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"Steppenfragen"
04.04.2013, 11:52
Beitrag: #21
RE: "Steppenfragen"
(03.04.2013 15:50)Suebe schrieb:  Eine Wirkung in der genannten Richtung könnte ich mir aber so durch die Chinesische Mauer schon vorstellen.

Höchstens insofern das die Politik des 1. Chinesischen Kaisers zu der ja auch der Mauerbau gehörte, dazu führte das sich mehrere Steppenstämme/völker zum Großreich der Xiongnu zusammenschlossen. Wobei ich denke das hier die Vereinigung Chinas mehr Rolle spielt als der Bau der Mauer, denn wie gesagt diese hielt die Xiongnus nicht davon ab in China einzufallen.
Etwas was man in der Geschichte Chinas immer wieder merkt, die Mauer, so beeindruckend sie auch sein mag, brachte gegen große herantstürmende Völker nur wenig.

Zur Vertreibung der Xiongnu führte die Mauer nicht. Sehe also keinen wirklich zusammenhang zwischen Mauer und Völkerwanderung.
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04.04.2013, 12:06
Beitrag: #22
RE: "Steppenfragen"
(03.04.2013 20:12)Suebe schrieb:  Ich denke schon, dass die Mauer meßbaren Nutzen gebracht hat.

Die Frage "wo für ist die chinesische Mauer" dann überhaupt gut ist auch eine sehr spannende.

Ich würde sagen sie wurde aus 2 Gründen gebaut:

-Ideologie: Der Kaiser von China war der Herrscher über die gesamte zivilisierte Welt, so zumindest aus seiner Sicht. Dieser Universalgedanke bestand seit der Vereinigung von China und spielte in der Geschichte Chinas immer wieder eine sehr bedeutende Rolle. Die Grenzen zu den anderen (aus chinesischer Sicht wohl unzivilisierten Völkern) waren hauptsächlich von der Natur gegeben. Außer die zu den Völkern des Nordens, hier war die Barriere dann statt der natürlichen Grenze die Mauer.

-Das eine starke Armee durch die Mauer noch stärker wurde, denke ich auch (also dadurch das man sie nutzen konnte)

-Völker wie die Xiongnu und andere Steppenvölker starteten oft nich nur einen großen zentralen Einfall nach dem anderen, oft waren es eher die vielen kleineren Zügen die ihren Gegnern zu schaffen machten (merkt man z.B. im Kampf Byzanz gegen das ursprünglich auch aus der Steppe kommende Volk der Seldschuken), da hatte China mit der Mauer vielleicht dann doch ein wirksames Gegenmittel. Denn kleinere Angriffe konnten sie wohl schon aufhalten - nur gegen größere konnte man nur bestehen wenn auch die Armee stark und groß genug war, sich auf die Mauern zu verlassen brachte da meist nicht viel - manchmal sogar den Untergang einer Dynastie.
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04.04.2013, 12:08
Beitrag: #23
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 10:54)913Chris schrieb:  Aber wenn in Zeiten der Schwäche (etwa wenn eine Dynastie "am Verlöschen" war) China militärisch schwach war - und das kam relativ häufig vor), dann war die Mauer kein ernst zu nehmendes Hindernis.

Klar, alleine schon deshalb weil es in diesen Zeiten meist an entsprechender Bemannung der Mauer fehlte.
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04.04.2013, 12:12
Beitrag: #24
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 11:44)Suebe schrieb:  In einem Aufsatz zur Außereuropäischen Technikgeschichte las ich jüngst, dass die Mongolenherrscher, insbesondere KublaiChan zumindest Technikhistorisch ein Glück für China waren.

Quer durch Eurasien hätten sie Spezialisten eingekauft, was dem Techniktransfer sehr zum Nutzen Chinas gereicht hätte.
Einem chinesischen Herrscher wäre das in dieser Zeit niemals eingefallen, "China war der Nabel der Welt, in China konnte und wusste man alles am besten."

Schwer zu sagen, denn man musste sagen das die chinesischen Reiche schon vor dem Einfall der Mongolen vom technischen Stand her gut entwickelt waren.
Einen Vorteil brachte Kublai Khan insofern das nun das vorher in 3 Teile gespalltene China wieder eine Einheit geworden war.

