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Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
12.07.2013, 00:41
Beitrag: #21
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Nun,an Naturkatastrophen hab ich auch zuerst gedacht, aber die einzige Sturmflut,von der wir im 9.Jahrhundert wissen,ist die vom 26.12. 838 mit angeblich 2500 Toten im Gebiet der heutigen Niederlande.Die nächsten Flutkatastrophen sind erst für das 11.und 12 Jahrhundert überliefert, also nachdem die Friesen ihre führende Rolle als Händler in den Rheinstädten bereits verloren hatten.
An einer Wirtschaftskrise konnte es eigentlich auch nicht liegen,denn die Juden nahmen wohl relativ problemlos den Platz der Friesen ein und übernahmen in den Rheinstädten sogar deren Quartiere.
Dass der Markt für ihre speziellen Produkte weggebrochen wäre glaub ich auch nicht,denn Wollstoffe gingen immer
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12.07.2013, 11:15
Beitrag: #22
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
(12.07.2013 00:41)zaphodB. schrieb:  Dass der Markt für ihre speziellen Produkte weggebrochen wäre glaub ich auch nicht,denn Wollstoffe gingen immer

Aber da, wie gesagt, ab dem Hochmittelalter nicht mehr aller Boden nur für die Ernährung der Bevölkerung verwendet werden musste, konnten auch in anderen Gegenden Zentren der Tuchmacherei und der Wollproduktion entstehen. Wolle war nichts Besonderes mehr, sondern eher ein alltägliches Handelsgut. Damit könnte dann die Bedeutung der Friesen abgenommen haben. Die Juden hingegen waren wirkliche Fernhändler mit Kontakten durch ganz Europa und bis nach Byzanz etc. Sie waren auch später noch etwas Außergewöhnliches, eben da sie auch mit orientalischen Produkten handelten, die auch bei wirtschaftlicher Emanzipation mitteleuropäischer Regionen dort nicht so einfach hergestellt werden konnten - der Handelsverkehr der Friesen war Peanuts dagegen.

(12.07.2013 00:41)zaphodB. schrieb:  Nun,an Naturkatastrophen hab ich auch zuerst gedacht, aber die einzige Sturmflut,von der wir im 9.Jahrhundert wissen,ist die vom 26.12. 838 mit angeblich 2500 Toten im Gebiet der heutigen Niederlande.Die nächsten Flutkatastrophen sind erst für das 11.und 12 Jahrhundert überliefert, also nachdem die Friesen ihre führende Rolle als Händler in den Rheinstädten bereits verloren hatten.

Die Naturkatastrophen könnten dann im 11. und 12. Jahrhundert den endgültigen Rückschlag für die ostfriesische Wirtschaft bedeutet haben, nachdem die Rolle der Friesen aus dem oben im Beitrag beschriebenen Grund bereits längere Zeit langsam zurückgegangen war.
An die Naturkatastrophen als Alleingrund glaube ich auch nicht, auch wenn man auf die Überlieferung nicht immer allzuviel geben sollte.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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12.07.2013, 12:04
Beitrag: #23
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
(15.09.2012 21:24)zaphodB. schrieb:  
Zitat:Es gab professionelle (berufsmäßige) Händler, die die Waren über lange Strecken und teils weiter als durch das ganze Frankenreich transportierten, und auf dem Rückweg andere Güter mitnahmen. Es waren selten Franken, öfters Syrer oder Griechen und meistens Juden.

Nun im Frühmittelalter waren dies vor allem die Friesen,die als Händler berühmt waren.
In den Chroniken der Städte am Rhein ,in Mainz,Worms , Speyerund wohl auch Köln sind friesische Händlerquartiere dokumentiert und die Friesen waren dazu verpflichtet, im Bedarfsfall Abschnitte der Stadtmauer zu bemannen. Zwischen diesen Städten weisen Orte mit Namen wie Friesenheim(z.B. bei Oppenheim oder Ludwigshafen) o.ä.auf entsprechende friesische Handelsrouten am Rhein hin.

