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Großstadt vs Dorf - Unterschiede
26.07.2013, 19:23
Beitrag: #21
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
(22.07.2013 22:11)Suebe schrieb:  also mir will das nicht einleuchten.

Dass einerseits die Grundstückspreise und Mieten auch auf den Dörfern explodieren und andererseits Dörfer veröden sollen?
Du musst nur mal nachmessen, wie weit die nächste größere Stadt vom jeweiligen Dorf entfernt ist - aber nicht in Kilometern, sondern in Minuten resp. Stunden!

Dann wird es wahrscheinlich so sein, dass, wenn das Dorf innerhalb von sagen wir einer Stunde zur nächsten größeren Stadt liegt, die Immobilienpreise anziehen, wenn´s weiter zur nächsten Stadt ist, verödet das Dorf. Schon gar, wenn´s dort kein DSL oder gar Handynetz gibt...

VG
Christian
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26.07.2013, 20:18
Beitrag: #22
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
(26.07.2013 19:23)913Chris schrieb:  
(22.07.2013 22:11)Suebe schrieb:  also mir will das nicht einleuchten.

Dass einerseits die Grundstückspreise und Mieten auch auf den Dörfern explodieren und andererseits Dörfer veröden sollen?
Du musst nur mal nachmessen, wie weit die nächste größere Stadt vom jeweiligen Dorf entfernt ist - aber nicht in Kilometern, sondern in Minuten resp. Stunden!

Dann wird es wahrscheinlich so sein, dass, wenn das Dorf innerhalb von sagen wir einer Stunde zur nächsten größeren Stadt liegt, die Immobilienpreise anziehen, wenn´s weiter zur nächsten Stadt ist, verödet das Dorf. Schon gar, wenn´s dort kein DSL oder gar Handynetz gibt...

VG
Christian

Dass es so sein müsste, wenn es so wäre, ist mir auch klar.

Aber ich bezweifle sehr, dass es so ist.

Also, ich bitte um die Nennung von Ross und Reiter, wo welche Dörfer veröden zunehmend?

Dass es Einzelfälle geben wird, ist mir schon klar.
Aber eine Tendenz in diese Richtung,
in irgendeiner Ecke unseres Vaterlandes
ohne, dass vor Ort eine Sonderentwicklung vorliegt,
glaube ich unbesehen verneinen zu können.

Interessanterweise hat T-Online zu dem Bericht Bilder aus einem Dorf verlinkt das demnächst im Tagebau verschwinden wird.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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26.07.2013, 22:25
Beitrag: #23
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
Nun,bei uns findest Du das Phänomen schon in etlichen Dörfern im Eifel-Hunsrückgebiet oder der hinteren Pfalz ,wobei das ein schleichender Prozess ist.
DieJungen ziehen näher an die Ballungsräume ,weil es da die Jobs gibt und je weiter weg von den Ballungsräumen Du gehst, desto überalterter sind die Dörfer und desto weniger Infrastruktur ist vorhanden.
Früher gab es in fast jedem Ort zumindest einen Bäcker- und Lebensmittelladen,einen Metzger , eine Kneipe,um mal die wichtigsten Infrastrukturelemente zu nennen. Heute gibt es in vielen Orten nichts mehr davon.Dörfliche Vereine sterben aus,ja es gibt selbst Orte ,die kriegen nicht mal mehr ihre Ortsfeuerwehr organisiert.Und damit geht natürlich auch das dörfliche Sozialgefüge in die Binsen und die Bindungswirkung an den Ort lässt nach
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27.07.2013, 08:55
Beitrag: #24
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
(26.07.2013 20:18)Suebe schrieb:  Also, ich bitte um die Nennung von Ross und Reiter, wo welche Dörfer veröden zunehmend?

Zwischen München und Ingolstadt explodieren die Preise in allen Dörfern, die an der Bahnlinie (geschweige denn im Einzugsbereich der S-Bahn) oder Maximum etwa 15-20 Minuten von der nächsten Autobahnausfahrt liegen.

Viele kleine Bauerndörfer der Hallertau hingegen haben zwar noch ihren "Kramerladen" und ihre Dorfwirtschaft (die weniger vom Stammtisch wie von den Familienfeiern lebt), verlieren aber trotzdem ihre Jugend. Und diese Dörfer liegen ebenfalls zwischen München und Ingolstadt.

Besonders krass ist es in der fast kompletten Oberpfalz. Ich brauch mich nur im Kollegenkreis umschauen. Da sind mittlerweile einige dabei, die eindeutig aus der Oberpfalz stammen und sich hier in Zentralbayern ansiedeln. Gut, das mag der Praxis geschuldet sein, Lehramtsaspiranten innerhalb von zwei Jahren möglichst weit in Bayern rumzuversetzen, aber ein Indiz ist das schon, dass die recht selten wieder nach Amberg oder Weiden zurückkehren.