Was das mit dem Austausch betraf: China hatte immer wieder Phasen, da war man sehr offen gegenüber fremden Einflüssen, irgendwann empfand man diese dann meist wieder als zu viel und verschloss sich ihnen wieder, das war auch so eine Art Zyklus den man in der chinesischen Geschichte immer wieder vorfindet.
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04.04.2013, 12:38
Beitrag: #25
RE: "Steppenfragen"
Es ist der Kerngedanke der chinesischen Politik, dass man selbst der Nabel der Welt ist. Gleichberechtigte Beziehungen zu anderen Mächten gab es bis in unsere Zeit nicht, allenfalls Vasallen und sonstige "Barbaren". Trieb man tatsächlich Handel, kassierte man laut offizieller Lesart "Tribute" und gab "Geschenke". Diese zum Teil rassistische Arroganz bekamen die ersten europäischen Handelsmissionen deutlich zu spüren und sie ist auch heute nicht verschwunden.
Das allgemein anerkannte Out-of-Africa-Szenario will man in China um Himmelswillen bis heute nicht wahrhaben, das kratzt zu sehr am Nationalstolz im Reich der Mitte. Die eigene Kultur macht man gern auch schnell mal 2-3 Jahrtausende älter, um Mesopotamien und Ägypten auszustechen.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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04.04.2013, 12:42
Beitrag: #26
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 12:12)WDPG schrieb:  Schwer zu sagen, denn man musste sagen das die chinesischen Reiche schon vor dem Einfall der Mongolen vom technischen Stand her gut entwickelt waren.
Einen Vorteil brachte Kublai Khan insofern das nun das vorher in 3 Teile gespalltene China wieder eine Einheit geworden war.

Was das mit dem Austausch betraf: China hatte immer wieder Phasen, da war man sehr offen gegenüber fremden Einflüssen, irgendwann empfand man diese dann meist wieder als zu viel und verschloss sich ihnen wieder, das war auch so eine Art Zyklus den man in der chinesischen Geschichte immer wieder vorfindet.

Der Schreiber kommt über die Schraube darauf zu sprechen, die in Indien immer eine sehr große Rolle gespielt hätte, und in China gar keine, und macht dies an der Baumwollentkernungsmaschine fest, die in China aus Indien übernommen wurde, mit der einzigen Änderung, dass man den Schraubenmechanismus wegfallen ließ.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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04.04.2013, 12:52
Beitrag: #27
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 12:38)Arkona schrieb:  Es ist der Kerngedanke der chinesischen Politik, dass man selbst der Nabel der Welt ist. Gleichberechtigte Beziehungen zu anderen Mächten gab es bis in unsere Zeit nicht, allenfalls Vasallen und sonstige "Barbaren". Trieb man tatsächlich Handel, kassierte man laut offizieller Lesart "Tribute" und gab "Geschenke".

Ich finde das kann man etwas vergleichen mit dem Römischen Reich (wenn auch nicht ganz), da waren auch nur die Römer zivilisiert und alles ringsum barbarisch (aus der Sicht der Römer, denn ich würde Reich wie das der Parther oder der Sassaniden auf ca. die gleiche Stufe stellen). Nur das China eben einen viel längeren Bestand hatte.
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04.04.2013, 12:56
Beitrag: #28
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 12:42)Suebe schrieb:  Der Schreiber kommt über die Schraube darauf zu sprechen, die in Indien immer eine sehr große Rolle gespielt hätte, und in China gar keine, und macht dies an der Baumwollentkernungsmaschine fest, die in China aus Indien übernommen wurde, mit der einzigen Änderung, dass man den Schraubenmechanismus wegfallen ließ.