Mittlerweile habe ich diesbezüglich andere Informationen gefunden. Aus einer Ortschronik des heute zu Ludwigshafen gehörenden Friesenheims:

"Karl der Große [hatte] 797 und 803 aufständische Sachsen aus dem Gebiet des heutigen Friesland in die Rhein-Neckar-Gegend umgesiedelt. Zudem betrieben die Friesen in der karolingischen Zeit einen einträglichen Fernhandel [...] und hatten Niederlassungen gegründet, unter anderem wahrscheinlich in Worms. [...]
Als 'Niederlassung der Friesen' müsste die althochdeutsche Form [allerdings] Frisônoheim lauten, vergleichbar den Bildungen Francônodal (Frankenthal) und Francônofurt (Frankfurt). Aber auch die frühesten Erwähnungen mit den Varianten von Friesenhaim bis Friesenheim stimmen schon mit der heutigen Schreibweise prinzipiell überein.
Das Suffix -heim weist Friesenheim [...] als fränkische Gründung des 5. oder 6. Jahrhunderts aus, lange bevor die für 'die Friesen' vorgebrachten Argumente historisch wirksam sein konnten. Friesenheim ist demnach, analog zu ähnlichen Ortsnamenbildungen, als 'Heim des Friso' zu sehen. Die Vokalabschwächung von althochdeutsch Frisoheim zu mittel- und neuhochdeutsch 'Friesenheim' ist dabei sprachgeschichtlich völlig korrekt. Der althochdeutsche Eigenname Friso, der auch nicht als 'der Friese' oder 'aus Friesland kommend' zu lesen ist, ist für das 8. - 13. Jahrhundert mehrfach urkundlich belegt, auch für unsere unmittelbare Umgebung (787 im Lorscher Kodex für Maudach, 1269 für Worms). Friso wäre demnach ein Franke in der Zeit der fränkischen Landnahme gewesen, der einen Gutssitz begründete und der daraus entstehenden Siedlung seinen Namen gab. [...]
Auch die gleichnamigen Dörfer im Elsaß, in Baden und Rheinhessen [...] sind ohne jede denkbare Verbindung zu den Friesen."

(Peter Ruf: Geschichte von Friesenheim. Band 1: Ein pfälzisches Dorf. Von der ersten Besiedelung bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. Hg. vom Förderkreis Museum Friesenheim Ludwigshafen 1995. S. 21 f.)

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12.07.2013, 20:22
Beitrag: #24
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Zitat:Friesenheim ist demnach, analog zu ähnlichen Ortsnamenbildungen, als 'Heim des Friso' zu sehen.