VG
Christian
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27.07.2013, 11:42
Beitrag: #25
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
(26.07.2013 22:25)zaphodB. schrieb:  Nun,bei uns findest Du das Phänomen schon in etlichen Dörfern im Eifel-Hunsrückgebiet oder der hinteren Pfalz ,wobei das ein schleichender Prozess ist.
DieJungen ziehen näher an die Ballungsräume ,weil es da die Jobs gibt und je weiter weg von den Ballungsräumen Du gehst, desto überalterter sind die Dörfer und desto weniger Infrastruktur ist vorhanden.
Früher gab es in fast jedem Ort zumindest einen Bäcker- und Lebensmittelladen,einen Metzger , eine Kneipe,um mal die wichtigsten Infrastrukturelemente zu nennen. Heute gibt es in vielen Orten nichts mehr davon.Dörfliche Vereine sterben aus,ja es gibt selbst Orte ,die kriegen nicht mal mehr ihre Ortsfeuerwehr organisiert.Und damit geht natürlich auch das dörfliche Sozialgefüge in die Binsen und die Bindungswirkung an den Ort lässt nach


Dass der Mikrokosmos Dorf "Kirche, Wirtshaus, Schule" am absterben ist, habe ich mehrfach in diesem 3nd ausgeführt.
Dass die Idenditätsstiftung lediglich über Feuerwehr und Sportverein nur schlecht bis gar nicht funktionieren kann, ebenfalls OK.

Jetzt habe ich heute Vormittag mal die ganzen Dörfer die ich näher kenne im Umkreis von ca. 150 km im Internet "überprüft" Bevölkerungszahl, Handel + Gewerbe.
In Nestern, in denen vor 30 Jahren noch "über den Bengel gesch..." wurde, und das Licht mit dem Hammer ausgemacht wurde, steppt heute der Bär.
Die Bevölkerungszahlen stagnieren im schlechtesten Fall, aber Gewerbe insbesondere verarbeitendes, scheint aller Orten durch die Decke zu gehen

Und ihr erzählt vom Gegenteil....

Seit Jahrzehnten erzählen die BW-Politiker, insbesondere im Wahlkampf,
"Baden-Württemberg ist eine Oase des Fortschritts und der Prosperität"
und der Suebe hat es sich angehört und gedacht, wer Wahlkampfreden glaubt ist selbst schuld....


Das lohnt der näheren Nachschau.

Die Zahlen von der neuesten Volkszählung sind ja vor kurzem bekanntgegeben worden, ist im Netz irgendwo schon ein Vergleich mit den Zahlen vergangener Zählungen aufgegliedert nach Orten?

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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27.07.2013, 15:37
Beitrag: #26
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
Es wird wohl regionale Unterschiede geben. Bei uns im Raum Leipzig/Halle scheint die Infrastruktur der Dörfer auch noch zu funktionieren. Voraussetzung ist natürlich, Du bist motorisiert. Den Dorfbäcker oder den Dorffleischer gibt es zwar nicht mehr, aber im Umkreis gibt es genügend Discounter. Ein weiteres Problem sind die fehlenden Landärzte.

Andererseits sind einige Dörfer in Sachsen oder Sachsen-Anhalt in den letzten zwanzig Jahren regelrecht entvölkert wurden. In der Lausitz sind einige Ortschaften praktisch wüst, es leben nur noch alte Menschen oder Aussteiger dort. Wobei die alten Menschen nicht nur die Zurückgebliebenen sind. Es gibt auch Neubürger, die die preiswerten Grundstückspreise genutzt haben.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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27.07.2013, 22:25
Beitrag: #27
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
Nun ja,Suebe,das ist eine Strukturfrage:
Bei Euch im Schwäbischen gibt es in der Fläche relativ viele Kleinstädte mit Mittelzentrumsfunktion und dort ansässigem Gewerbe und damit genügend Jobs für die Dörfer im Umkreis .
Ähnliches haben wir auch entlang des gesamten Rheins mit Ausnahme des Mittelrheintals.
Bei uns bestehen darüber hinaus in Rheinhessen und der Vorderpfalz durch landwirtschaftliche Sonderkulturen (Wein und Gemüse) Möglichkeiten auch von der Landwirtschaft auskömmlich zu leben, d.h. die Landflucht ist geringer.
Problematisch wird es wie gesagt in der Hinterpfalz ,dem Hunsrück und dem Westerwald, wo selbst die wenigen Klein- und Mittelstädte wie Pirmasens ,Simmern, Mayen,Kusel,Morbach oder Altenkirchen schon ihre Probleme haben genügend Arbeitsplätze zu schaffen und die Leute teilweise bis zu 2 Stunden Fahrzeit(einfach) haben um ins RheinMainGebiet zu den Arbeitsplätzen zu pendeln.Da ziehen viele ,die es können weg und wenige hin.
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31.07.2013, 16:22
Beitrag: #28
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
OK,

dann will ich dies einfach mal als gegeben annehmen.

Muss ich jetzt allen BW-Landesregierungen seit Adam und Eva Abbitte leisten?

Nur an der Verkehrsanbindund kann sowas aber nicht liegen.
Schaut mal da:
http://www.bubsheim.de/,Lde/Startseite/O...ibung.html
Das ist einer der Orte die ich meine, die liegen Verkehrstechnisch derart am "Anus der Welt", ärger geht es gar nicht mehr.
Nur, da gibt es keine Auspendler, bei denen Steppt der Bär vom Gewerbe her. Nix von außen, wie "Siemens-Filiale" die in 5 Jahren wieder Wegrationalisiert wird und eine Brache hinterlässt.
In den 20er bis 50er Jahren haben sie auf dem Heuberg angefangen Revolver-Drehbänke in ihre Geißenställe zu stellen.

Mag ja sein, dass man bei uns immer mehr Wert auf den Mittelstand gelegt hat, als anderswo.

