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Presseschau Die irische Mission
22.02.2013, 18:56
Beitrag: #1
Presseschau Die irische Mission
[Bild: 1.18016491.1361464492.jpg]

Zitat:Irische Mission
Auf Columbans Spuren

Kein anderes europäisches Land hat – gemessen an seiner Grösse – zeitweise so viele Missionare in die Welt geschickt wie Irland. Sie knüpften an eine frühere Welle von irischen «Peregrini» an.

«Es war wie eine Berufsarmee, die ausschliesslich aus Offizieren besteht», stellt der Priester Hugh MacMahon fest, der Leiter des Dachverbandes der irischen Missionen. MacMahon, der über 70 Jahre alt sein muss, ist erst vor wenigen Monaten nach Dublin zurückgekehrt. Er diente fast dreissig Jahre in Korea als «Columban Missionary», anschliessend 17 Jahre in Hongkong und China. Sein militärischer Vergleich bezieht sich auf die siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts, als über 7000 irische Männer und Frauen in Übersee in den Missionen dienten. Das war rein quantitativ der Höhepunkt; damals waren die meisten irischen Missionare Priester, heute ist der Laien-Anteil grösser. Gemessen an seiner Bevölkerung stellte Irland das grösste Kontingent der katholischen Missionare, ja selbst in absoluten Zahlen gehörte es damals zur Spitzengruppe. Inzwischen ist diese Zahl auf rund zweieinhalbtausend geschrumpft, das Durchschnittsalter liegt über 65 Jahren. Das Ende ist absehbar.

./.

Irische Missionare hatten ja im Frühmittelalter, nach dem Kollaps des Weströmischen Reiches, das Christentum exportiert: zuerst nach Schottland und Nordengland, dann nach Frankreich, Süddeutschland, in die Schweiz und nach Österreich. Columbanus der Jüngere, der Luxeuil und Bobbio gründete, war einer der prominentesten unter diesen «Peregrini». Das letztjährige Jubiläum für Columbans Gefährten Gallus erinnerte an diese Spuren. Nach einer Hochblüte im 7. und 8. Jahrhundert, von dem Meisterwerke wie das «Book of Kells» noch zeugen, gab es im 12. Jahrhundert eine neuerliche irische Hochkonjunktur im süddeutschen Raum, die von Marianus Scotus in Regensburg ausging. Die Iren wurden damals als Scotti bezeichnet; deshalb die verbreiteten Schotten-Klöster. So fallen die Ursprünge der irischen Eigenstaatlichkeit mit den Anfängen eigener Missions-Orden zusammen.

./.

MacMahon bestätigt, dass damals jede irische Familie, direkt oder indirekt, Kontakte zu einem Missionar hatte. Horgan, der Buchautor, führt die irischen Sympathien für die Dritte Welt ausdrücklich auf die Dialektik zwischen den individuellen Erfahrungen der Missionare und der Wahrnehmung des irischen Publikums zurück. Horgan tritt damit dem Vorwurf entgegen, die irischen Missionare seien koloniale Büttel gewesen. Seine Argumente sind überzeugend: Zum einen kamen die Iren zu spät, zum anderen waren sie aus eigener, leidvoller Erfahrung gefeit gegen die Propagierung einer Herrenrasse. Die irische Öffentlichkeit war somit nicht auf die in den Medien verbreitete, vorherrschende Meinung angewiesen, sondern hatte eigene, zuverlässige Quellen. Das hatte Tradition: Roger Casement, der irische Protestant, der erfolglos deutsche Waffen für die Oster-Rebellen schmuggeln wollte, hatte die grauenhaften Praktiken in den Gummi-Plantagen in Kongo und Amazonien blossgestellt und Joseph Conrad zu seiner Novelle «Das Herz der Finsternis» inspiriert.

zum weiterlesen
http://www.nzz.ch/aktuell/international/...1.18016492

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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22.02.2013, 20:28
Beitrag: #2
RE: Presseschau Die irische Mission
Im Grunde ist Europa wirklich aus Irland und nicht etwa von Rom aus christianisiert worden. Das waren handfeste Burschen, die auch mit dem Bischofsstock zulangen konnten. Manchen erging es freilich wie Bonifatius, wenn man bei den Friesen oder Slawen allzuviel Glaubenseifer an den Tag legte.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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22.02.2013, 22:07
Beitrag: #3
RE: Presseschau Die irische Mission
(22.02.2013 20:28)Arkona schrieb:  Im Grunde ist Europa wirklich aus Irland und nicht etwa von Rom aus christianisiert worden. Das waren handfeste Burschen, die auch mit dem Bischofsstock zulangen konnten.

