Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 1 Bewertungen - 5 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Phryger = Seevölker in Anatolien?
12.04.2013, 23:29
Beitrag: #97
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien?
(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  Es gibt verschiedene Stellen in ägyptischen Tempelinschriften, die sich derartig ähnlich sind, obwohl sie zu unterschiedlichen zeiten verfaßt wurden, daß es als beinahe sicher gilt, daß das gleiche Ereignis zweimal verbraten wurde.

Nur werden die Völkernamen der Seevölker in Medinet Habu z.T. anders geschrieben wie in Karnak, ews stecken aber die gleichen Völker dahinter. Auch noch früher, in den Amarna-Briefen, werden Schardana, Danuna und Lukka erwähnt, die Echnaton als Söldner dienten. Schon unter Amenhotep III. (1386-1321 BC) sprechen die Ägypter von Seevölkern. Ramses II. erwähnt Völker, die mit den Hethitern kämpfen, unter anderem die Masa, die Lukka sowie die "Karkusha". Auf Seiten Ramses II. kämpften Schardana. Merneptha erwähnt 1208 v.Chr., dass Libyer, Ekwesh, Teresh, Lukka, Schardana, Schekelesch und Meshwesh ihn angegriffen hätten.
Ramses III. spricht dann etwa 20 Jahre später von Peleset, Tjekker, Shekelesh, Denyen and Weshesh. Schardana werden nicht erwähnt, aber bildlich dargestellt - das allerdings mag eine Kopie von Mernepthas Inschrift sein oder eines der anderen Völker, die Hörnerhelme trugen. Zur Zeit Ramses´ IV. wurde das Große Papyrus Harris verfasst, in dem man Ramses III. sagen lässt, er habe die Denyen geschlagen auf (oder zwischen) ihren Inseln, die Tjeker und Peleset verbrannt, wobei eine Militäroperation der Ägypter zur See angedeutet wird. Einige Scherden und Weschesch "vom Meer" seien gefangen genommen worden und in Ägypten angesiedelt. Ein Datum, wann das alles stattgefunden hat, wird nicht angegeben.

Im Anastasi-Papyrus, das frühestens aus der Spätzeit Ramses´ III. stammen kann, eher aber jünger ist, ist die Rede von Schardana, Kehek, Meshwesh, und "Negern" (wahrscheinlich Sudanesen bzw. Nubier), die gegen Ägypter kämpfen, und zwar irgendwo in Nordafrika.

Die Namensliste des Amenemope von ca. 1100 v.Chr. listet Völkernamen auf, die in Palästina bzw. dem Libanon siedeln. Nach einer Reihe von sechs Ortsnamen, von denen vier eindeutig in Palästina liegen, werden die Schardana , die Tjeker und die Peleset genannt, die diese Städte bewohnen.
Die Erzählung von Wenamun, die ungefähr 925 v.Chr. aufgeschrieben wurde und ca. 1075 v.Chr. spielt, erwähnt die Tjeker in der Stadt Dor sowie Schardana-Schiffe, die im Hafen liegen.

Alles in allem scheinen sich diverse Seevölker eine ganze Zeitlang im Bereich der Levante und Nordafrikas rumgetrieben zu haben.

(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  Die ägyptischen Inschriften sind alles in allem keine historischen Dokumentationen,

Stimmt. Trotzdem kann man aus einigen so einige Fakten rauslesen.

(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  Nein, auf die ägyptischen Inschriften alleine würde ich mich nicht verlassen.

Wie wärs dann mit ugaritischen Quellen? Da fleht ein Hethiterkönig ungefähr zur Zeit des Merneptah-Angriffs den König von Ugarit an, Lebensmittel zu schicken, es gehe - wörtlich! - um Leben oder Tod. Auch Merneptha hat Getreide an die Hethiter geschickt, um eine Hungersnot zu lindern.

(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  "Nur" ein Handelskrieg?
Ich glaube, du unterschätzt hier die Bedeutung des Handels für die Region gewaltig. (...)Insbesondere, wenn die klimatischen Bedingungen nicht ideal sind...