Das es über die asiatischen Handelswege in dieser Zeit nicht nur einen Waren sondern auch einen Wissensaustauch gegeben hatte, das kann ich mir vorstellen. Begünstigt wurde das ganze dadurch das diese Handelswege unter den Mongolen eine Blütezeit erlebten, ein unterschätzter Faktor der sich auf die Geschichte zahlreicher Länder auswirkte. Insofern profitierte man natürlich von Kublai Khans Eroberung.
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04.04.2013, 13:20
Beitrag: #29
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 12:52)WDPG schrieb:  Ich finde das kann man etwas vergleichen mit dem Römischen Reich (wenn auch nicht ganz), da waren auch nur die Römer zivilisiert und alles ringsum barbarisch (aus der Sicht der Römer, denn ich würde Reich wie das der Parther oder der Sassaniden auf ca. die gleiche Stufe stellen). Nur das China eben einen viel längeren Bestand hatte.
Kann man m.E. nicht mit Rom vergleichen. Den Römern war durchaus bewusst dass in Griechenland und am Nil Hochkulturen saßen, als sie noch italische Ziegenhirten waren und das erkannten sie auch an. Dass sie die Parther und später die Perser als Barbaren bezeichneten, stammt eher aus guter übernommener griechischer Tradition. Auswirkungen auf die Orientpolitik hatte das nicht, da waren die Römer einfach nur pragmatisch.

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04.04.2013, 14:11
Beitrag: #30
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 13:20)Arkona schrieb:  Kann man m.E. nicht mit Rom vergleichen. Den Römern war durchaus bewusst dass in Griechenland und am Nil Hochkulturen saßen, als sie noch italische Ziegenhirten waren und das erkannten sie auch an.

Deshalb auch die Beifügung wenn auch nicht ganz. Das mit den Griechen fiel mir ein als ich den Beitrag schrieb. Aber die Griechen wurden immerhin ihrer Untertanen.

Aber nach kurzer Überlegung gebe ich dir recht, auch Rom hatte einen Universalgedanken, aber irgendwie ist es doch anders. Das China auf diesen Gedanken kommt erscheint mir aus deren Sicht aber irgendwie schon logisch.
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04.04.2013, 15:04
Beitrag: #31
RE: "Steppenfragen"
Einige Kaiser waren so graecophil, dass sie Steuerfreiheit gaben, besser Griechisch als Latein sprachen und am liebsten dorthin umgezogen wären. Was Constantin dann ja auch machte. Die Griechen waren immer die heimlichen Vorbilder Roms.

Da ist der Sinozentrismus ein ganz anderes Kaliber. Im Grunde hatte (und hat) China fast alles selbst und brauchte keine Importe. Silber und gute Pferde nahm man trotzdem gern als "Tribut" von den westlichen Barbaren. Der Silberabfluss nach Fernost gegen Seide, Gewürze und andere Luxusgüter brachte bereits in der Antike Europa und Westasien bis an den ökonomischen Ruin.

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04.04.2013, 15:12
Beitrag: #32
RE: "Steppenfragen"
Der scheinbar unbesiegbare Timur Lenk http://de.wikipedia.org/wiki/Tamerlan#.C...roberungen starb plötzlich, als er einen Feldzug gegen China vorbereitete. Es wäre interessant zu spekulieren, wie das Abenteuer ausgegangen wäre, hätte er sich nicht zu Tode gesoffen. China war zu der Zeit (frühe Ming-Dynastie) gerade mal einig und stark, womöglich hätte er dort seinen Meister gefunden.

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04.04.2013, 15:24
Beitrag: #33
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 15:04)Arkona schrieb:  ./.

Da ist der Sinozentrismus ein ganz anderes Kaliber. Im Grunde hatte (und hat) China fast alles selbst und brauchte keine Importe. Silber und gute Pferde nahm man trotzdem gern als "Tribut" von den westlichen Barbaren. Der Silberabfluss nach Fernost gegen Seide, Gewürze und andere Luxusgüter brachte bereits in der Antike Europa und Westasien bis an den ökonomischen Ruin.


Ging es beim Opiumkrieg nicht auch vorrangig um die Handeslbilanz?

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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05.04.2013, 15:32
Beitrag: #34
RE: "Steppenfragen"
Der Abfluß von römischem Gold nach China für Seide und anderes untergrub die Stabilität der Währung und trug so vielleicht wesentlich zum Untergang des römischen Reiches bei, denn Söldner konnte man nur mit richtigem Gold bezahlen.
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05.04.2013, 17:21
Beitrag: #35
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 15:12)Arkona schrieb:  Der scheinbar unbesiegbare Timur Lenk http://de.wikipedia.org/wiki/Tamerlan#.C...roberungen starb plötzlich, als er einen Feldzug gegen China vorbereitete. Es wäre interessant zu spekulieren, wie das Abenteuer ausgegangen wäre, hätte er sich nicht zu Tode gesoffen. China war zu der Zeit (frühe Ming-Dynastie) gerade mal einig und stark, womöglich hätte er dort seinen Meister gefunden.