Nur, ich kann mir nicht helfen, manchesmal habe ich den Eindruck, dass die BW-Gewerbeförderung eher eine "Gewerbehinderung" ist.
Mache ich mir mal Gedanken.

Das Abbitte-Schreiben geht jedenfalls noch nicht raus.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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05.08.2013, 19:46
Beitrag: #29
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
Wenn ich mir meinen Spiegel hole, G-Geschichte oder dem Schwarzwälder Hausschatz, Wink ja manchmal auch den Playboy Big Grin

fällt mir seit einiger Zeit auf, dass immer mehr Zeitungen gibt wie
Landlust, Landliebe, Landapotheke, Unser schönes Land usw.
es scheint also schon einen Trend "zurück zur Natur", raus aus den Städten - geht auf die Dörfer, zu geben.

Ist das ähnlich zu sehen, wie die Reformbewegung am Anfang des letzten Jahrhunderts?

Das Ende des 19. Jahrhunderts war in Europa am Ende des 19. Jahrhunderts von einer Verstädterung geprägt, wie es sie nie zuvor und, ich behaupte dies mal, danach gab.

Die "Gegenbewegung" war die "Reform"-Bewegung, die Reformhäuser zeugen bis heute davon, FKK, der Wandervogel, die Gartenstädte, letzlich das Bauhaus auch die Walddorf- usw. -Pädagogik möchte ich da verorten, und ich versuche mal den Sprung, auch der Expressionismus als Kunstrichtung in diversen Disziplinen.

Was meinen da die geehrten Leserinnen und Leser?

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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05.08.2013, 21:44
Beitrag: #30
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
Die Zeitschriften werden wahrscheinlich mehr in den Vorstädten und Speckgürteln gelesen. Richtig auf die Dörfer ziehen wegen der Landlust wohl nur wenige zurück. Haben die da überhaupt ´nen Kiosk mit so breitgefächerter Zeitschriftenpalette?
Du meinst doch diese "Schöner wohnen"-Zeitschriften für draußen? Dazu gibt es ergänzend diese Ausstellungen, die im Sommer überall boomen, wo man mind. 10,-€ Eintritt zahlen muß, damit man dort die teuren Accesoires für die grüne Wohnwelt kaufen darf. Pflanzen sind da nur Nebensache, das ist ein riesiger Markt.


Einen allgemeinen Trend zurück zur Natur, analog der Lebensreformbewegung vor gut 100 Jahren, sogar auf breiterer Basis, können wir ja seit den 80ern feststellen. Bio ist inzwischen supermarkttauglich. Auch das ist ein gutes Geschäft geworden. Aber kein Indiz für einen Trend zurück ins Dorf.
Außerdem bieten städtische Grüngürtel heute mancherorts mehr Tier- und Pflanzenvielfalt als die Monokulturen der industriealisierten Landwirtschaft.
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05.08.2013, 23:10
Beitrag: #31
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
Ich denke, dass viele Menschen irgendwie versuchen, sowohl die Angenehmlichkeiten des Stadt- als auch des Landlebens unter einen Hut zu bekommen. Egal ob sie in einem grünen Stadtviertel leben, einen Kleingarten haben oder ein paar Kilometer von der Stadt weggezogen sind.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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06.08.2013, 12:33
Beitrag: #32
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
(05.08.2013 21:44)Renegat schrieb:  ./.
Außerdem bieten städtische Grüngürtel heute mancherorts mehr Tier- und Pflanzenvielfalt als die Monokulturen der industriealisierten Landwirtschaft.


Au nein.
In der Landwirtschaft mussten schon immer Erträge erwirtschaftet werden.
Und zZ der Dreifelderwirtschaft muss die Monokultur sich dem Auge doch noch viel mehr aufgedrängt haben.

Mal ganz nebenbei, was heute vielfach unter Naturschutz gestellt wird, sind die Ergebnisse früherer Bewirtschaftungen, Holzwiesen, Streuobstwiesen, Wacholderheide um nur ein paar zu nennen.

Aber es gibt auch in intensivst bewirtschafteten Flächen Wiesenränder, Waldränder, Steinriegel, nicht gedüngte Wiesen wo sich die ganze Flora und Faunavielfalt erhalten kann.


später mehr zum Thema.
... langsam aber sicher überzeugt ihr mich, dass ich in Arkadien lebe. Angel

oder begreift ihr nur nicht, dass auch ihr in Arkadien lebt? Idea


Wißt ihr was meine Tochter (Grundschullehrerin in einer BW-Mittelstadt) sagt, "Projekttage sind heute gar kein Problem mehr, mit den Kindern an den Waldrand, das kennen die überhaupt nicht mehr, das sind die reinsten Abenteuer-Tage für die"

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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06.08.2013, 16:58
Beitrag: #33
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
(05.08.2013 21:44)Renegat schrieb:  Die Zeitschriften werden wahrscheinlich mehr in den Vorstädten und Speckgürteln gelesen. Richtig auf die Dörfer ziehen wegen der Landlust wohl nur wenige zurück. Haben die da überhaupt ´nen Kiosk mit so breitgefächerter Zeitschriftenpalette?


Bei Madam habe ich gelegentlich die "Landapotheke" gesehen, kommt bei ihr recht gut an, sie ist allerdings die letzten Jahre zum "Kräuterweible" mutiert, also schwer zu sagen inwieweit man dies verallgemeinern kann.

