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Hat die Weltgeschichte ein Ziel? Von Aszendenz bis zum Historizismus
03.08.2012, 15:07
Beitrag: #1
Hat die Weltgeschichte ein Ziel? Von Aszendenz bis zum Historizismus
Das Selbstverständnis der Geschichtswissenschaft ist, dass man in der Geschichte eine Wahrnehmung der Welt ist. Wenn man zurück auf die Menschheit schaut, dann begreifen wir unser Tun als Sinn in einem gewissen Handlungsstrang. Doch die Frage "bis wohin werden wir Menschen uns noch entwickeln" steht natürlich offen. Ich möchte versuchen, zu erklären, wie es Geschichtsphilosophisch denn aussieht, mit der Frage, ob wir in der Geschichte ein Ziel verfolgen.

Die Fatalistischen (= Vorbestimmung) Ansichten:

Aszendenzvostellung


Es scheint eine biologische Erklärung in der Geschichte zu geben. Der Mensch stammt von Amphibien ab, die man an einer Linie sieht, hin zum Homo sapiens sapiens, zu hoher Kultur, Zivilisation und sozialer Organisation. Das Ziel der Menschheit heißt: besseres Leben, Fortschritt schafft Wohlstand damit der Mensch aus einer wilden Vergangenheit irgendwann das volkommene Glück empfindet.

Deszendenzvorstellung

Gott schuf die Welt, Eva ließ sich von der Schlage verführen und es war aus mit dem bequemen, für Menschen unvorstellbares Leben. Die Vertreibung aus dem Paradies ist nur der Beginn für einen weitern Zefall der Sitten, der Moral und der Mensch wird irgendwann in ungezügelter Freiheit sich selbst vernichten oder sich warhlich zu Tode sündigen. Diese Vorstellung zeigt als Menscheitsziel eine unglückliche Weltengemeinschaft, in der das "Es" siegt und es keine Hoffnung gibt keine ehrliche Liebe und womöglich keine Aussicht auf ein menschliches miteinander.

Apokalyptik

"Das Reich Gottes ist nah, kehrt um und glaubt an das Evanglium" schreibt Markus als Überschrift zu seiner Frohen Botschaft. Jesus Christus, Gottes Sohn und Gott selbst verkündet ebenfalls dass das Reich Gottes nah sei, aber man könne nicht sagen es da oder es ist dort. Die Apokalyptik sagt vorraus, das Ziel der Geschichte liegt in der Wiederherstellung eines Urzustandes. Im christlichen Verständnis heißt das, dass Gottes Ehre wieder hergestellt wird und das Leben in "Fülle" erreicht wird. Leider ist nicht erwähnt wie man diese Fülle spüren kann oder inwiefern sie vorstellbar ist.

christliche Geschichtsphilosophie des Augustinus von Hippo

Nicht weit weg von der göttlichen Apokalyptik steht die Augustinische Geschichtsphilosophie. Augustinus sieht unseren Staat gegen den Staat Gottes gegenläufig und zum Ende hin wird sich der göttliche Staat gegen den weltlichen durchsetzen. Die Geschehnisse sieht Augustinus von Gott gelenkt. Kritik daran gibt es durch jesuitische Theologen, z. B. Alfred Delp.


Marxistischer Historizismus (nicht zu verwechsln mit Historismus

Die Reichen hier, die Armen da, zwei Klassen, die unermüdlich gegeneinander kämpfen - alles mit dem Ziel, dass es irgendwann eine klassenlose Gesellschaft gibt und sie sich dann in ihren Urzustand zurück begibt. Dabei gibt es mehrere Stufen der Entwicklung, in der der Kapitalismus eine der letzten ist.

christlicher Historizismus - "Heilsgeschichte"

Gottes Heil legt sich auf die Welt - es ist eine Spielart der Apokalyptik, jedoch wird es dem Menschen selbst überlassen, ob er das will oder nicht, es kommt auf den Willen des Menschen an, ob man an Gott glaubt und sich demütig Gott vertraut - nur der Glaube an das Evanglium wird an sich moralisches Handeln erlauben und wenn der letzte glaubt, dann ist die Welt im Heil - also heil im Sinne von "zu Gott gehörend"

Neoapokalyptik

Schwere Stürme und Erdbeben nicht gekannten Außmaßes und Klimawandel - kosmische Gefahren wie ein Gammablitz und Deep Impakt - müssen zwangsläufig zum Weltuntergang führen. Der Mayakalender sagt es ja schon vorraus...