Davon kannst Du ausgehen. Der dritte Ming-Kaiser Yongle war einer der bedeutendsten und stärksten Herrscher Chinas.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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05.04.2013, 20:33
Beitrag: #36
RE: "Steppenfragen"
(05.04.2013 17:21)Sansavoir schrieb:  Davon kannst Du ausgehen. Der dritte Ming-Kaiser Yongle war einer der bedeutendsten und stärksten Herrscher Chinas.

Aber auch Timur ist nicht zu unterschätzen, immerhin besiegte er auch mit Bajazid I einen Osmanensultan in der Zeit des Aufstiegs vernichtend. Starke Reiche konnte er also durchaus schlagen.

Was ich mir aber denke, ist das der geografische Abstand zwischen Timur und Ming-China doch zu groß war um dort langfristig Erfolg zu haben, er hätte wohl eher erfolglos gegen die Ming gekämpft und sich bald wieder zurückziehen müssen.
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05.04.2013, 21:40
Beitrag: #37
RE: "Steppenfragen"
Timur erbaute sein Kernreich um Samarkand glänzend und schuf ringherum systematisch nur einen Friedhof, ohne etwas dort zu schaffen. Ob er in China anders gehandelt hätte? Eher nein. Er hätte wahrscheinlich gesiegt, die infantristischen Ming-Armeen hätte er verfrühstückt. Und hinterher sich mitsamt Raubgut zurückgezogen um bei Bedarf wiederzukommen. Anders hat er es doch sonst auch nicht gemacht.

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15.04.2013, 10:24
Beitrag: #38
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 12:06)WDPG schrieb:  -Ideologie: Der Kaiser von China war der Herrscher über die gesamte zivilisierte Welt, so zumindest aus seiner Sicht. Dieser Universalgedanke bestand seit der Vereinigung von China und spielte in der Geschichte Chinas immer wieder eine sehr bedeutende Rolle. Die Grenzen zu den anderen (aus chinesischer Sicht wohl unzivilisierten Völkern) waren hauptsächlich von der Natur gegeben. Außer die zu den Völkern des Nordens, hier war die Barriere dann statt der natürlichen Grenze die Mauer.

(04.04.2013 12:38)Arkona schrieb:  Es ist der Kerngedanke der chinesischen Politik, dass man selbst der Nabel der Welt ist. Gleichberechtigte Beziehungen zu anderen Mächten gab es bis in unsere Zeit nicht, allenfalls Vasallen und sonstige "Barbaren". Trieb man tatsächlich Handel, kassierte man laut offizieller Lesart "Tribute" und gab "Geschenke". Diese zum Teil rassistische Arroganz bekamen die ersten europäischen Handelsmissionen deutlich zu spüren und sie ist auch heute nicht verschwunden.

Kleiner Exkurs dazu:
Besonders um die Macht des chinesischen Kaisers hervorzuheben, betonte man die Übermacht Chinas. Dafür hatte man ein völlig systematisiertes Weltbild, in Zonen eingeteilt, und im Grunde unverändert beibehalten (hier das 5-Zonen-Modell aus dem Shangshu, das im 5./4. Jhdt. v. Chr. entstanden ist.) :
In der Mitte lag demnach die Hauptstadt (zhong bang), in der der Weltenherrscher residierte und in der alle Fäden zusammenliefen. Sie wurde umgeben von der königlichen Domäne (dian fu), also dem eigentlichen chinesischen Reich.
Außerhalb davon lagen die Gebiete der Lehnsfürsten, die dem Kaiser Tribut zahlten (hou fu), gefolgt von der befriedeten Zone, die von der chinesischen Kultur beeinflusst wird, aber als deutlich primitiver angesehen wird (sui fu).
Die vierte Zone (die Hauptstadt gilt nicht wirklich als "Zone") ist die der alliierten Barbaren (yao fu), die sich wiederum in das Gebiet der Yi-Barbaren und das der Steppenvölker aufteilt.
Am Rand der Welt schließlich liegt die Wildnis (huang fu). Auch sie ist aufgeteilt, nämlich in die Gebiete der Man-Barbaren und die der "schweifenden Völker".
(Theoretisches Weltbild der Chinesen der Zhou-Zeit nach Claudius Müller).