Oder sie haben Seeungeheuer in die Flucht geschlagen...
Die rirische Kirche existierte ja lange neben der römischen, und irgendwie ist es schon paradox, daß es ausgerechnet die irischen Klöster waren, die viele keltische Symbole in ihren Schriften bewahrt haben.

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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15.08.2013, 12:22
Beitrag: #4
RE: Presseschau Die irische Mission
(22.02.2013 22:07)Bunbury schrieb:  Die rirische Kirche existierte ja lange neben der römischen, und irgendwie ist es schon paradox, daß es ausgerechnet die irischen Klöster waren, die viele keltische Symbole in ihren Schriften bewahrt haben.

Vor allem hatte sich die irische Kirche aus anderen Wurzeln entwickelt.
Kurzer Rekurs:
Patrick soll der Legende nach aus Britannien gestammt haben (dessen Westen allerdings damals - wir sind im 5.Jh. - weitgehend von Iren beherrscht, zumindest von irischen Plünderern/Piraten ausgeraubt wurde), als Sklave nach Irland verschleppt worden sein, geflohen sein und als Missionar zurückgekehrt sein, der dann der Bischof aller Iren wurde.
Sein Gegenspieler soll Palladius gewesen sein, der im Süden Irlands operierte, während Patrick im Norden, in Ulster und Armagh sein Tätigkeitsfeld hatte.

Zu den Einzelheiten und ihrem historischen Gehalt:
Patrick bezeichnet sich in einem Brief an den irischen König Coroticus zwar als Bischof von Irland, aber ausdrücklich als "von Gott" gesandter Bischof - also nicht vom Papst gesandt! Palladius hingegen wurde ausdrücklich vom Papst (Coelestin I.) gesandt.

Wer war dieser Palladius? Von ihm wird nämlich interessanterweise auch angenommen, er wäre mit Patrick identisch, aber in der späteren Überlieferung - die hauptsächlich von Armagh aus ging - zum Gegenspieler Patricks aufgebaut worden.
Palladius - von dem wir wenig Genaues wissen, deswegen sind meine Angaben auch oft mit "soll" verbunden, sie beruhen hauptsächlich auf seiner Legende - Palladius also soll Diakon von Auxerre gewesen sein (auch Patrick soll sich laut dem "Book of Armagh" zwischen Flucht aus Irland und Rückkehr nach als Missionar in Gallien aufgehalten haben!), was eine Verbindung zu Germanus von Auxerre herstellt, der 429 in Britannien gewesen sein soll, um den dortigen Irrglauben zu bekämpfen - und genau das könnte auch der Auftrag des Palladius in Irland...
Palladius wurde nämlich vom Papst laut der Chronik des Prosper von Aquitanien (geschrieben zwischen 445 und 455) ausdrücklich als Bischof "für die Scoti, die an Christus glauben" eingesetzt - es musste also auch schon vor dem 5.Jh. Christen in Irland gegeben haben, sonst wäre ein Bischof auch überflüssig und Palladius wäre als Missionar nach Irland geschickt worden und dann im Nachinein als Bischof über die von ihm missionierten Neuchristen eingesetzt worden.

Auffällige Parallele: Die einzige weitere Mission in päpstlichem Auftrag war in dieser Zeit die Mission der (britischen) Angeln...dort wurde zuerst König Ethelbert von Kent christianisert, danach sein Volk. Auffälligerweise wurde nun ausgerechnet Patrick, nicht Palladius, von den irischen Königen zum Volk geschickt, um dieses zu missionieren. Sehen wir hier einen Nachhall der tatsächlichen Vorgänge bei der Christianisierung Irlands?
Demzufolge gab es das Christentum in Irland schon, allerdings hauptsächlich bei der Führungsschicht. Als der päpstliche Abgesandte Palladius einntrifft, könnten die irischen Fürsten eine Einschränkung ihrer Macht gefürchtet haben und gegen Palladius ihren eigenen Missionar Patrick aktiviert haben, der dann auch mit Unterstützung der Fürsten den Einfluss des Palladius marginalisiert hat.