Genau das meinte ich ja: Es kamen mehrere Faktoren zusammen, die zur Katastrophe führten. Denn auch wenn vermutlich einige, wenn nicht (fast?) alle Seevölker, die in ägyptischen Schriften erwähnt werden, aus dem Ägäisraum stammen dürften, die mykenischen Städte und Paläste waren anschließend zerstört oder aber ohne größere Bedeutung. Irgendwer hat die zerstört. Wer, wenn nicht die Seevölker?

(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  Ist die denn inzwischen nachgewiesen?
(...)
Daß in Anatolien eine Dürre geherrscht hat, wurde in dieser Zusammenhang geschlussfolgert, weil das ein Grund für die Seevölkerwanderung gewesen sein könnte.
Nur darf man so meiner Meinung nach nicht argumentieren.

Tut man auch nicht. Die Info hat man aus dem hethitischen Staatsarchiv.

(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  Die Erbeben zählen eigentlich nicht. Denn die meisten Städte in der Ägäis und Anatolien, die nachweislich von Erdbeben betroffen waren, wurden nicht einfach so aufgegeben, sondern wieder aufgebaut.

In diversen griechisch-mykenischen Städten geschah aber genau das nicht. Warum? Doch offensichtlich, weil die Städte (kurz?) nach den Erdbeben einer weiteren Bedrohung ausgesetzt waren, die den Wiederaufbau verhinderte, während ausweislich der Linear-B-Täfelchen das Handelsvolumen schon vorher erheblich zurück gegangen war.

(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  Als Ugarit zerstört wurde, machte sich fast die ganze Einwohnerschaft auf den Weg. Nix mit Erdbeben, nix mit Dürre. zerstörung durch andere hat da viel nachhaltiger gewirkt...

Jetzt hätte ich gerne eine Quelle. Wink

(12.04.2013 21:40)Bunbury schrieb:  Du glaubst also wirlich, daß diejenigen, die Ugarit verlassen haben, gesagt haben "Ach, Ägypten ist am schönsten, da wollen wir hin?"

Nicht unbedingt oder nur die Ugariter. Aber sonst dürfte Ägypten gerade in der Zusammenbruchszeit der späten Bronzezeit so eine Art "Insel der Seeligen" gewesen zu sein. Siehe z.B. die Bibel.
Die Hebräer waren zwar quasi "in der Nachbarschaft", aber so anziehend Ägypten auf die Hebräer immer wieder gewirkt hat, dürfte das Niltal mit seinen zwei oder mehr Ernten pro Jahr, dem stabilen Wetter und der zumindest bis Ramses III. stabilen Regierung auch auf andere Völker gewirkt haben. Und, wie gesagt, wenn wir den Inschriften glauben können, dann kannten diverse Seevölker Ägypten schon länger aus eigener Anschauung.
Und gerade mit Kindern geht man vielleicht einer Konfrontation mit irgendwelchen syrischen oder mesopotamischen Mächten doch eher aus dem Weg, wenn man genau weiß, dass auch hier die Dürre zugeschlagen hat und Chaos = Unsicherheit droht und wenn man gleichzeitig genau weiß, weiter südlich lockt das pure Paradies (vergleichbar mit dem "Goldenen Westen" von früher...)

VG
Christian
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Nachrichten in diesem Thema
Phryger = Seevölker in Anatolien? - WDPG - 26.02.2013, 19:43
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien? - WDPG - 22.03.2013, 23:15
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien? - WDPG - 30.04.2013, 22:00
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien? - WDPG - 30.04.2013, 21:54
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien? - WDPG - 30.04.2013, 21:40
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien? - WDPG - 02.05.2013, 11:40
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien? - WDPG - 04.04.2013, 11:33
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien? - WDPG - 02.05.2013, 13:28
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien? - WDPG - 03.05.2013, 08:17
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien? - 913Chris - 12.04.2013 23:29
Reitervolk aus Steppe als Auslöser? - WDPG - 07.03.2014, 13:54
RE: Phryger = Seevölker in Anatolien? - WDPG - 11.03.2014, 22:21

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds