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Phryger = Seevölker in Anatolien?
13.04.2013, 00:24
Beitrag: #98
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien?
(12.04.2013 23:29)913Chris schrieb:  Nur werden die Völkernamen der Seevölker in Medinet Habu z.T. anders geschrieben wie in Karnak, ews stecken aber die gleichen Völker dahinter. Auch noch früher, in den Amarna-Briefen, werden Schardana, Danuna und Lukka erwähnt, die Echnaton als Söldner dienten. Schon unter Amenhotep III. (1386-1321 BC) sprechen die Ägypter von Seevölkern. Ramses II. erwähnt Völker, die mit den Hethitern kämpfen, unter anderem die Masa, die Lukka sowie die "Karkusha". Auf Seiten Ramses II. kämpften Schardana. Merneptha erwähnt 1208 v.Chr., dass Libyer, Ekwesh, Teresh, Lukka, Schardana, Schekelesch und Meshwesh ihn angegriffen hätten.
Ramses III. spricht dann etwa 20 Jahre später von Peleset, Tjekker, Shekelesh, Denyen and Weshesh. Schardana werden nicht erwähnt, aber bildlich dargestellt - das allerdings mag eine Kopie von Mernepthas Inschrift sein oder eines der anderen Völker, die Hörnerhelme trugen. Zur Zeit Ramses´ IV. wurde das Große Papyrus Harris verfasst, in dem man Ramses III. sagen lässt, er habe die Denyen geschlagen auf (oder zwischen) ihren Inseln, die Tjeker und Peleset verbrannt, wobei eine Militäroperation der Ägypter zur See angedeutet wird. Einige Scherden und Weschesch "vom Meer" seien gefangen genommen worden und in Ägypten angesiedelt. Ein Datum, wann das alles stattgefunden hat, wird nicht angegeben..

Gerade wenn ein Pharao behauptet, er habe jemanden geschlagen, ist Skepsis angebracht...
Natürlich ist nicht alles reine Erfindung, aber es ist ja schon fraglich (und das hattest du auch mal an anderr Stelle geschrieben), ob hier wirklich immer die gleichen Völker gemeint sind. Und entsprechend dem alten Sprichwort "Viel Feind, viel ehr" beweist die Nennung in einer Tempelinschrift nicht zwangsläufig, daß die eine oder andere Gruppe wirklich dabei war, sondern nur, daß sie dabei gewesen sein könnte... Du siehst doch selbst, daß die Völker keineswegs immer übereinstimmen. Auch heute noch führt eine falsche Annahme, wenn sie denn lange genug wiederholt wird, dazu, daß sie allgemein für die Wahrheit gehalten wird...

(12.04.2013 23:29)913Chris schrieb:  Die Namensliste des Amenemope von ca. 1100 v.Chr. listet Völkernamen auf, die in Palästina bzw. dem Libanon siedeln. Nach einer Reihe von sechs Ortsnamen, von denen vier eindeutig in Palästina liegen, werden die Schardana , die Tjeker und die Peleset genannt, die diese Städte bewohnen.
Die Erzählung von Wenamun, die ungefähr 925 v.Chr. aufgeschrieben wurde und ca. 1075 v.Chr. spielt, erwähnt die Tjeker in der Stadt Dor sowie Schardana-Schiffe, die im Hafen liegen.

Ich habe ja nie bestritten, daß die Seevölker in Bewegung gekommen sind und sich an anderen Stellen im Mittelmeerraum niedergelassen haben. Aber daß sich z.B. die Tjeker 1075 in Dor niedergelassen haben, beweist nicht, daß sie bei beiden Angriffen auf Ägypten dabei waren. Vielleicht waren sie nur an einem beteiligt. Vielleicht waren sie auch bei beiden dabei- nachweisbar ist das nicht.

(12.04.2013 23:29)913Chris schrieb:  Alles in allem scheinen sich diverse Seevölker eine ganze Zeitlang im Bereich der Levante und Nordafrikas rumgetrieben zu haben.

Das ist so ungefähr der einzige Bestnadteil der Geschichte, der von wirklich keinem Diskutanten bestritten wird...Big Grin



(12.04.2013 23:29)913Chris schrieb:  
(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  Die ägyptischen Inschriften sind alles in allem keine historischen Dokumentationen,

Stimmt. Trotzdem kann man aus einigen so einige Fakten rauslesen.

Ich finde eher, man kann die Fakten herauslesen, die man herauslesen will...

(12.04.2013 23:29)913Chris schrieb:  Wie wärs dann mit ugaritischen Quellen? Da fleht ein Hethiterkönig ungefähr zur Zeit des Merneptah-Angriffs den König von Ugarit an, Lebensmittel zu schicken, es gehe - wörtlich! - um Leben oder Tod. Auch Merneptha hat Getreide an die Hethiter geschickt, um eine Hungersnot zu lindern.