Zitat:Du meinst doch diese "Schöner wohnen"-Zeitschriften für draußen? Dazu gibt es ergänzend diese Ausstellungen, die im Sommer überall boomen, wo man mind. 10,-€ Eintritt zahlen muß, damit man dort die teuren Accesoires für die grüne Wohnwelt kaufen darf. Pflanzen sind da nur Nebensache, das ist ein riesiger Markt.

nain, damit ham wir nix zu tun, Geld haben wir eh keines, und beim Wort "Accesoires" geht mir das Messer im Sack auf. Big Grin

Nichts desto Trotz kann dies durchaus ein Indiz für einen Trend sein, die Reformanhänger 1908 sind ja auch beileibe nicht alle auf die Dörfer gezogen.

Zitat:Einen allgemeinen Trend zurück zur Natur, analog der Lebensreformbewegung vor gut 100 Jahren, sogar auf breiterer Basis, können wir ja seit den 80ern feststellen. Bio ist inzwischen supermarkttauglich. Auch das ist ein gutes Geschäft geworden.

Das ist zweifellos richtig.

Zitat:Aber kein Indiz für einen Trend zurück ins Dorf.

Die "Ablehnung der Großstadt" bei Reform usw., die bis zur Feindschaft ging, ist aber doch auch mehr oder weniger im "Liedtext" stecken geblieben.
"... eine kleine Schar von Jungen, an der lauten Stadt vorüber ziehen" heißt es in einem in meiner Jugend noch beliebten Fahrtenlied.

Denn, wo haben die Leute gewohnt? Dort wo es Arbeit und Brot gab.
In der Großstadt.

Heute, ein Jahrhundert später, im Zeitalter der Mobilität und insbesondere der Logistik, tun sich doch ganz andere Möglichkeiten auf.
Ich sehe da schon Potential.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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06.08.2013, 21:57
Beitrag: #34
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
Werden wir wieder etwas historisch.

Wo ich wohne + lebe, ist Industrie, seit es in Württemberg welche gibt, eher noch länger.
Am Sonntag bin ich mit meinem Enkel eine Weile durch den Wald gestreift.
Das ganze Gebiet wird überragt von einem Aussichtsturm, erbaut 1899 von hiesiegen Verschönerungsverein. Als wir aus dem Wald auf die Wiesen kamen, gingen wir am Haus der Hundezüchter mit Hundedressurplatz vorbei,
dann am Naturfreundehaus,
aus Wiki
Zitat:Die Naturfreunde oder genauer die Naturfreunde Internationale, kurz NFI, ist eine international tätige Umwelt-, Kultur-, Freizeit- und Touristikorganisation. Die Wurzeln der Naturfreunde liegen in der Arbeiterbewegung im späten 19. Jahrhundert. Sie verstehen sich als „Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur“. In ihrer Satzung bekennen sie sich zum demokratischen Sozialismus und sind somit abzugrenzen von überwiegend bürgerlichen Gebirgs- und Wandervereinen oder den kurze Zeit später entstandenen jugendlichen Wandervögeln.
dann am DJK-Sportgelände
aus Wiki
Zitat:Der DJK-Sportverband (DJK) ist der katholische Sportverband in Deutschland mit etwa 507.000 Mitgliedern in ca. 1.200 Vereinen. Er ist heute für alle Menschen offen, die seine Ziele mittragen. Die drei Großbuchstaben DJK stehen für den Namen Deutsche Jugendkraft und sind keine Erfindung der Gründer des DJK-Sportverbandes.

als nächstes dann zur Gaststätte Waldheim
hier nix aus Wiki, was von mir das Waldheim wurde 1927 von den örtlichen Gewerkschaften und dem Konsumverein erbaut, heute ist es in privater Hand, dient aber immer noch vorrangig der Naherholung, viele Hochzeiten (auch einst meineTongue) und Jahrgangsfeste werden dort gefeiert. Die Musik früh am Morgen um fünfe hat dort noch nie einen gestört.

Der Enkel und sein Ähne haben dort ein größeres Eis zu sich genommen Wink

und am Parkplatz steht dann das Ev. Ferienwaldheim mit gewaltigem Kinderspielplatz.


Warum das so ausführlich.

Ein Naherholungsgebiet, entstanden als Hilfe zur Selbsthilfe, zwischen 1899 und 1930.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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07.08.2013, 10:42
Beitrag: #35
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
(06.08.2013 21:57)Suebe schrieb:  Warum das so ausführlich.

Ein Naherholungsgebiet, entstanden als Hilfe zur Selbsthilfe, zwischen 1899 und 1930.

Ja, solche gibt es überall und auch einige Vereine/Verbände aus der Zeit haben überlebt oder wurden neu gegründet.
Interessant in dem Zusammenhang sind z.B. die Kleingartenvereine alter Prägung, auch aus der von dir angesprochenen Periode. Demgegenüber steht als neuer Trend das "urban gardening".
Aber all das ist eher dem städtischen Umfeld zuzuordnen und mir ging es ja um den Unterschied zwischen Stadt und Dorf, wobei es echte Dörfer mit Erwerbsarbeit in der Landwirtschaft und ein bißchen Mittelstand aktuell kaum noch gibt oder sehe ich das falsch?
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07.08.2013, 11:02
Beitrag: #36
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
(07.08.2013 10:42)Renegat schrieb:  [...] wobei es echte Dörfer mit Erwerbsarbeit in der Landwirtschaft und ein bißchen Mittelstand aktuell kaum noch gibt oder sehe ich das falsch?