Diesem System zufolge war alles in quadratischen umeinanderliegenden Bereichen um das chinesische Reich herum angeordnet und von diesem abhängig, wie ja schon die Bezeichnung "Reich der Mitte" zeigt. Zwar ließ sich der Anspruch auf Universalität natürlich praktisch nicht durchsetzen, dennoch duldete man nicht so einfach einen anderen Kaiser, wie es im spätantiken Rom und im Mittelalter (Byzanz-Heiliges Römisches Reich) möglich war. Gegen Usurpatoren, separatistische Bewegungen und "Kaiser" anderer Völker ging man streng vor. In Notzeiten musste es zwar zur Koexistenz mit nominell ebenbürtigen Reichen kommen, doch ab der Yuan- und der Quing-Dynastie (erstere 1279–1368, zweitere 1644–1911) versuschte man durchaus, diesen Anspruch auch praktisch durchzusetzen.
Ob man wirklich von der Weltherrschaft überzeugt war, ist fraglich. Jedenfalls war diese Anschauung die Stütze der kaiserlichen Macht und damit der staatlichen Ordnung und diente zur Erhaltung der Machtposition. Ab dem 11. Jahrhundert gab es zudem die Vorstellung einer "korrekten dynastischen Abfolge" der Herrscher über die Welt (zhengtong), die auch in Zeiten mehrerer rivalisierender chinesischer Reiche nur einen legitimen Kaiser und mehrere "Neben-Herrscher" (bewusst nicht Neben-Kaiser) sehen wollte.

Doch das ist ein anderes Thema. Aber gerade weil man sich als Zentrum der Welt sah und nicht nur als ein Reich unter vielen, konnte man sicherlich sich nominell unterwerfende Völker im Reich aufnehmen und an der sowieso überlegenen Kultur teilhaben lassen. Das gab es ja auch im römischen Reich, wo besonders in der Spätantike (nach der Schlacht von Adrianopel) massiv, aber auch vorher schon vereinzelt barbarische Bevölkerung innerhalb der Reichsgrenzen angesiedelt wurde. Was jedoch dort nach Meinung vieler Forscher mit zum Untergang des Reiches beitrug.

(Der Post basiert in den wesentlichen Punkten auf folgendem Artikel: Hans van Ess: Chinesisches Kaisertum. S. 173-189. In: Hartmut Leppin/Bernd Schneidmüller/Stefan Weinfurter (Hg.): Kaisertum im ersten Jahrtausend. Wissenschaftlicher Begleitband zur Landesausstellung "Otto der Große und das Römische Reich. Kaisertum von der Antike zum Mittelalter." Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2012. Vgl. besonders die Grafik auf S. 187.)

- Exkurs Ende -

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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15.04.2013, 13:43
Beitrag: #39
RE: "Steppenfragen"
Tja, im Fernen Osten tickte (und tut es immer noch) man mit einem anderen Weltverständnis. Die europäischen diplomatischen Missionen scheiterten folgerichtig schon deshalb, weil die fremden barbarischen Langnasen am Kaiserhof den Kotau verweigerte. So etwas machte vielleicht ein holländischer Handelsvertreter, nicht aber ein offizieller Gesandter seiner englischen Majestät.
http://de.wikipedia.org/wiki/Macartney-Mission
http://de.wikipedia.org/wiki/Amherst-Mission

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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20.04.2013, 15:25
Beitrag: #40
RE: "Steppenfragen"
(04.04.2013 11:46)WDPG schrieb:  Die Xiongnu wurde von Han-Kaiser Wudi in einem extrem brutalen Kriegszug stark geschwächt. Es dauerte dann noch eine Zeit bis man eine Niederlage gegen die von China geförderten Sien-Pi erlitt. Ein Teil zog nach Süden, ein Teil nach Westen.