Soweit die faltalistischen Ansichten.

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03.08.2012, 22:42
Beitrag: #2
RE: Hat die Weltgeschichte ein Ziel? Von Aszendenz bis zum Historizismus
Werner, hier ist mir eindeutig zu viel von Gott die Rede.
Geschichte hat mit einer höheren Gewalt nichts zu tun, immer nur mit real existierenden Menschen und den zugehörigen Umständen.

Wenn man geschichtsphilosophisch aktiv werden möchte, hat Gott darin nichts verloren. Dies im Kontext zu diskutieren, ist etwas anderes.
Glaube als Basis für eine Diskussion hat in diesem Forum aber nichts zu suchen.

Du verstehst sicher, wie ich das meine.

Nobody is perfect!
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03.08.2012, 22:55
Beitrag: #3
RE: Hat die Weltgeschichte ein Ziel? Von Aszendenz bis zum Historizismus
Zitat:
Wenn man geschichtsphilosophisch aktiv werden möchte, hat Gott darin nichts verloren. Dies im Kontext zu diskutieren, ist etwas anderes.
Glaube als Basis für eine Diskussion hat in diesem Forum aber nichts zu suchen.

Dir ist aber schon klar, dass das lediglich Beispiele für eine Richtung sind???

Angesichts dessen, dass alle diese Richtungen - außer der Marx'sche Historizismus - aus der Antike stammen, steht da schon das da wo die hingehören. Und ich habe eigentlich immer das bekannteste Beispiel genommen - mir fallen aber auch keine anderen momentan ein. Die meisten dieser Ziele sind immer religiös übertragbar. Wenn man höhere Mächte ausschließt, dann kommt man auf das, was ich demnächst vor habe hier zu schreiben.

Ich werds noch kurz ergänzen dann wirds klarer.

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03.08.2012, 23:32
Beitrag: #4
RE: Hat die Weltgeschichte ein Ziel? Von Aszendenz bis zum Historizismus
(03.08.2012 15:07)WernerS schrieb:  Das Selbstverständnis der Geschichtswissenschaft ist, dass man in der Geschichte eine Wahrnehmung der Welt ist. Wenn man zurück auf die Menschheit schaut, dann begreifen wir unser Tun als Sinn in einem gewissen Handlungsstrang. Doch die Frage "bis wohin werden wir Menschen uns noch entwickeln" steht natürlich offen. Ich möchte versuchen, zu erklären, wie es Geschichtsphilosophisch denn aussieht, mit der Frage, ob wir in der Geschichte ein Ziel verfolgen.
Natürlich nicht, warum sollten wir ein Ziel verfolgen?

(03.08.2012 15:07)WernerS schrieb:  Es scheint eine biologische Erklärung in der Geschichte zu geben. Der Mensch stammt von Amphibien ab, die man an einer Linie sieht, hin zum Homo sapiens sapiens, zu hoher Kultur, Zivilisation und sozialer Organisation. Das Ziel der Menschheit heißt: besseres Leben, Fortschritt schafft Wohlstand damit der Mensch aus einer wilden Vergangenheit irgendwann das volkommene Glück empfindet.
Keine Ahnung wer das genau so sieht und ob das eine besondere Denkschule ist, aber sehr biologisch ist diese jedenfalls nicht. Schon die Bezeichnung "an einer Linie" ist unpräzise. Gänzlich unsachlich wird es wenn von "wilder Vergangenheit" die Rede ist. Biologisch ist auch niemand auf der Suche nach vollkommenden Glück. Auch im Kontext der kulturellen Evolution, die vieles verändert hat: Das primäre biologische Ziel ist vor allem die Weitergabe der Erbinformation und in diesem Kontext das Überleben.



Davon abgesehen ist es wohl aussichtlos theologisch Wissenschaft erklären zu wollen. Die Ansätze sind konträr. Eine Seite kennt die Fakten, die andere Seite den Glauben.

Der vernetzte Mensch von heute gerät in Gefahr,
die globalisierte Welt als eine Ansammlung von Zitaten zu erleben.