Ist zwar OT,aber dieser Exkurs muß jetzt sein:
Die obige Deutung,die mir auch bekannt ist, entspringt einer zu Beginn des 20.Jahrhunderts entstandenen "Schule " der Toponomastik, die von Ernst Förstemann begründet wurde und duchaus in dem Germanisierungskontext der wilhelminischen Aera zu sehen ist. Und diese Schule hatte es an sich alle Ortsnamen, die man nicht zuordnen konnte ,auf irgendeinen mehr oder weniger konstruierten angeblich fränkischen Vornamen zurückzuführen der dort sein Heim gehabt haben solle. In diesem Kontext muß man auch das 'Heim des Friso' sehen und man muß es m.E. mehr als kritisch sehen.
Es gibt weder Belege für diese "Ortsgründerväter" noch für die Heime,also größere Höfe ,die überall in unserer Gegend gewesen sein sollten.Ob die Dialektendung -em (Derkem,Ruchem ,Oggerschem,Bensem) tatsächlich für -heim steht ist ebenfalls nicht sicher.Und daß Franken mit dem seltenen Namen Friso sich entlang des Rheins im 30 km-Abstand niedergelassen haben sollen -nun ja,das scheint doch eher unwahrscheinlich Undecided
Selbst wenn es von den Franken geförderte Niederlassungen sind, deuten m.E. Ortsnamen wie Friesenheim,Sachsenheim und ggf.auch Lampertheim eher darauf hin,daß hier Angehöriger fremder Völker angesiedelt wurden, zumindest wenn lokale Bezüge nicht von der Hand zu weisen sind .
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12.07.2013, 21:28
Beitrag: #25
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Was den Handel betrifft,so waren jüdusche Händlerclans wie die Radhanim,die Ibn Chordadbeh erwähnt, bereits vom 8. bis ins 11. Jahrhundert präsent und trieben Handel vom Frankenreich und den britischen Inseln über das Reich der Chasaren und die islamische Welt bis nach Indien und China
Aus Europa exportierte man slawische Sklaven, fränkische Waffen Wolle ,Wollstoffe ,skandinavische Pelze und Holz
Wollstoffe waren also nach wie vor begehrt und keine Konkurrenz zu orientalischen Waren sondern ein notwendiges Handelsäquivalent.
.
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13.07.2013, 08:15
Beitrag: #26
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
(12.07.2013 21:28)zaphodB. schrieb:  Wollstoffe waren also nach wie vor begehrt und keine Konkurrenz zu orientalischen Waren sondern ein notwendiges Handelsäquivalent.
.
Notabene lebten ganze Volkswirtschaften vom Wollhandel: Die Champagne-Wollhändler-Messen waren europaweit die größten Messen überhaupt, und später lebte auch England in erster Linie vom Wollhandel.

VG
Christian
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13.07.2013, 11:09
Beitrag: #27
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Stimmt,in der Merowingerzeit war z.B. Verdun der Umschlagplatz für Wolle und Sklaven und die englische und flandrische Tuchindustrie war im gesamten Mittelalter berühmt- was mich bezüglich der Friesen auf eine Idee jenseits von Naturkatastrophen und Absatzproblemen bringt .Möglicherweise hat der wachsende flandrische Tuchmarkt ,wo sowohl lokale als auch englische Wolle und Stoffe vermakelt wurden mit steigender Prosperität auch die angrenzende friesische Wollproduktion schlicht integriert.
Wenn ich als (West)friese meine Waren im benachbarten Flandern mit ähnlichen Margen verhandeln konnte ,mußte ich nicht den Rhein runter fahren .
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30.08.2013, 17:09
Beitrag: #28
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Nicht nur, dass im Hochmittelalter aus den reinen Selbsversorgerkulturen des frühen Mittelalters auf bestimmte Produkte spezialisierte Regionen wurden (worauf ich ja schon eingegangen bin) - Außerdem wurden in dieser Zeit auch noch wichtige Erfindungen rund um Textilien gemacht: Die Walkmühle, der horizontale Trittwebstuhl (erstmals erwähnt Ende des 12. Jahrhunderts) usw... Darauf will ich jetzt gar nicht so genau eingehen, Fakt ist aber, dass die Zeit der friesischen Vormacht auf dem Gebiet des Tuchhandels beendet war. Es muss ja noch nicht einmal heißen, dass damit gleich die ganze Existenzgrundlage der Friesen vernichtet wurde, sondern nur, dass der Konkurrenzdruck ihnen zu groß wurde.
Wie Sansavoir auf seine Angabe "14. Jahrhundert" kommt weiß ich nicht, er könnte es gerne mal erklären (Quellenangabe?). Im Spätmittelalter könnten dann die von ihm erwähnten Naturkatastrophen wirklich eine ernsthafte Bedrohung der Existenzgrundlage der Friesen bedeutet haben, mit dem Rückgang der Handelsmacht in Europa (der wohl eher früher stattfand) müssen sie aber nicht so viel zu tun haben.