Ich würde mal behaupten, das kommt ganz auf die Region an.

In unserer Gegend herrschen ganz klar die Dörfer vor. Oft nur 500 bis 1000 Seelen, rein landwirtschaftlich geprägt - zuzüglich ein paar "Stadtflüchtlinge" im Rentenalter. Dazwischen verteilt eine Handvoll Klein- bis Mittelstädte mit der nötigen Infrastruktur.
In einigen Teilen Bayerns ist es ähnlich, in NRW z.B. dürfte es wiederum eher die Ausnahme sein.

nicht ärgern, nur wundern...
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07.08.2013, 12:35
Beitrag: #37
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
(07.08.2013 11:02)Uta schrieb:  
(07.08.2013 10:42)Renegat schrieb:  [...] wobei es echte Dörfer mit Erwerbsarbeit in der Landwirtschaft und ein bißchen Mittelstand aktuell kaum noch gibt oder sehe ich das falsch?

Ich würde mal behaupten, das kommt ganz auf die Region an.

In unserer Gegend herrschen ganz klar die Dörfer vor. Oft nur 500 bis 1000 Seelen, rein landwirtschaftlich geprägt - zuzüglich ein paar "Stadtflüchtlinge" im Rentenalter. Dazwischen verteilt eine Handvoll Klein- bis Mittelstädte mit der nötigen Infrastruktur.
In einigen Teilen Bayerns ist es ähnlich, in NRW z.B. dürfte es wiederum eher die Ausnahme sein.

Ich habe keine näheren Infos zum Nordschwarzwald.

Aber Schw. Alb, Oberschwaben, Baar war das der Zustand von vor 20-30 Jahren.
Heute:
Die landwirtschaftliche Prägung der Arbeitswelt auf den Dörfern ist dahin.
Fakt ist heute, dass die genannten 500-1.000 Seelen Dörfer noch max. 2 landwirtschaftliche Großbetriebe haben. Die anderen haben das Milchkontingent verkauft, (mit dem Erlös haben die Kinder die wunderschönen großen Häuser gebaut, die man dort überall sieht) die Flächen verpachtet.
wen es interessiert, wie das bis heute läuft:
Zitat:Milchbörse

Seit dem Jahr 2000 ist eine Übertragung bzw. ein Handeln der Milchquote in Deutschland nur noch über Milchquoten-Verkaufsstellen, sogenannte "Quotenbörsen" oder "Milchbörsen", und innerhalb bestimmter Regionen (Übertragungsgebiete) möglich. Zu bestimmten Terminen (3 mal jährlich) können dort Verkäufer Milchquoten zu einem von ihnen gewählten Preis anbieten. Erzeuger, die Milchquoten erwerben wollen, machen an der Börse ihrerseits ein nach Preis und Menge definiertes Angebot. Auf dieser Grundlage wird der Gleichgewichtspreis ermittelt und die entsprechenden Quotenmengen verteilt. Angebot und Nachfrage, die außerhalb eines Preiskorridors um den Gleichgewichtspreis liegen, werden nicht berücksichtigt und können nicht verkauft werden.
aus Wiki
http://de.wikipedia.org/wiki/Milchquote

Der Nebenerwerbs-Landwirt ist inzwischen Geschichte!

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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07.08.2013, 14:49
Beitrag: #38
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
Ich hatte mich zu Beginn des 3nd schon mit einigem befasst, das jetzt wieder angesprochen wird.

(27.06.2013 10:30)Suebe schrieb:  
(26.06.2013 20:09)Suebe schrieb:  Zuerstmal geschichtlich.
Städte sind Gründungen, gezielte der Territorialherren.
Die Stadtgründungen des Hochmittelalters geschahen allüberall auf Kosten der Dörfer, die Wüstungen in der Zeit sind dem geschuldet.
Gegründet als Zentralorte die Handel und Gewerbe an sich ziehen sollten.

Aber auch hier gilt es wohl zu differenzieren.
Vor kurzem las ich bei Osterhammel, dass noch weit ins 19. Jahrhundert hinein die Hafenstädte deutlich engere Beziehungen zu anderen Hafenstädten jenseits der Ozeane hatten, als zu ihrem Umland ein paar Kilometer entfernt. Osterhammel weist dabei auf den Fakt hin, dass die Hansestädte erst in den 1880ern dem deutschen Zollverein beitraten.
Dies aber letztlich auch in China so festzuhalten wäre, lediglich für die USA geringe Abstriche zu machen wären.

Gehört auch ins Thema:
Das Dorf, wie wir das kennen, ist zumindest in Südwestdeutschland ca. 150 Jahre vor den mittelalterlichen Städtegründungen entstanden. Die Besiedelung zuvor bestand aus großen Lehnhöfen mit umgebenden einigen kleineren Gehöften. (1)

Die Städte waren eigentlich immer "Schmelztiegel" während die Dörfer, laut Osterhammel rund um den Planeten, deutlich "beharrlicher" sind.
Wobei einen die "Wanderungen" festzumachen an den über die Jahrhunderte deutlich wechselnden Familiennamen, dann wieder verwundern.(2)
Relativ aktuell ist aber die Integrationskraft auch der Dörfer an den Heimatvertriebenen nachzuweisen. Die "Kinder-Generation" ist voll und ganz integriert.
Vor kurzem erzählte mir einer, so ca. 15 Jahre jünger als ich, er wäre Dreisprachig aufgewachsen. Den örtlichen Dialekt, den städischen, und das Standartdeutsch. Er nimmt also meinen Dialekt bereits als "anders" wahr. Es sind schon Mikrokosmen, die Dörfer.
Meine bevorzugte Probefahrtstrecke (leider zeitlich meist zu lange) geht über ein kleines Dorf, da wartet doch keiner auf den Bus, der geht die Straße entlang, da kommt umgehend einer der ihn mitnimmt. (Im Zweifel ich)