Ob dieser Teil der Xiongnu tatsächlich ein Vorgänger der Hunnen war, ist umstritten und ist die nächste "Steppenfrage" die ich zur Diskussion stellen möchte:

-Waren die Hunnen die Nachfolger der Xiongnu oder übernahmen sie nur deren Namen?


Servus WDPG .

Zu Deiner Frage :

Waren die Hunnen die Nachfolger der Xiongnu oder übernahmen sie nur deren Namen?

In älteren Büchern wird noch die Meinung vertreten ,
daß die Hunnen von geschlagenen Xiongnu abstammten .

Heute vertritt man eher die Meinung , daß sie sich selbst oder
westliche Chronisten ihnen den bekannteren Namen gaben .

Wie die meisten Steppenvölker bestanden sie aus unterschiedlichen
Stämmen und Sprachgruppen ( Sprachfamilien ) .

Desswegen läßt sich auch heute nicht mehr feststellen ,
ob die hunnische Oberschicht eine Turksprache sprachen ,
oder sich einer anderen Sprache bedienten .
Ihr berühmtester Herrscher war doch , bekannt unter dem Namen :
Attilla gest. 453.
Das war aber ein ostgotischer Name und bedeutete Väterchen .

Die Hunnen sind um ca. 350. westlich des Urals nachweisbar .

Sollten sie von den Xiangnu abstammen , dann können wir nur über
die Ereignisse , die Jene betrafen , zu einer eventuellen Verbindung
kommen .

Unter Kaiser Wudi wurde sie erstmals um 119. v.Chr. besiegt .
Um ca. 60. v. Chr. zerfielen sie in 5. Teilhorden .
Hu Han Yeh einte sie 51. v.Chr. mit chinesischer Hilfe .

Aber ein Teil blieb unter Chih-Chih unabhängig und zogen westwärts.
Und sie siedelten im südöstlichen Kasachstan .
Wo sie von China 35. V.Chr. geschlagen wurden .

48. n.Chr . Trennten sich 8.Stämme ab und unterwarfen sich China die Jene im Ordosgebiet neu ansiedelten .
49. Der Rest teilte sich in die südlichen - und nördlichen Xiongnu .

Worauf China die Südlichen – auf die Nördlichen hetzte .
Aber ihr Stern war schon untergegangen , denn die neue Macht in der Steppe
waren die Xianbei .

Xiongnuhorden wurden noch 87. / 90. / 91. geschlagen .
Um ca. 155. endete auch ihre letzte Herrschaft in der Mongolei .

Also müßte sich eine Verbindung Xiongnu – Hunnen auf ein Ereigniss
zwischen 119. v. Chr. und 155 n.Chr ableiten müssen .
Und da kämen Erreignisse die die westlichen Horden betreffen
als ehestens in Frage .


Also die Gruppe unter Chih-Chih um 35.v.Chr.
Oder Reste der 8.Stämme , die um 48.n.Chr. Im Orddosgebiet angesiedelt
wurden .
Eventuell um ca. 50. Teile der ördlichen Xiongnu .
Oder Reste der geschlagenen Horden 87. bis 91. n.Chr.

Aber was ist mit der Zeitspanne von , Im kürzesten Falle ,
von ca.: 250. Jahren ?
Von 91. bis zum erstmaligen Erwähnen der Hunnen um ca. 350. n.Chr. ?

Denn zu jener Zeit gab es die Seidenstrasse mit mehreren ihrer
Ausläufern .
Eine davon ging durch Zentralasien und oberhalb des kaspischen Meeres
Richtung Westen .
Und in jenen Gegenden kontrollierten Nomadenstämme die Routen .

Sollten in jener Zeit Xiongnu-Stämme als Teilstreckenbeherrscher
oder als organisierte lästige Räuber aufgetreten sein ,
hätten es zumindestens die Chinesen aufgezeichnet .

[Bild: 420px-Silkroutes.jpg]

Aus Wikipedia ; Autor Roylee

Also scheint eine direkte Verbindung nicht sehr wahrscheinlich .
Vermutlich wird das ein ewiges geschichtliches Rätsel bleiben .

G.v.Luki

Und übrigens , Morgen ist auch noch ein Tag Cool
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