Wieso beweist ein Hilferuf eines Hethiterkönigs, welche Seevölkerstämme jetzt beim ersten Angriff auf Ägypten dabei waren?
Der Zusammenhang zwischen beiden Aussagen erschließt mich mir jetzt nicht zwangsläufig.
Der Hilferuf beweist, daß es ungefähr (was bedeute eigentlich ungefähr in dem Zusammenhang) zur gleichen zeit, als ein Angriff auf Ägypten erfolgte,
im hethitischen Reich eine Hungersnot gab. Nicht mehr und nicht weniger.



(12.04.2013 23:29)913Chris schrieb:  Genau das meinte ich ja: Es kamen mehrere Faktoren zusammen, die zur Katastrophe führten. Denn auch wenn vermutlich einige, wenn nicht (fast?) alle Seevölker, die in ägyptischen Schriften erwähnt werden, aus dem Ägäisraum stammen dürften, die mykenischen Städte und Paläste waren anschließend zerstört oder aber ohne größere Bedeutung. Irgendwer hat die zerstört. Wer, wenn nicht die Seevölker?

Du versuchst, eine Schlussfolgerung mit einer Schlussfolgerung zu beweisen Wink. Es gibt keinen Beweis dafür, daß die Seevölker die mykenischen Paläste zerstört haben. Und nur weil die Seevölker nachweislich in jener zeit unterwegs waren, heißt das nicht zwangsläufig auch, daß sie mit Griechenland angefangen haben. Denn das haben sie nicht. Die mykenischen Paläste wurden zum Teil später zerstört als die anatolischen.
Zum einen besteht natürlich die Möglichkeit, daß einige der mykenischen Paläste und Städte tatsächlich im Kampf gegen die Seevölker zerstört wurden- aber das kann auch im Rahmen des - ich nenne es jetzt einfach mal so- 0. Weltkrieges in der Ägäis geschehen sein.
Die zweite Möglichkeit zum Niedergang und zur zerstörung der paläste liefert Homer- Agamemnon kehrt nach 10 Jahren Krieg nach hause zurück und wird vom Liebhaber seiner Frau erschlagen. Odysseus wird aufs Meer hinaus getrieben, und als er zurückkehrt, wird seine Frau von Verehern umlagert. Es lassen sich noch weitre Beispiele finden- aber es könnte darauf deuten, daß es im mykenischen Griechenland verstärkt zu Palastumstürzen gekommen ist.
Klar, dafür gibt es keinen beweis, aber es gibt ja auch keinen dafür, daß es die Seevölker waren...



(12.04.2013 23:29)913Chris schrieb:  Tut man auch nicht. Die Info hat man aus dem hethitischen Staatsarchiv.

Jetzt bitte ganz genau: Ich ging zwar immer davon aus, daß das hethitische Straatsarchiv von einer Hungernot und Mißernten sprach, aber war wirklich explizit von einer Dürre die Rede? Ich meinte, an anderer Stelle mal gelesen zu haben, daß das Klima zwar nicht ideal war, aber daß es aufgrund von Bürgerkriegen zu dem schlechten Ernteergebnis kam...

(12.04.2013 23:29)913Chris schrieb:  
(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  Die Erbeben zählen eigentlich nicht. Denn die meisten Städte in der Ägäis und Anatolien, die nachweislich von Erdbeben betroffen waren, wurden nicht einfach so aufgegeben, sondern wieder aufgebaut.

In diversen griechisch-mykenischen Städten geschah aber genau das nicht. Warum? Doch offensichtlich, weil die Städte (kurz?) nach den Erdbeben einer weiteren Bedrohung ausgesetzt waren, die den Wiederaufbau verhinderte, während ausweislich der Linear-B-Täfelchen das Handelsvolumen schon vorher erheblich zurück gegangen war.

Oder umgekehrt. Hier wurden die Städte nicht wieder aufgebaut, weil durch den Rückgang des Handels eine Lebensgrundlage weggebrochen ist und die Menschen schon begonnen haben, die Städte zu verlassen...

(12.04.2013 23:29)913Chris schrieb:  
(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  Als Ugarit zerstört wurde, machte sich fast die ganze Einwohnerschaft auf den Weg. Nix mit Erdbeben, nix mit Dürre. zerstörung durch andere hat da viel nachhaltiger gewirkt...

Jetzt hätte ich gerne eine Quelle. Wink.

Das war eine Dokumentation, die gleiche, die belegte, das Ugarit 1192 v. Christus zerstört wurde, daß die meisten Seevölker aus der Ägäis stammten, daß aufgrund der Ablagerungen des Toten Meeres eine Dürre dort festgestellt wurde, die um etwa 1200 v. Chr begann. Dort hieß es, daß nach der zerstörung von Ugarit erstmalig von Planwagen und Menschenzügen die Rede war, vorher immer nur von Kriegern auf Schiffen.

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