Doug Mack
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04.08.2012, 09:58
Beitrag: #5
RE: Hat die Weltgeschichte ein Ziel? Von Aszendenz bis zum Historizismus
(03.08.2012 23:32)Viriathus schrieb:  Davon abgesehen ist es wohl aussichtlos theologisch Wissenschaft erklären zu wollen. Die Ansätze sind konträr. Eine Seite kennt die Fakten, die andere Seite den Glauben.

Nicht theologisch. Philosophisch. Alle diese Vorstellungen fußen darauf, dass die Menschheit determininiert von Götter (z. B. Apokalyptik oder Deszedenzvorstellung) oder zwangsläufigen Entwicklungen sind (z. B. Marx oder die Aszedenzvorstellung). Dies sind die Geschichtsschreibungsphilosophien der Antike, Mittelalter und frühe Neuzeit. Sie sind alle Fatalistisch. In der Moderne, die dann heute oder morgen kommen, sieht das anders aus. Der Eintrag ist ja noch nicht fertig.

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04.08.2012, 10:07
Beitrag: #6
RE: Hat die Weltgeschichte ein Ziel? Von Aszendenz bis zum Historizismus
http://de.wikipedia.org/wiki/Pierre_Teilhard_de_Chardin
Das ist im Grunde die Philosophie eines bekannten Jesuiten.
Vom Urschleim zum Menschen als Abbild Gottes...
Sehe ich nicht so, dass auf diesem Planeten ein Homo sapiens mit seinem Selbstbewusstsein entstanden ist, zählt eher unter die Kategorie Zufall. Eigentlich sind wir nur nackte Affen.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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05.08.2012, 11:27
Beitrag: #7
RE: Hat die Weltgeschichte ein Ziel? Von Aszendenz bis zum Historizismus
Kommen wir als zu den neueren modellen. Die o. g. Fatalistischen sind wie gesagt Ausdruck der Antike und Mittelalter - nun kommen wir zur den sogeannanten Kasualen Geschichtsvorstellungen, die meisten sind nicht älter als 200 Jahre.

Historismus

Männer machen Geschichte! Egal ob Ramses, Alexander der Große oder Ludwig XIV, die Geschichte hängt von den Männern ab, die das Sagen hatten und sich engagiert haben um die Geschicke der Geschichte zu lenken. Es wird ein sehr personenbezogenes Geschichtsbild geprägt. Es wird kein Ziel der Geschichte mehr gesehen.

Kasuales Geschichtsverständnis

Was damals geschehen ist, würde bei einer Wiederholung nicht mehr geschehen. Revolutionen, Staatstreiche und Wechsel werden gemacht und entstehen nicht. Es ist bei jedem Ereignis jeweils von der Unberechenbarkeit in eine gewisse Richtung gelenkt worden. Wenn die Geschichte zu einem Ziel gelangt, dann durch einen Konsenz politisch geeinter Kräfte.

Geschichte als Sinn in sich / Szenarisches Geschichtsbild

Geschichte wird als in als Sinn betrachtet. Sie ist Lehrmeisterin des Lebens: Szenario 1 zieht Konsequenz A nach sich, Szenario 2 Konsequenz B. Sie ist der Sinn der Menscheheit und warnt vor Situationen mit denen der Mensch Erfahrungen hat um nicht die vorpragrammierte Konsequenz aufzubürden. Das Ziel der Geschichte: Das optimale Leben weil man aus der Geschichte lernt und nicht die alten Fehler wiederholt.

Geschichte als wertloses Vergangenes = "Weltekel"

Morgends aufstehen, seine Arbeit tun schauen wie man durch kommt, dabei ändert sich etwas oder auch nicht, immer das selbe Lied - der Menschheit wird es dabei nie gut gehen. Das Ziel der Geschichte: die ewige Plackerei des Menschen ohne Ende, was vorher war spielt keine Rolle. [Bitte nicht Weltekel mit Depression verwechseln: Depression ist eine Krankheit, Weltekel ist eine Philosophie und keine gefühlsmäßige Wahrnehmung!]

Frankelsche Pschychologie: Sinn für den Menschen selbst

gehört hier zwar nicht ganz hin, aber die Konsequenz aus Frankels Psychologie wäre, dass die Geschichte ohne Bedeutung ist, da ohnehin jeder Mensch für sich seinen Sinn suchen und finden muss. Es kann ein Sinn sein für die Geschichte zu leben - muss es aber nicht und deswegen verfällt Wert und Ziel der Geschichte.

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