Osterhammel schreibt, dass die Landbevölkerung bei keiner der Revolutionen des 19. Jahrhunderts beteiligt gewesen wäre, (2)was mir mit Blick auf 1848 nicht einleuchtet, und siehe da. auch Treue kommt da schon 1961 zu anderen Schlüssen: Die Landbevölkerung Südwestdeuschlands war 48 überaus erfolgreich, ihre Forderungen haben sie weitgehend durchgesetzt, Verlierer war neben dem "Proletariert", die Landarbeiterschaft Ostdeutschlands. (3)
In Ostdeutschland hat sich dann im Zuge der Industrialisierung durch die zdZ immense Binnenwanderung der soziale Druck vom Land in die Städte verlagert.(4)
In Südwestdeutschland entstand, begünstigt durch die hier übliche Realteilung, der Typus des Arbeiterbauerndorfes, Industriearbeiter die ihre Landwirtschaft im Nebenerwerb betrieben, die sich zB durch ein politisch sehr stabiles Verhalten auszeichneten. (3)
Eine Form des Dorfes, die aber seit den 70-80er Jahren des 20. Jahrhunderts schon im schwinden ist, heute höchstens noch rudimentär vorhanden ist.

(1) 750 Jahre Stadt Balingen, Balingen 2005
(2) Osterhammel, Die Veränderung der Welt, Beck 2011
(3) Treue, Wilhelm, Kulturgeschichte der Neuzeit 1961
(4) Ritter, Tenfelde, Der Arbeiter im Kaiserreich, Dietz 1992

(27.06.2013 12:41)Suebe schrieb:  Nochmals zum Dorf, als Ausblick.

In meiner Jugend hieß es, "überall wo der liebe Gott eine Kirche hingebaut hat, hat der Teufel ein Wirtshaus daneben gesetzt."

Die Wirtshäuser in den Dörfern verschwinden, die Gastronomie hat sich dort überwiegend verabschiedet.
Bei den Kirchen deutet alles in die gleiche Richtung.
Die Schulen, zumindet in BW, sind seit etwa 4 Jahren ebenfalls endgültig am wegfallen.
Was verbleibt als Idenditätsstiftend?
Sportverein und Feuerwehr.

Ich wage die Prognose, dass vom "Mikrokosmos Dorf" in ein paar Jahren nicht mehr viel übrig sein wird.
Lediglich Wohn- und Schlaforte verbleiben.

(28.06.2013 11:43)Suebe schrieb:  
(27.06.2013 22:57)Sansavoir schrieb:  Bei uns ist es so: Entweder werden mehrere Dörfer zu einer Großgemeinde zusammengefasst oder sie werden Ortsteile einer (Klein-)Stadt. Diese Dörfer sind oft geteilt, einerseits in das alte Dorf mit seinen zum Teil noch Landwirtschaft betreibenden Bewohnern, andererseits in einer (oft erst nach 1990 entstandener) neuen, nur aus Fertigteilhäusern bestehenden Siedlung. Das sind regelrechte Schlaforte, in denen praktisch nur (junge) Familien leben. Die Eltern sind meist beide berufstätig, so dass zwei Autos benötigt werden und wenn die Sprösslinge alt genug sind, stehen noch die Mopeds oder Drittwagen vor der Tür. Wie das mal organisiert wird, wenn die heutige Elterngeneration nicht mehr mobil ist, ist fraglich. Der nächste Facharzt praktiziert ja nur noch in Leipzig, um nur ein Beispiel zu nennen.


Das ist vermutlich quer durch die Republik so. Je kleiner ein Ort oder Weiler, desto höher die Fahrzeugdichte. Ich kenne einen Weiler, Wohnplatz nennt man das hier, da gibt es tatsächlich mehr zugelassene! Straßenfahrzeuge als Einwohner.

Der weitgehende "Wegfall" der Arbeiterbauern wurde von folgenden erheblich beschleunigt:
In den 80er Jahren wurde von der EG das "Milchkontingent" eingeführt. Jeder Bauer kann jährlich die Milch zu festen Preisen abliefern, die er im Jahr 83 abgeliefert hat.
Diese Menge kann aber einem anderen Landwirt verkauft werden, der dann entsprechend mehr anliefern kann.
Oftmals ist es inzwischen so, dass es pro Dorf nur noch ein-zwei Vollerwerbsbauern gibt, die gigantische Ställe hingestellt haben, mitten in der Landschaft, Fabrikhallen sind eher kleiner.

(30.06.2013 02:03)zaphodB. schrieb:  
Zitat:In Südwestdeutschland entstand, begünstigt durch die hier übliche Realteilung, der Typus des Arbeiterbauerndorfes, Industriearbeiter die ihre Landwirtschaft im Nebenerwerb betrieben, die sich zB durch ein politisch sehr stabiles Verhalten auszeichneten.

