Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 1 Bewertungen - 5 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
19.09.2012, 19:12
Beitrag: #11
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters:
Der Handel im Merowingerreich - Teil 3

Schließlich kamen die Waren in den großen Städten des Frankenreiches an. In den großen, die anderen hatten keine Zugänge zu guten Straßen oder Flüssen und sanken deshalb zur Bedeutungslosigkeit hinab. Schließlich wurden die Produkte auf Märkten und Messen verkauft.

Der wichtigste Markt war der in Paris, also der an der Seine. Er fand jedes Jahr am 9. Oktober neben der Abtei von Saint-Denis statt. Es war ein echtes Großereignis, das viele Menschen anzog und somit zu einem echten Höhepunkt der Gesellschaft wurde. Nur wenn es unbedingt nötig war, wurde so ein Ereignis abgesagt. Das war der Fall, wenn die Pest grassierte und akute Ansteckungsgefahr herrschte.

Dies mag den Anschein erwecken, als habe es nur den Fernhandel gegeben. Dies war aber nicht der Fall. Die Quellen berichten auch von Kleinhändlern, von Hausierern, die auf dem Markt Dinge einkauften, von Haus zu Haus zogen und die Produkte dort weiterverkauften. Sie konnten sich mehr schlecht als recht über Wasser halten, und selbst dass nur in abgelegenen Gebieten, wo die Arbeit für sie zur Qual wurde.

Die ältere Forschung nahm oft an, die Merowinger hätten kein Münzgeld gehabt und es habe Tausch- und Naturalwirtschaft vorgeherrscht. Dem war aber nicht so, wie einige Episoden in der Überlieferung nahelegen: Da wird einer Weinhändlerin das Geld aus der Kasse gestohlen, da bettelt ein Armer mit Hilfe eines Bittbriefes seines Bischofs um Geld, und so weiter.

Nicht belegbar hingegen sind Geldverleiher und Banken, ebenso wenig wie man weiß, wie das damalige Münzgeld aussah. Man weiß, dass es Gold- und Silbermünzen gab, aber ansonsten so gut wie nichts. Erst Karl der Große startete zu Beginn des neunten Jahrhunderts eine Münzreform, von der wir mehr wissen.

Eine weitere überlieferte Form ist der lokale Handel: Reiche Landbesitzer hatten einen Sklaven oder einen Juden, der die Überschüsse unter den Untertanen verteilte. Doch dazu sind die Informationen besonders spärlich gesät.

Der Export gestaltete sich schwierig: Gallien hatte fast keine wertvollen Stoffe aufzuweisen, und so wurden manchmal ärmere Mitbürger als Sklaven verkauft – obwohl das verboten war. Ansonsten gab es Holz und Waffen – letztere gefährlich, da sie auch gegen ihre Erzeuger gerichtet werden konnten.

Daher ging der Handel sehr in eine Richtung: Das Gold, das die Germanen von Ostrom erpresst oder geraubt hatten, ging als Gegenleistung für die mannigfaltigen Importgüter wieder zurück. Als dieses Gold im siebten Jahrhundert knapp wurde, bedeutete das auch eine Krise des Handels. Schließlich verschwanden die Handelsgesellschaften, die den Frankenstädten etwas Reiz verliehen hatten.

Erhalten ist eine Urkunde des Königs Chilperich II. aus dem Jahre 716, in der er der Abtei Corbie einige Privilegien zugesteht: Einige Wahren durften zollfrei gehandelt werden, nämlich vor allem Grundnahrungsmittel und Gewürze: Reis, Kichererbsen, Pfeffer, Kümmel, Zimt, Nelken, Lavendel, Olivenöl etc. Dieser Versuch, den Handel anzukurbeln, sollte sich auf lange Frist als erfolglos erweisen.

Fazit: Insgesamt herrschte ein mühsamer Fernhandel im Frankenreich vor: Die Güter wurden per Schiff eingeführt, per Schiff von Ort zu Ort gefahren, per Schiff zum Markt gebracht. Hausierer versorgten auch entlegene Gebiete. Die Kirche konnte die fehlende Verwaltung nicht wirklich ersetzen. Doch es existiert kaum statistisch auswertbares Material, sodass wir zu Wirtschaft und Geldwesen sehr wenig sagen können.

Von mir verwendete Literatur:
Martina Hartmann: Die Merowinger. C. H. Beck Wissen München 2012, besonders S. 100 ff.
Patrick J. Geary: Die Merowinger: Europa vor Karl dem Großen. C. H. Beck München 2003, besonders S. 102 ff.
Eugen Ewig: Die Merowinger und das Frankenreich. Verlag Kohlhammer Urban 2006, besonders S. 93 ff. und S. 172 ff.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Nachrichten in diesem Thema
RE: Handelsrouten und Handelsorte des Mittelalters: - Maxdorfer - 19.09.2012 19:12
Byzanz und seine Handelsrouten - Teil 1: - WDPG - 27.09.2012, 14:01

Möglicherweise verwandte Themen...
Thema: Verfasser Antworten: Ansichten: Letzter Beitrag
  Handelsrouten der Bronzezeit Renegat 84 176.060 31.01.2020 23:19
Letzter Beitrag: Rainer
  Handelsrouten in und um Rom: WDPG 7 18.888 29.09.2016 00:06
Letzter Beitrag: Paul
  Auf welchen Handelsrouten würdet ihr gerne einmal reisen? Viriathus 4 11.235 28.09.2012 17:19
Letzter Beitrag: Renegat

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds