er hatte die Möglichkeit, ihm zu helfen!
Denn seine Angestellten waren immer auf der Suche nach Rohstoffen und hatten deshalb Kontakte,
mit deren Hilfe sie rein theoretisch bis ins Ursprungsland der Seide vordringen könnten!
Selbst wenn sie das Partherreich nicht durchqueren konnten, ihre parthischen Kollegen konnten ihnen auf jeden Fall helfen.

Also beauftragte Maes einen seiner Mitarbeiter, einen Bericht anzufertigen (und wo nötig, anfertigen zu lassen),
der eine Beschreibung der Länder Asiens enthält.
Und tatsächlich: Nach wenigen Jahren schon konnte der Gelehrte Marinus den gewünschten Bericht entgegen nehmen,
und er enthielt mehr Informationen, als er sich hatte träumen können:
Die Agenten hatten einen langen Weg hinter sich gebracht, über den Euphrat, durch Persien bis zum Hindukusch, dann die Berge hinauf,
über reißende Ströme, bis hin zur Grenze Chinas, zum so genannten „Steinernen Turm“.
Dann weiter durch China, wo jedoch dank dem Einfluss des chinesischen Kaisers die Wege besser und sicherer waren.

Die Auskundschafter hatten die einzigartig funktionierende chinesische Verwaltung erleben können, die großen Handelsstädte,
in denen kaiserliche Beamte zum Schutz und zur Verteidigung von Waren und Menschen zuständig waren.
Das Verwaltungspersonal aus den Urgebieten des chinesischen Reiches bereitete Provinzen goldene Jahrhunderte wie kaum ein anderes Reich.
Und deswegen gab es auch ein wichtiges Handbuch, in dem alle Informationen zum chinesischen Weltreich standen:
Die Sitten der einheimischen Bevölkerung, die Landschaften, großen Städte, ihre Einwohnerzahlen,
ihre Lage und die dortigen Handelswege, die Verwaltungsposten und die Rechtslage.
Damit parthische Kaufleute das Land besser verstehen konnten, war auch eine Übersetzung in ihre Sprache angefertigt worden.

Maes’ Leute waren also letztendlich angekommen und mit Freuden aufgenommen worden.
Als sie sich höflich nach Auskünften über China erkundigt hatten,
hatten sie außer einigen Informationen auch den ganzen „Reiseführer“ ausgehändigt bekommen.
Schließlich hatten sie sich auf den Weg zurück gemacht und waren nach einer beschwerlichen Rückreise wieder im Abendland angekommen.

Als Marinus von Tyrus das Buch in Händen hielt, konnte er seinen Augen nicht glauben:
Da gab es ganz exakte Informationen über große Städte, über die Geographie und Struktur des Reiches,
von dem man bisher nicht viel mehr wusste als dass es existierte und was es exportierte!

Doch eines war nicht gelungen:
Über die chinesische Mauer war man nicht gekommen, das Kernland Chinas sollte für westliche Forscher verschlossen bleiben.
Auch Informationen waren nicht zu bekommen – schließlich hätten sie ein fremdes Heer zu einer Invasion reizen können.
Trotzdem machte sich Marinus von Tyrus nun an seine lange im Hinterkopf gehaltene Aufgabe, eine Weltkarte zu zeichnen.
Nur – Als er begann, stellte er fest, dass alle Entfernungen im Reiseführer in einem unbekannten Maß angegeben waren:
Das Buch wurde dadurch so gut wie unbrauchbar und für die nächsten Jahrhunderte sollte sich auch nichts mehr auf diesem Gebiet tun,
was verheerende Auswirkungen auf das Weltbild der Antike und vor allem des Mittelalters hatte.

Von dieser Reise wird zumindest so berichtet.
Ob sie wirklich stattfand, kann ich so nicht sagen.
Marinos stellte übrigens seine Weltkarten trotzdem fertig,
auch wenn sie einige Fehler aufweisen.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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RE: Geschichten rund um die Seidenstraße - Maxdorfer - 21.10.2012 10:28

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