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Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
15.08.2013, 21:09
Beitrag: #21
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
(09.07.2013 01:59)Paul schrieb:  Für mich stellt sich auch die Frage, wann die Sklaverei in den Städten aufhörte, nach der Devise Stadtluft macht frei. Der Sklavenhandel lief ja ursprünglich auch in Städten ab.

Stimmt, Freilassungen waren im Mittelalter überaus häufig - und im Gegensatz zur Antike gab es auch keine Verordnungen, die sie limitierten. Wann die Sklaverei in den Städten ganz aufhörte, ist schwer zu bestimmen. Jedenfalls ging sie im Spätmittelalter stark zurück, nachdem im 12. Jahrhundert der Sklavenhandel noch in voller Blüte gestanden hatte. Da es keine nichtchristlichen Länder in erreichbarer Nähe gab und es daher sehr schwer war, Nachschub zu bekommen, dürfte die Sklaverei langsam weniger geworden sein. Die hohe Anzahl an Freilassungen tat ihr übriges. Irgendwann war es wohl einfach kostengünstiger, Tagelöhner einzustellen.
Doch später (im 13. bis 15. Jahrhundert) waren besonders die italienischen Seemächte im großen Stil im Sklavenhandel tätig. Gerade von der Krim und allgemein aus dem östlichen Mittelmeerraum wurden zehntausende Sklaven und vor allem Sklavinnen "importiert". Es dürfte also noch eine ganze Weile Sklaventum in Europa gegeben haben. Von diesem Thema habe ich zumindest aber seltsamerweise noch nichts gehört.


"Sklaverei unter Menschen ist etwas Naturgegebenes, denn manche sind von Natur Knechte." (Thomas von Aquin: Summa theologica)

(09.07.2013 01:59)Paul schrieb:  Im Mittelalter war die Unfreiheit wohl am Boden gebunden? Wer sein Einkommen behalten wollte, akzeptierte die damit verbundenen Bedingungen, aber im Prinzip war man frei woanders hin zu ziehen.

Einmal davon abgesehen, dass die Praxis ganz anders aussah und die Bauern ihrem Herrn ausgeliefert waren, wenn ihnen kein erfolgreicher Fluchtversuch gelang:
Der Feudalismus basierte ursprünglich auf einer Art "Vertrag" zwischen Grundbesitzer und Arbeitskraft, der nicht so einfach aufzukündigen war. Daher war es Rechtsbruch, einfach woanders hin zu ziehen. Genauso wie es auf Seiten des Feudalherren Rechtsbruch war, dem halbfreien Schollenbauern das Land wegzunehmen (wogegen dieser freilich nichts tun konnte, falls es doch vorkam). Außerdem entwickelte sich eben wie gesagt in der Praxis ein Anspruch der Untervasallen (Ritter, Klöster etc.) auf ihre Besitzungen und alle Menschen, die darauf lebten.
Es gibt viele Beispiele dafür, dass ein Fluchtversuch in die Stadt mit harten Strafen geahndet wurde. Das man nach nachweisbarem 366-tägigem Aufenthalt in einer Stadt von dieser als freier Mensch gesehen wurde und nicht mehr vom Grundherrn zurückgefordert werden konnte, war dem Adel auch nicht recht. Das war einfach eine Maßnahme der Stadt, um die Wirtschaftskraft zu erhalten und zu vergrößern – einfach, um Einwanderer anzulocken.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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16.08.2013, 01:13
Beitrag: #22
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Nach der Pest von 1346 bis 1352 führte der Verlust von Arbeitskräften zum Anstieg von Löhnen, so dass viele Bauern, Handwerker usw. dorthin gingen, wo die höchsten Löhne bezahlt bzw. die geringsten Abgaben gefordert wurden. Dies führte dazu, dass ein Teil des niederen Adels verarmte, weil niemand ihr Land bearbeitete. Aus diesem Grund wurden Gegenmaßnahmen getroffen, so z.B. 1360 von Eduard III., die den Bauern das unerlaubte Weggehen untersagten bzw. erschwerten. Anfänglich wirkten diese Maßnahmen noch nicht, da trotz der angedrohten Strafen, die Verlockungen zu groß waren, in einer Stadt oder unter dem Schutz eines mächtigen Hochadligen ein besseres Leben zu führen. Aber nach ein paar Jahren hatte kein Bauer mehr eine Wahl, sie waren alle wieder fest in der Leibeigenschaft verankert. Und dank der Maßnahmen Eduards III. pegelte sich das Niveau von Löhnen und Abgaben auf das Niveau ein, das vor der Pest bestand.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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17.08.2013, 12:32
Beitrag: #23
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
Im Bezug auf die Ständeordnung sollte man nicht vergessen, dass die bekannte Einteilung in die 3 Stände schon früh auf Kritik gestoßen ist, so gab es viele Kleriker, die diese Einteilung als ungerecht empfanden, dazu gehörte beispielsweise John Ball ("Als Adam grub, und Eva spann, wer war denn da der Edelmann?").
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10.04.2016, 00:26
Beitrag: #24
RE: Weshalb wurden im Mittelalter 3 Stände unterschieden statt 2?
In den linksrheinischen Gebieten dürfte es ursprünglich fast keine Hörigen gegeben haben, sondern nur Sklaven der Römer. Vieles wurde durch Angestellte bzw. selbständige Dienstleister erledigt.
Die ubischen Bauern hatten kaum Leibeigene, da sie ja fast keinen Krieg führten und auch ins linke Rheinland wanderten sie friedlich ein. Vielleicht machte Stadtluft von Anfang an frei?

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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