Palladius scheint im Süden Irlands tätig gewesen zu sein, wo auch der gallische Einfluss am stärksten war (es gibt dort mehrere Orte, die "Bordgal" heißen, vermutlich auf Siedler bzw. Handeslniederlassungen von Weinhändlern aus Bordeaux = Burdigala zurückgehend; in der Legende des hl. Colman MacLuachan wird von sieben (!) Bischöfen von Bordgal [in Westmeath] berichtet...). Sein Aufgabenbereich war vermutlich einerseits die Vertiefung des (römischen) Christentums bei den Iren und andererseits die Organisation der dortigen Christen in Bistümern. Berichtet wird von drei Klostergründungen des Palladius in Munster - dort war der Einfluss aus England bzw. Wales immer am stärksten, aber auch umgekehrt: Es waren Iren aus Munster, die z.B. Patrick versklavten...
Palladius war aber offensichtlich wenig erfolgreich, denn erstens ist Patrick, nicht Palladius zum Nationalheiligen Irlands aufgestiegen (was allerdings auch der besseren Propaganda der Mänche von Armagh zuzuschreiben sein kann) und zweitens ist die Kirche Irlands bis ins 12.Jh. eben nicht in Diözesen, sondern in Klosterprovinzen und mit Abtbischöfen organisiert.

Und das ist auf Patrick zurückzuführen. Wie schon oben angeführt, scheinen wir es mit einem Machtkampf zwischen Nord- und Südiralnd zu tun zu haben. Patrick nennt sich Bischof, hat aber keine Diözese, sondern ist in seiner Vita als weltliches (!) Oberhaupt der irischen Kirche beschrieben, der eine von Rom unabhängige Kirche mit eigenem Kalender, eigener Mönchstonsur und ohne Zölibat gründet. Schon die nicht zur Vollendung gekommene und im "Book of Armagh" erhalten gebliebene Patricksvita des Tiréchan beschreibt Patrick als Wandermönch, ähnlich wie die Abgaben einsammelnden Mönche der irischen Klöster. Die Klöster erfüllten also die Funktion der Grafschaften, wie sie im Fränkischen Reich von Karl dem Großen installiert wurden.
Wieder haben wir einen Hinweis darauf, dass die irischen Fürsten hinter der Mission des Patrick gesteckt haben könnten. Und nicht nur diese, auch die irische geistliche Führungsschicht, die Druiden und Barden, könnten Patrick unterstützt haben.

Der nicht vom Papst gesandte Patrick wird in der von den Äbten von Armagh in Auftrag gegebenen "offiziellen" Patricksvita so beschrieben, dass er anfangs beim Volk Irlands nicht sonderlich willkommen gewesen sei, allein die Dichter und Poeten hätten ihn begrüßt, die Könige hingegen hätten ihn zum Volk geschickt, mit dem Auftrag, dieses zu missionieren.

Dichter und Poeten, das waren im alten Irland die Barden, ein Berufsstand, der ähnlich ausführlicher Ausbildung bedarf wie die Druiden und der auch eine ähnliche Aufgabe hatte: Geschichte, Mythen und Bräuche zu tradieren und auch deren Einhaltung zu überwachen - daher waren Barden auch oft in der Funktion von Richtern tätig. Patrick als Verbündeter der (heidnischen) Barden? Macht das Sinn?