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01.09.2013, 13:19
Beitrag: #29
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Fakt ist auch, dass die holländischen Seehandelsstädte immer stärker wurden und kraft ihrer Finanzmacht den Friesen schlicht und einfach den Rang abgelaufen haben. Da kamen die Friesen mit ihrem einfacher strukturierten Handel nicht mehr mit...
Wobei die Friesen sich schon auch ihrerseits im holländischen Handel eingemischt haben und dadurch zumindest teilweise ihre Führungsposition behalten haben, nach der Südverlagerung des Handels halt in den holländischen Handel integriert wurden. Es war also letzten Endes keine Verlagerung des Handels von den Friesen zu den Holländern, sondern mehr eine Verlagerung der HandelsPLÄTZE.

Ich denke nämlich, dass die Holländer durchaus von den seefahrerischen Fähigkeiten der Friesen profitiert haben!

VG
Christian
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01.09.2013, 17:27
Beitrag: #30
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Ich bekam vor Kurzen ein Buch geschenkt (sagte ich schon, daß ich es mir nicht leisten kann, Bücher zu kaufen?), das zum Thema paßt und sicherlich ein mittlerer Bestseller werden wird: "Das Salz der Erde". Es spielt im 12. und 13. Jahrhundert.
Held ist ein Kaufmann, der als Kind mit seiner Hörigenfamilie vom Land in die erfundene Stadt in Oberlothringen, das heutige Lothringen, flüchtete und dort ein wechselvolles Schicksal hatte. Er muß sich mit einem bösen Bischof und mit einem superbösen Freiherrn herumschlagen, den er am Ende besiegt.
Der Tod Barbarossas auf dem Kreuzzug und der Bürgerkrieg zwischen Philipp von Schwaben und Otto von Braunschweig kommen auch vor.
Bei allen Vorbehalten sehr lesenswert.
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20.09.2013, 12:24
Beitrag: #31
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Gibt es zu dem Thema nichts mehr zu sagen? Schade. Das Wort "Hanse" ist bisher noch nicht gefallen, obwohl die entsprechenden Aktivitäten schon beschrieben wurden.
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21.09.2013, 09:49
Beitrag: #32
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Klar gibt´s noch was zu sagen!

Beispielsweise zur Rolle Frankfurts und Nürnbergs als Handelszentren des Mittelalters und der frühen Neuzeit.
Hier in Bayern haben alle überregionalen Handelsstraßen nur wenige große Ziele:
Die Nord-Süd-Straßen führten von Italien aus über verschiedene Alpenpässe über die Hauptknotenpunkte München und Augsburg entweder nach Nürnberg oder nach Frankfurt, die Ost-West-Straßen verbanden den Balkan und Böhmen mit Frankreich.
Dabei gab es zahlreiche Schnittpunkte mit den verschiedenen Salzstraßen und anderen Handelswegen. Überall, wo sich größere Straßen kreuzten, entstanden Städte, die oft auch als Handelsplätze überregionale Bedeutung erlangten, erkennbar an der Zahl der Märkte und Messen. Denn über das Stapelrecht mussten die Händler, wenn sie durch die jeweilige Stadt kamen, erst einmal ihre Waren dort feil bieten, bevor sie weiterziehen durften. Je mehr Straßen durch die Stadt führten, desto mehr Händler mussten dort auch ihre Waren anbieten, logisch.
Nördlingen z.B. war im Mittelalter eine bedeutende Stadt: Hier kreuzten sich die "Via imperii" von Augsburg nach Nürnberg und - über eine Abzweigung der Via Imperii - Frankfurt sowie die Straße von Böhmen (über Regensburg) und Ungarn (über Wien) nach Westen (über Ulm nach Frankreich).
Auch Ingolstadt war so ein Kreuzungspunkt: Von hier aus verzweigte sich die Straße von München nach Norden in den Arm nach Frankfurt und den nach Nürnberg, gleichzeitig waren auf der Donau die Waren - hauptsächlich Salz, Eisenwaren und Holz - nach Ulm und nach Regensburg und Wien unterwegs.

Regensburg wiederum war das "Tor nach Osten", nach Böhmen und Prag hin, von wo aus es weiter ging nach Polen, das Baltikum und Russland (= die alte Bernsteinstraße).

Ich bin mir sicher, jeder von euch hat so einen alten Straßenknotenpunkt in der Nähe! Könnt ihr noch mehr Beispiele liefern?

VG
Christian
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21.09.2013, 18:28
Beitrag: #33
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Bewundernswert, Chris, wie du die überragende Bedeutung Frankfurts bereits im Mittelalter erkannt hast! (Frankfurt im Mittelalter, nicht du)
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21.09.2013, 19:21
Beitrag: #34
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
(21.09.2013 18:28)Harald schrieb:  Bewundernswert, Chris, wie du die überragende Bedeutung Frankfurts bereits im Mittelalter erkannt hast! (Frankfurt im Mittelalter, nicht du)
Alter Schmeichler... *rotwerd*

Mit das Bedeutendste an Frankfurt war die Straße nach Leipzig (wo sich die Nord-Süd-Hauptstraße, die Via Imperii, und die Ost-West-Hauptachse, die Via Regia, kreuzten, weswegen Leipzig dann doch die Bedeutendere von den beiden Städten war...diese "via Regia" verband damit aber auch die beiden bedeutendsten Messeorte Deutschlands.
Deswegen führten auch so viele Straßen nach Frankfurt: Es lag zentral, und von Frankfurt aus kam man bequem (nach mittelalterlichen Maßstäben) nach Leipzig, zu den nördlicheren Hansestädten und nach Frankfreich.

VG
Christian
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21.09.2013, 22:02
Beitrag: #35
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Nicht zu vergessen, daß Frankfurt Wahl- und später auch Krönungsort der deutschen Könige und Kaiser war, was den Handelsbeziehungen auch sehr förderlich war. Alles das führte dazu, daß Frankfurt auch heute die wirtschaftlich wichtigste Stadt Deutschlands ist, als Finanzzentrum (Europäische Zentralbank und Hunderten von Banken), Verkehrsknoten (drittgrößter Passagier- und zweitgrößter Frachtflughafen Europas) und Messestadt.
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21.09.2013, 22:09
Beitrag: #36
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Frankfurt war aber vor allem auch ein regionales Zentrum in einem fruchtbaren Gebiet, dem Maintal. Die Bevölkerungsdichte war normalerweise dadurch relativ hoch. Ein solches Bevölkerungszentrum strebt nach Warenaustausch. So entwickelt sich dann auch ein Verkehrsknotenpunkt, nicht nur von Straßen, sondern auch dem Verkehrsweg Fluß. An der Lahn und der verbindenden Wetterau lebten auch viele Menschen. Die Großregion war relativ dicht besiedelt. Die alten Handelswege bestanden zumindest schon seit der Bronzezeit.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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21.09.2013, 23:10
Beitrag: #37
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Nun,Frankfurt hatte im frühen Mittelalter mächtige Konkurrenten in den am Rhein gelgenen Handelsstädten römischer Provinienz ,insbesondere Worms und Mainz, das als Zentrum des Weinhandels und Hauptumschlagplat an der Mainmündung fungierte.
Erstmals mit dem Progrom 1096,das quasi die Auslöschung der Mainzer jüdischen Gemeinde zur Folge hatte ,sowie mit der Reichsacht im Gefolge der Ermordung des Mainzer Erzbischofs Arnold v.Selenhofen 1160 und dann insbesondere als Folge der Mainzer Stiftsfehde 1461/1462 kam es durch Adolf von Nassau zur Annulierung der Mainzer Stadtprivilegien und zur Vertreibung 800 führender Bürger sowie der Juden aus der Stadt,die sich dann mehrheitlich in der freien Stadt Frankfurt ansiedelten.
Erst dadurch gewann Frankfurt letztlich die beherrrschende Stellung als Handelsstadt im Rhein-Main-Gebiet
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22.09.2013, 02:04
Beitrag: #38
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Eine wichtige Rolle im Handel nahm natürlich auch Leipzig ein. Dies begründet sich auch durch seine Lage an der Kreuzung der Via Regia (Königsstraße) und Via Imperii (Reichsstraße)

Verlauf der Via Regia und Via Imperii

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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22.09.2013, 22:02
Beitrag: #39
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Aus den Karten ersieht man auch, daß Breslau ein Handelsknotenpunkt von übergeordneter Bedeutung war. Es gab aber Handelswege nicht nur von West nach Ost und Nord, sondern auch nach Süden, entlang oder parallel zur Oder, nach Mähren und Ungarn.
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20.05.2015, 15:49
Beitrag: #40
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Wir hatten uns (zunächst in Beitrag 6 und dann ab Beitrag 15) über den Niedergang des friesischen Handels bzw. zumindest ihres Handelsprivilegs unterhalten. Mittlerweile habe ich dazu folgende Aussage gefunden:
"[...] die friesische Aktivitäten [im Handel] gehen zurück, die Gründe dafür sind nicht bekannt. Vermutlich liegen sie in dem Widerwillen der Friesen in Städten zu leben, und das zu einem Zeitpunkt, als die Stadt zur eigentlichen Antriebskraft der Wirtschaft wird." (Dieter Zimmering: Die Hanse. Handelsmacht im Zeichen der Kogge. Gondrom, Bindlach 1993, S. 51.)

Bei der wörtlichen Auslegung dieser Interpretation wäre ich vorsichtig. Ich halte es für stark vereinfachend, zu behaupten, die Friesen als rustikal/ländlich veranlagtes Volk habe partout nicht in die Stadt ziehen wollen. Die Städte waren damals noch relativ ländlich geprägt und von landwirtschaftlich genutzten Flächen durchsetzt; außerdem haben wirtschaftliche Motive bisher so ziemlich jedes Volk irgendwie verändern können. (Off Topic Beispiel, das ich heute mitgekriegt habe: Sesshaftwerdung der arabischen Nomaden zum Zwecke des Weihrauchhandels in der Antike, Stichwort Nabatäer)
Dennoch dürfte ein wahrer Kern in dieser Behauptung stecken. Es ist gut vorstellbar, dass die Friesen aufgrund ihrer Arbeits- und Handelsweise mit den neuen Wirtschaftsmethoden des Hoch- und Spätmittelalters wie besonders der Urbanisierung nicht mithalten konnten. Nicht, dass sie einen Widerwillen zeigten, in Städten zu leben, wo sie doch vorher schon eigene Handelsniederlassungen gründeten (Stichwort Ortsname "Friesenheim", ebenfalls weiter oben in diesem Thread diskutiert). Eher haben vermutlich ihre vergleichsweise archaischen Produktionsverhältnisse und -methoden der aufkommenden städtischen Konkurrenz, die nach moderneren Methoden und in moderneren Ausmaßen Handel trieb, nicht standhalten können, ob sie es wollten oder nicht.
Kurz gesagt: Ein friesischer Händler wird sich kaum bewusst dagegen entschieden haben, von seinem Handelsposten (der in vielen Fällen bereits in einer Stadt lag) in die bzw. in eine größere Stadt zu ziehen, wenn ihm sonst der Verlust seines Geschäftes drohte. Und wenn dies einmal geschehen ist, dann wohl eher als Einzelfall. Stattdessen haben die einheimischen, hanseatischen oder sonstigen Händler dem Friesen ganz klassisch Konkurrenz geboten und aufgrund ihrer wirtschaftlichen Überlegenheit verdrängt.

VG, der Maxdorfer

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