In meinem Heimatort ist diese entwicklung ganz deutlich...früher war das ein reines Bauerndorf mit einer beträchtlichen Anzahl von Vollerwerbsbauern. Mit demBeginn der industriellen Revolution wuren daraus immer mehr Nebenerwerbslandwirte, die sich auf Sonderkulturen,speziell Spargel und Tabak , spezialisierten und hauptberuflich in den Mannheimer Fabriken arbeiteten.
Das ganze zog sich bis Mitte der sechziger jahre. Dann wurden mit steigenden Löhnen die Nebenerwerbslandwirtschaften mehr und mehr aufgegeben Gleiczeitigwurden erhebliche Ackerflächenn Bauland umgewandelt ,die Einwohnerzahl verdreifachte sich und der zwischenzeizlich kleinstädtische Ort .bekam Schlafstattcharakter

(15.07.2013 20:32)Suebe schrieb:  Um mal zur Stadt zu kommen.

Städte sind grundsätzlich Gründungen, gezielte durch örtliche oder auch überörtliche Machthaber. (Wink von Balingen ist sogar das Gründungsdatum urkundlich überliefert, Pfingsten 1255 durch den Zollerngrafen)
Auf allen Kontinenten außer Australien sind Städte entstanden.
Man kann also davon ausgehen, dass es sich um ein Grundbedürfnis in allen Kulturen handelt.
Die Stadt als Dienstleistungs-, Verwaltungs- und Handeslzentrum für das umliegende Land.
Uta hat weiter oben verdeutlicht, dass eine Stadt die keine Marktgerechtigkeit hatte, von vorneherein zum Scheitern verurteilt war.

Nun gibt es bei den Städten von Anfang an auch Sonderentwicklungen, die Hafenstadt soll erwähnt werden, die mit anderen Hafenstädten auf anderen Kontinenten mehr zu tun hat, als mit dem Fischerdorf in ihrer Nähe.
Oder reine Industriestädte wie sie speziell im 19. Jahrhundert entstanden sind. Die nie ein Zentrum für das umliegende Land waren.

Großstädte wie wir sie heute kennen, wurden erst so richtig im 19. Jahrhundert möglich, als mehrere Voraussetzungen zu ihrer Entstehung gegeben waren,
1. für die Masse bezahlbare innerstädtische Verkehrsmittel, zuvor war innerstädtischer Verkehr lediglich zu Fuss möglich, was jedem Wachstum natürliche Grenzen setzte.
2. Versorgungs- (Wasser zB) und Entsorgungs-Einrichtungen (Kanalisation)
mit den entsprechenden Kapazitäten.
Das moderne Paris ist nicht zufällig, oder eben auf Napoleons III Intention Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden, sondern weil die beiden Punkte zuvor nicht gelöst waren.

OT: Die Planung des modernen Jerusalems (insbesondere auch dort Entsorgung) geht auf den aus Bitz auf der Schwäbischen Alb gebürtigen Konrad Schick zurück.
http://en.wikipedia.org/wiki/Conrad_Schick
gelernter Mechaniker, alles andere Autodidakt.
Man beachte, er ist lediglich in der englischen Wiki zu finden.
Die Leistungen Deutscher des 19. Jahrhunderts im "Heiligen Land" wurden nach 45 aus nachvollziehbaren Gründen mehr oder weniger vergessen.
Es wird hier keinen groß interessieren, aber ich finde es erwähnenswert.

(16.07.2013 16:09)Suebe schrieb:  
(16.07.2013 15:20)913Chris schrieb:  Die Geographen sprechen von räumlichen Disparitäten, im hier angesprochenen Bereich speziell vom Gegensatz zwischen Peripherie und Zentrum. Wer´s nachlesen will, gerne, hier nur in Kürze: Die Unterschiede zwischen Dorf und Stadt erklären sich für die Geographen primär daraus, dass ein Dorf wenige zentrale Funktionen hat und eine Stadt mehr, eine Großstadt gar alle denkbaren zentralen Funktionen. Großstädte sind also Zentren für Industrie, Handel, Dienstleistungen, Medizinversorgung und Regierung (allerdings in wechselnder Intensität; nur wenige Großstädte sind Regierungssitze, aber alle haben sie regierungsmäßige Funktionen, und sei es nur als Bezirkshauptstadt oder ähnliches).
Ein Dorf dagegen hat nur untergeordnete zentrale Funktionen, heutzutage oft nicht mal mehr einen Arzt oder eine Apotheke, wenn´s gut geht einen Supermarkt. Das erklärt die Unterschiede, das prägt nämlich auch die Mentalität der Leute.

./.
Christian


Keine Regel ohne Ausnahme, es gibt durchaus die quasi aus dem Nichts entstandene Großstadt die sehr wenige bis gar keine zentrale Funktionen hat, Oberhausen zB.

Die Entwicklungen sind überhaupt recht differenziert, Osterhammel, dem ich auch hier folge, verweist zB auf St. Louis und Chicago, das etwas ältere St. Louis fast ohne Industrie mit großem Dienstleistungssektor, Chicago annähernd umgekehrt. Mit Vorteilen über die Jahrzehnte wechselnd mal bei St. Louis mal bei Chicago.