Laut "Book of Armagh" schon. Die Patricksvita wurde von den ÄBTEN von Armagh verfasst, um deren rechtliche Ansprüche gegen den BISCHOF von Armagh Nachdruck zu verleihen. Die Äbte seien die wahren Erben des (Abt-)Bischofs Patrick, also seien sie auch dem (Diözesan-)Bischof von Armagh vorangestellt. Nun waren auch die alten heidnischen Druiden Irlands in klosterähnlichen Gemeinschaften organisiert, und die Beschreibung Patricks und seiner Taten legt nahe, dass Patrick in der Tradition der alten Druiden handelte, also u.a. als Erzieher, Lehrer, Ratgeber der Könige sowie als Rechtsgelehrter. Ob das nun ein geschickter Schachzug war oder ob Patrick - der Sklavenlegende zum Trotz - tatsächlich in druidischer Tradition stand, sei einmal dahingestellt.

Tatsache ist, dass mehrere Spuren darauf hindeuten, dass in Irland das Christentum sich sehr langsam und im Zusammenspiel mit dem Heidentum entwickelte. So wurde die Vita von Columban d.Ä. von einem heidnischen (!) Barden verfasst...
Auch die Tonsur der irischen Mönche deutet daraufhin: Dabei wurden nur die Haare an der Stirn bis zu einer Linien, die quer über den Kopf von Ohr zu Ohr verlief, rasiert - auf den seltenen Darstellungen von Druiden finden wir ähnliches.
Die irischen Klöster waren meist königliche Gründungen, wobei die Äbte oft Laien waren, und sie entstanden wie z.B. in Armagh um 600 häufig neben oder an älteren heidnischen Kultanlagen. Nun könnte man denken, das wäre deswegen passiert, um die heidnischen Traditionen zu überdecken, aber in Irland sind derlei Brüche kaum erkennbar. Im Gegenteil: Die Klöster waren weiterhin ausgesprochen weltliche Angelegenheiten, sie wurden als "civitates" bezeichnet, da sie weithin die einzigen steinernen Bauwerke waren, und erfüllten die Funktion von Handelsplätzen und Festungen - in der irischen Welt der häufig bis aufs Blut verfeindeten Clans ("tuatha") ein sinnvoller Zweck, der allerdings große Nähe zu den Clansoberhäuptern, den "Königen", voraussetzt.
Wo sich Städte entwickelten wie in Kildare, geschah dies meist mit einem Kloster als Siedlungskeim, in Kildare z.B. dem der hl. Birgida - die wiederum ausweislich ihrer Taten und Wunder (sie fährt z.B. in einem Wagen umher, was typisch für altirische Feengestalten und Göttern war) im Grunde eine keltische Göttin war, Teil der "drei heiligen Frauen", die häufig in der keltischen Mythologie begegnen...

Interessanterweise erhalten wir in der Vite der hl.Brigida einen weiteren Hinweis darauf, dass Leinster und Ulster einen Machtschwerpunkt in Irland bildeten, der mit Munster/Südirland konkurrierte: Brigid und Patrick sollen sich nämlich zweimal begegnet sein, wobei Brigid erwähnte, dass "du und ich gleich sind". Ein (aus dem Textzusammenhang erschließbarer) Hinweis darauf, dass die beiden Hauptheiligen Irlands zugleich auch die weltliche Macht über Irland untereinander aufteilten. Dieser Anspruch korrespondiert mit der Herrschaft der aus Leinster (hl.Brigid) und Ulster (hl.Patrick) stammenden Ui Neill-Dynastie über Irland. Der erste Ui Neill war König von Tara, dem mythischen Sitz der irischen Oberkönige...

Gerade die hl.Birgida gewährt uns einen Einblick in die Spezialitäten des irischen Christentums, was dann auch im Hinblick auf die iroschottische Mission auf dem Kontinent wichtig wurde (gegen die Bonifatius z.B. mit Vehemenz, aber oft erfolglos anging). Birgida wird nach ihrer Geburt als "neue Königin Irlands" von ihrem Vater, einem der Könige Irlands, begrüßt, und zwar interessanterweise mit der Begründung, er freue sich so, weil er bis dahin "nur Söhne" (!!) gehabt habe. Eine altirische Tradition scheint hier durch, die auch im Sagenzyklus des Cuchulainn greifbar wird: Dort ist Königin Medbh (gesprochen etwa "Meth" mit "th" als englischen "ti-äitsch") von Connacht (Westirland) die Gegenspielerin des Überhelden Cuchulainn (gesprochen "Kuxulinn") von Ulster, sie kämpft aber auch gegen mehrere Kämpferinnen (!). Im alten Irland hatten die Frauen also eine starke Stellung, sie waren auch in königlichen Familien erbberechtigt. Die Ehegatten wurden von deren zukünftigen Frauen ausgewählt, Frauen sind in der Ehe besitz- und gleichberechtigt mit den Ehemännern.
Sowohl von der hl.Brigida als auch von Columban d.Ä. wird übeliefert, dass sie verhinderten (!), dass Frauen in Klöster eintraten und stattdessen Ehen vermittelten, dass sie für heidnische Barden und Druiden eintraten, dass sie aufgrund göttlicher Erwählung anstatt allein aufgrund ihrer Wunder zu Heiligen wurden. Allgemein kennzeichnet das irische Christentum eine für mittelalterliche Verhältnisse auffällig Lebensbejahung und Nicht-Verdammung der Sexualität. Aus den altirischen, heidnischen Sagen wissen wir, dass im irischen Recht nicht die Strafe im Vordergrund stand, sondern die Buße. Wer bspw. jemanden getötet hatte, wurde nicht selber getötet, sondern musste der Familie des Getöteten dienen und die Aufgaben des Getöteten wahrnehmen. Hier haben wir den Ursprung des christlichen Bußgedankens vor uns!

Alles Hinweise auf starke heidnische Einflüsse im irischen Christentum und damit Hinweise darauf, dass das Christentum nach Irland nicht aufgrund von Mission kam, sondern hier quasi "einsickerte" und eine Symbiose mit dem örtlichen Heidentum eintrat, die nicht von den Druiden und Barden bekämpft wurde, sondern im Gegenteil.

Um zum Thema des Threads zurück zu kehren:
Als die iroschottischen Mönche auf den Kontinent kamen, geschah das aufgrund der altirischen Tradition der "Perigrinatio in Christo", wobei man das "in Christo" für die heidnischen Zeiten selbstverständlich streichen muss. Es handelt sich um eine heidnische Tradition, die einen Druiden oder Barden zur Wanderung zwag. Er musste seine Heimat verlassen und eine gewisse Zeit in der Fremde verbringen, ehe er zurückkehren durfte. Die christlichen Mönche griffen diese Tradition auf bzw. führten sie weiter. So entstanden z.B. vor der Küste Irlands auf abgelegenen Inseln große isolierte Klostergemeinschaften, und auch die angebliche Fahrt des hl.Brendan - wobei man betonen muss, dass es nach irischer Tradition mindestens zehn (!) hl.Brendans gibt - nach Amerika stellt so eine perigrinatio dar, aber auch Kilian (aus Ulster), Columban d.J. (aus Leinster), Gallus (im Gefolge von Columban d.J), oder Virgil (vielleicht aus Leinster, seine Ausbildung erhielt er aber im Kloster Iona, der Gründung des aus königlicher Familie aus Ulster stammenden Columban d.Ä.) waren solche "peregrinarii in Christo".

Sie gründeten, wo sie hinkamen, Klöster in irischer Tradition, also mit Zustimmung örtlicher Herrscher (wenn auch nicht immer der übergeordneten Könige, siehe Gallus und sein Konflikt mit den Merowingern) und unter Ausschaltung des Papstes. Wie in Irland üblich, waren die Laien strikt vom Altarbereich abgetrennt und untereinander ebenso strikt (z.B. durch leinene Tuchwände) in Geschlechter unterteilt. Auf dem Kontinent fiel die Gleichberechtigung der Frauen natürlich weg, aber die Missionare scheinen sich auch immer - wiederum in echt irischer Tradition, vgl. das Martyrium des Kilian in Würzburg - in die inneren Angelegenheiten der Herrscherfamilien eingemischt zu haben.
Auch die Lebensbejahung, die Betonung der Buße, die Rolle der Äbte als gleichzeitige Bischöfe sind irische Traditionen, die von den iroschottischen Missionaren auf den Kontinent gebracht wurden und dort erst langsam, wenn überhaupt, durch die Benediktiner und den Papst wieder rückgängig gemacht wurden.

VG
Christian
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