Um nochmals auf das Dorf aus heutiger Sicht AD 2013 zurückzukommen, und in der Vorausschau: hier spreche ich aus eigenem,
Irgendwelche zentrale Funktionen gehen da zunehmend ein.
die Verwaltung ist in BW längst in "Großgemeinden" aufgegangen, es gibt kaum mehr Läden, ja, wie geschrieben, nicht mal mehr Wirtshäuser.
Die Kirchen stehen noch, werden von einem Pfarrer im Rahmen einer Seelsorgeeinheit zusammen mit 6-7 weiteren betreut. Die Schulen sind, wenn es hochkommt noch einzügige Grundschulen.
Der Mikrokosmos ist, obwohl die Einwohnerzahlen durch Zuzug ständig steigt, am "abnippeln".
Die Idenditätsbildung geht lediglich noch über Sportverein oder Feuerwehr.


Es ist mir duchaus bekannt, dass das Thema Großstadt vs Dorf heißt, persönlich halte ich allerdings diesen Gegensatz für zu gewagt.
Die Masse der Menschen lebt auch in Klein- und Mittelstädten, weder in Dorf noch Großstadt.

Nochmals darauf zurück:
Die Großstadt als solche ist erst im 19. Jahrhundert entstanden, konnte erst da entstehen. Abseits von Zentralfunktionen waren die entscheidenden Voraussetzungen für das Größenwachstum (innerstädtischer verkehr, Versorgung und Entsorgung) erst da gegeben. Siehe mein obiger Beitrag. Hier folge ich der Prophyläen Technik Geschichte Band 4, ab Seite 277

Vielleicht ist es in der Zusammenfassung leichter lesbar

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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14.08.2013, 11:21
Beitrag: #39
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
Allgemein zum Thema des Threads:

Auf dem Land sind die Entwicklungen der jüngeren Zeit nicht so rasant spürbar geworden, in Ostbayern beispielsweise besteht das Dorf zwar auch aus einigen neu hingebauten Familienhäusern (niedrige Grundstückspreise), aber zum Großteil noch aus Kuhställen und Bauernhöfen. Auch hier sterben die Wirtshäuser, lokalen Bürgermeister etc., aber eine dörfliche Identität gibt es weiterhin (Schützenverein, freiwillige Feuerwehr, Freundschaften & Bekanntschaften).
In anderen Regionen mag das natürlich anders sein. In Norddeutschland beispielsweise, wo das Gelände viel flacher ist, kann man riesige Felder oder Hallen bauen, Landwirtschaft im größten Stil betreiben. Die größten landwirtschaftlichen Betriebe Deutschlands (größter Schlachthof etc.) stehen meines Wissens in Niedersachsen. Dort hat sich in letzter Zeit eine Menge geändert. Sansavoir berichtete ja auch, dass in seiner Region die Dorfbevölkerung vor allem aus jungen Familien besteht (Beitrag 10).

In den Städten hingegen sind die regelmäßigen Veränderungen nicht zu übersehen, der Dienstleistungssektor breitet sich immer weiter aus.
Suebe hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass Städte "ein Grundbedürfinis in allen Kulturen" seien (Beitrag 13). Wie gesagt, gehen gesellschaftliche, wirtschaftliche und eben auch kulturelle Entwicklungen auf dem Land viel langsamer von sich. Städte sind daher für kulturellen Fortschritt geschichtlich gesehen auf jeden Fall notwendig gewesen und dieser wiederum hat zunächst einmal das Städtetum begünstigt. Dies liegt nicht nur daran, dass die Städte ein "Dienstleistungs-, Verwaltungs- und Handelszentrum für das umliegende Land" (Beitrag 13) sind, sondern auch an der dort vorherrschenden Gesellschaftsstruktur, den Kommunikationsmöglichkeiten, der städtischen Wirtschaft und den besseren Möglichkeiten zum Erwerb und der Weitergabe von Bildung.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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14.08.2013, 12:44
Beitrag: #40
RE: Großstadt vs Dorf - Unterschiede
(14.08.2013 11:21)Maxdorfer schrieb:  .
In anderen Regionen mag das natürlich anders sein. In Norddeutschland beispielsweise, wo das Gelände viel flacher ist, kann man riesige Felder oder Hallen bauen, Landwirtschaft im größten Stil betreiben. Die größten landwirtschaftlichen Betriebe Deutschlands (größter Schlachthof etc.) stehen meines Wissens in Niedersachsen.


Die größten sind "natürlich" (LPG) in den neuen Ländern, da haben die Landwirtschaftlichen Betriebe zwischen 150 und 300 Hektar.

Aber in BW zB waren die Höfe 1960 noch im Schnitt bei 5 Hektar.
Um heute zehnmal so groß zu sein.
Und es gibt fast keine Nebenerwerbsbetriebe mehr.

Der Hof meines Urgroßvaters lag bei 40 Hektar, aber dem Vetter meiner Mutter, der ihn besaß, wurde es am Ende seines Berufslebens auf dem inzwischen hochtechnisierten Hof (80er Jahre) zu langweilig, da hat er sich zusätzlich noch bei der US-Army als Wachmann verdingt.
Und das kann man wohl verallgemeinern, die Höfe müssen wachsen.

OT:
Inzwischen ist der Hof verkauft, und das "zusammengekratzte" seit dem 30jährigen Krieg in einer Generation verrammscht. (Keineswegs die Gebäude, und auch die Flächen sind mehrheitlich verpachtet, aber halt insbesondere das Milchkontingent, die wirtschaftliche Basis.)
Was bleibt ist ein kleiner bitterer Nachgeschmack. Das war Anerbengebiet mit der Sonderregelung, dass der Jüngste den Hof bekam,
und die Anderen nichts bekamen, gar nichts.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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